Arten nähren sich von den kleinsten Meerthieren und umgekehrt, die kleineren sind die tüchtigsten Räuber. Der Narwal und die Delfine sind Raubthiere im eigentlichen Sinne des Wortes, und manche von ihnen verschonen selbst die Schwächeren ihrer eigenen Sippschaft nicht; dagegen be- gnügen sich die Bartenwale mit sehr kleinen Thieren, mit winzigen Fischen, Krebsen, schalenlosen Weichthieren, Quallen und dergleichen. Man kann sich leicht vorstellen, welch ungeheure Massen von Nahrung die Riesen des Weltmeeres zu ihrer Erhaltung bedürfen: ein einziger Wal verzehrt wahrscheinlich täglich Millionen und selbst Milliarden von diesen winzigen Geschöpfen.
Sämmtliche Wale sind gesellige Thiere. Jn Gegenden, wo sie noch nicht durch den Menschen beunruhigt worden sind, sieht man sie gewöhnlich in ziemlichen Herden zusammen. Alle zeigen eine große Anhänglichkeit zu einander, und namentlich die Mitglieder eines Paares lieben sich ganz ungemein.
Ueber die Zeit der Begattung fehlen noch genauere Nachrichten. Vielleicht geschieht sie zu jeder Jahreszeit, am häufigsten aber wohl gegen das Ende des Sommers. Es scheint, daß sich dann die Herden in bestimmte Paare auflösen, welche längere Zeit zusammenhalten. Vor der Be- gattung zeigt das Männchen seine Erregung durch Plätschern mit den gewaltigen Flossen an und erfüllt das stille Wasser mit Donnergetöse. Gar nicht selten wirft es sich auf den Rücken, stellt sich senkrecht auf den Kopf und bewegt die Wogen auf weit hin, springt auch wohl, mit der riesigen Masse seines Leibes spielend, über die Oberfläche des Wassers heraus, taucht senkrecht in die Tiefe, erscheint von neuem und treibt andere Scherze zur Freude des Weibchens. Wie lange die Tragzeit währt, ist zur Zeit noch nicht ermittelt. Man nimmt zwar an, daß sie blos neun bis zehn Monate dauert, dürfte aber schwerlich diese Annahme beweisen können. Bei den kleineren mag die angegebene Zeit der wahren wohl ziemlich nahe kommen; die großen aber können ebensogut einundzwanzig oder zweiundzwanzig Monate trächtig gehen, als neun oder zehn Monate. Zwischen Februar und April sieht man neugeborene Junge bei den Weibchen. Sie sind schon ziemlich große Thiere, bedürfen aber noch lange der sorgsamen Pflege der Alten. Dies gilt zumal für die Bartenwale, welche, wie man behauptet, erst nach Ablauf des ersten Lebensjahres fähig sind, ihre Nahrung sich selbst zu erwerben, und bis dahin gesäugt werden müssen. Bei diesem Muttergeschäft schwimmt die Alte ruhig ihres Weges weiter, das Junge hängt sich fest an die große Zitze an und läßt sich im Wasser nachschleifen. Wie es scheint, sind die größeren Arten erst nach dem zwanzigsten Jahre ihres Lebens zur Fortpflanzung geeignet. Wie lange ihr Leben währen kann, weiß man nicht. Man nimmt an, daß das hohe Alter sich durch Zunahme des Grau an Körper und Kopf, das Vergilben der weiß- lichen Farbe, die Abnahme des Thrans, die große Härte des Specks und die Zähigkeit der sehnigen Theile bestimmen läßt; allein man ist durchaus nicht im Stande, die Zeit anzugeben, in welcher diese Veränderungen beginnen.
