aus trockenen Stengeln und feinen Wurzeln, welcher an einer verborgenen Stelle hinter Erdschollen, kleinen Büschchen oder im Getreide, immer aber in einer kleinen Vertiefung angelegt wird. Die vier bis fünf Eier sind ziemlich groß, rundlich, in der Mitte stark ausgebaucht und auf glänzend weißem oder gelblichweißem Grunde mit gelbbraunen und grauen Flecken und Punkten dicht bedeckt.
Die Kalanderlerche wird in ihrer Heimat außerordentlich hoch geschätzt, und sie verdient es. Wer sie zum ersten Male singen hört, bleibt überrascht stehen; die Ueberraschung geht aber bald in Ent- zücken über. Der Gesang zeichnet sich vor allen mir bekannten Lerchengesängen durch einen wunder- baren Reichthum und ebenso große Fülle und Kraft aus. Aber dabei genügen dem herrlichen Sänger die eigenen Töne nicht einmal: er nimmt noch eine Menge Strophen aus Anderer Liedern auf. "Sowie die Kalanderlerche alle übrigen Mitglieder der Familie an Größe übertrifft", sagt Cetti, "so überbietet sie dieselben an Gesang. Sie kann mit jedem andern Vogel hierin um den Vorrang streiten. Jhre natürliche Stimme scheint mir ein Geschwätz von nicht großer Annehmlichkeit zu sein; ihre Einbildungskraft aber faßt Alles, was sie zu hören bekommt, und ihre dichterische Kehle
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Die Kalanderlerche (Melanocorypha Calandra).
gibt Alles verschönert wieder. Auf dem Lande ist sie ein Echo aller Vögel; man braucht, um so zu sagen, anstatt all' der andern nur sie zu hören. Sie macht ebenso sehr von dem Geschrei der Raub- vögel, als von der Weise der Sänger Gebrauch und verschwendet, in der Luft schwebend, Tausende in einander geflochtene Strophen, Triller und Lieder. Sie lernt, so viel man ihr vorspielt; das Flageo- lett hat keine bessere Schülerin, als sie. Jhre erlangte Geschicklichkeit macht sie nicht eitel: sie, die Künstlerin, singt vom Morgen bis an den Abend. Eine vor dem Fenster hängende Lerche dieser Art ist hinreichend, die ganze Gegend zu erheitern. Sie ist die Freude und der Stolz des Handwerkers, das Entzücken der Vorübergehenden." Alle übrigen Beobachter sind einstimmig in diesem Lobe. "Jhr Lockton", schreibt Graf Gourcy meinem Vater, "gleicht, einen tiefen Ton ausgenommen, der Lock- stimme der Haubenlerche sehr. Jhr Gesang ist herrlich und wegen seiner außerordentlichen Ab- wechselung wirklich wunderbar. Jhre Nachahmungskunst setzt die seltene Gabe voraus, die Stimme nach Willkür verändern zu können; denn nur dadurch ist es möglich, bald jene hohen kreischenden, bald jene hellen Töne hervorzubringen, welche den Hörer in Erstaunen setzen. Wenn sie ihren Lock-
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Kalanderlerche.
aus trockenen Stengeln und feinen Wurzeln, welcher an einer verborgenen Stelle hinter Erdſchollen, kleinen Büſchchen oder im Getreide, immer aber in einer kleinen Vertiefung angelegt wird. Die vier bis fünf Eier ſind ziemlich groß, rundlich, in der Mitte ſtark ausgebaucht und auf glänzend weißem oder gelblichweißem Grunde mit gelbbraunen und grauen Flecken und Punkten dicht bedeckt.
Die Kalanderlerche wird in ihrer Heimat außerordentlich hoch geſchätzt, und ſie verdient es. Wer ſie zum erſten Male ſingen hört, bleibt überraſcht ſtehen; die Ueberraſchung geht aber bald in Ent- zücken über. Der Geſang zeichnet ſich vor allen mir bekannten Lerchengeſängen durch einen wunder- baren Reichthum und ebenſo große Fülle und Kraft aus. Aber dabei genügen dem herrlichen Sänger die eigenen Töne nicht einmal: er nimmt noch eine Menge Strophen aus Anderer Liedern auf. „Sowie die Kalanderlerche alle übrigen Mitglieder der Familie an Größe übertrifft‟, ſagt Cetti, „ſo überbietet ſie dieſelben an Geſang. Sie kann mit jedem andern Vogel hierin um den Vorrang ſtreiten. Jhre natürliche Stimme ſcheint mir ein Geſchwätz von nicht großer Annehmlichkeit zu ſein; ihre Einbildungskraft aber faßt Alles, was ſie zu hören bekommt, und ihre dichteriſche Kehle
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Die Kalanderlerche (Melanocorypha Calandra).
