Cabanis zählt zu der Familie einige merkwürdige Vögel, welche er Trauerwittwen oder wissenschaftlich Pentethria nennt, obgleich Rüppell der Gruppe schon zehn Jahre früher den Namen Coliuspasser verliehen hatte. Man darf sie als Uebergangsglieder von den Webern zu den Wittwen betrachten. Jhr Schnabel ist gestreckt, nach der Spitze zu sanft gebogen und seitlich zusam- mengedrückt; seine Firste tritt rechtwinkelig in die Stirn ein. Der Flügel ist mittellang; die zweite bis fünfte Schwinge sind ziemlich gleich lang, die erste ist verkümmert. Die Schwanzfedern sind nahe der abgerundeten Spitze breiter als an der Wurzel, sämmtlich sehr lang und nach der Mitte zu stark gesteigert. Schwarz ist die Grundfärbung des Gefieders; der Kopf und die Brust, der Nacken und die Schultern sind roth oder gelb.
Jn Habesch lebt die gelbschulterige Trauerwittwe (Coliuspasser flaviscapulatus), ein Vogel von 8 Zoll 10 Linien Länge, wovon 41/2 Zoll auf den Schwanz kommen, während der Fittig nur 3 1/3 Zoll mißt, reinschwarz, mit gelben Schultern und fahlweißlich gesäumten Schwingen und Flügel- deckfedern. Diese Färbung besitzt jedoch nur das Männchen. Beim Weibchen ist die Grundfarbe ein Bräunlichgelb, welches an der Kehle lichter, auf dem Rücken aber dunkler wird und wegen der Schaft- striche streifig erscheint. Die Flügel und der Schwanz sind umberbraun, die Schultern gelbgrünlich.
Ueber die Lebensweise erfahren wir von Rüppell nur, daß der Vogel auf Feldern bei Gondar in Abissinien häufig ist. Auch die andern Beobachter, welche das Thier lebend sahen, theilen uns wenig mit. Heuglin erwähnt einer andern Art der Sippe, welche in den Bogosländern lebt, von mir dort aber nicht beobachtet wurde. Sie brütet im August und September in sehr großen, aus dürren Strohhalmen erbauten tiefen Nestern, welche meist mit einer nach abwärts führenden Röhre, oder aber mit einer, durch einen Schirm gedeckten Oeffnung versehen sind. Neben dem Neste des Weibchens steht gewöhnlich das vom Männchen, welches immer zwei, nach abwärts führende Zugänge hat. Jn einem dieser Nester fand unser Forscher Eier. Sie sind 101/2 Zoll lang, feinschalig und auf röthlichweißem Grunde mit kleinen verwaschenen, gegen das stumpfe Ende etwas zusammengedrängten hellrosenrothen Strichelchen und Fleckchen bedeckt, welche nur bei ganz genauer Betrachtung des Eies ins Auge fallen.
Gefangene Trauerwittwen habe ich nie gesehen und hierüber auch Nichts erfahren.
Bei einer südafrikanischen Art, welche Cabanis Schleppwittwe (Chera caffra) genannt hat, der größten von allen, sind alle Federn des Schwanzes, ausnahmsweise sechszehn an der Zahl, sehr, aber ungleichmäßig verlängert und dachförmig gestaltet, während der übrige Leibesbau nichts Auffallendes zeigt. Die Männchen sind sammtschwarz, auf den Schultern aber scharlachroth, welche Farbe durch eine reinweiße Binde von den schwarzen, lichtgelb gesäumten Oberdeckfedern der Flügel geschieden ist. Auch einige Armschwingen und das Ende der Handschwingen sind fahl gesäumt. Der Schnabel und die Füße sind blaßbräunlichgelb. Beim Weibchen sind die Federn nur in der Mitte schwarz und breit fahl gesäumt. Die Unterseite ist graugilblich, Kehle, Brauen und Afterdecken aber sind weiß. Die Länge beträgt, des langen Schwanzes halber, 201/2 Zoll; die längsten Schwanz- federn messen 151/4 Zoll; die Fittiglänge 51/2 Zoll.
