ton einige Mal hat hören lassen, folgen gewöhnlich einige Strophen aus dem Gesange der Bastard- nachtigall, dann kommt der langgezogene, sehr tiefe Ruf der Amsel, in welchem sich namentlich das "Tack, tack" sehr hübsch ausnimmt. Hierauf folgen Strophen, ja zuweilen der ganze Gesang der Rauchschwalbe, der Singdrossel, des Stieglitz, der Wachtel, der Finkmeise, des Grün- lings, des Hänflings, der Feld- und Haubenlerche, des Finken und Sperlings, das Jauchzen der Spechte, das Kreischen der Reiher, und dies Alles wird in der richtigen Betonung vorgetragen. Sie schnalzt wie ein Mensch, sie trägt allerhand Töne vor, welche sie gewiß von andern, mir ganz unbekannten Sängern annahm; sie ahmt Alles so täuschend nach, daß der Kenner jedes Vogels Gesang sogleich erkennen muß. Als ich sie erhielt, kannte sie den Gesang der Baumlerche und den Ruf der Schwanzmeise noch nicht: in kurzer Zeit hatte sie beiden Vögeln ihre Töne so gut abgelernt, daß sie dieselben herrlich vortrug. Zuweilen ist ihre Art zu singen äußerst sonderbar; sie scheint dann die Töne, ohne die Kehle im geringsten dabei zu bewegen, nur aus dem Schnabel heraus zu werfen."
"Schade nur, daß ihr Gesang für das Zimmer zu laut ist, daß er im geschlossenen Raum auf die Länge nicht ertragen werden kann. Jch mußte meine Gefangene der lästigen Stärke dieses Gesanges halber endlich weggeben. Der Händler verkaufte sie wiederholt; doch keiner der Liebhaber konnte die starken Töne im Zimmer vertragen."
Die Kalanderlerche hält bei einfacher Nahrung jahrelang im Zimmer aus. Man reicht ihr Nachtigallenfutter und etwas Gesäme; dabei befindet sie sich wohl und singt mit Ausnahme der Mauserzeit das ganze Jahr hindurch. Mit andern Vögeln darf man sie nicht zusammenhalten; sie ist ihnen gegenüber sich ihrer Stärke bewußt und richtet mit dem kräftigen Schnabel oft Unfug an. Ueberhaupt geräth sie leicht in Zorn. So konnte die von Gourcy gerühmte es nicht leiden, wenn der Käfig gereinigt wurde. Sie rieb dann ihren Schnabel mit aller Kraft an den Stäben des Ge- bauers, als wollte sie dieselben zerbrechen. Angegriffen, wehrt sie sich ihrer Haut durch kräftige Bisse.
Es ist auffallend, daß wir bisher den in ganz Südeuropa häufigen Vogel noch so selten lebend erhielten; er würde allen Thiergärten zur größten Zierde gereichen und sicherlich sich auch bei uns viele Liebhaber erwerben. Jn Spanien werden viele Kalanderlerchen für das Gebauer gefangen. Es geschieht Dies in durchaus eigenthümlicher Weise. Man geht des Nachts auf geeignete Feldstücke; einige der Fänger tragen Herdenglocken, andere Blendlaternen, die übrigen Handnetze. Die Lerchen werden durch den Lichtschimmer geblendet, durch den Klang der Herdenglocken aber irre geführt, und zu der Meinung verleitet, daß ihnen eine Rinder- oder Schafherde nahe. Sie warten die An- kunft der Fänger ruhig ab, drücken sich sodann auf den Boden nieder und werden dann entweder mit den Netzen überdeckt oder sogar mit der Hand gegriffen. -- Mein Bruder hat einem derartigen Fange beigewohnt. --
Eine Kalanderlerche im Kleinen ist die Kalandrelle der Spanier und Jtaliener (Calandritis brachydactyla). Sie unterscheidet sich von der Kalanderlerche durch den auch verhältnißmäßig klei- neren Schnabel und den sehr kurzen Sporn. Das Gefieder ist auf der Oberseite gleichmäßig hell- lehmfarbig, auf dem Kopf mit röthlichen, auf dem übrigen Oberkörper mit graulichem Anflug; die Unterseite ist lichtgraugelb. Die Flügelbinden sind dunkler, die Flecken zu beiden Seiten des Halses kleiner und lichter, als bei der Kalanderlerche. Die Länge beträgt 51/4 bis 6 Zoll, die Breite 10 bis 11 Zoll, die Fittiglänge 31/4 Zoll, die Schwanzlänge 2 bis 21/2 Zoll.