gibt Alles verſchönert wieder. Auf dem Lande iſt ſie ein Echo aller Vögel; man braucht, um ſo zu ſagen, anſtatt all’ der andern nur ſie zu hören. Sie macht ebenſo ſehr von dem Geſchrei der Raub- vögel, als von der Weiſe der Sänger Gebrauch und verſchwendet, in der Luft ſchwebend, Tauſende in einander geflochtene Strophen, Triller und Lieder. Sie lernt, ſo viel man ihr vorſpielt; das Flageo- lett hat keine beſſere Schülerin, als ſie. Jhre erlangte Geſchicklichkeit macht ſie nicht eitel: ſie, die Künſtlerin, ſingt vom Morgen bis an den Abend. Eine vor dem Fenſter hängende Lerche dieſer Art iſt hinreichend, die ganze Gegend zu erheitern. Sie iſt die Freude und der Stolz des Handwerkers, das Entzücken der Vorübergehenden.‟ Alle übrigen Beobachter ſind einſtimmig in dieſem Lobe. „Jhr Lockton‟, ſchreibt Graf Gourcy meinem Vater, „gleicht, einen tiefen Ton ausgenommen, der Lock- ſtimme der Haubenlerche ſehr. Jhr Geſang iſt herrlich und wegen ſeiner außerordentlichen Ab- wechſelung wirklich wunderbar. Jhre Nachahmungskunſt ſetzt die ſeltene Gabe voraus, die Stimme nach Willkür verändern zu können; denn nur dadurch iſt es möglich, bald jene hohen kreiſchenden, bald jene hellen Töne hervorzubringen, welche den Hörer in Erſtaunen ſetzen. Wenn ſie ihren Lock-
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Kalanderlerche.
aus trockenen Stengeln und feinen Wurzeln, welcher an einer verborgenen Stelle hinter Erdſchollen,
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bis fünf Eier ſind ziemlich groß, rundlich, in der Mitte ſtark ausgebaucht und auf glänzend weißem
oder gelblichweißem Grunde mit gelbbraunen und grauen Flecken und Punkten dicht bedeckt.
Die Kalanderlerche wird in ihrer Heimat außerordentlich hoch geſchätzt, und ſie verdient es. Wer
ſie zum erſten Male ſingen hört, bleibt überraſcht ſtehen; die Ueberraſchung geht aber bald in Ent-
zücken über. Der Geſang zeichnet ſich vor allen mir bekannten Lerchengeſängen durch einen wunder-
baren Reichthum und ebenſo große Fülle und Kraft aus. Aber dabei genügen dem herrlichen
Sänger die eigenen Töne nicht einmal: er nimmt noch eine Menge Strophen aus Anderer Liedern
auf. „Sowie die Kalanderlerche alle übrigen Mitglieder der Familie an Größe übertrifft‟, ſagt
Cetti, „ſo überbietet ſie dieſelben an Geſang. Sie kann mit jedem andern Vogel hierin um den
Vorrang ſtreiten. Jhre natürliche Stimme ſcheint mir ein Geſchwätz von nicht großer Annehmlichkeit
zu ſein; ihre Einbildungskraft aber faßt Alles, was ſie zu hören bekommt, und ihre dichteriſche Kehle
[Abbildung Die Kalanderlerche (Melanocorypha Calandra).]
gibt Alles verſchönert wieder. Auf dem Lande iſt ſie ein Echo aller Vögel; man braucht, um ſo zu
ſagen, anſtatt all’ der andern nur ſie zu hören. Sie macht ebenſo ſehr von dem Geſchrei der Raub-
vögel, als von der Weiſe der Sänger Gebrauch und verſchwendet, in der Luft ſchwebend, Tauſende in
einander geflochtene Strophen, Triller und Lieder. Sie lernt, ſo viel man ihr vorſpielt; das Flageo-
lett hat keine beſſere Schülerin, als ſie. Jhre erlangte Geſchicklichkeit macht ſie nicht eitel: ſie, die
Künſtlerin, ſingt vom Morgen bis an den Abend. Eine vor dem Fenſter hängende Lerche dieſer Art
iſt hinreichend, die ganze Gegend zu erheitern. Sie iſt die Freude und der Stolz des Handwerkers,
das Entzücken der Vorübergehenden.‟ Alle übrigen Beobachter ſind einſtimmig in dieſem Lobe. „Jhr
Lockton‟, ſchreibt Graf Gourcy meinem Vater, „gleicht, einen tiefen Ton ausgenommen, der Lock-
ſtimme der Haubenlerche ſehr. Jhr Geſang iſt herrlich und wegen ſeiner außerordentlichen Ab-
wechſelung wirklich wunderbar. Jhre Nachahmungskunſt ſetzt die ſeltene Gabe voraus, die Stimme
nach Willkür verändern zu können; denn nur dadurch iſt es möglich, bald jene hohen kreiſchenden,
bald jene hellen Töne hervorzubringen, welche den Hörer in Erſtaunen ſetzen. Wenn ſie ihren Lock-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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