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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Höruchen.

Als edelste, weil munterste, lebhafteste und klügste Nager haben wir die Hörnchen (Seiurinae)
anzusehen. Viele Naturforscher ziehen zu ihnen auch die Ziesel und Murmelthiere, welche wir
in einer besonderen Familie zusammenfassen, und erweitern dadurch die ohnehin artenreiche Zunft der
Hörnchen noch mehr. Aber auch wir hätten, selbst wenn wir blos die hervorragendsten Mitglieder der
Sippen ausführlich betrachten wollten, es noch immer mit einer hinreichenden Menge zu thun; denn von
den eigentlichen Eichkätzchen allein kennt man jetzt bereits über siebenzig Arten, und die ganze Familie
in unserem Sinne mag wohl über neunzig Arten zählen, obwohl viele Forscher gegen ein Drittel der
in den verschiedenen Lehrbüchern aufgeführten Arten als mit den übrigen, länger bekannten zusammen-
fallend, streichen wollen.

Die Eichhörnchen und die Murmelthiere haben viele Kennzeichen mit einander gemein, nament-
lich im Bau des Schädels und des Gebisses; beide lassen sich aber leicht kennzeichnen. Die Murmel-
thiere sind plump und ruhig, die Eichhörnchen zierlich und lebendig, und hiermit steht denn auch der
gesammte Leibesbau im Einklang. Unsere Familie zeigt eine sehr große Manchfaltigkeit, sowohl in
der äußeren Gestaltung ihrer Glieder, wie in ihrer Lebensweise. Der Leib ist immer gestreckt und
trägt einen mehr oder weniger langen, oft zweizeilig behaarten Schwanz. Die Augen sind groß und
hervorstehend, die Ohren bald klein, bald groß, bald dünn behaart, bald noch mit Pinseln ver-
sehen. Die Vorderpfoten haben vier Zehen und einen Daumstummel, die hinteren fünf Zehen.
Das vordere Beinpaar ist merklich kürzer, als das hintere. Mit wenigen Ausnahmen finden sich im
Oberkiefer fünf, im Unterkiefer vier Backzähne, meist von ziemlich einfacher Gestalt; unter ihnen ist
der erste Oberkieferzahn der kleinste und einfachste. Die vier folgenden sind ziemlich übereinstimmend
gestaltet. Am Schädel fällt eine breite, flache Stirn auf. Die Wirbelsäule besteht meistens aus
zwölf rippentragenden und sieben rippenlosen Wirbeln. Außerdem finden sich drei Kreuz- und sech-
zehn bis fünfundzwanzig Schwanzwirbel. Der Magen ist einfach, der Darm von sehr verschiedener
Länge. Ausführlicheres läßt sich hier nicht sagen.

Die Hörnchen bewohnen die ganze Erde, mit Ausnahme von Neuholland. Sie gehen ziemlich
weit nach Norden hinauf und finden sich im heißesten Süden; sie leben in der Tiefe, wie in der
Höhe, manche Arten ebensogut im Gebirge, wie in der Ebene. Waldungen oder wenigstens Baum-
pflanzungen sind ihre bevorzugten Aufenthaltsorte, und bei weitem die größere Anzahl führt ein
echtes Baumleben, während einige in unterirdischen, selbstgegrabenen Bauen Herberge nehmen.
Gewöhnlich lebt jedes Hörnchen für sich, doch halten sich unter Umständen größere und kleinere Gesell-
schaften, oder wenigstens Paare längere Zeit zusammen, und einzelne Arten unternehmen wohl auch,
getrieben von Nahrungsmangel, Wanderungen, während derer sie sich zu ungeheuren, heerartigen
Scharen vereinigen. Die eigentlichen Hörnchen sind Tagthiere, die Arten aber, welche Flatter-
häute besitzen, Nachtthiere.

Jn der Nahrung ähneln sich alle Glieder der Familie. Sie fressen fast ausschließlich Pflanzen-
stoffe, und zwar die verschiedenartigsten Früchte, oder Sämereien, Sprößlinge, Blätter und
Knospen, im Nothfalle sogar Rinden oder Schwämme. Während des Fressens setzen sie sich auf das
Hintertheil und führen das Futter mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhren Durst stillen sie mit
Wasser, mit dem Schnee, den sie auflecken, oder mit der Milch mancher Pflanzennüsse.

