Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die eigentlichen Dickhäuter.
den Besitz von Schneidezähnen und durch den äußerst plumpen, auf niederen Beinen ruhenden, mit dicker Haut bedeckten riesigen Körper, in welchem das leibliche Leben das geistige so zu sagen unterdrückt hat. Gewöhnlich ist die röthlichgrau oder dunkelbraun gefärbte Haut nackt, nur hier und da mit we- nigen Härchen bedeckt, schilderartig verdickt, faltig in den Gelenken und da, wo sie sich biegen muß. Die drei oder vier Zehen der ungeschlachteten Füße sind mit unvollkommenen oder ungleichen Hufen umhüllt. Die Nase und die äußeren Ohren sind meistens sehr stark entwickelt, die Augen aber klein und von unangenehmem Ausdruck.
Das Geripp aller dieser Thiere kennzeichnet sich durch seine schweren Formen. Alle Knochen sind gewaltig dick, stark und ungefüge. Am Schädel ist der Antlitztheil beträchtlich verlängert, die Nasenbeine sind noch sehr entwickelt. Jn der Wirbelsäule haben die Halswirbel sehr starke Fortsätze, die Rückenwirbel lange, die Lendenwirbel breite und die Krenz- und Schwanzwirbel schwache Dornen. Die Zahl der Wirbel, welche Rippen tragen, ist bedeutend und schwankt in ziemlich weiten Gren- zen. An den Gliedern fallen die sehr starken Hand- und Fußwurzeln auf; unter den Zehen übertrifft die Mittelzehe immer die übrigen. An diesem schweren Knochengerüste setzen sich kräftige Muskeln an; zumal diejenigen, welche zur Fortbewegung der Gliedmaßen und zur Beugung des Kopfes dienen, sind ungewöhnlich entwickelt. Die Lippen sind klein, die obere manchmal zu einem kleinen Rüssel verlängert. Die Zunge ist dick und glatt, die Speiseröhre weit, der Magen einfach oder getheilt, der Darm mindestens zehn Mal so lang, als der Leib, das Gefäß und Nervennetz sehr eigenthümlich gebaut.
Die Dickhäuter erscheinen uns so recht eigentlich als Ueberbleibsel aus früheren Schöpfungs- abschnitten, als Ueberlebende aus der Zeit der Sage. Die Sippen, welche gegenwärtig so arm an Arten sind, waren früher reichzählig vertreten. Und nicht blos in den Wendekreisländern der Erde lebten diese Thiere, sondern auch in den gemäßigten, ja selbst in den kalten Gürteln. Gegenwärtig stehen die beiden Sippen der Familie scharf gesondert von einander da; wollten wir aber die ausgestor- benen uns als Bindeglieder denken, wollten wir die Knochen, die man gefunden hat, im Geiste wieder mit Fleisch und Haut und Borsten und Haaren bedecken, so würden wir eine Reihen- folge ohne erhebliche Lücken erhalten: aber wir würden vielleicht dann die jetzt noch lebenden mit anderen in besondere Familien vereinigen müssen: so groß ist der Reichthum der untergegangenen Arten. Jm Zehen- und Fußbau der ausgestorbenen spricht sich die größte Uebereinstimmung mit den noch jetzt lebenden Plumpen aus, und eine Menge von Bindegliedern vereinigten auch die nunmehr einander so unähnlichen.
