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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.

Nach Rosenberg ist der Königsparadiesvogel der verbreitetste von allen. Er findet sich auf
der ganzen Halbinsel, welche den nördlichen Theil von Neuguinea bildet, aber auch auf Meisol, Sala-
wati und auf den Aruinseln. Man sieht ihn oft nahe am Strande auf den niedrigen Bäumen. Er
ist allerliebst, stets in Bewegung und ebenso wie die andern bemüht, seine Schönheit zu zeigen. Er-
regt breitet er seinen goldgrünen Brustkragen fächerartig nach vorn aus. Seine Stimme, welche er
oft hören läßt, hat einige Aehnlichkeit mit dem Miauen einer jungen Katze, ungefähr, wie wenn man
die Silben "Koü" mit sanft flötendem Tone ausspricht.

Rosenberg weiß Nichts zu berichten, was mit den älteren Angaben Aehnlichkeit hätte. Nach
diesen soll der Königsparadiesvogel in Flügen von dreißig oder vierzig zusammen leben, welche unter
der Führung eines Männchens umherschweifen. Gedachtes Männchen, der König, soll sich durch seine
besonders langen Schwanzfedern auszeichnen; der ganze Zug soll seiner Leitung unbedingt vertrauen
und verloren sein, wenn der König getödtet wird. Wie viel an dieser Sage Wahres ist, steht dahin;
jedenfalls thun wir wohl, ihr einstweilen keine Glaubwürdigkeit zuzusprechen.

Der Königsparadiesvogel ist die eigentliche Manucodiata, von dem der alte Geßner Aus
führliches berichtet. Seine Schilderung der Paradiesvögel ist überhaupt so bezeichnend für die dama-
lige Anschauung, daß ich mir nicht versagen kann, wenigstens Einiges davon wiederzugeben. Geßner
erzählt mit den Worten des Berichterstatters Cardamus Folgendes:

"Jn den Jnseln Moluchis vnder dem Aequinoctio gelegen, wirt ein todter vogel auff der Erden
oder im Wasser auffgelesen, welchen sie in jrer spraach Manucodiatam nennen, den kan man lebendig
nimmer sehen, dieweil er keine Bein vnd Füß hat: wiewol Aristoteles nicht zuläst, daß jrgend ein
vogel ohn Füß gefunden werde. Dieser, so ich nun drey mal gesehen, hat allein darumb keine Füß,
daß er stäts hoch in den Lüfften schwebt. Sein gantzer Leib vnd Schnabel ist von gestalt vnd grösse
der Schwalben ähnlich, die schwingfedern vnnd schwantzfedern, so er die Flügel außstreckt, vbertreffen
den Habichen, vnd sind gar nahe dem Adler, grösse halben, änlich. Die dicke der Federn magst
du wol bedencken: dann die ist also, wie solche deine Vernunfft, nach der grösse vnd statur des Vogels
außweiset. Darumb sind sie gantz zart vnnd fast änlich (ohn allein die zärte außgenommen) den
Pfawenfedern deß Weibleins: dann sie dem Männlein nicht können verglichen werden, darumb daß
sie nicht spiegel haben als die in deß Pfawen männleins schwantz. Deß Männleins Rücken hat in-
wendig einen winckel, vnd in diese höle verbirgt (als der gemeine verstandt außweist) das Weiblein
seine Eyer, dieweil auch das Weiblein einen holen bauch hat, dz es also mit beyden hölen die Eyer
brüten vn außschleuffen mag. Dem Männlein hanget am schwantz ein Faden, drey zwerchhänd lang,
schwartz geferbt, der hat die mittelste gestalt vnder der ründe vnd viereckete: er ist auch weder zu dick,
noch zu zart, sondern einem Schumacherdrat fast änlich: vnnd mit diesem sol das Weiblein, dieweil es
die Eyer brütet, steiff an das Männlein gebunden werde. Vnd ist kein wunder, dz er stäts in der
Lufft sich enthält: dann wenn er seine Flügel vnd den schwantz ringsweiß außstreckt, ist es kein zweifel,
dann dz er also ohn Arbeit von der Lufft auffgehalten werde. Seine enderung vnd stäts abwechseln
im flug mag jm auch die müde hinnemen. Der behilfft sich auch, als ich vermein, keiner andern speiß
dann deß Himmeldauws, welchs dann sein Speiß vnnd Tranck ist: darumb hat ihn die Natur darzu
verordnet, daß er in den Lüfften wohnen möge. Daß er aber der reinen Lufft geleben möge, oder die
esse, ist der Warheit nit gleich, dieweil dieselbig viel zu zart ist. Dz er Thierlein esse, ist auch nicht
wol müglich: darumb dz er daselbst nicht wohnet noch junge machet da er sie finden möcht. Man fin-
det auch solches nicht in jhrem Magen als in der Schwalben. Diß bedörffen sie aber nichts, dieweil
sie allein von Alter vmbkommen, auch nit von Dunst oder Dampff der Erden, dann sie sich nider las-
sen müsten, dieweil daselbst desselbigen mehr ist. Der Dunst ist auch offt schädlich. Darumb ist es
der Warheit in alleweg gleich, daß sie zu Nacht des Tauwes geleben. Etliche stecken einen schwantz
oder die Flügel in jhre beckelhauben, darumb daß der, so solches bei jm habe, nicht verwundt sölle wer-
den, als der obgenannte außweiset .... Dieser gewissen vnd warhafften Histori geben alle newe
gelehrten kundtschafft, ohn allein Antonius Pigafeta, welcher dann gantz fälschlich vnd vnrecht sagt, daß

Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.

Nach Roſenberg iſt der Königsparadiesvogel der verbreitetſte von allen. Er findet ſich auf
der ganzen Halbinſel, welche den nördlichen Theil von Neuguinea bildet, aber auch auf Meiſol, Sala-
wati und auf den Aruinſeln. Man ſieht ihn oft nahe am Strande auf den niedrigen Bäumen. Er
iſt allerliebſt, ſtets in Bewegung und ebenſo wie die andern bemüht, ſeine Schönheit zu zeigen. Er-
regt breitet er ſeinen goldgrünen Bruſtkragen fächerartig nach vorn aus. Seine Stimme, welche er
oft hören läßt, hat einige Aehnlichkeit mit dem Miauen einer jungen Katze, ungefähr, wie wenn man
die Silben „Koü‟ mit ſanft flötendem Tone ausſpricht.

Roſenberg weiß Nichts zu berichten, was mit den älteren Angaben Aehnlichkeit hätte. Nach
dieſen ſoll der Königsparadiesvogel in Flügen von dreißig oder vierzig zuſammen leben, welche unter
der Führung eines Männchens umherſchweifen. Gedachtes Männchen, der König, ſoll ſich durch ſeine
beſonders langen Schwanzfedern auszeichnen; der ganze Zug ſoll ſeiner Leitung unbedingt vertrauen
und verloren ſein, wenn der König getödtet wird. Wie viel an dieſer Sage Wahres iſt, ſteht dahin;
jedenfalls thun wir wohl, ihr einſtweilen keine Glaubwürdigkeit zuzuſprechen.

Der Königsparadiesvogel iſt die eigentliche Manucodiata, von dem der alte Geßner Aus
führliches berichtet. Seine Schilderung der Paradiesvögel iſt überhaupt ſo bezeichnend für die dama-
lige Anſchauung, daß ich mir nicht verſagen kann, wenigſtens Einiges davon wiederzugeben. Geßner
erzählt mit den Worten des Berichterſtatters Cardamus Folgendes:

