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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Nachthörnchen.
und sammeln sich deshalb größere oder kleinere Mengen von Vorräthen ein, zu denen sie dann im
Nothfalle ihre Zuflucht nehmen. Jhre Stimme besteht in Pfeifen und einem eigenthümlichen, nicht
zu beschreibenden Brummen, Knurren und Zischen. Die geistigen Fähigkeiten sind ziemlich gering,
für die Ordnung der Nager aber verhältnißmäßig bedeutend. Unter ihren Sinnen sind das Gesicht,
das Gehör und der Geruch am meisten ausgebildet, und einzelne bekunden auch ein sehr feines
Gefühl, indem sie ein gewisses Ahnungsvermögen besitzen, welches sich bei Veränderung der Wit-
terung offenbart. Sie sind aufmerksam und scheu oder furchtsam und flüchten bei der geringsten
Gefahr, welche ihnen zu drohen scheint. Jm ganzen äußerst harmlos, wehren sie sich doch nach Mög-
lichkeit, wenn sie ergriffen werden, und können mit ihren scharfen Zähnen auch ziemlich tiefe Ver-
wundungen beibringen.

Die meisten Arten scheinen jährlich mehr als einmal Junge zu werfen. Um die Zeit der Paarung
lebt oft ein Männchen lange Zeit mit dem Weibchen und hilft ihm wohl auch an dem Ausbau der mehr
oder weniger künstlichen Wohnung, in welcher es später seine Jungen beherbergen will. Die Zahl
der Jungen eines Wurfes schwankt zwischen Zwei und Sieben. Die Jungen kommen fast nackt und
blind zur Welt und bedürfen deshalb eines recht warmen Lagers und sorgfältiger Pflege und Liebe
von Seiten ihrer Mütter. Jung aus dem Neste genommene Eichhörnchen lassen sich ohne besondere
Mühe zähmen und halten auch die Gefangenschaft lange Zeit ohne Beschwerde aus, vielleicht mit
alleiniger Ausnahme der Flatterhörnchen. Manche gewöhnen sich sehr an ihre Pfleger und hängen
mit einer gewissen Zärtlichkeit an ihnen; doch auch bei längerem Umgange mit dem Menschen erreicht
ihr Verstand eben keine besonders große Ausbildung, und fast regelmäßig bricht bei höherem Alter
das trotzige und mürrische Wesen durch, welches vielen Nagern gemein zu sein scheint, und sie
werden böse und bissig, so gutmüthig und harmlos sie früher auch waren.

Jm ganzen genommen, dürfte die Familie mehr nützlich sein, als schädlich. Das Pelzwerk von
fast allen nördlich wohnenden Arten findet Verwerthung, obgleich es eben nicht zu dem besten gehört,
und das Fleisch ist selbst ziemlich verwöhnten Gaumen nicht widerlich. Dagegen schaden die Thiere
manchmal den Forsten oder den Pflanzungen und den Feldern, wenn sie sich zufällig auf ein und
derselben Stelle in größerer Menge versammeln, als gewöhnlich.