Auch die Wale haben ihre großen Feinde, namentlich in der ersten Zeit ihres Lebens. Der Hai und der Schwertfisch sollen förmlich Jagd auf junge Walfische machen, selbst ältere an- greifen und dann tagelang mit Vergnügen von dem riesenhaften Leichname fressen. Weit gefährlicher aber, als alle Seeungeheuer, wird den Walen der Mensch. Er ist es, welcher bereits seit mehr als tausend Jahren fast sämmtliche Wale regelrecht verfolgt und einige Arten bereits der Vertilgung nahe gebracht hat.
Bei Gefahr vertheidigen die Wale sich gegenseitig, und zumal die Mütter ihre Kinder mit großem Muthe. Die kleineren machen von ihrem starken Gebiß Gebrauch; die größeren versuchen nur durch unbändige Bewegungen Angriffe abzuwehren. Jm Verhältniß zu ihrer Größe sind die ungeschlachten Thiere höchst ungefährliche Gegner desjenigen Feindes, welcher ihnen den größten Schaden zufügt. Der Mensch kümmert sich im ganzen wenig um das Toben und Wüthen der von ihm angegriffenen Riesen; er weiß schon Mittel zu finden, auch die größten Anstrengungen zu vereiteln.
Walthiere.
Arten nähren ſich von den kleinſten Meerthieren und umgekehrt, die kleineren ſind die tüchtigſten Räuber. Der Narwal und die Delfine ſind Raubthiere im eigentlichen Sinne des Wortes, und manche von ihnen verſchonen ſelbſt die Schwächeren ihrer eigenen Sippſchaft nicht; dagegen be- gnügen ſich die Bartenwale mit ſehr kleinen Thieren, mit winzigen Fiſchen, Krebſen, ſchalenloſen Weichthieren, Quallen und dergleichen. Man kann ſich leicht vorſtellen, welch ungeheure Maſſen von Nahrung die Rieſen des Weltmeeres zu ihrer Erhaltung bedürfen: ein einziger Wal verzehrt wahrſcheinlich täglich Millionen und ſelbſt Milliarden von dieſen winzigen Geſchöpfen.
Sämmtliche Wale ſind geſellige Thiere. Jn Gegenden, wo ſie noch nicht durch den Menſchen beunruhigt worden ſind, ſieht man ſie gewöhnlich in ziemlichen Herden zuſammen. Alle zeigen eine große Anhänglichkeit zu einander, und namentlich die Mitglieder eines Paares lieben ſich ganz ungemein.
Ueber die Zeit der Begattung fehlen noch genauere Nachrichten. Vielleicht geſchieht ſie zu jeder Jahreszeit, am häufigſten aber wohl gegen das Ende des Sommers. Es ſcheint, daß ſich dann die Herden in beſtimmte Paare auflöſen, welche längere Zeit zuſammenhalten. Vor der Be- gattung zeigt das Männchen ſeine Erregung durch Plätſchern mit den gewaltigen Floſſen an und erfüllt das ſtille Waſſer mit Donnergetöſe. Gar nicht ſelten wirft es ſich auf den Rücken, ſtellt ſich ſenkrecht auf den Kopf und bewegt die Wogen auf weit hin, ſpringt auch wohl, mit der rieſigen Maſſe ſeines Leibes ſpielend, über die Oberfläche des Waſſers heraus, taucht ſenkrecht in die Tiefe, erſcheint von neuem und treibt andere Scherze zur Freude des Weibchens. Wie lange die Tragzeit währt, iſt zur Zeit noch nicht ermittelt. Man nimmt zwar an, daß ſie blos neun bis zehn Monate dauert, dürfte aber ſchwerlich dieſe Annahme beweiſen können. Bei den kleineren mag die angegebene Zeit der wahren wohl ziemlich nahe kommen; die großen aber können ebenſogut einundzwanzig oder zweiundzwanzig Monate trächtig gehen, als neun oder zehn Monate. Zwiſchen Februar und April ſieht man neugeborene Junge bei den Weibchen. Sie ſind ſchon ziemlich große Thiere, bedürfen aber noch lange der ſorgſamen Pflege der Alten. Dies gilt zumal für die Bartenwale, welche, wie man behauptet, erſt nach Ablauf des erſten Lebensjahres fähig ſind, ihre Nahrung ſich ſelbſt zu erwerben, und bis dahin geſäugt werden müſſen. Bei dieſem Muttergeſchäft ſchwimmt die Alte ruhig ihres Weges weiter, das Junge hängt ſich feſt an die große Zitze an und läßt ſich im Waſſer nachſchleifen. Wie es ſcheint, ſind die größeren Arten erſt nach dem zwanzigſten Jahre ihres Lebens zur Fortpflanzung geeignet. Wie lange ihr Leben währen kann, weiß man nicht. Man nimmt an, daß das hohe Alter ſich durch Zunahme des Grau an Körper und Kopf, das Vergilben der weiß- lichen Farbe, die Abnahme des Thrans, die große Härte des Specks und die Zähigkeit der ſehnigen Theile beſtimmen läßt; allein man iſt durchaus nicht im Stande, die Zeit anzugeben, in welcher dieſe Veränderungen beginnen.