Die Schleppwittwe ist nicht blos wegen ihrer Größe, sondern auch wegen thres Lebens merk- würdig. Le Vaillant berichtet, daß sie gesellig, aber wie es scheint, in Vielweiberei lebe; denn bei einem Trupp von ungefähr achtzig Weibchen finden sich immer nur zehn bis funfzehn Männchen. Wie bei Hühnern werden alte Weibchen zuweilen hahnfedrig. Sümpfe und Moräste sind der eigentliche Aufenthalt dieser Vögel. Das Nest, ein aus grünen Kräutern kegelförmig zusammengewobener Bau, mit einer Flugröhre nach der Wasserseite, wird an Schilfstengeln aufgehängt. Thunberg versichert, daß das Männchen bei stürmischem Wetter mit der Hand gefangen werden kann, weil es dann des langen Schweifes halber buchstäblich nicht fliegen könne.
Trauerwittwe. Schleppwittwe.
Cabanis zählt zu der Familie einige merkwürdige Vögel, welche er Trauerwittwen oder wiſſenſchaftlich Pentethria nennt, obgleich Rüppell der Gruppe ſchon zehn Jahre früher den Namen Coliuspasser verliehen hatte. Man darf ſie als Uebergangsglieder von den Webern zu den Wittwen betrachten. Jhr Schnabel iſt geſtreckt, nach der Spitze zu ſanft gebogen und ſeitlich zuſam- mengedrückt; ſeine Firſte tritt rechtwinkelig in die Stirn ein. Der Flügel iſt mittellang; die zweite bis fünfte Schwinge ſind ziemlich gleich lang, die erſte iſt verkümmert. Die Schwanzfedern ſind nahe der abgerundeten Spitze breiter als an der Wurzel, ſämmtlich ſehr lang und nach der Mitte zu ſtark geſteigert. Schwarz iſt die Grundfärbung des Gefieders; der Kopf und die Bruſt, der Nacken und die Schultern ſind roth oder gelb.
Jn Habeſch lebt die gelbſchulterige Trauerwittwe (Coliuspasser flaviscapulatus), ein Vogel von 8 Zoll 10 Linien Länge, wovon 4½ Zoll auf den Schwanz kommen, während der Fittig nur 3⅓ Zoll mißt, reinſchwarz, mit gelben Schultern und fahlweißlich geſäumten Schwingen und Flügel- deckfedern. Dieſe Färbung beſitzt jedoch nur das Männchen. Beim Weibchen iſt die Grundfarbe ein Bräunlichgelb, welches an der Kehle lichter, auf dem Rücken aber dunkler wird und wegen der Schaft- ſtriche ſtreifig erſcheint. Die Flügel und der Schwanz ſind umberbraun, die Schultern gelbgrünlich.
Ueber die Lebensweiſe erfahren wir von Rüppell nur, daß der Vogel auf Feldern bei Gondar in Abiſſinien häufig iſt. Auch die andern Beobachter, welche das Thier lebend ſahen, theilen uns wenig mit. Heuglin erwähnt einer andern Art der Sippe, welche in den Bogosländern lebt, von mir dort aber nicht beobachtet wurde. Sie brütet im Auguſt und September in ſehr großen, aus dürren Strohhalmen erbauten tiefen Neſtern, welche meiſt mit einer nach abwärts führenden Röhre, oder aber mit einer, durch einen Schirm gedeckten Oeffnung verſehen ſind. Neben dem Neſte des Weibchens ſteht gewöhnlich das vom Männchen, welches immer zwei, nach abwärts führende Zugänge hat. Jn einem dieſer Neſter fand unſer Forſcher Eier. Sie ſind 10½ Zoll lang, feinſchalig und auf röthlichweißem Grunde mit kleinen verwaſchenen, gegen das ſtumpfe Ende etwas zuſammengedrängten hellroſenrothen Strichelchen und Fleckchen bedeckt, welche nur bei ganz genauer Betrachtung des Eies ins Auge fallen.
