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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Kardinal.
Männchen im Hochzeitskleide ist ein schöner, aber ziemlich einfarbiger Vogel. Sein weiches und etwas
glänzendes Gefieder ist sehr gleichmäßig dunkelroth, auf dem Kopfe scharlachroth, am Gesicht und an
der Kehle aber tief schwarz. Die Jnnenfahnen der Schwingen sind lichtbraun, ihre Schäfte dunkel-
braun; der Schnabel ist korallenroth, der Augenring dunkelgraubraun, der Fuß blaßbräunlich, asch-
bläulich überlaufen. Bei dem Weibchen ist die Haube kürzer und die Färbung des Gefieders blässer.
Der Hinterkopf, Nacken und Oberrücken sind graubräunlich, die Stirn, die Augenbrauen und die
Haube bräunlichhochroth, fast reinroth, die Flügel dunkelbräunlichroth, die einzelnen Schwingen und
Schwanzfedern graubraun gerandet, die Unterseite olivengelbbraun, auf der Brust und Bauchmitte
röthlich. Der Schnabel ist etwas blässer roth, als beim Männchen.

Aus den Berichten Wilson's, Nuttall's, Audubon's, des Prinzen von Wied und
A. Gerhardt's geht hervor, daß der Kardinal über ganz Nordamerika verbreitet und da, wo er vor-
kommt, häufig ist. Jn den südlichen Staaten ist er gemein, in den hochnordischen dagegen fehlt er
gänzlich. Die Küstenländer scheint er zu bevorzugen; doch fand man ihn auch ziemlich weit nach
Westen hin. Jn gelinden Wintern verweilt er jahraus, jahrein an demselben Orte; bei strengerer
Witterung soll er eine kleine Wanderschaft nach Süden hin antreten. Er ist ein angenehmer Vogel,
welcher wegen seines prachtvollen Gefieders schon von weitem in die Augen fällt und eine wahre
Zierde des Waldes bildet, besonders im Winter, wo er den entlaubten Bäumen zum größten Schmuck
gereicht. Nach Prinz von Wied hält er sich am Tage gern in den dichtverwirrten Zweigen der
Schlingpflanzen auf, und vonhieraus streift er dann nach den benachbarten Feldern und Gärten, falls
ihm der Wald selbst nicht genug Nahrung bietet. Man begegnet ihm ebensowohl in der Nachbarschaft
der Städte, als im tiefsten und einsamsten Walde.

"Man sieht ihn", sagt Audubon, "in unsern Feldern, Baumgängen und Gärten, ja oft genug
im Jnnern unserer südlichen Städte und Dörfer. Es ist ein seltener Fall, daß man in einen Garten
kommt, ohne daß man einen der rothen Vögel gewahrt, wie er durch die Zweige schlüpft. Aber wo
er auch sein mag, er ist überall willkommen, der Liebling Jedermanns, so glänzend ist sein Gefieder,
so reich ist sein Gesang."

Der Kardinal hält sich während des Sommers paarweise, im Herbst und Winter hingegen in
kleinen Gesellschaften. Er verträgt sich gut mit allerlei kleinem Geflügel, nicht besonders aber mit
andern seiner Art, am allerwenigsten während der Brutzeit. Jm Winter kommt er, wenn er im
Lande bleibt, nicht selten in das Gehöft des Bauern herein, und pickt hier vor der Scheuer mit Sper-
lingen und Tauben, mit Schneevögeln, Sumpf- und Singsperlingen, geselligen Ammern und andern
das Gesäme auf, dringt in offene Ställe und Böden oder sucht an den Einhegungen der Gärten und
Felder nach Sämereien aller Art. Mit seinem dicken Schnabel weiß er sehr geschickt die harten Kör-
ner des Mais zu zerkleinern, Hafer zu enthülsen und Weizen zu zermalmen: es fehlt ihm deshalb
selten an Winterfutter. Jn einem benachbarten Heuschober oder einem dichtwipfeligen Baume findet
er eine geeignete Nachtherberge, und so übersteht er den Winter ziemlich leicht. Er ist ein unruhiger,
unsteter Gesell, welcher sich nur minutenlang an ein und derselben Stelle aufhält, sonst aber fort-
während hin und her fliegt und hüpft. Jm Sitzen trägt er den Leib sehr wagrecht und läßt den
Schwanz grade herabhängen, wippt ihn aber fortwährend und stelzt ihn nicht selten. Auf dem Boden
bewegt er sich hüpfend mit ziemlicher Geschicklichkeit, im Gezweig mit großer Gewandtheit. Der Flug
ist hart, schnell, ruckweise und sehr geräuschvoll, wird aber ungern weit ausgedehnt. Wechselseitiges
Ausbreiten und Zusammenlegen, Zucken und Wippen des Schwanzes begleitet ihn, wie alle übrigen
Bewegungen.