Gewöhnlich haben wir uns zuerst immer mit denjenigen Arten einer Familie beschäftigt, welche
im Licht der Sonne thätig und lebendig sind, und die nächtlichen Glieder einer Gruppe an das Ende
derselben gestellt. Diesmal verfahren wir umgekehrt; denn wir beginnen mit den Nachthörnchen
(Pteromys). Diese Sippe (oder, wie Andere wollen, die beiden Sippen Pteromys und Scin-
ropterus
) können nämlich als die höchststehenden Eichkätzchen angesehen werden; denn sie erinnern
lebhaft an die uns bekannten Gestalten höherer Ordnungen (Flugbeutler), weil sich zwi-
schen ihren Füßen eine ziemlich breite Flatterhaut zu einem Fallschirm spannt. Dieser Fallschirm,
welcher die Flughörnchen befähigt, mit Leichtigkeit sehr bedeutende Sprünge, wenn auch immer in
etwas schiefer Richtung von oben nach unten auszuführen, besteht aus einer derben Haut, welche
an den vorderen und hinteren Gliedmaßen und zu beiden Seiten des Leibes befestigt und auf der
Rückenseite dicht, auf der Bauchseite aber dünn und spärlich behaart ist. Ein knöcherner Sporn an
der Handwurzel stützt das vordere Ende der Flatterhaut noch besonders. Der Schwanz dient als
kräftiges Steuerruder und ist immer stark behaart, aber bei den verschiedenen Arten nicht in derselben
Weise. Bei der einen Gruppe nämlich ist er einfach buschig, bei der anderen aber zweizeilig behaart.
Hierzu kommen geringe Unterschiede im Zahnbaue. Die rundschwänzigen Flugeichhörnchen, welche
Einige als besondere Sippe ansehen, zeichnen sich durch den eigenthümlichen Bau ihrer kleinen, ab-
gerundeten und verschmälerten Backenzähne aus, während die Arten mit zweizeiligem Schwanze das
Gebiß der echten Eichhörnchen besitzen. Bei den einen wie bei den anderen finden sich aber zwölf rip-
pentragende, sieben rippenlose, drei Kreuz- und achtzehn bis neunzehn Schwanzwirbel.

Die Nachthörnchen.
und ſammeln ſich deshalb größere oder kleinere Mengen von Vorräthen ein, zu denen ſie dann im
Nothfalle ihre Zuflucht nehmen. Jhre Stimme beſteht in Pfeifen und einem eigenthümlichen, nicht
zu beſchreibenden Brummen, Knurren und Ziſchen. Die geiſtigen Fähigkeiten ſind ziemlich gering,
für die Ordnung der Nager aber verhältnißmäßig bedeutend. Unter ihren Sinnen ſind das Geſicht,
das Gehör und der Geruch am meiſten ausgebildet, und einzelne bekunden auch ein ſehr feines
Gefühl, indem ſie ein gewiſſes Ahnungsvermögen beſitzen, welches ſich bei Veränderung der Wit-
terung offenbart. Sie ſind aufmerkſam und ſcheu oder furchtſam und flüchten bei der geringſten
Gefahr, welche ihnen zu drohen ſcheint. Jm ganzen äußerſt harmlos, wehren ſie ſich doch nach Mög-
lichkeit, wenn ſie ergriffen werden, und können mit ihren ſcharfen Zähnen auch ziemlich tiefe Ver-
wundungen beibringen.

Die meiſten Arten ſcheinen jährlich mehr als einmal Junge zu werfen. Um die Zeit der Paarung
lebt oft ein Männchen lange Zeit mit dem Weibchen und hilft ihm wohl auch an dem Ausbau der mehr
oder weniger künſtlichen Wohnung, in welcher es ſpäter ſeine Jungen beherbergen will. Die Zahl
der Jungen eines Wurfes ſchwankt zwiſchen Zwei und Sieben. Die Jungen kommen faſt nackt und
blind zur Welt und bedürfen deshalb eines recht warmen Lagers und ſorgfältiger Pflege und Liebe
von Seiten ihrer Mütter. Jung aus dem Neſte genommene Eichhörnchen laſſen ſich ohne beſondere
Mühe zähmen und halten auch die Gefangenſchaft lange Zeit ohne Beſchwerde aus, vielleicht mit
alleiniger Ausnahme der Flatterhörnchen. Manche gewöhnen ſich ſehr an ihre Pfleger und hängen
mit einer gewiſſen Zärtlichkeit an ihnen; doch auch bei längerem Umgange mit dem Menſchen erreicht
ihr Verſtand eben keine beſonders große Ausbildung, und faſt regelmäßig bricht bei höherem Alter
das trotzige und mürriſche Weſen durch, welches vielen Nagern gemein zu ſein ſcheint, und ſie
werden böſe und biſſig, ſo gutmüthig und harmlos ſie früher auch waren.

