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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Staaren.
keine von den unangenehmen Eigenschaften der Sittiche. Deshalb empfiehlt sie sich als Stubenvogel;
sie wird als solcher auch oft nach Europa eingeführt, wo sie bei geeigneter Pflege jahrelang die Ge-
fangenschaft erträgt.

Eigene Beobachtungen haben mich belehrt, daß nicht alle Atzeln dem von Jerdon gezeichneten
Bilde entsprechen. Jch habe mehrere kennen gelernt, welche allerliebst schwatzten und sich fortwährend
hören ließen, aber auch das Gegentheil erfahren. So besitzt der hamburger Thiergarten einen Mino,
welcher sich nur durch seine erstaunliche Gefräßigkeit auszeichnet und, wie alle Fresser, ein höchst
langweiliges Geschöpf ist. Von ihm vernimmt man kaum einen Laut; er ist ebenso still, als faul.
Andere Vögel betrachtet er entweder gleichgiltig oder zankt sich mit ihnen ohne ersichtlichen Grund
und mißhandelt dann sie in abscheulicher Weise.

Der Mino brütet in Baumhöhlen; doch sind die Eier noch unbekannt; Jerdon versichert we-
nigstens, sie niemals gesehen zu haben, obgleich er wiederholt in Gegenden lebte, wo dieser Vogel häufig
war, und er oft Nestjunge von ihm erhielt.



Es mag unentschieden bleiben, ob man berechtigt ist oder nicht, die Madenhacker (Buphagae)
zu den Staaren zu zählen. Diese merkwürdigen Vögel unterscheiden sich von allen übrigen Staaren
namentlich durch den Bau ihres Schnabels und ihrer Füße; sie unterscheiden sich aber auch nicht
unwesentlich durch ihre Lebensweise.

Die Madenhacker sind gestreckt gebaute Vögel mit ziemlich langen Flügeln, mittellangem, zwölf-
fedrigen Schwanze, mittelhohen, kurzzehigen Füßen, welche mit starken gekrümmten Krallen bewehrt
sind, und einem eigenthümlich geformten Schnabel, welcher am Grunde rundlich, nahe der Spitze aber
seitlich zusammengedrückt ist, oben sich wölbt und unten stumpfwinkelig sich vorbuchtet. Das lockere
Gefieder ist der Hauptsache nach bräunlichgrau.

Man kennt bis jetzt nur zwei Arten dieser Vögel, welche beide in Mittel- und Südafrika gefun-
den werden. Sie ähneln sich nicht nur in der Größe, sondern auch in der Färbung und scheinen in
der Lebensweise vollständig mit einander übereinzustimmen.

Der gemeine Madenhacker (Buphaga africana) wird 9 Zoll lang und 133/4 Zoll breit; der
Fittig mißt 41/2 Zoll, der Schwanz 31/2 Zoll. Die ganze Oberseite, der Vorderhals und die Ober-
brust sind sehr gleichfarbig röthlichbraun, der Bürzel und die Unterseite hellfahl, die Flügel und der
Schwanz dunkler braun. Der Schnabel ist vorn zinnoberroth, an der Wurzel aber gelb; der Fuß
ist bräunlichgrau, das Auge lebhaft rothbraun.

Die zweite Art, der rothschnäbelige Madenhacker (Buphaga erythrorhyneha) wird 8 Zoll
lang und 121/2 bis 13 Zoll breit; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz 31/4 Zoll. Das Gefieder ist
auf der Oberseite aschgraubräunlich, auf der Unterseite blaßgelb; der Schnabel ist lichtroth, der Fuß
braungrau, der Augenring und das äußere Augenlid goldgelb.

Beide Madenhackerarten sind weit verbreitet. Der erstgenannte findet sich von Südafrika an bis
Habesch und bis zum Senegal, der zweite scheint mehr der Mitte des Erdtheils anzugehören und ist
von der Ostküste bis nach Westen hin beobachtet worden. Jn Habesch und am Senegal kommen beide
Arten zusammen vor; niemals aber vereinigen sie sich mit einander: so berichtet wenigstens Heuglin.
Jhr Vorkommen scheint übrigens an gewisse, uns unbekannte Bedingungen geknüpft zu sein: sie fin-
den sich blos in gewissen Gegenden. Jn den Bogosländern traf ich die rothschnäbelige Art ziemlich
häufig, im ganzen Sudahn hingegen keine einzige von beiden.

Man sieht die Madenhacker in kleinen Gesellschaften zu sechs bis acht Stücken und zwar aus-
schließlich in der Nähe größerer Säugethiere, ohne welche sie, wie es scheint, gar nicht zu leben vermö-
gen. Sie folgen den Herden der weidenden Rinder oder Kamele, finden sich aber auch auf einzelnen
von diesen ein; gewöhnlich lassen sich die Trupps auf ein und demselben Thiere nieder. Aus den

Die Knacker. Rabenvögel. Staaren.
keine von den unangenehmen Eigenſchaften der Sittiche. Deshalb empfiehlt ſie ſich als Stubenvogel;
ſie wird als ſolcher auch oft nach Europa eingeführt, wo ſie bei geeigneter Pflege jahrelang die Ge-
fangenſchaft erträgt.