Der Verbreitungskreis der Kalandrelle ist ausgedehnter, als der ihrer großen Verwandten. Alle Ebenen Südeuropas und Mittelasiens, sowie endlich Westafrika beherbergen die kleine Lerche in großer Anzahl. Sie bevorzugt die ödesten Gegenden, ohne jedoch Felder zu meiden. Jene wüstenartigen Strecken des Südens und die asiatischen Steppen sind ihre wahre Heimat. Der Boden dort gleicht
Die Knacker. Sperlingsvögel. Lerchen.
ton einige Mal hat hören laſſen, folgen gewöhnlich einige Strophen aus dem Geſange der Baſtard- nachtigall, dann kommt der langgezogene, ſehr tiefe Ruf der Amſel, in welchem ſich namentlich das „Tack, tack‟ ſehr hübſch ausnimmt. Hierauf folgen Strophen, ja zuweilen der ganze Geſang der Rauchſchwalbe, der Singdroſſel, des Stieglitz, der Wachtel, der Finkmeiſe, des Grün- lings, des Hänflings, der Feld- und Haubenlerche, des Finken und Sperlings, das Jauchzen der Spechte, das Kreiſchen der Reiher, und dies Alles wird in der richtigen Betonung vorgetragen. Sie ſchnalzt wie ein Menſch, ſie trägt allerhand Töne vor, welche ſie gewiß von andern, mir ganz unbekannten Sängern annahm; ſie ahmt Alles ſo täuſchend nach, daß der Kenner jedes Vogels Geſang ſogleich erkennen muß. Als ich ſie erhielt, kannte ſie den Geſang der Baumlerche und den Ruf der Schwanzmeiſe noch nicht: in kurzer Zeit hatte ſie beiden Vögeln ihre Töne ſo gut abgelernt, daß ſie dieſelben herrlich vortrug. Zuweilen iſt ihre Art zu ſingen äußerſt ſonderbar; ſie ſcheint dann die Töne, ohne die Kehle im geringſten dabei zu bewegen, nur aus dem Schnabel heraus zu werfen.‟
„Schade nur, daß ihr Geſang für das Zimmer zu laut iſt, daß er im geſchloſſenen Raum auf die Länge nicht ertragen werden kann. Jch mußte meine Gefangene der läſtigen Stärke dieſes Geſanges halber endlich weggeben. Der Händler verkaufte ſie wiederholt; doch keiner der Liebhaber konnte die ſtarken Töne im Zimmer vertragen.‟
Die Kalanderlerche hält bei einfacher Nahrung jahrelang im Zimmer aus. Man reicht ihr Nachtigallenfutter und etwas Geſäme; dabei befindet ſie ſich wohl und ſingt mit Ausnahme der Mauſerzeit das ganze Jahr hindurch. Mit andern Vögeln darf man ſie nicht zuſammenhalten; ſie iſt ihnen gegenüber ſich ihrer Stärke bewußt und richtet mit dem kräftigen Schnabel oft Unfug an. Ueberhaupt geräth ſie leicht in Zorn. So konnte die von Gourcy gerühmte es nicht leiden, wenn der Käfig gereinigt wurde. Sie rieb dann ihren Schnabel mit aller Kraft an den Stäben des Ge- bauers, als wollte ſie dieſelben zerbrechen. Angegriffen, wehrt ſie ſich ihrer Haut durch kräftige Biſſe.