Auch die Wale haben ihre großen Feinde, namentlich in der erſten Zeit ihres Lebens. Der Hai und der Schwertfiſch ſollen förmlich Jagd auf junge Walfiſche machen, ſelbſt ältere an- greifen und dann tagelang mit Vergnügen von dem rieſenhaften Leichname freſſen. Weit gefährlicher aber, als alle Seeungeheuer, wird den Walen der Menſch. Er iſt es, welcher bereits ſeit mehr als tauſend Jahren faſt ſämmtliche Wale regelrecht verfolgt und einige Arten bereits der Vertilgung nahe gebracht hat.
Bei Gefahr vertheidigen die Wale ſich gegenſeitig, und zumal die Mütter ihre Kinder mit großem Muthe. Die kleineren machen von ihrem ſtarken Gebiß Gebrauch; die größeren verſuchen nur durch unbändige Bewegungen Angriffe abzuwehren. Jm Verhältniß zu ihrer Größe ſind die ungeſchlachten Thiere höchſt ungefährliche Gegner desjenigen Feindes, welcher ihnen den größten Schaden zufügt. Der Menſch kümmert ſich im ganzen wenig um das Toben und Wüthen der von ihm angegriffenen Rieſen; er weiß ſchon Mittel zu finden, auch die größten Anſtrengungen zu vereiteln.
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Walthiere.
Arten nähren ſich von den kleinſten Meerthieren und umgekehrt, die kleineren ſind die tüchtigſten
Räuber. Der Narwal und die Delfine ſind Raubthiere im eigentlichen Sinne des Wortes,
und manche von ihnen verſchonen ſelbſt die Schwächeren ihrer eigenen Sippſchaft nicht; dagegen be-
gnügen ſich die Bartenwale mit ſehr kleinen Thieren, mit winzigen Fiſchen, Krebſen, ſchalenloſen
Weichthieren, Quallen und dergleichen. Man kann ſich leicht vorſtellen, welch ungeheure Maſſen
von Nahrung die Rieſen des Weltmeeres zu ihrer Erhaltung bedürfen: ein einziger Wal verzehrt
wahrſcheinlich täglich Millionen und ſelbſt Milliarden von dieſen winzigen Geſchöpfen.
Sämmtliche Wale ſind geſellige Thiere. Jn Gegenden, wo ſie noch nicht durch den Menſchen
beunruhigt worden ſind, ſieht man ſie gewöhnlich in ziemlichen Herden zuſammen. Alle zeigen
eine große Anhänglichkeit zu einander, und namentlich die Mitglieder eines Paares lieben ſich ganz
ungemein.