Eigene Beobachtungen haben mich belehrt, daß nicht alle Atzeln dem von Jerdon gezeichneten
Bilde entſprechen. Jch habe mehrere kennen gelernt, welche allerliebſt ſchwatzten und ſich fortwährend
hören ließen, aber auch das Gegentheil erfahren. So beſitzt der hamburger Thiergarten einen Mino,
welcher ſich nur durch ſeine erſtaunliche Gefräßigkeit auszeichnet und, wie alle Freſſer, ein höchſt
langweiliges Geſchöpf iſt. Von ihm vernimmt man kaum einen Laut; er iſt ebenſo ſtill, als faul.
Andere Vögel betrachtet er entweder gleichgiltig oder zankt ſich mit ihnen ohne erſichtlichen Grund
und mißhandelt dann ſie in abſcheulicher Weiſe.

Der Mino brütet in Baumhöhlen; doch ſind die Eier noch unbekannt; Jerdon verſichert we-
nigſtens, ſie niemals geſehen zu haben, obgleich er wiederholt in Gegenden lebte, wo dieſer Vogel häufig
war, und er oft Neſtjunge von ihm erhielt.



Es mag unentſchieden bleiben, ob man berechtigt iſt oder nicht, die Madenhacker (Buphagae)
zu den Staaren zu zählen. Dieſe merkwürdigen Vögel unterſcheiden ſich von allen übrigen Staaren
namentlich durch den Bau ihres Schnabels und ihrer Füße; ſie unterſcheiden ſich aber auch nicht
unweſentlich durch ihre Lebensweiſe.

Die Madenhacker ſind geſtreckt gebaute Vögel mit ziemlich langen Flügeln, mittellangem, zwölf-
fedrigen Schwanze, mittelhohen, kurzzehigen Füßen, welche mit ſtarken gekrümmten Krallen bewehrt
ſind, und einem eigenthümlich geformten Schnabel, welcher am Grunde rundlich, nahe der Spitze aber
ſeitlich zuſammengedrückt iſt, oben ſich wölbt und unten ſtumpfwinkelig ſich vorbuchtet. Das lockere
Gefieder iſt der Hauptſache nach bräunlichgrau.

Man kennt bis jetzt nur zwei Arten dieſer Vögel, welche beide in Mittel- und Südafrika gefun-
den werden. Sie ähneln ſich nicht nur in der Größe, ſondern auch in der Färbung und ſcheinen in
der Lebensweiſe vollſtändig mit einander übereinzuſtimmen.

Der gemeine Madenhacker (Buphaga africana) wird 9 Zoll lang und 13¾ Zoll breit; der
Fittig mißt 4½ Zoll, der Schwanz 3½ Zoll. Die ganze Oberſeite, der Vorderhals und die Ober-
bruſt ſind ſehr gleichfarbig röthlichbraun, der Bürzel und die Unterſeite hellfahl, die Flügel und der
Schwanz dunkler braun. Der Schnabel iſt vorn zinnoberroth, an der Wurzel aber gelb; der Fuß
iſt bräunlichgrau, das Auge lebhaft rothbraun.

Die zweite Art, der rothſchnäbelige Madenhacker (Buphaga erythrorhyneha) wird 8 Zoll
lang und 12½ bis 13 Zoll breit; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz 3¼ Zoll. Das Gefieder iſt
auf der Oberſeite aſchgraubräunlich, auf der Unterſeite blaßgelb; der Schnabel iſt lichtroth, der Fuß
braungrau, der Augenring und das äußere Augenlid goldgelb.

Beide Madenhackerarten ſind weit verbreitet. Der erſtgenannte findet ſich von Südafrika an bis
Habeſch und bis zum Senegal, der zweite ſcheint mehr der Mitte des Erdtheils anzugehören und iſt
von der Oſtküſte bis nach Weſten hin beobachtet worden. Jn Habeſch und am Senegal kommen beide
Arten zuſammen vor; niemals aber vereinigen ſie ſich mit einander: ſo berichtet wenigſtens Heuglin.
Jhr Vorkommen ſcheint übrigens an gewiſſe, uns unbekannte Bedingungen geknüpft zu ſein: ſie fin-
den ſich blos in gewiſſen Gegenden. Jn den Bogosländern traf ich die rothſchnäbelige Art ziemlich
häufig, im ganzen Sudahn hingegen keine einzige von beiden.

