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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Unser Eichhörnchen.
Wurfes sich rothe und schwarze Hörnchen befinden. Sehr selten sind weiße oder gefleckte Spiel-
arten, solche mit halb oder ganz weißem Schwanze und dergleichen. Der Schwanz ist sehr buschig
und zweizeilig, das Ohr ziert ein Büschel langer Haare, die Fußsohlen sind nackt.

Unser Eichhörnchen ist den Griechen und Spaniern ebensogut bekannt, als den Sibiriern und
Lappländern. Es reicht durch ganz Europa und geht noch über den Kaukasus und Ural hinweg durch
das südlichere Sibirien bis zum Altai und nach Hinterasien. Der Baumwuchs bezeichnet seine Hei-
mat. Wo sich Bäume finden, und zumal wo sich die Bäume zum Walde einen, fehlt unser Thier-
chen sicher nicht; aber es ist nicht überall und auch nicht in allen Jahren gleichhäufig und, wenn es
auch nicht gerade wandern mag, große Streifzüge dürfte es jedenfalls unternehmen. Hochstämmige,
trockene und schattige Wälder, namentlich von Schwarzhölzern, bilden wohl seine bevorzugtesten
Aufenthaltsplätze. Nässe und Sonnenschein sind ihm gleichzuwider. Während der Reife des Obstes
und der Nüsse besucht das Eichhörnchen auch die Gärten des Dorfes, doch nur dann, wenn sich vom
Walde aus eine Verbindung durch Feldhölzchen oder wenigstens Gebüsche findet. Da, wo recht viele

[Abbildung] Unser Eichhörnchen (Sciurus vulgaris).
Fichten- und Kiefernzapfen reifen, setzt es sich fest und erbaut sich eine oder mehrere Wohnungen,
gewöhnlich in alten Krähenhorsten, welche es recht künstlich herrichtet. Zu kürzerem Aufenthalte
benutzt es verlassene Elster-, Krähen- und Raubvögelhorste, wie sie sind, die Wohnungen aber,
welche zur Nachtherberge, zum Schutze gegen üble Witterung und zum Wochenbette des Weibchens
dienen, werden ganz neu erbaut, obwohl oft aus den von Vögeln zusammengetragenen Stoffen.
Man will bemerkt haben, daß jedes Hörnchen wenigstens vier Nester habe, doch ist mit Sicherheit
hierüber wohl noch Nichts festgestellt worden, und ich glaube, beobachtet zu haben, daß Laune und
Bedürfniß des Thieres außerordentlich wechseln. Höhlungen in Bäumen, am liebsten die in hohlen
Stämmen, werden ebenfalls von ihm besucht und unter Umständen auch ausgebaut. Die freien
Nester sind gewöhnlich in einen Zwiesel dicht an den Hauptstamm des Baumes gestellt. Der Boden
der Hütte ist gebaut, wie der eines größeren Vogelnestes, oben aber ist sie nach Art der Elsternester
mit einem flachen, kegelförmigen Dache überdeckt, dicht genug, um dem Eindringen des Regens voll-
ständig zu widerstehen. Der Haupteingang ist abwärts gerichtet, gewöhnlich nach Morgen hin, ein
etwas kleineres Fluchtloch befindet sich dicht am Schafte. Zartes Mos bildet im Jnnern ringsum

Unſer Eichhörnchen.
Wurfes ſich rothe und ſchwarze Hörnchen befinden. Sehr ſelten ſind weiße oder gefleckte Spiel-
arten, ſolche mit halb oder ganz weißem Schwanze und dergleichen. Der Schwanz iſt ſehr buſchig
und zweizeilig, das Ohr ziert ein Büſchel langer Haare, die Fußſohlen ſind nackt.

Unſer Eichhörnchen iſt den Griechen und Spaniern ebenſogut bekannt, als den Sibiriern und
Lappländern. Es reicht durch ganz Europa und geht noch über den Kaukaſus und Ural hinweg durch
das ſüdlichere Sibirien bis zum Altai und nach Hinteraſien. Der Baumwuchs bezeichnet ſeine Hei-
mat. Wo ſich Bäume finden, und zumal wo ſich die Bäume zum Walde einen, fehlt unſer Thier-
chen ſicher nicht; aber es iſt nicht überall und auch nicht in allen Jahren gleichhäufig und, wenn es
auch nicht gerade wandern mag, große Streifzüge dürfte es jedenfalls unternehmen. Hochſtämmige,
trockene und ſchattige Wälder, namentlich von Schwarzhölzern, bilden wohl ſeine bevorzugteſten
Aufenthaltsplätze. Näſſe und Sonnenſchein ſind ihm gleichzuwider. Während der Reife des Obſtes
und der Nüſſe beſucht das Eichhörnchen auch die Gärten des Dorfes, doch nur dann, wenn ſich vom
Walde aus eine Verbindung durch Feldhölzchen oder wenigſtens Gebüſche findet. Da, wo recht viele