Jhre Bewegungen sind durchgehends äußerst lebhaft, schnell und behend und zwar ebensowohl
auf den Bäumen, als auf dem Boden. Auf letzterem sind blos die Flatterhörnchen fremd; sie
besitzen dagegen die Fähigkeit, außerordentlich weite Sprünge auszuführen, wenn auch immer nur
von oben nach unten. Die Mehrzahl läuft satzweise und tritt dabei mit ganzer Sohle auf. Fast alle
klettern vorzüglich und springen über große Zwischenräume weg von einem Baume zum andern. Beim
Schlafen nehmen sie eine zusammengerollte Stellung an und suchen sich auch gern bequeme Lager-
plätze aus, entweder in einem unterirdischen Bau oder in Baumhöhlen oder endlich in Nestern,
welche sie sich wenigstens theilweise vorgerichtet, wo nicht ganz erbaut haben. Die in kalten Ländern
wohnenden wandern, wenn der Winter herannaht, oder fallen in einen unterbrochenen Winterschlaf

Die Höruchen.

Als edelſte, weil munterſte, lebhafteſte und klügſte Nager haben wir die Hörnchen (Seiurinae)
anzuſehen. Viele Naturforſcher ziehen zu ihnen auch die Zieſel und Murmelthiere, welche wir
in einer beſonderen Familie zuſammenfaſſen, und erweitern dadurch die ohnehin artenreiche Zunft der
Hörnchen noch mehr. Aber auch wir hätten, ſelbſt wenn wir blos die hervorragendſten Mitglieder der
Sippen ausführlich betrachten wollten, es noch immer mit einer hinreichenden Menge zu thun; denn von
den eigentlichen Eichkätzchen allein kennt man jetzt bereits über ſiebenzig Arten, und die ganze Familie
in unſerem Sinne mag wohl über neunzig Arten zählen, obwohl viele Forſcher gegen ein Drittel der
in den verſchiedenen Lehrbüchern aufgeführten Arten als mit den übrigen, länger bekannten zuſammen-
fallend, ſtreichen wollen.

Die Eichhörnchen und die Murmelthiere haben viele Kennzeichen mit einander gemein, nament-
lich im Bau des Schädels und des Gebiſſes; beide laſſen ſich aber leicht kennzeichnen. Die Murmel-
thiere ſind plump und ruhig, die Eichhörnchen zierlich und lebendig, und hiermit ſteht denn auch der
geſammte Leibesbau im Einklang. Unſere Familie zeigt eine ſehr große Manchfaltigkeit, ſowohl in
der äußeren Geſtaltung ihrer Glieder, wie in ihrer Lebensweiſe. Der Leib iſt immer geſtreckt und
trägt einen mehr oder weniger langen, oft zweizeilig behaarten Schwanz. Die Augen ſind groß und
hervorſtehend, die Ohren bald klein, bald groß, bald dünn behaart, bald noch mit Pinſeln ver-
ſehen. Die Vorderpfoten haben vier Zehen und einen Daumſtummel, die hinteren fünf Zehen.
Das vordere Beinpaar iſt merklich kürzer, als das hintere. Mit wenigen Ausnahmen finden ſich im
Oberkiefer fünf, im Unterkiefer vier Backzähne, meiſt von ziemlich einfacher Geſtalt; unter ihnen iſt
der erſte Oberkieferzahn der kleinſte und einfachſte. Die vier folgenden ſind ziemlich übereinſtimmend
geſtaltet. Am Schädel fällt eine breite, flache Stirn auf. Die Wirbelſäule beſteht meiſtens aus
zwölf rippentragenden und ſieben rippenloſen Wirbeln. Außerdem finden ſich drei Kreuz- und ſech-
zehn bis fünfundzwanzig Schwanzwirbel. Der Magen iſt einfach, der Darm von ſehr verſchiedener
Länge. Ausführlicheres läßt ſich hier nicht ſagen.

