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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
ihm nur die rechte Behandlung zu Theil wird. Jn seinem Gefängniß gewöhnt er sich rasch ein, und
bereits nach wenig Tagen sieht er in seinem Pfleger einen Freund, an welchen er sich innig anschließt,
nimmt dann ungescheut die Nahrung aus der Hand, läßt sich sogar streicheln oder im Zimmer um-
hertragen und bekundet seine Zufriedenheit in jeder Weise. Männchen und Weibchen, welche in
einen Käfig zusammengesperrt werden, erfreuen noch mehr, als ein einziger; denn sie sind sehr
zärtlich gegen einander und erschöpfen sich, so zu sagen, gegenseitig in Liebenswürdigkeiten aller
Art. So vereinigt sich in diesen Vögeln Vieles, um sie zu Lieblingen des Menschen zu stem-
peln: eine anmuthige Gestalt, die Farbenpracht des Gefieders, ein köstlicher Gesang und ein an-
sprechendes Betragen. Doch leider können die Gefangenen, so ruhig sie auch den Verlust ihrer
Freiheit hinzunehmen scheinen, den Aufenthalt im Zimmer nie lange ertragen. Sie welken sicht-
lich dahin, namentlich wenn man vergißt, daß sie, die Kinder des Nordens, vor Allem frische,
kalte Luft bedürfen und sie im geheizten Zimmer hält. Die bei uns einwandernden Hakengimpel
zeigen sich vollkommen unempfindlich gegen die Kälte: sie sind auch an den strengsten Wintertagen
munter und lebendig; umso beschwerlicher aber fällt ihnen die Wärme des Zimmers und nament-
lich die dicke Luft desselben. Sie beweisen durch ängstliches Hin- und Herklettern im Käfig, durch
Aufsperren des Schnabels und ein förmliches Keuchen, wie unnatürlich und unerträglich ihnen der
Aufenthalt im Zimmer ist und erliegen gewöhnlich bald ihren Leiden. Jm günstigsten Falle halten
sie allerdings länger als ein Jahr in der Gefangenschaft aus, gewöhnlich aber verliert ihr Ge-
fieder schon nach halbjähriger Gefangenschaft seine prachtvolle Farbe: es vergilbt und wird unschein-
bar. Man thut also wohl, wenn man sie während des Winters in einem ganz ungeheizten Zim-
mer oder noch besser in einem außerhalb der Wohnung hängenden Bauer hält.

Die Ernährung der Gefangenen verursacht wenig Schwierigkeiten. Jn der Freiheit nähren sich
die Hakengimpel von dem Samen der Nadelbäume, welchen sie zwischen den geöffneten Schuppen
der Zapfen hervorziehen oder von den Aesten und Zweigen und bezüglich vom Boden auflesen;
außerdem nehmen sie verschiedene andere Sämereien oder Beeren mancherlei Art gern an und
betrachten Baumknospen oder Grünzeug überhaupt als Leckerbissen. Die Gefangenen füttert man
mit Rübsen, Lein und Hafer, Wachholder- oder Ebereschbeeren. Sie sind nicht wählerisch, verlangen
aber ziemlich viel Futter, weil ihre Freßlust groß ist. Jn den Sommermonaten werden sie sich
höchst wahrscheinlich vorzugsweise von Kerbthieren nähren, hauptsächlich wohl von den Mücken, welche
in ihrer Heimat mehrere Monate lang überaus häufig sind. Mit dieser Nahrung füttern sie viel-
leicht auch ihre Jungen groß.

Ueber die Fortpflanzung haben wir nur dürftige Berichte erhalten; denn der Hakengimpel kommt
im Sommer regelmäßig nicht südlich von Varnland und Dalarna vor. Doch hat er ausnahmsweise
schon ein Mal mitten in Deutschland genistet und zwar zum Glück in unmittelbarer Nähe des Wohn-
orts unseres Naumann, dessen Vater die erste Beschreibung des Nestes geben konnte. Dasselbe
stand in einem lichten Hartriegelstrauch auf einem kleinen Stämmchen, etwa vier Fuß hoch über dem
Boden, so frei, daß man es schon von weitem bemerkte. Es war ziemlich leicht gebaut, kaum besser
oder dichter, als ein Grasmückennest. Dürre Pflanzensteugel und Grashalme bildeten die äußeren
Wandungen; der innere Napf war mit einzelnen Pferdehaaren ausgelegt. Das Gelege bestand aus
vier Eiern. Naumann beschreibt auch diese, jedoch wie wir später erfahren haben ungenügend.
Sie haben eine schöne, lebhafte blaue Grundfarbe, sind am stumpfen Ende verwaschen rothbraun
gewölkt und zeigen dort auch einzelne kastanienbraune Flecken. Jn Färbung und Zeichnung ähneln sie
den Eiern des gemeinen Gimpels, in der Größe kommen sie aber den Kernbeißereiern vollstän-
dig gleich.

Aus Naumann's Beobachtung geht hervor, daß das Weibchen brütet und währenddem von
dem Männchen durch seine herrlichen Lieder unterhalten wird.



Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
ihm nur die rechte Behandlung zu Theil wird. Jn ſeinem Gefängniß gewöhnt er ſich raſch ein, und
bereits nach wenig Tagen ſieht er in ſeinem Pfleger einen Freund, an welchen er ſich innig anſchließt,
nimmt dann ungeſcheut die Nahrung aus der Hand, läßt ſich ſogar ſtreicheln oder im Zimmer um-
hertragen und bekundet ſeine Zufriedenheit in jeder Weiſe. Männchen und Weibchen, welche in
einen Käfig zuſammengeſperrt werden, erfreuen noch mehr, als ein einziger; denn ſie ſind ſehr
zärtlich gegen einander und erſchöpfen ſich, ſo zu ſagen, gegenſeitig in Liebenswürdigkeiten aller
Art. So vereinigt ſich in dieſen Vögeln Vieles, um ſie zu Lieblingen des Menſchen zu ſtem-
peln: eine anmuthige Geſtalt, die Farbenpracht des Gefieders, ein köſtlicher Geſang und ein an-
ſprechendes Betragen. Doch leider können die Gefangenen, ſo ruhig ſie auch den Verluſt ihrer
Freiheit hinzunehmen ſcheinen, den Aufenthalt im Zimmer nie lange ertragen. Sie welken ſicht-
lich dahin, namentlich wenn man vergißt, daß ſie, die Kinder des Nordens, vor Allem friſche,
kalte Luft bedürfen und ſie im geheizten Zimmer hält. Die bei uns einwandernden Hakengimpel
zeigen ſich vollkommen unempfindlich gegen die Kälte: ſie ſind auch an den ſtrengſten Wintertagen
munter und lebendig; umſo beſchwerlicher aber fällt ihnen die Wärme des Zimmers und nament-
lich die dicke Luft deſſelben. Sie beweiſen durch ängſtliches Hin- und Herklettern im Käfig, durch
Aufſperren des Schnabels und ein förmliches Keuchen, wie unnatürlich und unerträglich ihnen der
Aufenthalt im Zimmer iſt und erliegen gewöhnlich bald ihren Leiden. Jm günſtigſten Falle halten
ſie allerdings länger als ein Jahr in der Gefangenſchaft aus, gewöhnlich aber verliert ihr Ge-
fieder ſchon nach halbjähriger Gefangenſchaft ſeine prachtvolle Farbe: es vergilbt und wird unſchein-
bar. Man thut alſo wohl, wenn man ſie während des Winters in einem ganz ungeheizten Zim-
mer oder noch beſſer in einem außerhalb der Wohnung hängenden Bauer hält.

Die Ernährung der Gefangenen verurſacht wenig Schwierigkeiten. Jn der Freiheit nähren ſich
die Hakengimpel von dem Samen der Nadelbäume, welchen ſie zwiſchen den geöffneten Schuppen
der Zapfen hervorziehen oder von den Aeſten und Zweigen und bezüglich vom Boden aufleſen;
außerdem nehmen ſie verſchiedene andere Sämereien oder Beeren mancherlei Art gern an und
betrachten Baumknoſpen oder Grünzeug überhaupt als Leckerbiſſen. Die Gefangenen füttert man
mit Rübſen, Lein und Hafer, Wachholder- oder Ebereſchbeeren. Sie ſind nicht wähleriſch, verlangen
aber ziemlich viel Futter, weil ihre Freßluſt groß iſt. Jn den Sommermonaten werden ſie ſich
höchſt wahrſcheinlich vorzugsweiſe von Kerbthieren nähren, hauptſächlich wohl von den Mücken, welche
in ihrer Heimat mehrere Monate lang überaus häufig ſind. Mit dieſer Nahrung füttern ſie viel-
leicht auch ihre Jungen groß.

Ueber die Fortpflanzung haben wir nur dürftige Berichte erhalten; denn der Hakengimpel kommt
im Sommer regelmäßig nicht ſüdlich von Varnland und Dalarna vor. Doch hat er ausnahmsweiſe
ſchon ein Mal mitten in Deutſchland geniſtet und zwar zum Glück in unmittelbarer Nähe des Wohn-
orts unſeres Naumann, deſſen Vater die erſte Beſchreibung des Neſtes geben konnte. Daſſelbe
ſtand in einem lichten Hartriegelſtrauch auf einem kleinen Stämmchen, etwa vier Fuß hoch über dem
Boden, ſo frei, daß man es ſchon von weitem bemerkte. Es war ziemlich leicht gebaut, kaum beſſer
oder dichter, als ein Grasmückenneſt. Dürre Pflanzenſteugel und Grashalme bildeten die äußeren
Wandungen; der innere Napf war mit einzelnen Pferdehaaren ausgelegt. Das Gelege beſtand aus
vier Eiern. Naumann beſchreibt auch dieſe, jedoch wie wir ſpäter erfahren haben ungenügend.
Sie haben eine ſchöne, lebhafte blaue Grundfarbe, ſind am ſtumpfen Ende verwaſchen rothbraun
gewölkt und zeigen dort auch einzelne kaſtanienbraune Flecken. Jn Färbung und Zeichnung ähneln ſie
den Eiern des gemeinen Gimpels, in der Größe kommen ſie aber den Kernbeißereiern vollſtän-
dig gleich.

Aus Naumann’s Beobachtung geht hervor, daß das Weibchen brütet und währenddem von
dem Männchen durch ſeine herrlichen Lieder unterhalten wird.



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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/120>, abgerufen am 21.11.2024.