Jm ganzen genommen, dürfte die Familie mehr nützlich ſein, als ſchädlich. Das Pelzwerk von
faſt allen nördlich wohnenden Arten findet Verwerthung, obgleich es eben nicht zu dem beſten gehört,
und das Fleiſch iſt ſelbſt ziemlich verwöhnten Gaumen nicht widerlich. Dagegen ſchaden die Thiere
manchmal den Forſten oder den Pflanzungen und den Feldern, wenn ſie ſich zufällig auf ein und
derſelben Stelle in größerer Menge verſammeln, als gewöhnlich.



Gewöhnlich haben wir uns zuerſt immer mit denjenigen Arten einer Familie beſchäftigt, welche
im Licht der Sonne thätig und lebendig ſind, und die nächtlichen Glieder einer Gruppe an das Ende
derſelben geſtellt. Diesmal verfahren wir umgekehrt; denn wir beginnen mit den Nachthörnchen
(Pteromys). Dieſe Sippe (oder, wie Andere wollen, die beiden Sippen Pteromys und Scin-
ropterus
) können nämlich als die höchſtſtehenden Eichkätzchen angeſehen werden; denn ſie erinnern
lebhaft an die uns bekannten Geſtalten höherer Ordnungen (Flugbeutler), weil ſich zwi-
ſchen ihren Füßen eine ziemlich breite Flatterhaut zu einem Fallſchirm ſpannt. Dieſer Fallſchirm,
welcher die Flughörnchen befähigt, mit Leichtigkeit ſehr bedeutende Sprünge, wenn auch immer in
etwas ſchiefer Richtung von oben nach unten auszuführen, beſteht aus einer derben Haut, welche
an den vorderen und hinteren Gliedmaßen und zu beiden Seiten des Leibes befeſtigt und auf der
Rückenſeite dicht, auf der Bauchſeite aber dünn und ſpärlich behaart iſt. Ein knöcherner Sporn an
der Handwurzel ſtützt das vordere Ende der Flatterhaut noch beſonders. Der Schwanz dient als
kräftiges Steuerruder und iſt immer ſtark behaart, aber bei den verſchiedenen Arten nicht in derſelben
Weiſe. Bei der einen Gruppe nämlich iſt er einfach buſchig, bei der anderen aber zweizeilig behaart.
Hierzu kommen geringe Unterſchiede im Zahnbaue. Die rundſchwänzigen Flugeichhörnchen, welche
Einige als beſondere Sippe anſehen, zeichnen ſich durch den eigenthümlichen Bau ihrer kleinen, ab-
gerundeten und verſchmälerten Backenzähne aus, während die Arten mit zweizeiligem Schwanze das
Gebiß der echten Eichhörnchen beſitzen. Bei den einen wie bei den anderen finden ſich aber zwölf rip-
pentragende, ſieben rippenloſe, drei Kreuz- und achtzehn bis neunzehn Schwanzwirbel.