Wenn der Winter streng wird, wandert der Kardinal aus und streift dann im Lande umher.
Anfangs März erscheint er wieder, regelmäßig in Gesellschaft anderer Zugvögel. Seine Reisen wer-
den, so zu sagen, theilweise zu Fuß zurückgelegt. Er hüpft und schlüpft, nach Audubon, von
Busch zu Busch und fliegt von einem Wald zum andern. Wie bei manchen andern Vögeln pflegen
die Männchen um mehrere Tage früher zu erscheinen, als die Weibchen.

Kardinal.
Männchen im Hochzeitskleide iſt ein ſchöner, aber ziemlich einfarbiger Vogel. Sein weiches und etwas
glänzendes Gefieder iſt ſehr gleichmäßig dunkelroth, auf dem Kopfe ſcharlachroth, am Geſicht und an
der Kehle aber tief ſchwarz. Die Jnnenfahnen der Schwingen ſind lichtbraun, ihre Schäfte dunkel-
braun; der Schnabel iſt korallenroth, der Augenring dunkelgraubraun, der Fuß blaßbräunlich, aſch-
bläulich überlaufen. Bei dem Weibchen iſt die Haube kürzer und die Färbung des Gefieders bläſſer.
Der Hinterkopf, Nacken und Oberrücken ſind graubräunlich, die Stirn, die Augenbrauen und die
Haube bräunlichhochroth, faſt reinroth, die Flügel dunkelbräunlichroth, die einzelnen Schwingen und
Schwanzfedern graubraun gerandet, die Unterſeite olivengelbbraun, auf der Bruſt und Bauchmitte
röthlich. Der Schnabel iſt etwas bläſſer roth, als beim Männchen.

Aus den Berichten Wilſon’s, Nuttall’s, Audubon’s, des Prinzen von Wied und
A. Gerhardt’s geht hervor, daß der Kardinal über ganz Nordamerika verbreitet und da, wo er vor-
kommt, häufig iſt. Jn den ſüdlichen Staaten iſt er gemein, in den hochnordiſchen dagegen fehlt er
gänzlich. Die Küſtenländer ſcheint er zu bevorzugen; doch fand man ihn auch ziemlich weit nach
Weſten hin. Jn gelinden Wintern verweilt er jahraus, jahrein an demſelben Orte; bei ſtrengerer
Witterung ſoll er eine kleine Wanderſchaft nach Süden hin antreten. Er iſt ein angenehmer Vogel,
welcher wegen ſeines prachtvollen Gefieders ſchon von weitem in die Augen fällt und eine wahre
Zierde des Waldes bildet, beſonders im Winter, wo er den entlaubten Bäumen zum größten Schmuck
gereicht. Nach Prinz von Wied hält er ſich am Tage gern in den dichtverwirrten Zweigen der
Schlingpflanzen auf, und vonhieraus ſtreift er dann nach den benachbarten Feldern und Gärten, falls
ihm der Wald ſelbſt nicht genug Nahrung bietet. Man begegnet ihm ebenſowohl in der Nachbarſchaft
der Städte, als im tiefſten und einſamſten Walde.

