ein oder zwei Junge wirft, welches sie ganz wie die übrigen Delfine behandelt. Man jagt ihn mit der Harpune oder mit der Büchse. Jn meinem letzten Jagdausfluge nach Abissinien erlegte der Herzog von Koburg einige Abusalems, welche unser Dampfschiff im rothen Meere umschwärmten. Sogleich nach dem Schuß färbte sich das Wasser roth von dem mit großer Gewalt ausströmenden Blute. Der Tümmler drehte sich einige Male herum und kam dann langsam zur Oberfläche
[Abbildung]
Der gemeine Tümmler (Tursio vulgaris).
empor. Alle übrigen Mitglieder der Bande blieben augenblicklich beim Leichnam zurück, wie uns der Schiffsführer versicherte, in der edlen Absicht, den liebwerthen Genossen sofort aufzufressen.
An die Meerschweine und Tümmler können wir nun endlich denjenigen Wal anreihen, welcher der ganzen Familie ihren Namen gab, den hundertfach besungenen, eigentlichen Delfin, welcher mehr Märchen und Fabeln ins Leben gerufen hat, als alle übrigen Seethiere überhaupt. Er ist es, welcher den Arion nach Tänarium zurückbringt, bezaubert von dem herrlichen Spiel und Gesang des Dichters, den räuberische Schiffer gezwungen hatten, ins Meer zu springen; er ist es, von dem Plinius die hübsche Geschichte des Knaben erzählt, welcher durch häufiges Füttern mit Brod sich in solchem Grade die Liebe eines Delfins erwarb, daß dieser ihn mehrere Jahre lang täglich über den luerinischen See nach Puteoli in die Schule trug und auf dieselbe Weise wieder nach Hause brachte. "Als der Knabe starb," fährt der alte Naturforscher fort, "erschien der Delfin noch immer am gewöhnten Orte und grämte sich bald darauf über den Verlust seines Lieblings zu Tode." Weiter wird gefabelt, daß im Alterthum die Delfine beim Fange der Meerbarben behilflich waren, indem sie dieselben scharenweise in die Netze trieben und für diesen Dienst mit einem Theile der Beute und mit Brod belohnt wurden, welches in Wein getränkt war.
Brehm, Thierleben. II. 54
Der gemeine Tümmler.
ein oder zwei Junge wirft, welches ſie ganz wie die übrigen Delfine behandelt. Man jagt ihn mit der Harpune oder mit der Büchſe. Jn meinem letzten Jagdausfluge nach Abiſſinien erlegte der Herzog von Koburg einige Abuſalems, welche unſer Dampfſchiff im rothen Meere umſchwärmten. Sogleich nach dem Schuß färbte ſich das Waſſer roth von dem mit großer Gewalt ausſtrömenden Blute. Der Tümmler drehte ſich einige Male herum und kam dann langſam zur Oberfläche
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Der gemeine Tümmler (Tursio vulgaris).
empor. Alle übrigen Mitglieder der Bande blieben augenblicklich beim Leichnam zurück, wie uns der Schiffsführer verſicherte, in der edlen Abſicht, den liebwerthen Genoſſen ſofort aufzufreſſen.
An die Meerſchweine und Tümmler können wir nun endlich denjenigen Wal anreihen, welcher der ganzen Familie ihren Namen gab, den hundertfach beſungenen, eigentlichen Delfin, welcher mehr Märchen und Fabeln ins Leben gerufen hat, als alle übrigen Seethiere überhaupt. Er iſt es, welcher den Arion nach Tänarium zurückbringt, bezaubert von dem herrlichen Spiel und Geſang des Dichters, den räuberiſche Schiffer gezwungen hatten, ins Meer zu ſpringen; er iſt es, von dem Plinius die hübſche Geſchichte des Knaben erzählt, welcher durch häufiges Füttern mit Brod ſich in ſolchem Grade die Liebe eines Delfins erwarb, daß dieſer ihn mehrere Jahre lang täglich über den lueriniſchen See nach Puteoli in die Schule trug und auf dieſelbe Weiſe wieder nach Hauſe brachte. „Als der Knabe ſtarb,‟ fährt der alte Naturforſcher fort, „erſchien der Delfin noch immer am gewöhnten Orte und grämte ſich bald darauf über den Verluſt ſeines Lieblings zu Tode.‟ Weiter wird gefabelt, daß im Alterthum die Delfine beim Fange der Meerbarben behilflich waren, indem ſie dieſelben ſcharenweiſe in die Netze trieben und für dieſen Dienſt mit einem Theile der Beute und mit Brod belohnt wurden, welches in Wein getränkt war.
Brehm, Thierleben. II. 54
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Der gemeine Tümmler.
ein oder zwei Junge wirft, welches ſie ganz wie die übrigen Delfine behandelt. Man jagt ihn
mit der Harpune oder mit der Büchſe. Jn meinem letzten Jagdausfluge nach Abiſſinien erlegte der
Herzog von Koburg einige Abuſalems, welche unſer Dampfſchiff im rothen Meere umſchwärmten.
Sogleich nach dem Schuß färbte ſich das Waſſer roth von dem mit großer Gewalt ausſtrömenden
Blute. Der Tümmler drehte ſich einige Male herum und kam dann langſam zur Oberfläche
[Abbildung Der gemeine Tümmler (Tursio vulgaris).]
empor. Alle übrigen Mitglieder der Bande blieben augenblicklich beim Leichnam zurück, wie uns
der Schiffsführer verſicherte, in der edlen Abſicht, den liebwerthen Genoſſen ſofort aufzufreſſen.
An die Meerſchweine und Tümmler können wir nun endlich denjenigen Wal anreihen, welcher
der ganzen Familie ihren Namen gab, den hundertfach beſungenen, eigentlichen Delfin,
welcher mehr Märchen und Fabeln ins Leben gerufen hat, als alle übrigen Seethiere überhaupt. Er
iſt es, welcher den Arion nach Tänarium zurückbringt, bezaubert von dem herrlichen Spiel und
Geſang des Dichters, den räuberiſche Schiffer gezwungen hatten, ins Meer zu ſpringen; er iſt es,
von dem Plinius die hübſche Geſchichte des Knaben erzählt, welcher durch häufiges Füttern mit
Brod ſich in ſolchem Grade die Liebe eines Delfins erwarb, daß dieſer ihn mehrere Jahre lang
täglich über den lueriniſchen See nach Puteoli in die Schule trug und auf dieſelbe Weiſe wieder
nach Hauſe brachte. „Als der Knabe ſtarb,‟ fährt der alte Naturforſcher fort, „erſchien der
Delfin noch immer am gewöhnten Orte und grämte ſich bald darauf über den Verluſt ſeines
Lieblings zu Tode.‟ Weiter wird gefabelt, daß im Alterthum die Delfine beim Fange der
Meerbarben behilflich waren, indem ſie dieſelben ſcharenweiſe in die Netze trieben und für dieſen
Dienſt mit einem Theile der Beute und mit Brod belohnt wurden, welches in Wein getränkt war.
Brehm, Thierleben. II. 54
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/897>, abgerufen am 23.11.2024.
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