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[63/0077] Die Nachthörnchen. und ſammeln ſich deshalb größere oder kleinere Mengen von Vorräthen ein, zu denen ſie dann im Nothfalle ihre Zuflucht nehmen. Jhre Stimme beſteht in Pfeifen und einem eigenthümlichen, nicht zu beſchreibenden Brummen, Knurren und Ziſchen. Die geiſtigen Fähigkeiten ſind ziemlich gering, für die Ordnung der Nager aber verhältnißmäßig bedeutend. Unter ihren Sinnen ſind das Geſicht, das Gehör und der Geruch am meiſten ausgebildet, und einzelne bekunden auch ein ſehr feines Gefühl, indem ſie ein gewiſſes Ahnungsvermögen beſitzen, welches ſich bei Veränderung der Wit- terung offenbart. Sie ſind aufmerkſam und ſcheu oder furchtſam und flüchten bei der geringſten Gefahr, welche ihnen zu drohen ſcheint. Jm ganzen äußerſt harmlos, wehren ſie ſich doch nach Mög- lichkeit, wenn ſie ergriffen werden, und können mit ihren ſcharfen Zähnen auch ziemlich tiefe Ver- wundungen beibringen. Die meiſten Arten ſcheinen jährlich mehr als einmal Junge zu werfen. Um die Zeit der Paarung lebt oft ein Männchen lange Zeit mit dem Weibchen und hilft ihm wohl auch an dem Ausbau der mehr oder weniger künſtlichen Wohnung, in welcher es ſpäter ſeine Jungen beherbergen will. Die Zahl der Jungen eines Wurfes ſchwankt zwiſchen Zwei und Sieben. Die Jungen kommen faſt nackt und blind zur Welt und bedürfen deshalb eines recht warmen Lagers und ſorgfältiger Pflege und Liebe von Seiten ihrer Mütter. Jung aus dem Neſte genommene Eichhörnchen laſſen ſich ohne beſondere Mühe zähmen und halten auch die Gefangenſchaft lange Zeit ohne Beſchwerde aus, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Flatterhörnchen. Manche gewöhnen ſich ſehr an ihre Pfleger und hängen mit einer gewiſſen Zärtlichkeit an ihnen; doch auch bei längerem Umgange mit dem Menſchen erreicht ihr Verſtand eben keine beſonders große Ausbildung, und faſt regelmäßig bricht bei höherem Alter das trotzige und mürriſche Weſen durch, welches vielen Nagern gemein zu ſein ſcheint, und ſie werden böſe und biſſig, ſo gutmüthig und harmlos ſie früher auch waren. Jm ganzen genommen, dürfte die Familie mehr nützlich ſein, als ſchädlich. Das Pelzwerk von faſt allen nördlich wohnenden Arten findet Verwerthung, obgleich es eben nicht zu dem beſten gehört, und das Fleiſch iſt ſelbſt ziemlich verwöhnten Gaumen nicht widerlich. Dagegen ſchaden die Thiere manchmal den Forſten oder den Pflanzungen und den Feldern, wenn ſie ſich zufällig auf ein und derſelben Stelle in größerer Menge verſammeln, als gewöhnlich. Gewöhnlich haben wir uns zuerſt immer mit denjenigen Arten einer Familie beſchäftigt, welche im Licht der Sonne thätig und lebendig ſind, und die nächtlichen Glieder einer Gruppe an das Ende derſelben geſtellt. Diesmal verfahren wir umgekehrt; denn wir beginnen mit den Nachthörnchen (Pteromys). Dieſe Sippe (oder, wie Andere wollen, die beiden Sippen Pteromys und Scin- ropterus) können nämlich als die höchſtſtehenden Eichkätzchen angeſehen werden; denn ſie erinnern lebhaft an die uns bekannten Geſtalten höherer Ordnungen (Flugbeutler), weil ſich zwi- ſchen ihren Füßen eine ziemlich breite Flatterhaut zu einem Fallſchirm ſpannt. Dieſer Fallſchirm, welcher die Flughörnchen befähigt, mit Leichtigkeit ſehr bedeutende Sprünge, wenn auch immer in etwas ſchiefer Richtung von oben nach unten auszuführen, beſteht aus einer derben Haut, welche an den vorderen und hinteren Gliedmaßen und zu beiden Seiten des Leibes befeſtigt und auf der Rückenſeite dicht, auf der Bauchſeite aber dünn und ſpärlich behaart iſt. Ein knöcherner Sporn an der Handwurzel ſtützt das vordere Ende der Flatterhaut noch beſonders. Der Schwanz dient als kräftiges Steuerruder und iſt immer ſtark behaart, aber bei den verſchiedenen Arten nicht in derſelben Weiſe. Bei der einen Gruppe nämlich iſt er einfach buſchig, bei der anderen aber zweizeilig behaart. Hierzu kommen geringe Unterſchiede im Zahnbaue. Die rundſchwänzigen Flugeichhörnchen, welche Einige als beſondere Sippe anſehen, zeichnen ſich durch den eigenthümlichen Bau ihrer kleinen, ab- gerundeten und verſchmälerten Backenzähne aus, während die Arten mit zweizeiligem Schwanze das Gebiß der echten Eichhörnchen beſitzen. Bei den einen wie bei den anderen finden ſich aber zwölf rip- pentragende, ſieben rippenloſe, drei Kreuz- und achtzehn bis neunzehn Schwanzwirbel.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/77>, abgerufen am 23.11.2024.