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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Pirole.
eigentlichen Jugendkleide. Wird einem Pirolpaar seine erste Brut zerstört, so lange es Eier enthält, so
nistet es zum zweiten Male; werden ihm jedoch die Jungen geraubt, so schreitet es zu keiner
zweiten Brut.

Kerbthiere der verschiedensten Art, namentlich aber Raupen und Schmetterlinge, Würmer und
zur Zeit der Fruchtreife Kirschen und Beeren bilden die Nahrung des Pirols. Er bedarf viel und
kann deshalb einzelnen Fruchtbäumen schädlich werden; doch überwiegt der Nutzen, welchen er leistet,
den geringen Schaden, den er durch seine Plündereien in den Gärten uns zufügt, bei weitem. Die
Gefangenen ernährt man mit Nachtigallfutter; es gelingt aber nur selten, sie längere Jahre im Käfig
zu halten. Jung aus dem Nest Genommene gewöhnen sich, wie erklärlich, leichter an die Gefangen-
schaft, als alt Eingefangene. Erstere können sehr zahm werden und bereiten ihrem Gebieter dann
viel Freude; doch zeigen sie sich andern Vögeln gegenüber selten freundlich: sie behalten ihre Zanksucht
auch im Käfig bei. Naumann's Vater zog, wie uns sein Sohn, der berühmte Forscher, mittheilt,
Pirole allen andern Stubenvögeln vor und erlebte an ihnen die Freude, daß einige von ihnen ihm das
Futter aus den Händen und aus dem Munde nahmen oder ihn, wenn er ihnen nicht gleich Etwas
gab, mahnend bei den Haaren rauften. Wenn die Zugzeit herannahete, wurden sie im höchsten Grade
unruhig, und Dies hielt bis in den November an. Jm Februar mauserten sie sich, und so lange der
Federwechsel währte, waren sie sehr traurig. Jm März begann ihre Unruhe von neuem; der Reise-
drang regte sich wieder in ihnen.



Jn Afrika und in Südasien leben mehrere Pirole, welche dem unserigen sehr ähnlich sind, in
Australien aber neben den bereits genannten Gliedern der Familie noch Verwandte des eigentlichen
Pfingstvogels und unter ihnen einige, welche als Uebergangsglieder von den Pirolen zu den Para-
diesvögeln betrachtet werden dürfen.

Ein solcher ist der Prinzpirol (Sericulus chrysocephalus), einer der schönsten Vögel des Erd-
theils. Er unterscheidet sich von den eigentlichen Pirolen durch kürzeren und schwächeren Schnabel mit
deutlicher vortretender Auskerbung an der Spitze des Oberschnabels, gerade abgeschnittenen oder seicht
ausgerandeten Schwanz und durch die Beschaffenheit seines Gefieders. Der Kopf, Halsrücken und ein von
hier nach der Brust sich hinziehender Bogen sind schön hochgelb, das übrige Gefieder ist sammtschwarz.
Die erste Vorderschwinge ist schwarz, die andern Handschwingen sind an der Wurzel und an der Spitze
schwarz, in der Mitte aber gelb, die Armschwingen gelb bis auf einen Saum an der Außenfahne,
welcher schwarz bleibt. Das Auge ist blaßgelb, der Schnabel gelb, der Fuß schwarz. Die Länge
beträgt 83/4 Zoll. Beim Weibchen sind Kopf und Kehle bräunlichweiß; der Scheitel ist durch einen
großen schwarzen Fleck gezeichnet; die Oberseite der Flügel und der Schwanz sind olivenbraun, die
Rückenfedern mit bräunlichweißen dreieckigen Spitzenflecken, die Unterseite ist auf olivenbraunem
Grunde noch stärker gefleckt. Das Auge ist braun, der Schnabel und der Fuß sind schwarz. Junge
Männchen ähneln dem Weibchen.