Gefangene Trauerwittwen habe ich nie geſehen und hierüber auch Nichts erfahren.
Bei einer ſüdafrikaniſchen Art, welche Cabanis Schleppwittwe (Chera caffra) genannt hat, der größten von allen, ſind alle Federn des Schwanzes, ausnahmsweiſe ſechszehn an der Zahl, ſehr, aber ungleichmäßig verlängert und dachförmig geſtaltet, während der übrige Leibesbau nichts Auffallendes zeigt. Die Männchen ſind ſammtſchwarz, auf den Schultern aber ſcharlachroth, welche Farbe durch eine reinweiße Binde von den ſchwarzen, lichtgelb geſäumten Oberdeckfedern der Flügel geſchieden iſt. Auch einige Armſchwingen und das Ende der Handſchwingen ſind fahl geſäumt. Der Schnabel und die Füße ſind blaßbräunlichgelb. Beim Weibchen ſind die Federn nur in der Mitte ſchwarz und breit fahl geſäumt. Die Unterſeite iſt graugilblich, Kehle, Brauen und Afterdecken aber ſind weiß. Die Länge beträgt, des langen Schwanzes halber, 20½ Zoll; die längſten Schwanz- federn meſſen 15¼ Zoll; die Fittiglänge 5½ Zoll.
Die Schleppwittwe iſt nicht blos wegen ihrer Größe, ſondern auch wegen thres Lebens merk- würdig. Le Vaillant berichtet, daß ſie geſellig, aber wie es ſcheint, in Vielweiberei lebe; denn bei einem Trupp von ungefähr achtzig Weibchen finden ſich immer nur zehn bis funfzehn Männchen. Wie bei Hühnern werden alte Weibchen zuweilen hahnfedrig. Sümpfe und Moräſte ſind der eigentliche Aufenthalt dieſer Vögel. Das Neſt, ein aus grünen Kräutern kegelförmig zuſammengewobener Bau, mit einer Flugröhre nach der Waſſerſeite, wird an Schilfſtengeln aufgehängt. Thunberg verſichert, daß das Männchen bei ſtürmiſchem Wetter mit der Hand gefangen werden kann, weil es dann des langen Schweifes halber buchſtäblich nicht fliegen könne.
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Trauerwittwe. Schleppwittwe.
Cabanis zählt zu der Familie einige merkwürdige Vögel, welche er Trauerwittwen oder
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Namen Coliuspasser verliehen hatte. Man darf ſie als Uebergangsglieder von den Webern zu den
Wittwen betrachten. Jhr Schnabel iſt geſtreckt, nach der Spitze zu ſanft gebogen und ſeitlich zuſam-
mengedrückt; ſeine Firſte tritt rechtwinkelig in die Stirn ein. Der Flügel iſt mittellang; die zweite
bis fünfte Schwinge ſind ziemlich gleich lang, die erſte iſt verkümmert. Die Schwanzfedern ſind nahe
der abgerundeten Spitze breiter als an der Wurzel, ſämmtlich ſehr lang und nach der Mitte zu ſtark
geſteigert. Schwarz iſt die Grundfärbung des Gefieders; der Kopf und die Bruſt, der Nacken und
die Schultern ſind roth oder gelb.
Jn Habeſch lebt die gelbſchulterige Trauerwittwe (Coliuspasser flaviscapulatus), ein Vogel
von 8 Zoll 10 Linien Länge, wovon 4½ Zoll auf den Schwanz kommen, während der Fittig nur
3⅓ Zoll mißt, reinſchwarz, mit gelben Schultern und fahlweißlich geſäumten Schwingen und Flügel-
deckfedern. Dieſe Färbung beſitzt jedoch nur das Männchen. Beim Weibchen iſt die Grundfarbe ein
Bräunlichgelb, welches an der Kehle lichter, auf dem Rücken aber dunkler wird und wegen der Schaft-
ſtriche ſtreifig erſcheint. Die Flügel und der Schwanz ſind umberbraun, die Schultern gelbgrünlich.