Die Hörnchen bewohnen die ganze Erde, mit Ausnahme von Neuholland. Sie gehen ziemlich
weit nach Norden hinauf und finden ſich im heißeſten Süden; ſie leben in der Tiefe, wie in der
Höhe, manche Arten ebenſogut im Gebirge, wie in der Ebene. Waldungen oder wenigſtens Baum-
pflanzungen ſind ihre bevorzugten Aufenthaltsorte, und bei weitem die größere Anzahl führt ein
echtes Baumleben, während einige in unterirdiſchen, ſelbſtgegrabenen Bauen Herberge nehmen.
Gewöhnlich lebt jedes Hörnchen für ſich, doch halten ſich unter Umſtänden größere und kleinere Geſell-
ſchaften, oder wenigſtens Paare längere Zeit zuſammen, und einzelne Arten unternehmen wohl auch,
getrieben von Nahrungsmangel, Wanderungen, während derer ſie ſich zu ungeheuren, heerartigen
Scharen vereinigen. Die eigentlichen Hörnchen ſind Tagthiere, die Arten aber, welche Flatter-
häute beſitzen, Nachtthiere.

Jn der Nahrung ähneln ſich alle Glieder der Familie. Sie freſſen faſt ausſchließlich Pflanzen-
ſtoffe, und zwar die verſchiedenartigſten Früchte, oder Sämereien, Sprößlinge, Blätter und
Knospen, im Nothfalle ſogar Rinden oder Schwämme. Während des Freſſens ſetzen ſie ſich auf das
Hintertheil und führen das Futter mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhren Durſt ſtillen ſie mit
Waſſer, mit dem Schnee, den ſie auflecken, oder mit der Milch mancher Pflanzennüſſe.

Jhre Bewegungen ſind durchgehends äußerſt lebhaft, ſchnell und behend und zwar ebenſowohl
auf den Bäumen, als auf dem Boden. Auf letzterem ſind blos die Flatterhörnchen fremd; ſie
beſitzen dagegen die Fähigkeit, außerordentlich weite Sprünge auszuführen, wenn auch immer nur
von oben nach unten. Die Mehrzahl läuft ſatzweiſe und tritt dabei mit ganzer Sohle auf. Faſt alle
klettern vorzüglich und ſpringen über große Zwiſchenräume weg von einem Baume zum andern. Beim
Schlafen nehmen ſie eine zuſammengerollte Stellung an und ſuchen ſich auch gern bequeme Lager-
plätze aus, entweder in einem unterirdiſchen Bau oder in Baumhöhlen oder endlich in Neſtern,
welche ſie ſich wenigſtens theilweiſe vorgerichtet, wo nicht ganz erbaut haben. Die in kalten Ländern
wohnenden wandern, wenn der Winter herannaht, oder fallen in einen unterbrochenen Winterſchlaf