Gegenwärtig bewohnen die Plumpen Südasien und einige seiner Jnseln, Mittel- und Südafrika. Jn ihrer Lebensweise ähneln sie im wesentlichen den Elefanten. Wie diese lieben sie die Nähe des Wassers und die Sumpfgegenden, wie diese steigen sie von der Tiefe zum Hügelland und in größere Höhen empor. Dichte, feuchte Wälder, welche Sümpfe, Seen, Flüsse und Bäche umschließen, sind Bedingung für ihr Wohlbefinden und demgemäß auch für ihren Aufenthalt. Die Flußpferde sind ausschließlich an das Wasser gebunden, und entfernen sich nur dann von ihm, wenn ihr Aufenthaltsort selbst ihnen keine Nahrung mehr bietet. Die Plumpen sind in vielfacher Hinsicht als Bindeglieder zwischen den Land- und Seesäugethieren anzusehen. An diese erinnert ihre gewaltige Masse und ihre Wasserliebe, jene sind sie noch ihrer Gestalt und ihrem Wesen nach. Aber die Nil- pferde gehen schon weit hinaus in das Meer und beweisen durch ihr geschicktes Schwimmen und Spie- len in der Tiefe desselben, wie nahe sie den Walen stehen. Noch sind die Plumpen gesellig, jedoch nicht mehr in dem Grade, wie die Elefanten. Nur die Nilpferde halten noch etwas auf freund- schaftlichen Verkehr mit Anderen ihrer Art: die Nashörner leben paarweise, höchstens in kleinen Trupps. Die Einen sind Nachtthiere, die Anderen auch bei Tage thätig; eine eigentliche Schei- dung in dieser Hinsicht ist aber nicht ausgesprochen; denn die Nachtthiere zeigen sich oft genug bei Tage und die Tagthiere in der Nacht. Jhr Leben theilt sich in Fressen und Ruhen: der Bauch ist ihr Gott. An Gefräßigkeit übertreffen sie alle Säugethiere, an träger Ruhe nicht minder. Nur der Hun-
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die eigentlichen Dickhäuter.
den Beſitz von Schneidezähnen und durch den äußerſt plumpen, auf niederen Beinen ruhenden, mit dicker Haut bedeckten rieſigen Körper, in welchem das leibliche Leben das geiſtige ſo zu ſagen unterdrückt hat. Gewöhnlich iſt die röthlichgrau oder dunkelbraun gefärbte Haut nackt, nur hier und da mit we- nigen Härchen bedeckt, ſchilderartig verdickt, faltig in den Gelenken und da, wo ſie ſich biegen muß. Die drei oder vier Zehen der ungeſchlachteten Füße ſind mit unvollkommenen oder ungleichen Hufen umhüllt. Die Naſe und die äußeren Ohren ſind meiſtens ſehr ſtark entwickelt, die Augen aber klein und von unangenehmem Ausdruck.
Das Geripp aller dieſer Thiere kennzeichnet ſich durch ſeine ſchweren Formen. Alle Knochen ſind gewaltig dick, ſtark und ungefüge. Am Schädel iſt der Antlitztheil beträchtlich verlängert, die Naſenbeine ſind noch ſehr entwickelt. Jn der Wirbelſäule haben die Halswirbel ſehr ſtarke Fortſätze, die Rückenwirbel lange, die Lendenwirbel breite und die Krenz- und Schwanzwirbel ſchwache Dornen. Die Zahl der Wirbel, welche Rippen tragen, iſt bedeutend und ſchwankt in ziemlich weiten Gren- zen. An den Gliedern fallen die ſehr ſtarken Hand- und Fußwurzeln auf; unter den Zehen übertrifft die Mittelzehe immer die übrigen. An dieſem ſchweren Knochengerüſte ſetzen ſich kräftige Muskeln an; zumal diejenigen, welche zur Fortbewegung der Gliedmaßen und zur Beugung des Kopfes dienen, ſind ungewöhnlich entwickelt. Die Lippen ſind klein, die obere manchmal zu einem kleinen Rüſſel verlängert. Die Zunge iſt dick und glatt, die Speiſeröhre weit, der Magen einfach oder getheilt, der Darm mindeſtens zehn Mal ſo lang, als der Leib, das Gefäß und Nervennetz ſehr eigenthümlich gebaut.
Die Dickhäuter erſcheinen uns ſo recht eigentlich als Ueberbleibſel aus früheren Schöpfungs- abſchnitten, als Ueberlebende aus der Zeit der Sage. Die Sippen, welche gegenwärtig ſo arm an Arten ſind, waren früher reichzählig vertreten. Und nicht blos in den Wendekreisländern der Erde lebten dieſe Thiere, ſondern auch in den gemäßigten, ja ſelbſt in den kalten Gürteln. Gegenwärtig ſtehen die beiden Sippen der Familie ſcharf geſondert von einander da; wollten wir aber die ausgeſtor- benen uns als Bindeglieder denken, wollten wir die Knochen, die man gefunden hat, im Geiſte wieder mit Fleiſch und Haut und Borſten und Haaren bedecken, ſo würden wir eine Reihen- folge ohne erhebliche Lücken erhalten: aber wir würden vielleicht dann die jetzt noch lebenden mit anderen in beſondere Familien vereinigen müſſen: ſo groß iſt der Reichthum der untergegangenen Arten. Jm Zehen- und Fußbau der ausgeſtorbenen ſpricht ſich die größte Uebereinſtimmung mit den noch jetzt lebenden Plumpen aus, und eine Menge von Bindegliedern vereinigten auch die nunmehr einander ſo unähnlichen.