Man ſieht die Madenhacker in kleinen Geſellſchaften zu ſechs bis acht Stücken und zwar aus-
ſchließlich in der Nähe größerer Säugethiere, ohne welche ſie, wie es ſcheint, gar nicht zu leben vermö-
gen. Sie folgen den Herden der weidenden Rinder oder Kamele, finden ſich aber auch auf einzelnen
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[304/0328] Die Knacker. Rabenvögel. Staaren. keine von den unangenehmen Eigenſchaften der Sittiche. Deshalb empfiehlt ſie ſich als Stubenvogel; ſie wird als ſolcher auch oft nach Europa eingeführt, wo ſie bei geeigneter Pflege jahrelang die Ge- fangenſchaft erträgt. Eigene Beobachtungen haben mich belehrt, daß nicht alle Atzeln dem von Jerdon gezeichneten Bilde entſprechen. Jch habe mehrere kennen gelernt, welche allerliebſt ſchwatzten und ſich fortwährend hören ließen, aber auch das Gegentheil erfahren. So beſitzt der hamburger Thiergarten einen Mino, welcher ſich nur durch ſeine erſtaunliche Gefräßigkeit auszeichnet und, wie alle Freſſer, ein höchſt langweiliges Geſchöpf iſt. Von ihm vernimmt man kaum einen Laut; er iſt ebenſo ſtill, als faul. Andere Vögel betrachtet er entweder gleichgiltig oder zankt ſich mit ihnen ohne erſichtlichen Grund und mißhandelt dann ſie in abſcheulicher Weiſe. Der Mino brütet in Baumhöhlen; doch ſind die Eier noch unbekannt; Jerdon verſichert we- nigſtens, ſie niemals geſehen zu haben, obgleich er wiederholt in Gegenden lebte, wo dieſer Vogel häufig war, und er oft Neſtjunge von ihm erhielt. Es mag unentſchieden bleiben, ob man berechtigt iſt oder nicht, die Madenhacker (Buphagae) zu den Staaren zu zählen. Dieſe merkwürdigen Vögel unterſcheiden ſich von allen übrigen Staaren namentlich durch den Bau ihres Schnabels und ihrer Füße; ſie unterſcheiden ſich aber auch nicht unweſentlich durch ihre Lebensweiſe. Die Madenhacker ſind geſtreckt gebaute Vögel mit ziemlich langen Flügeln, mittellangem, zwölf- fedrigen Schwanze, mittelhohen, kurzzehigen Füßen, welche mit ſtarken gekrümmten Krallen bewehrt ſind, und einem eigenthümlich geformten Schnabel, welcher am Grunde rundlich, nahe der Spitze aber ſeitlich zuſammengedrückt iſt, oben ſich wölbt und unten ſtumpfwinkelig ſich vorbuchtet. Das lockere Gefieder iſt der Hauptſache nach bräunlichgrau. Man kennt bis jetzt nur zwei Arten dieſer Vögel, welche beide in Mittel- und Südafrika gefun- den werden. Sie ähneln ſich nicht nur in der Größe, ſondern auch in der Färbung und ſcheinen in der Lebensweiſe vollſtändig mit einander übereinzuſtimmen. Der gemeine Madenhacker (Buphaga africana) wird 9 Zoll lang und 13¾ Zoll breit; der Fittig mißt 4½ Zoll, der Schwanz 3½ Zoll. Die ganze Oberſeite, der Vorderhals und die Ober- bruſt ſind ſehr gleichfarbig röthlichbraun, der Bürzel und die Unterſeite hellfahl, die Flügel und der Schwanz dunkler braun. Der Schnabel iſt vorn zinnoberroth, an der Wurzel aber gelb; der Fuß iſt bräunlichgrau, das Auge lebhaft rothbraun. Die zweite Art, der rothſchnäbelige Madenhacker (Buphaga erythrorhyneha) wird 8 Zoll lang und 12½ bis 13 Zoll breit; der Fittig mißt 4 Zoll, der Schwanz 3¼ Zoll. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite aſchgraubräunlich, auf der Unterſeite blaßgelb; der Schnabel iſt lichtroth, der Fuß braungrau, der Augenring und das äußere Augenlid goldgelb. Beide Madenhackerarten ſind weit verbreitet. Der erſtgenannte findet ſich von Südafrika an bis Habeſch und bis zum Senegal, der zweite ſcheint mehr der Mitte des Erdtheils anzugehören und iſt von der Oſtküſte bis nach Weſten hin beobachtet worden. Jn Habeſch und am Senegal kommen beide Arten zuſammen vor; niemals aber vereinigen ſie ſich mit einander: ſo berichtet wenigſtens Heuglin. Jhr Vorkommen ſcheint übrigens an gewiſſe, uns unbekannte Bedingungen geknüpft zu ſein: ſie fin- den ſich blos in gewiſſen Gegenden. Jn den Bogosländern traf ich die rothſchnäbelige Art ziemlich häufig, im ganzen Sudahn hingegen keine einzige von beiden. Man ſieht die Madenhacker in kleinen Geſellſchaften zu ſechs bis acht Stücken und zwar aus- ſchließlich in der Nähe größerer Säugethiere, ohne welche ſie, wie es ſcheint, gar nicht zu leben vermö- gen. Sie folgen den Herden der weidenden Rinder oder Kamele, finden ſich aber auch auf einzelnen von dieſen ein; gewöhnlich laſſen ſich die Trupps auf ein und demſelben Thiere nieder. Aus den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/328>, abgerufen am 22.11.2024.