Ueber die Lebensweiſe erfahren wir von Rüppell nur, daß der Vogel auf Feldern bei Gondar
in Abiſſinien häufig iſt. Auch die andern Beobachter, welche das Thier lebend ſahen, theilen uns
wenig mit. Heuglin erwähnt einer andern Art der Sippe, welche in den Bogosländern lebt, von
mir dort aber nicht beobachtet wurde. Sie brütet im Auguſt und September in ſehr großen, aus
dürren Strohhalmen erbauten tiefen Neſtern, welche meiſt mit einer nach abwärts führenden Röhre,
oder aber mit einer, durch einen Schirm gedeckten Oeffnung verſehen ſind. Neben dem Neſte des
Weibchens ſteht gewöhnlich das vom Männchen, welches immer zwei, nach abwärts führende Zugänge
hat. Jn einem dieſer Neſter fand unſer Forſcher Eier. Sie ſind 10½ Zoll lang, feinſchalig und auf
röthlichweißem Grunde mit kleinen verwaſchenen, gegen das ſtumpfe Ende etwas zuſammengedrängten
hellroſenrothen Strichelchen und Fleckchen bedeckt, welche nur bei ganz genauer Betrachtung des Eies
ins Auge fallen.
Gefangene Trauerwittwen habe ich nie geſehen und hierüber auch Nichts erfahren.
Bei einer ſüdafrikaniſchen Art, welche Cabanis Schleppwittwe (Chera caffra) genannt
hat, der größten von allen, ſind alle Federn des Schwanzes, ausnahmsweiſe ſechszehn an der Zahl,
ſehr, aber ungleichmäßig verlängert und dachförmig geſtaltet, während der übrige Leibesbau nichts
Auffallendes zeigt. Die Männchen ſind ſammtſchwarz, auf den Schultern aber ſcharlachroth, welche
Farbe durch eine reinweiße Binde von den ſchwarzen, lichtgelb geſäumten Oberdeckfedern der Flügel
geſchieden iſt. Auch einige Armſchwingen und das Ende der Handſchwingen ſind fahl geſäumt. Der
Schnabel und die Füße ſind blaßbräunlichgelb. Beim Weibchen ſind die Federn nur in der Mitte
ſchwarz und breit fahl geſäumt. Die Unterſeite iſt graugilblich, Kehle, Brauen und Afterdecken aber
ſind weiß. Die Länge beträgt, des langen Schwanzes halber, 20½ Zoll; die längſten Schwanz-
federn meſſen 15¼ Zoll; die Fittiglänge 5½ Zoll.
Die Schleppwittwe iſt nicht blos wegen ihrer Größe, ſondern auch wegen thres Lebens merk-
würdig. Le Vaillant berichtet, daß ſie geſellig, aber wie es ſcheint, in Vielweiberei lebe; denn bei
einem Trupp von ungefähr achtzig Weibchen finden ſich immer nur zehn bis funfzehn Männchen. Wie
bei Hühnern werden alte Weibchen zuweilen hahnfedrig. Sümpfe und Moräſte ſind der eigentliche
Aufenthalt dieſer Vögel. Das Neſt, ein aus grünen Kräutern kegelförmig zuſammengewobener Bau,
mit einer Flugröhre nach der Waſſerſeite, wird an Schilfſtengeln aufgehängt. Thunberg verſichert,
daß das Männchen bei ſtürmiſchem Wetter mit der Hand gefangen werden kann, weil es dann des
langen Schweifes halber buchſtäblich nicht fliegen könne.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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