Nach Gould scheint der Prinzpirol auf Ostaustralien beschränkt zu sein. Jn den Buschhölzern
zu Maitlang an der Moritonbai, auf der Mückeninsel und den benachbarten Eilanden ist er häufig.
Jn seiner Lebensweise ähnelt er unserm Pirol; er ist jedoch ruhiger, als dieser und verbirgt sich
weniger in dem dichten Gezweig der Bäume, setzt sich vielmehr auf die höchsten Spitzen derselben. Die
alten Männchen scheinen sich der Gefahr, welcher sie sich durch ihr schönes Gefieder aussetzen, wohl
bewußt zu sein: sie sind viel scheuer, als die Weibchen und Jungen, welche leicht beobachtet und
beschlichen werden können. Die Nahrung besteht vorzugsweise aus Früchten; Gould fand keine
Spur von Kerbthieren in dem Magen der von ihm getödteten. Jn den Gärten, welche Obstbäume
enthalten, werden sie zur Zeit der Fruchtreife sehr schädlich; sie sollen zuweilen eine ganze Ernte ver-
nichten. Ueber das Brutgeschäft konnte Gould keine Beobachtungen sammeln.



Die Knacker. Rabenvögel. Pirole.
eigentlichen Jugendkleide. Wird einem Pirolpaar ſeine erſte Brut zerſtört, ſo lange es Eier enthält, ſo
niſtet es zum zweiten Male; werden ihm jedoch die Jungen geraubt, ſo ſchreitet es zu keiner
zweiten Brut.

Kerbthiere der verſchiedenſten Art, namentlich aber Raupen und Schmetterlinge, Würmer und
zur Zeit der Fruchtreife Kirſchen und Beeren bilden die Nahrung des Pirols. Er bedarf viel und
kann deshalb einzelnen Fruchtbäumen ſchädlich werden; doch überwiegt der Nutzen, welchen er leiſtet,
den geringen Schaden, den er durch ſeine Plündereien in den Gärten uns zufügt, bei weitem. Die
Gefangenen ernährt man mit Nachtigallfutter; es gelingt aber nur ſelten, ſie längere Jahre im Käfig
zu halten. Jung aus dem Neſt Genommene gewöhnen ſich, wie erklärlich, leichter an die Gefangen-
ſchaft, als alt Eingefangene. Erſtere können ſehr zahm werden und bereiten ihrem Gebieter dann
viel Freude; doch zeigen ſie ſich andern Vögeln gegenüber ſelten freundlich: ſie behalten ihre Zankſucht
auch im Käfig bei. Naumann’s Vater zog, wie uns ſein Sohn, der berühmte Forſcher, mittheilt,
Pirole allen andern Stubenvögeln vor und erlebte an ihnen die Freude, daß einige von ihnen ihm das
Futter aus den Händen und aus dem Munde nahmen oder ihn, wenn er ihnen nicht gleich Etwas
gab, mahnend bei den Haaren rauften. Wenn die Zugzeit herannahete, wurden ſie im höchſten Grade
unruhig, und Dies hielt bis in den November an. Jm Februar mauſerten ſie ſich, und ſo lange der
Federwechſel währte, waren ſie ſehr traurig. Jm März begann ihre Unruhe von neuem; der Reiſe-
drang regte ſich wieder in ihnen.



Jn Afrika und in Südaſien leben mehrere Pirole, welche dem unſerigen ſehr ähnlich ſind, in
Auſtralien aber neben den bereits genannten Gliedern der Familie noch Verwandte des eigentlichen
Pfingſtvogels und unter ihnen einige, welche als Uebergangsglieder von den Pirolen zu den Para-
diesvögeln betrachtet werden dürfen.