Ueber die Zeit der Begattung fehlen noch genauere Nachrichten. Vielleicht geſchieht ſie zu
jeder Jahreszeit, am häufigſten aber wohl gegen das Ende des Sommers. Es ſcheint, daß ſich
dann die Herden in beſtimmte Paare auflöſen, welche längere Zeit zuſammenhalten. Vor der Be-
gattung zeigt das Männchen ſeine Erregung durch Plätſchern mit den gewaltigen Floſſen an und
erfüllt das ſtille Waſſer mit Donnergetöſe. Gar nicht ſelten wirft es ſich auf den Rücken, ſtellt
ſich ſenkrecht auf den Kopf und bewegt die Wogen auf weit hin, ſpringt auch wohl, mit der rieſigen
Maſſe ſeines Leibes ſpielend, über die Oberfläche des Waſſers heraus, taucht ſenkrecht in die Tiefe,
erſcheint von neuem und treibt andere Scherze zur Freude des Weibchens. Wie lange die Tragzeit
währt, iſt zur Zeit noch nicht ermittelt. Man nimmt zwar an, daß ſie blos neun bis zehn Monate
dauert, dürfte aber ſchwerlich dieſe Annahme beweiſen können. Bei den kleineren mag die angegebene
Zeit der wahren wohl ziemlich nahe kommen; die großen aber können ebenſogut einundzwanzig oder
zweiundzwanzig Monate trächtig gehen, als neun oder zehn Monate. Zwiſchen Februar und April
ſieht man neugeborene Junge bei den Weibchen. Sie ſind ſchon ziemlich große Thiere, bedürfen
aber noch lange der ſorgſamen Pflege der Alten. Dies gilt zumal für die Bartenwale, welche, wie
man behauptet, erſt nach Ablauf des erſten Lebensjahres fähig ſind, ihre Nahrung ſich ſelbſt zu
erwerben, und bis dahin geſäugt werden müſſen. Bei dieſem Muttergeſchäft ſchwimmt die Alte
ruhig ihres Weges weiter, das Junge hängt ſich feſt an die große Zitze an und läßt ſich im Waſſer
nachſchleifen. Wie es ſcheint, ſind die größeren Arten erſt nach dem zwanzigſten Jahre ihres Lebens
zur Fortpflanzung geeignet. Wie lange ihr Leben währen kann, weiß man nicht. Man nimmt an,
daß das hohe Alter ſich durch Zunahme des Grau an Körper und Kopf, das Vergilben der weiß-
lichen Farbe, die Abnahme des Thrans, die große Härte des Specks und die Zähigkeit der ſehnigen
Theile beſtimmen läßt; allein man iſt durchaus nicht im Stande, die Zeit anzugeben, in welcher dieſe
Veränderungen beginnen.
Auch die Wale haben ihre großen Feinde, namentlich in der erſten Zeit ihres Lebens. Der
Hai und der Schwertfiſch ſollen förmlich Jagd auf junge Walfiſche machen, ſelbſt ältere an-
greifen und dann tagelang mit Vergnügen von dem rieſenhaften Leichname freſſen. Weit gefährlicher
aber, als alle Seeungeheuer, wird den Walen der Menſch. Er iſt es, welcher bereits ſeit mehr als
tauſend Jahren faſt ſämmtliche Wale regelrecht verfolgt und einige Arten bereits der Vertilgung
nahe gebracht hat.
Bei Gefahr vertheidigen die Wale ſich gegenſeitig, und zumal die Mütter ihre Kinder mit
großem Muthe. Die kleineren machen von ihrem ſtarken Gebiß Gebrauch; die größeren verſuchen
nur durch unbändige Bewegungen Angriffe abzuwehren. Jm Verhältniß zu ihrer Größe ſind die
ungeſchlachten Thiere höchſt ungefährliche Gegner desjenigen Feindes, welcher ihnen den größten
Schaden zufügt. Der Menſch kümmert ſich im ganzen wenig um das Toben und Wüthen der von
ihm angegriffenen Rieſen; er weiß ſchon Mittel zu finden, auch die größten Anſtrengungen zu
vereiteln.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 828. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/876>, abgerufen am 23.11.2024.
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