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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Tangaras. Prachtfinken.
zu sein. Eine höchst auffallende Eigenthümlichkeit dieser Thiere ist bei ihrer Zergliederung bemerkt
worden. Sie besitzen nämlich gar keinen eigentlichen Magen, sondern am Schlunde nur eine spindel-
förmige Erweiterung gleich einem Kropfe.

Die Organisten leben nach Burmeister einsam im dichten Walde, nähren sich von kleinen mehr-
samigen Beeren und haben eine angenehme, sehr klangvolle Stimme "mit förmlichen Oktavmodulatio-
nen", die sie vielfältig hören lassen. Die Brasilianer kennen deshalb diese kleinen Sänger sehr wohl.
Unsere Vögel nisten im dichten Gebüsch und legen sehr lange, blaßröthliche, am stumpfen Ende roth-
braun getüpfelte Eier.

Es wird genügen, wenn ich eine einzige Art der Familie zu schildern versuche, so gut ich Dies
vermag; denn alle übrigen ähneln ihr nicht nur in Gestalt und Färbung, sondern auch in der Lebens-

[Abbildung] Die Guttarama (Euphone violacea).
weise mehr oder weniger. Die Guttarama (Euphone violacea) wird 4 Zoll lang und 7 Zoll
breit; ihr Fittig mißt 21/4 Zoll, der Schwanz noch nicht 11/2 Zoll. Bei dem Männchen ist die Stirn
und die ganze Unterseite dottergelb, die Oberseite von der Stirn an violett stahlblau, auf den Flügel-
deckfedern und an den Rändern der Schwingen, welch letztere am Grunde innen weiß gesäumt sind,
ins Erzgrüne spielend. Die Schwanzfedern sind oben stahlblaugrün, unten schwarz, die beiden äußern
jederseits auf der Jnnenfahne weiß, wie es auch der Schaft ist. Das Weibchen ist trüb olivengrün,
auf der Unterseite gelbgrau; die Schwingen und Schwanzfedern sind graubraun. Die Jungen ähneln
dem Weibchen. Die Männchen im Uebergangskleide sind oben stahlblau und unten gelbfleckig.

Ueber die Lebensweise sind die Berichte sehr dürftig, obgleich der Vogel häufig im Käfig gehalten
wird. Die Guttarama ist ein sehr niedliches, lebhaftes, bewegliches Thier, welches gewandt in den
Kronen der Bäume umherhüpft, schnell fliegt und oft seine kurze klangvolle Lockstimme vernehmen läßt.
Jhre Nahrung besteht in mancherlei Früchten, besonders stellt sie, wie viele Tangaras, den reifenden

Die Knacker. Sperlingsvögel. Tangaras. Prachtfinken.
zu ſein. Eine höchſt auffallende Eigenthümlichkeit dieſer Thiere iſt bei ihrer Zergliederung bemerkt
worden. Sie beſitzen nämlich gar keinen eigentlichen Magen, ſondern am Schlunde nur eine ſpindel-
förmige Erweiterung gleich einem Kropfe.

Die Organiſten leben nach Burmeiſter einſam im dichten Walde, nähren ſich von kleinen mehr-
ſamigen Beeren und haben eine angenehme, ſehr klangvolle Stimme „mit förmlichen Oktavmodulatio-
nen‟, die ſie vielfältig hören laſſen. Die Braſilianer kennen deshalb dieſe kleinen Sänger ſehr wohl.
Unſere Vögel niſten im dichten Gebüſch und legen ſehr lange, blaßröthliche, am ſtumpfen Ende roth-
braun getüpfelte Eier.