Ein ſolcher iſt der Prinzpirol (Sericulus chrysocephalus), einer der ſchönſten Vögel des Erd-
theils. Er unterſcheidet ſich von den eigentlichen Pirolen durch kürzeren und ſchwächeren Schnabel mit
deutlicher vortretender Auskerbung an der Spitze des Oberſchnabels, gerade abgeſchnittenen oder ſeicht
ausgerandeten Schwanz und durch die Beſchaffenheit ſeines Gefieders. Der Kopf, Halsrücken und ein von
hier nach der Bruſt ſich hinziehender Bogen ſind ſchön hochgelb, das übrige Gefieder iſt ſammtſchwarz.
Die erſte Vorderſchwinge iſt ſchwarz, die andern Handſchwingen ſind an der Wurzel und an der Spitze
ſchwarz, in der Mitte aber gelb, die Armſchwingen gelb bis auf einen Saum an der Außenfahne,
welcher ſchwarz bleibt. Das Auge iſt blaßgelb, der Schnabel gelb, der Fuß ſchwarz. Die Länge
beträgt 8¾ Zoll. Beim Weibchen ſind Kopf und Kehle bräunlichweiß; der Scheitel iſt durch einen
großen ſchwarzen Fleck gezeichnet; die Oberſeite der Flügel und der Schwanz ſind olivenbraun, die
Rückenfedern mit bräunlichweißen dreieckigen Spitzenflecken, die Unterſeite iſt auf olivenbraunem
Grunde noch ſtärker gefleckt. Das Auge iſt braun, der Schnabel und der Fuß ſind ſchwarz. Junge
Männchen ähneln dem Weibchen.

Nach Gould ſcheint der Prinzpirol auf Oſtauſtralien beſchränkt zu ſein. Jn den Buſchhölzern
zu Maitlang an der Moritonbai, auf der Mückeninſel und den benachbarten Eilanden iſt er häufig.
Jn ſeiner Lebensweiſe ähnelt er unſerm Pirol; er iſt jedoch ruhiger, als dieſer und verbirgt ſich
weniger in dem dichten Gezweig der Bäume, ſetzt ſich vielmehr auf die höchſten Spitzen derſelben. Die
alten Männchen ſcheinen ſich der Gefahr, welcher ſie ſich durch ihr ſchönes Gefieder ausſetzen, wohl
bewußt zu ſein: ſie ſind viel ſcheuer, als die Weibchen und Jungen, welche leicht beobachtet und
beſchlichen werden können. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus Früchten; Gould fand keine
Spur von Kerbthieren in dem Magen der von ihm getödteten. Jn den Gärten, welche Obſtbäume
enthalten, werden ſie zur Zeit der Fruchtreife ſehr ſchädlich; ſie ſollen zuweilen eine ganze Ernte ver-
nichten. Ueber das Brutgeſchäft konnte Gould keine Beobachtungen ſammeln.