Es iſt auffallend, daß wir bisher den in ganz Südeuropa häufigen Vogel noch ſo ſelten lebend erhielten; er würde allen Thiergärten zur größten Zierde gereichen und ſicherlich ſich auch bei uns viele Liebhaber erwerben. Jn Spanien werden viele Kalanderlerchen für das Gebauer gefangen. Es geſchieht Dies in durchaus eigenthümlicher Weiſe. Man geht des Nachts auf geeignete Feldſtücke; einige der Fänger tragen Herdenglocken, andere Blendlaternen, die übrigen Handnetze. Die Lerchen werden durch den Lichtſchimmer geblendet, durch den Klang der Herdenglocken aber irre geführt, und zu der Meinung verleitet, daß ihnen eine Rinder- oder Schafherde nahe. Sie warten die An- kunft der Fänger ruhig ab, drücken ſich ſodann auf den Boden nieder und werden dann entweder mit den Netzen überdeckt oder ſogar mit der Hand gegriffen. — Mein Bruder hat einem derartigen Fange beigewohnt. —
Eine Kalanderlerche im Kleinen iſt die Kalandrelle der Spanier und Jtaliener (Calandritis brachydactyla). Sie unterſcheidet ſich von der Kalanderlerche durch den auch verhältnißmäßig klei- neren Schnabel und den ſehr kurzen Sporn. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite gleichmäßig hell- lehmfarbig, auf dem Kopf mit röthlichen, auf dem übrigen Oberkörper mit graulichem Anflug; die Unterſeite iſt lichtgraugelb. Die Flügelbinden ſind dunkler, die Flecken zu beiden Seiten des Halſes kleiner und lichter, als bei der Kalanderlerche. Die Länge beträgt 5¼ bis 6 Zoll, die Breite 10 bis 11 Zoll, die Fittiglänge 3¼ Zoll, die Schwanzlänge 2 bis 2½ Zoll.
Der Verbreitungskreis der Kalandrelle iſt ausgedehnter, als der ihrer großen Verwandten. Alle Ebenen Südeuropas und Mittelaſiens, ſowie endlich Weſtafrika beherbergen die kleine Lerche in großer Anzahl. Sie bevorzugt die ödeſten Gegenden, ohne jedoch Felder zu meiden. Jene wüſtenartigen Strecken des Südens und die aſiatiſchen Steppen ſind ihre wahre Heimat. Der Boden dort gleicht
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[260/0282]
Die Knacker. Sperlingsvögel. Lerchen.
ton einige Mal hat hören laſſen, folgen gewöhnlich einige Strophen aus dem Geſange der Baſtard-
nachtigall, dann kommt der langgezogene, ſehr tiefe Ruf der Amſel, in welchem ſich namentlich
das „Tack, tack‟ ſehr hübſch ausnimmt. Hierauf folgen Strophen, ja zuweilen der ganze Geſang der
Rauchſchwalbe, der Singdroſſel, des Stieglitz, der Wachtel, der Finkmeiſe, des Grün-
lings, des Hänflings, der Feld- und Haubenlerche, des Finken und Sperlings, das
Jauchzen der Spechte, das Kreiſchen der Reiher, und dies Alles wird in der richtigen Betonung
vorgetragen. Sie ſchnalzt wie ein Menſch, ſie trägt allerhand Töne vor, welche ſie gewiß von andern,
mir ganz unbekannten Sängern annahm; ſie ahmt Alles ſo täuſchend nach, daß der Kenner jedes
Vogels Geſang ſogleich erkennen muß. Als ich ſie erhielt, kannte ſie den Geſang der Baumlerche
und den Ruf der Schwanzmeiſe noch nicht: in kurzer Zeit hatte ſie beiden Vögeln ihre Töne ſo gut
abgelernt, daß ſie dieſelben herrlich vortrug. Zuweilen iſt ihre Art zu ſingen äußerſt ſonderbar; ſie
ſcheint dann die Töne, ohne die Kehle im geringſten dabei zu bewegen, nur aus dem Schnabel heraus
zu werfen.‟
„Schade nur, daß ihr Geſang für das Zimmer zu laut iſt, daß er im geſchloſſenen Raum auf die
Länge nicht ertragen werden kann. Jch mußte meine Gefangene der läſtigen Stärke dieſes Geſanges
halber endlich weggeben. Der Händler verkaufte ſie wiederholt; doch keiner der Liebhaber konnte die
ſtarken Töne im Zimmer vertragen.‟
Die Kalanderlerche hält bei einfacher Nahrung jahrelang im Zimmer aus. Man reicht ihr
Nachtigallenfutter und etwas Geſäme; dabei befindet ſie ſich wohl und ſingt mit Ausnahme der
Mauſerzeit das ganze Jahr hindurch. Mit andern Vögeln darf man ſie nicht zuſammenhalten; ſie iſt
ihnen gegenüber ſich ihrer Stärke bewußt und richtet mit dem kräftigen Schnabel oft Unfug an.