Es wird genügen, wenn ich eine einzige Art der Familie zu ſchildern verſuche, ſo gut ich Dies
vermag; denn alle übrigen ähneln ihr nicht nur in Geſtalt und Färbung, ſondern auch in der Lebens-

[Abbildung] Die Guttarama (Euphone violacea).
weiſe mehr oder weniger. Die Guttarama (Euphone violacea) wird 4 Zoll lang und 7 Zoll
breit; ihr Fittig mißt 2¼ Zoll, der Schwanz noch nicht 1½ Zoll. Bei dem Männchen iſt die Stirn
und die ganze Unterſeite dottergelb, die Oberſeite von der Stirn an violett ſtahlblau, auf den Flügel-
deckfedern und an den Rändern der Schwingen, welch letztere am Grunde innen weiß geſäumt ſind,
ins Erzgrüne ſpielend. Die Schwanzfedern ſind oben ſtahlblaugrün, unten ſchwarz, die beiden äußern
jederſeits auf der Jnnenfahne weiß, wie es auch der Schaft iſt. Das Weibchen iſt trüb olivengrün,
auf der Unterſeite gelbgrau; die Schwingen und Schwanzfedern ſind graubraun. Die Jungen ähneln
dem Weibchen. Die Männchen im Uebergangskleide ſind oben ſtahlblau und unten gelbfleckig.

Ueber die Lebensweiſe ſind die Berichte ſehr dürftig, obgleich der Vogel häufig im Käfig gehalten
wird. Die Guttarama iſt ein ſehr niedliches, lebhaftes, bewegliches Thier, welches gewandt in den
Kronen der Bäume umherhüpft, ſchnell fliegt und oft ſeine kurze klangvolle Lockſtimme vernehmen läßt.
Jhre Nahrung beſteht in mancherlei Früchten, beſonders ſtellt ſie, wie viele Tangaras, den reifenden

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[196/0216] Die Knacker. Sperlingsvögel. Tangaras. Prachtfinken. zu ſein. Eine höchſt auffallende Eigenthümlichkeit dieſer Thiere iſt bei ihrer Zergliederung bemerkt worden. Sie beſitzen nämlich gar keinen eigentlichen Magen, ſondern am Schlunde nur eine ſpindel- förmige Erweiterung gleich einem Kropfe. Die Organiſten leben nach Burmeiſter einſam im dichten Walde, nähren ſich von kleinen mehr- ſamigen Beeren und haben eine angenehme, ſehr klangvolle Stimme „mit förmlichen Oktavmodulatio- nen‟, die ſie vielfältig hören laſſen. Die Braſilianer kennen deshalb dieſe kleinen Sänger ſehr wohl. Unſere Vögel niſten im dichten Gebüſch und legen ſehr lange, blaßröthliche, am ſtumpfen Ende roth- braun getüpfelte Eier. Es wird genügen, wenn ich eine einzige Art der Familie zu ſchildern verſuche, ſo gut ich Dies vermag; denn alle übrigen ähneln ihr nicht nur in Geſtalt und Färbung, ſondern auch in der Lebens- [Abbildung Die Guttarama (Euphone violacea).] weiſe mehr oder weniger. Die Guttarama (Euphone violacea) wird 4 Zoll lang und 7 Zoll breit; ihr Fittig mißt 2¼ Zoll, der Schwanz noch nicht 1½ Zoll. Bei dem Männchen iſt die Stirn und die ganze Unterſeite dottergelb, die Oberſeite von der Stirn an violett ſtahlblau, auf den Flügel- deckfedern und an den Rändern der Schwingen, welch letztere am Grunde innen weiß geſäumt ſind, ins Erzgrüne ſpielend. Die Schwanzfedern ſind oben ſtahlblaugrün, unten ſchwarz, die beiden äußern jederſeits auf der Jnnenfahne weiß, wie es auch der Schaft iſt. Das Weibchen iſt trüb olivengrün, auf der Unterſeite gelbgrau; die Schwingen und Schwanzfedern ſind graubraun. Die Jungen ähneln dem Weibchen. Die Männchen im Uebergangskleide ſind oben ſtahlblau und unten gelbfleckig. Ueber die Lebensweiſe ſind die Berichte ſehr dürftig, obgleich der Vogel häufig im Käfig gehalten wird. Die Guttarama iſt ein ſehr niedliches, lebhaftes, bewegliches Thier, welches gewandt in den Kronen der Bäume umherhüpft, ſchnell fliegt und oft ſeine kurze klangvolle Lockſtimme vernehmen läßt. Jhre Nahrung beſteht in mancherlei Früchten, beſonders ſtellt ſie, wie viele Tangaras, den reifenden

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/216>, abgerufen am 18.05.2024.