Gegenwärtig bewohnen die Plumpen Südaſien und einige ſeiner Jnſeln, Mittel- und Südafrika. Jn ihrer Lebensweiſe ähneln ſie im weſentlichen den Elefanten. Wie dieſe lieben ſie die Nähe des Waſſers und die Sumpfgegenden, wie dieſe ſteigen ſie von der Tiefe zum Hügelland und in größere Höhen empor. Dichte, feuchte Wälder, welche Sümpfe, Seen, Flüſſe und Bäche umſchließen, ſind Bedingung für ihr Wohlbefinden und demgemäß auch für ihren Aufenthalt. Die Flußpferde ſind ausſchließlich an das Waſſer gebunden, und entfernen ſich nur dann von ihm, wenn ihr Aufenthaltsort ſelbſt ihnen keine Nahrung mehr bietet. Die Plumpen ſind in vielfacher Hinſicht als Bindeglieder zwiſchen den Land- und Seeſäugethieren anzuſehen. An dieſe erinnert ihre gewaltige Maſſe und ihre Waſſerliebe, jene ſind ſie noch ihrer Geſtalt und ihrem Weſen nach. Aber die Nil- pferde gehen ſchon weit hinaus in das Meer und beweiſen durch ihr geſchicktes Schwimmen und Spie- len in der Tiefe deſſelben, wie nahe ſie den Walen ſtehen. Noch ſind die Plumpen geſellig, jedoch nicht mehr in dem Grade, wie die Elefanten. Nur die Nilpferde halten noch etwas auf freund- ſchaftlichen Verkehr mit Anderen ihrer Art: die Nashörner leben paarweiſe, höchſtens in kleinen Trupps. Die Einen ſind Nachtthiere, die Anderen auch bei Tage thätig; eine eigentliche Schei- dung in dieſer Hinſicht iſt aber nicht ausgeſprochen; denn die Nachtthiere zeigen ſich oft genug bei Tage und die Tagthiere in der Nacht. Jhr Leben theilt ſich in Freſſen und Ruhen: der Bauch iſt ihr Gott. An Gefräßigkeit übertreffen ſie alle Säugethiere, an träger Ruhe nicht minder. Nur der Hun-
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[748/0792]
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die eigentlichen Dickhäuter.
den Beſitz von Schneidezähnen und durch den äußerſt plumpen, auf niederen Beinen ruhenden, mit
dicker Haut bedeckten rieſigen Körper, in welchem das leibliche Leben das geiſtige ſo zu ſagen unterdrückt
hat. Gewöhnlich iſt die röthlichgrau oder dunkelbraun gefärbte Haut nackt, nur hier und da mit we-
nigen Härchen bedeckt, ſchilderartig verdickt, faltig in den Gelenken und da, wo ſie ſich biegen muß.
Die drei oder vier Zehen der ungeſchlachteten Füße ſind mit unvollkommenen oder ungleichen Hufen
umhüllt. Die Naſe und die äußeren Ohren ſind meiſtens ſehr ſtark entwickelt, die Augen aber klein
und von unangenehmem Ausdruck.
Das Geripp aller dieſer Thiere kennzeichnet ſich durch ſeine ſchweren Formen. Alle Knochen
ſind gewaltig dick, ſtark und ungefüge. Am Schädel iſt der Antlitztheil beträchtlich verlängert, die
Naſenbeine ſind noch ſehr entwickelt. Jn der Wirbelſäule haben die Halswirbel ſehr ſtarke Fortſätze,
die Rückenwirbel lange, die Lendenwirbel breite und die Krenz- und Schwanzwirbel ſchwache Dornen.