„Man ſieht ihn‟, ſagt Audubon, „in unſern Feldern, Baumgängen und Gärten, ja oft genug
im Jnnern unſerer ſüdlichen Städte und Dörfer. Es iſt ein ſeltener Fall, daß man in einen Garten
kommt, ohne daß man einen der rothen Vögel gewahrt, wie er durch die Zweige ſchlüpft. Aber wo
er auch ſein mag, er iſt überall willkommen, der Liebling Jedermanns, ſo glänzend iſt ſein Gefieder,
ſo reich iſt ſein Geſang.‟

Der Kardinal hält ſich während des Sommers paarweiſe, im Herbſt und Winter hingegen in
kleinen Geſellſchaften. Er verträgt ſich gut mit allerlei kleinem Geflügel, nicht beſonders aber mit
andern ſeiner Art, am allerwenigſten während der Brutzeit. Jm Winter kommt er, wenn er im
Lande bleibt, nicht ſelten in das Gehöft des Bauern herein, und pickt hier vor der Scheuer mit Sper-
lingen und Tauben, mit Schneevögeln, Sumpf- und Singſperlingen, geſelligen Ammern und andern
das Geſäme auf, dringt in offene Ställe und Böden oder ſucht an den Einhegungen der Gärten und
Felder nach Sämereien aller Art. Mit ſeinem dicken Schnabel weiß er ſehr geſchickt die harten Kör-
ner des Mais zu zerkleinern, Hafer zu enthülſen und Weizen zu zermalmen: es fehlt ihm deshalb
ſelten an Winterfutter. Jn einem benachbarten Heuſchober oder einem dichtwipfeligen Baume findet
er eine geeignete Nachtherberge, und ſo überſteht er den Winter ziemlich leicht. Er iſt ein unruhiger,
unſteter Geſell, welcher ſich nur minutenlang an ein und derſelben Stelle aufhält, ſonſt aber fort-
während hin und her fliegt und hüpft. Jm Sitzen trägt er den Leib ſehr wagrecht und läßt den
Schwanz grade herabhängen, wippt ihn aber fortwährend und ſtelzt ihn nicht ſelten. Auf dem Boden
bewegt er ſich hüpfend mit ziemlicher Geſchicklichkeit, im Gezweig mit großer Gewandtheit. Der Flug
iſt hart, ſchnell, ruckweiſe und ſehr geräuſchvoll, wird aber ungern weit ausgedehnt. Wechſelſeitiges
Ausbreiten und Zuſammenlegen, Zucken und Wippen des Schwanzes begleitet ihn, wie alle übrigen
Bewegungen.

Wenn der Winter ſtreng wird, wandert der Kardinal aus und ſtreift dann im Lande umher.
Anfangs März erſcheint er wieder, regelmäßig in Geſellſchaft anderer Zugvögel. Seine Reiſen wer-
den, ſo zu ſagen, theilweiſe zu Fuß zurückgelegt. Er hüpft und ſchlüpft, nach Audubon, von
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die Männchen um mehrere Tage früher zu erſcheinen, als die Weibchen.