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[62/0076] Die Höruchen. Als edelſte, weil munterſte, lebhafteſte und klügſte Nager haben wir die Hörnchen (Seiurinae) anzuſehen. Viele Naturforſcher ziehen zu ihnen auch die Zieſel und Murmelthiere, welche wir in einer beſonderen Familie zuſammenfaſſen, und erweitern dadurch die ohnehin artenreiche Zunft der Hörnchen noch mehr. Aber auch wir hätten, ſelbſt wenn wir blos die hervorragendſten Mitglieder der Sippen ausführlich betrachten wollten, es noch immer mit einer hinreichenden Menge zu thun; denn von den eigentlichen Eichkätzchen allein kennt man jetzt bereits über ſiebenzig Arten, und die ganze Familie in unſerem Sinne mag wohl über neunzig Arten zählen, obwohl viele Forſcher gegen ein Drittel der in den verſchiedenen Lehrbüchern aufgeführten Arten als mit den übrigen, länger bekannten zuſammen- fallend, ſtreichen wollen. Die Eichhörnchen und die Murmelthiere haben viele Kennzeichen mit einander gemein, nament- lich im Bau des Schädels und des Gebiſſes; beide laſſen ſich aber leicht kennzeichnen. Die Murmel- thiere ſind plump und ruhig, die Eichhörnchen zierlich und lebendig, und hiermit ſteht denn auch der geſammte Leibesbau im Einklang. Unſere Familie zeigt eine ſehr große Manchfaltigkeit, ſowohl in der äußeren Geſtaltung ihrer Glieder, wie in ihrer Lebensweiſe. Der Leib iſt immer geſtreckt und trägt einen mehr oder weniger langen, oft zweizeilig behaarten Schwanz. Die Augen ſind groß und hervorſtehend, die Ohren bald klein, bald groß, bald dünn behaart, bald noch mit Pinſeln ver- ſehen. Die Vorderpfoten haben vier Zehen und einen Daumſtummel, die hinteren fünf Zehen. Das vordere Beinpaar iſt merklich kürzer, als das hintere. Mit wenigen Ausnahmen finden ſich im Oberkiefer fünf, im Unterkiefer vier Backzähne, meiſt von ziemlich einfacher Geſtalt; unter ihnen iſt der erſte Oberkieferzahn der kleinſte und einfachſte. Die vier folgenden ſind ziemlich übereinſtimmend geſtaltet. Am Schädel fällt eine breite, flache Stirn auf. Die Wirbelſäule beſteht meiſtens aus zwölf rippentragenden und ſieben rippenloſen Wirbeln. Außerdem finden ſich drei Kreuz- und ſech- zehn bis fünfundzwanzig Schwanzwirbel. Der Magen iſt einfach, der Darm von ſehr verſchiedener Länge. Ausführlicheres läßt ſich hier nicht ſagen. Die Hörnchen bewohnen die ganze Erde, mit Ausnahme von Neuholland. Sie gehen ziemlich weit nach Norden hinauf und finden ſich im heißeſten Süden; ſie leben in der Tiefe, wie in der Höhe, manche Arten ebenſogut im Gebirge, wie in der Ebene. Waldungen oder wenigſtens Baum- pflanzungen ſind ihre bevorzugten Aufenthaltsorte, und bei weitem die größere Anzahl führt ein echtes Baumleben, während einige in unterirdiſchen, ſelbſtgegrabenen Bauen Herberge nehmen. Gewöhnlich lebt jedes Hörnchen für ſich, doch halten ſich unter Umſtänden größere und kleinere Geſell- ſchaften, oder wenigſtens Paare längere Zeit zuſammen, und einzelne Arten unternehmen wohl auch, getrieben von Nahrungsmangel, Wanderungen, während derer ſie ſich zu ungeheuren, heerartigen Scharen vereinigen. Die eigentlichen Hörnchen ſind Tagthiere, die Arten aber, welche Flatter- häute beſitzen, Nachtthiere. Jn der Nahrung ähneln ſich alle Glieder der Familie. Sie freſſen faſt ausſchließlich Pflanzen- ſtoffe, und zwar die verſchiedenartigſten Früchte, oder Sämereien, Sprößlinge, Blätter und Knospen, im Nothfalle ſogar Rinden oder Schwämme. Während des Freſſens ſetzen ſie ſich auf das Hintertheil und führen das Futter mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhren Durſt ſtillen ſie mit Waſſer, mit dem Schnee, den ſie auflecken, oder mit der Milch mancher Pflanzennüſſe. Jhre Bewegungen ſind durchgehends äußerſt lebhaft, ſchnell und behend und zwar ebenſowohl auf den Bäumen, als auf dem Boden. Auf letzterem ſind blos die Flatterhörnchen fremd; ſie beſitzen dagegen die Fähigkeit, außerordentlich weite Sprünge auszuführen, wenn auch immer nur von oben nach unten. Die Mehrzahl läuft ſatzweiſe und tritt dabei mit ganzer Sohle auf. Faſt alle klettern vorzüglich und ſpringen über große Zwiſchenräume weg von einem Baume zum andern. Beim Schlafen nehmen ſie eine zuſammengerollte Stellung an und ſuchen ſich auch gern bequeme Lager- plätze aus, entweder in einem unterirdiſchen Bau oder in Baumhöhlen oder endlich in Neſtern, welche ſie ſich wenigſtens theilweiſe vorgerichtet, wo nicht ganz erbaut haben. Die in kalten Ländern wohnenden wandern, wenn der Winter herannaht, oder fallen in einen unterbrochenen Winterſchlaf

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/76>, abgerufen am 23.11.2024.