[Abbildung] Unſer Eichhörnchen (Sciurus vulgaris).
Fichten- und Kiefernzapfen reifen, ſetzt es ſich feſt und erbaut ſich eine oder mehrere Wohnungen,
gewöhnlich in alten Krähenhorſten, welche es recht künſtlich herrichtet. Zu kürzerem Aufenthalte
benutzt es verlaſſene Elſter-, Krähen- und Raubvögelhorſte, wie ſie ſind, die Wohnungen aber,
welche zur Nachtherberge, zum Schutze gegen üble Witterung und zum Wochenbette des Weibchens
dienen, werden ganz neu erbaut, obwohl oft aus den von Vögeln zuſammengetragenen Stoffen.
Man will bemerkt haben, daß jedes Hörnchen wenigſtens vier Neſter habe, doch iſt mit Sicherheit
hierüber wohl noch Nichts feſtgeſtellt worden, und ich glaube, beobachtet zu haben, daß Laune und
Bedürfniß des Thieres außerordentlich wechſeln. Höhlungen in Bäumen, am liebſten die in hohlen
Stämmen, werden ebenfalls von ihm beſucht und unter Umſtänden auch ausgebaut. Die freien
Neſter ſind gewöhnlich in einen Zwieſel dicht an den Hauptſtamm des Baumes geſtellt. Der Boden
der Hütte iſt gebaut, wie der eines größeren Vogelneſtes, oben aber iſt ſie nach Art der Elſterneſter
mit einem flachen, kegelförmigen Dache überdeckt, dicht genug, um dem Eindringen des Regens voll-
ſtändig zu widerſtehen. Der Haupteingang iſt abwärts gerichtet, gewöhnlich nach Morgen hin, ein
etwas kleineres Fluchtloch befindet ſich dicht am Schafte. Zartes Mos bildet im Jnnern ringsum

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[69/0083] Unſer Eichhörnchen. Wurfes ſich rothe und ſchwarze Hörnchen befinden. Sehr ſelten ſind weiße oder gefleckte Spiel- arten, ſolche mit halb oder ganz weißem Schwanze und dergleichen. Der Schwanz iſt ſehr buſchig und zweizeilig, das Ohr ziert ein Büſchel langer Haare, die Fußſohlen ſind nackt. Unſer Eichhörnchen iſt den Griechen und Spaniern ebenſogut bekannt, als den Sibiriern und Lappländern. Es reicht durch ganz Europa und geht noch über den Kaukaſus und Ural hinweg durch das ſüdlichere Sibirien bis zum Altai und nach Hinteraſien. Der Baumwuchs bezeichnet ſeine Hei- mat. Wo ſich Bäume finden, und zumal wo ſich die Bäume zum Walde einen, fehlt unſer Thier- chen ſicher nicht; aber es iſt nicht überall und auch nicht in allen Jahren gleichhäufig und, wenn es auch nicht gerade wandern mag, große Streifzüge dürfte es jedenfalls unternehmen. Hochſtämmige, trockene und ſchattige Wälder, namentlich von Schwarzhölzern, bilden wohl ſeine bevorzugteſten Aufenthaltsplätze. Näſſe und Sonnenſchein ſind ihm gleichzuwider. Während der Reife des Obſtes und der Nüſſe beſucht das Eichhörnchen auch die Gärten des Dorfes, doch nur dann, wenn ſich vom Walde aus eine Verbindung durch Feldhölzchen oder wenigſtens Gebüſche findet. Da, wo recht viele [Abbildung Unſer Eichhörnchen (Sciurus vulgaris).] Fichten- und Kiefernzapfen reifen, ſetzt es ſich feſt und erbaut ſich eine oder mehrere Wohnungen, gewöhnlich in alten Krähenhorſten, welche es recht künſtlich herrichtet. Zu kürzerem Aufenthalte benutzt es verlaſſene Elſter-, Krähen- und Raubvögelhorſte, wie ſie ſind, die Wohnungen aber, welche zur Nachtherberge, zum Schutze gegen üble Witterung und zum Wochenbette des Weibchens dienen, werden ganz neu erbaut, obwohl oft aus den von Vögeln zuſammengetragenen Stoffen. Man will bemerkt haben, daß jedes Hörnchen wenigſtens vier Neſter habe, doch iſt mit Sicherheit hierüber wohl noch Nichts feſtgeſtellt worden, und ich glaube, beobachtet zu haben, daß Laune und Bedürfniß des Thieres außerordentlich wechſeln. Höhlungen in Bäumen, am liebſten die in hohlen Stämmen, werden ebenfalls von ihm beſucht und unter Umſtänden auch ausgebaut. Die freien Neſter ſind gewöhnlich in einen Zwieſel dicht an den Hauptſtamm des Baumes geſtellt. Der Boden der Hütte iſt gebaut, wie der eines größeren Vogelneſtes, oben aber iſt ſie nach Art der Elſterneſter mit einem flachen, kegelförmigen Dache überdeckt, dicht genug, um dem Eindringen des Regens voll- ſtändig zu widerſtehen. Der Haupteingang iſt abwärts gerichtet, gewöhnlich nach Morgen hin, ein etwas kleineres Fluchtloch befindet ſich dicht am Schafte. Zartes Mos bildet im Jnnern ringsum

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/83>, abgerufen am 23.11.2024.