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[181/0201] Kardinal. Männchen im Hochzeitskleide iſt ein ſchöner, aber ziemlich einfarbiger Vogel. Sein weiches und etwas glänzendes Gefieder iſt ſehr gleichmäßig dunkelroth, auf dem Kopfe ſcharlachroth, am Geſicht und an der Kehle aber tief ſchwarz. Die Jnnenfahnen der Schwingen ſind lichtbraun, ihre Schäfte dunkel- braun; der Schnabel iſt korallenroth, der Augenring dunkelgraubraun, der Fuß blaßbräunlich, aſch- bläulich überlaufen. Bei dem Weibchen iſt die Haube kürzer und die Färbung des Gefieders bläſſer. Der Hinterkopf, Nacken und Oberrücken ſind graubräunlich, die Stirn, die Augenbrauen und die Haube bräunlichhochroth, faſt reinroth, die Flügel dunkelbräunlichroth, die einzelnen Schwingen und Schwanzfedern graubraun gerandet, die Unterſeite olivengelbbraun, auf der Bruſt und Bauchmitte röthlich. Der Schnabel iſt etwas bläſſer roth, als beim Männchen. Aus den Berichten Wilſon’s, Nuttall’s, Audubon’s, des Prinzen von Wied und A. Gerhardt’s geht hervor, daß der Kardinal über ganz Nordamerika verbreitet und da, wo er vor- kommt, häufig iſt. Jn den ſüdlichen Staaten iſt er gemein, in den hochnordiſchen dagegen fehlt er gänzlich. Die Küſtenländer ſcheint er zu bevorzugen; doch fand man ihn auch ziemlich weit nach Weſten hin. Jn gelinden Wintern verweilt er jahraus, jahrein an demſelben Orte; bei ſtrengerer Witterung ſoll er eine kleine Wanderſchaft nach Süden hin antreten. Er iſt ein angenehmer Vogel, welcher wegen ſeines prachtvollen Gefieders ſchon von weitem in die Augen fällt und eine wahre Zierde des Waldes bildet, beſonders im Winter, wo er den entlaubten Bäumen zum größten Schmuck gereicht. Nach Prinz von Wied hält er ſich am Tage gern in den dichtverwirrten Zweigen der Schlingpflanzen auf, und vonhieraus ſtreift er dann nach den benachbarten Feldern und Gärten, falls ihm der Wald ſelbſt nicht genug Nahrung bietet. Man begegnet ihm ebenſowohl in der Nachbarſchaft der Städte, als im tiefſten und einſamſten Walde. „Man ſieht ihn‟, ſagt Audubon, „in unſern Feldern, Baumgängen und Gärten, ja oft genug im Jnnern unſerer ſüdlichen Städte und Dörfer. Es iſt ein ſeltener Fall, daß man in einen Garten kommt, ohne daß man einen der rothen Vögel gewahrt, wie er durch die Zweige ſchlüpft. Aber wo er auch ſein mag, er iſt überall willkommen, der Liebling Jedermanns, ſo glänzend iſt ſein Gefieder, ſo reich iſt ſein Geſang.‟ Der Kardinal hält ſich während des Sommers paarweiſe, im Herbſt und Winter hingegen in kleinen Geſellſchaften. Er verträgt ſich gut mit allerlei kleinem Geflügel, nicht beſonders aber mit andern ſeiner Art, am allerwenigſten während der Brutzeit. Jm Winter kommt er, wenn er im Lande bleibt, nicht ſelten in das Gehöft des Bauern herein, und pickt hier vor der Scheuer mit Sper- lingen und Tauben, mit Schneevögeln, Sumpf- und Singſperlingen, geſelligen Ammern und andern das Geſäme auf, dringt in offene Ställe und Böden oder ſucht an den Einhegungen der Gärten und Felder nach Sämereien aller Art. Mit ſeinem dicken Schnabel weiß er ſehr geſchickt die harten Kör- ner des Mais zu zerkleinern, Hafer zu enthülſen und Weizen zu zermalmen: es fehlt ihm deshalb ſelten an Winterfutter. Jn einem benachbarten Heuſchober oder einem dichtwipfeligen Baume findet er eine geeignete Nachtherberge, und ſo überſteht er den Winter ziemlich leicht. Er iſt ein unruhiger, unſteter Geſell, welcher ſich nur minutenlang an ein und derſelben Stelle aufhält, ſonſt aber fort- während hin und her fliegt und hüpft. Jm Sitzen trägt er den Leib ſehr wagrecht und läßt den Schwanz grade herabhängen, wippt ihn aber fortwährend und ſtelzt ihn nicht ſelten. Auf dem Boden bewegt er ſich hüpfend mit ziemlicher Geſchicklichkeit, im Gezweig mit großer Gewandtheit. Der Flug iſt hart, ſchnell, ruckweiſe und ſehr geräuſchvoll, wird aber ungern weit ausgedehnt. Wechſelſeitiges Ausbreiten und Zuſammenlegen, Zucken und Wippen des Schwanzes begleitet ihn, wie alle übrigen Bewegungen. Wenn der Winter ſtreng wird, wandert der Kardinal aus und ſtreift dann im Lande umher. Anfangs März erſcheint er wieder, regelmäßig in Geſellſchaft anderer Zugvögel. Seine Reiſen wer- den, ſo zu ſagen, theilweiſe zu Fuß zurückgelegt. Er hüpft und ſchlüpft, nach Audubon, von Buſch zu Buſch und fliegt von einem Wald zum andern. Wie bei manchen andern Vögeln pflegen die Männchen um mehrere Tage früher zu erſcheinen, als die Weibchen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/201>, abgerufen am 22.11.2024.