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[320/0344] Die Knacker. Rabenvögel. Pirole. eigentlichen Jugendkleide. Wird einem Pirolpaar ſeine erſte Brut zerſtört, ſo lange es Eier enthält, ſo niſtet es zum zweiten Male; werden ihm jedoch die Jungen geraubt, ſo ſchreitet es zu keiner zweiten Brut. Kerbthiere der verſchiedenſten Art, namentlich aber Raupen und Schmetterlinge, Würmer und zur Zeit der Fruchtreife Kirſchen und Beeren bilden die Nahrung des Pirols. Er bedarf viel und kann deshalb einzelnen Fruchtbäumen ſchädlich werden; doch überwiegt der Nutzen, welchen er leiſtet, den geringen Schaden, den er durch ſeine Plündereien in den Gärten uns zufügt, bei weitem. Die Gefangenen ernährt man mit Nachtigallfutter; es gelingt aber nur ſelten, ſie längere Jahre im Käfig zu halten. Jung aus dem Neſt Genommene gewöhnen ſich, wie erklärlich, leichter an die Gefangen- ſchaft, als alt Eingefangene. Erſtere können ſehr zahm werden und bereiten ihrem Gebieter dann viel Freude; doch zeigen ſie ſich andern Vögeln gegenüber ſelten freundlich: ſie behalten ihre Zankſucht auch im Käfig bei. Naumann’s Vater zog, wie uns ſein Sohn, der berühmte Forſcher, mittheilt, Pirole allen andern Stubenvögeln vor und erlebte an ihnen die Freude, daß einige von ihnen ihm das Futter aus den Händen und aus dem Munde nahmen oder ihn, wenn er ihnen nicht gleich Etwas gab, mahnend bei den Haaren rauften. Wenn die Zugzeit herannahete, wurden ſie im höchſten Grade unruhig, und Dies hielt bis in den November an. Jm Februar mauſerten ſie ſich, und ſo lange der Federwechſel währte, waren ſie ſehr traurig. Jm März begann ihre Unruhe von neuem; der Reiſe- drang regte ſich wieder in ihnen. Jn Afrika und in Südaſien leben mehrere Pirole, welche dem unſerigen ſehr ähnlich ſind, in Auſtralien aber neben den bereits genannten Gliedern der Familie noch Verwandte des eigentlichen Pfingſtvogels und unter ihnen einige, welche als Uebergangsglieder von den Pirolen zu den Para- diesvögeln betrachtet werden dürfen. Ein ſolcher iſt der Prinzpirol (Sericulus chrysocephalus), einer der ſchönſten Vögel des Erd- theils. Er unterſcheidet ſich von den eigentlichen Pirolen durch kürzeren und ſchwächeren Schnabel mit deutlicher vortretender Auskerbung an der Spitze des Oberſchnabels, gerade abgeſchnittenen oder ſeicht ausgerandeten Schwanz und durch die Beſchaffenheit ſeines Gefieders. Der Kopf, Halsrücken und ein von hier nach der Bruſt ſich hinziehender Bogen ſind ſchön hochgelb, das übrige Gefieder iſt ſammtſchwarz. Die erſte Vorderſchwinge iſt ſchwarz, die andern Handſchwingen ſind an der Wurzel und an der Spitze ſchwarz, in der Mitte aber gelb, die Armſchwingen gelb bis auf einen Saum an der Außenfahne, welcher ſchwarz bleibt. Das Auge iſt blaßgelb, der Schnabel gelb, der Fuß ſchwarz. Die Länge beträgt 8¾ Zoll. Beim Weibchen ſind Kopf und Kehle bräunlichweiß; der Scheitel iſt durch einen großen ſchwarzen Fleck gezeichnet; die Oberſeite der Flügel und der Schwanz ſind olivenbraun, die Rückenfedern mit bräunlichweißen dreieckigen Spitzenflecken, die Unterſeite iſt auf olivenbraunem Grunde noch ſtärker gefleckt. Das Auge iſt braun, der Schnabel und der Fuß ſind ſchwarz. Junge Männchen ähneln dem Weibchen. Nach Gould ſcheint der Prinzpirol auf Oſtauſtralien beſchränkt zu ſein. Jn den Buſchhölzern zu Maitlang an der Moritonbai, auf der Mückeninſel und den benachbarten Eilanden iſt er häufig. Jn ſeiner Lebensweiſe ähnelt er unſerm Pirol; er iſt jedoch ruhiger, als dieſer und verbirgt ſich weniger in dem dichten Gezweig der Bäume, ſetzt ſich vielmehr auf die höchſten Spitzen derſelben. Die alten Männchen ſcheinen ſich der Gefahr, welcher ſie ſich durch ihr ſchönes Gefieder ausſetzen, wohl bewußt zu ſein: ſie ſind viel ſcheuer, als die Weibchen und Jungen, welche leicht beobachtet und beſchlichen werden können. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus Früchten; Gould fand keine Spur von Kerbthieren in dem Magen der von ihm getödteten. Jn den Gärten, welche Obſtbäume enthalten, werden ſie zur Zeit der Fruchtreife ſehr ſchädlich; ſie ſollen zuweilen eine ganze Ernte ver- nichten. Ueber das Brutgeſchäft konnte Gould keine Beobachtungen ſammeln.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/344>, abgerufen am 22.11.2024.