Die Zahl der Wirbel, welche Rippen tragen, iſt bedeutend und ſchwankt in ziemlich weiten Gren-
zen. An den Gliedern fallen die ſehr ſtarken Hand- und Fußwurzeln auf; unter den Zehen
übertrifft die Mittelzehe immer die übrigen. An dieſem ſchweren Knochengerüſte ſetzen ſich kräftige
Muskeln an; zumal diejenigen, welche zur Fortbewegung der Gliedmaßen und zur Beugung des
Kopfes dienen, ſind ungewöhnlich entwickelt. Die Lippen ſind klein, die obere manchmal zu einem
kleinen Rüſſel verlängert. Die Zunge iſt dick und glatt, die Speiſeröhre weit, der Magen einfach
oder getheilt, der Darm mindeſtens zehn Mal ſo lang, als der Leib, das Gefäß und Nervennetz ſehr
eigenthümlich gebaut.
Die Dickhäuter erſcheinen uns ſo recht eigentlich als Ueberbleibſel aus früheren Schöpfungs-
abſchnitten, als Ueberlebende aus der Zeit der Sage. Die Sippen, welche gegenwärtig ſo arm an
Arten ſind, waren früher reichzählig vertreten. Und nicht blos in den Wendekreisländern der Erde
lebten dieſe Thiere, ſondern auch in den gemäßigten, ja ſelbſt in den kalten Gürteln. Gegenwärtig
ſtehen die beiden Sippen der Familie ſcharf geſondert von einander da; wollten wir aber die ausgeſtor-
benen uns als Bindeglieder denken, wollten wir die Knochen, die man gefunden hat, im Geiſte
wieder mit Fleiſch und Haut und Borſten und Haaren bedecken, ſo würden wir eine Reihen-
folge ohne erhebliche Lücken erhalten: aber wir würden vielleicht dann die jetzt noch lebenden mit
anderen in beſondere Familien vereinigen müſſen: ſo groß iſt der Reichthum der untergegangenen
Arten. Jm Zehen- und Fußbau der ausgeſtorbenen ſpricht ſich die größte Uebereinſtimmung mit
den noch jetzt lebenden Plumpen aus, und eine Menge von Bindegliedern vereinigten auch die nunmehr
einander ſo unähnlichen.
Gegenwärtig bewohnen die Plumpen Südaſien und einige ſeiner Jnſeln, Mittel- und
Südafrika. Jn ihrer Lebensweiſe ähneln ſie im weſentlichen den Elefanten. Wie dieſe lieben ſie
die Nähe des Waſſers und die Sumpfgegenden, wie dieſe ſteigen ſie von der Tiefe zum Hügelland
und in größere Höhen empor. Dichte, feuchte Wälder, welche Sümpfe, Seen, Flüſſe und Bäche
umſchließen, ſind Bedingung für ihr Wohlbefinden und demgemäß auch für ihren Aufenthalt. Die
Flußpferde ſind ausſchließlich an das Waſſer gebunden, und entfernen ſich nur dann von ihm, wenn
ihr Aufenthaltsort ſelbſt ihnen keine Nahrung mehr bietet. Die Plumpen ſind in vielfacher Hinſicht
als Bindeglieder zwiſchen den Land- und Seeſäugethieren anzuſehen. An dieſe erinnert ihre gewaltige
Maſſe und ihre Waſſerliebe, jene ſind ſie noch ihrer Geſtalt und ihrem Weſen nach. Aber die Nil-
pferde gehen ſchon weit hinaus in das Meer und beweiſen durch ihr geſchicktes Schwimmen und Spie-
len in der Tiefe deſſelben, wie nahe ſie den Walen ſtehen. Noch ſind die Plumpen geſellig, jedoch
nicht mehr in dem Grade, wie die Elefanten. Nur die Nilpferde halten noch etwas auf freund-
ſchaftlichen Verkehr mit Anderen ihrer Art: die Nashörner leben paarweiſe, höchſtens in kleinen
Trupps. Die Einen ſind Nachtthiere, die Anderen auch bei Tage thätig; eine eigentliche Schei-
dung in dieſer Hinſicht iſt aber nicht ausgeſprochen; denn die Nachtthiere zeigen ſich oft genug bei
Tage und die Tagthiere in der Nacht. Jhr Leben theilt ſich in Freſſen und Ruhen: der Bauch iſt ihr
Gott. An Gefräßigkeit übertreffen ſie alle Säugethiere, an träger Ruhe nicht minder. Nur der Hun-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/792>, abgerufen am 23.11.2024.
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