Ueberhaupt geräth ſie leicht in Zorn. So konnte die von Gourcy gerühmte es nicht leiden, wenn
der Käfig gereinigt wurde. Sie rieb dann ihren Schnabel mit aller Kraft an den Stäben des Ge-
bauers, als wollte ſie dieſelben zerbrechen. Angegriffen, wehrt ſie ſich ihrer Haut durch kräftige Biſſe.
Es iſt auffallend, daß wir bisher den in ganz Südeuropa häufigen Vogel noch ſo ſelten lebend
erhielten; er würde allen Thiergärten zur größten Zierde gereichen und ſicherlich ſich auch bei uns
viele Liebhaber erwerben. Jn Spanien werden viele Kalanderlerchen für das Gebauer gefangen. Es
geſchieht Dies in durchaus eigenthümlicher Weiſe. Man geht des Nachts auf geeignete Feldſtücke;
einige der Fänger tragen Herdenglocken, andere Blendlaternen, die übrigen Handnetze. Die Lerchen
werden durch den Lichtſchimmer geblendet, durch den Klang der Herdenglocken aber irre geführt, und
zu der Meinung verleitet, daß ihnen eine Rinder- oder Schafherde nahe. Sie warten die An-
kunft der Fänger ruhig ab, drücken ſich ſodann auf den Boden nieder und werden dann entweder mit
den Netzen überdeckt oder ſogar mit der Hand gegriffen. — Mein Bruder hat einem derartigen
Fange beigewohnt. —
Eine Kalanderlerche im Kleinen iſt die Kalandrelle der Spanier und Jtaliener (Calandritis
brachydactyla). Sie unterſcheidet ſich von der Kalanderlerche durch den auch verhältnißmäßig klei-
neren Schnabel und den ſehr kurzen Sporn. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite gleichmäßig hell-
lehmfarbig, auf dem Kopf mit röthlichen, auf dem übrigen Oberkörper mit graulichem Anflug; die
Unterſeite iſt lichtgraugelb. Die Flügelbinden ſind dunkler, die Flecken zu beiden Seiten des Halſes
kleiner und lichter, als bei der Kalanderlerche. Die Länge beträgt 5¼ bis 6 Zoll, die Breite 10 bis
11 Zoll, die Fittiglänge 3¼ Zoll, die Schwanzlänge 2 bis 2½ Zoll.
Der Verbreitungskreis der Kalandrelle iſt ausgedehnter, als der ihrer großen Verwandten. Alle
Ebenen Südeuropas und Mittelaſiens, ſowie endlich Weſtafrika beherbergen die kleine Lerche in großer
Anzahl. Sie bevorzugt die ödeſten Gegenden, ohne jedoch Felder zu meiden. Jene wüſtenartigen
Strecken des Südens und die aſiatiſchen Steppen ſind ihre wahre Heimat. Der Boden dort gleicht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/282>, abgerufen am 21.11.2024.
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