„Jn den Jnſeln Moluchis vnder dem Aequinoctio gelegen, wirt ein todter vogel auff der Erden
oder im Waſſer auffgeleſen, welchen ſie in jrer ſpraach Manucodiatam nennen, den kan man lebendig
nimmer ſehen, dieweil er keine Bein vnd Füß hat: wiewol Ariſtoteles nicht zuläſt, daß jrgend ein
vogel ohn Füß gefunden werde. Dieſer, ſo ich nun drey mal geſehen, hat allein darumb keine Füß,
daß er ſtäts hoch in den Lüfften ſchwebt. Sein gantzer Leib vnd Schnabel iſt von geſtalt vnd gröſſe
der Schwalben ähnlich, die ſchwingfedern vnnd ſchwantzfedern, ſo er die Flügel außſtreckt, vbertreffen
den Habichen, vnd ſind gar nahe dem Adler, gröſſe halben, änlich. Die dicke der Federn magſt
du wol bedencken: dann die iſt alſo, wie ſolche deine Vernunfft, nach der gröſſe vnd ſtatur des Vogels
außweiſet. Darumb ſind ſie gantz zart vnnd faſt änlich (ohn allein die zärte außgenommen) den
Pfawenfedern deß Weibleins: dann ſie dem Männlein nicht können verglichen werden, darumb daß
ſie nicht ſpiegel haben als die in deß Pfawen männleins ſchwantz. Deß Männleins Rücken hat in-
wendig einen winckel, vnd in dieſe höle verbirgt (als der gemeine verſtandt außweiſt) das Weiblein
ſeine Eyer, dieweil auch das Weiblein einen holen bauch hat, dz es alſo mit beyden hölen die Eyer
brüten vn außſchleuffen mag. Dem Männlein hanget am ſchwantz ein Faden, drey zwerchhänd lang,
ſchwartz geferbt, der hat die mittelſte geſtalt vnder der ründe vnd viereckete: er iſt auch weder zu dick,
noch zu zart, ſondern einem Schumacherdrat faſt änlich: vnnd mit dieſem ſol das Weiblein, dieweil es
die Eyer brütet, ſteiff an das Männlein gebunden werde. Vnd iſt kein wunder, dz er ſtäts in der
Lufft ſich enthält: dann wenn er ſeine Flügel vnd den ſchwantz ringsweiß außſtreckt, iſt es kein zweifel,
dann dz er alſo ohn Arbeit von der Lufft auffgehalten werde. Seine enderung vnd ſtäts abwechſeln
im flug mag jm auch die müde hinnemen. Der behilfft ſich auch, als ich vermein, keiner andern ſpeiß
dann deß Himmeldauws, welchs dann ſein Speiß vnnd Tranck iſt: darumb hat ihn die Natur darzu
verordnet, daß er in den Lüfften wohnen möge. Daß er aber der reinen Lufft geleben möge, oder die
eſſe, iſt der Warheit nit gleich, dieweil dieſelbig viel zu zart iſt. Dz er Thierlein eſſe, iſt auch nicht
wol müglich: darumb dz er daſelbſt nicht wohnet noch junge machet da er ſie finden möcht. Man fin-
det auch ſolches nicht in jhrem Magen als in der Schwalben. Diß bedörffen ſie aber nichts, dieweil
ſie allein von Alter vmbkommen, auch nit von Dunſt oder Dampff der Erden, dann ſie ſich nider laſ-
ſen müſten, dieweil daſelbſt deſſelbigen mehr iſt. Der Dunſt iſt auch offt ſchädlich. Darumb iſt es
der Warheit in alleweg gleich, daß ſie zu Nacht des Tauwes geleben. Etliche ſtecken einen ſchwantz
oder die Flügel in jhre beckelhauben, darumb daß der, ſo ſolches bei jm habe, nicht verwundt ſölle wer-
den, als der obgenannte außweiſet …. Dieſer gewiſſen vnd warhafften Hiſtori geben alle newe
gelehrten kundtſchafft, ohn allein Antonius Pigafeta, welcher dann gantz fälſchlich vnd vnrecht ſagt, daß

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[328/0354] Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel. Nach Roſenberg iſt der Königsparadiesvogel der verbreitetſte von allen. Er findet ſich auf der ganzen Halbinſel, welche den nördlichen Theil von Neuguinea bildet, aber auch auf Meiſol, Sala- wati und auf den Aruinſeln. Man ſieht ihn oft nahe am Strande auf den niedrigen Bäumen. Er iſt allerliebſt, ſtets in Bewegung und ebenſo wie die andern bemüht, ſeine Schönheit zu zeigen. Er- regt breitet er ſeinen goldgrünen Bruſtkragen fächerartig nach vorn aus. Seine Stimme, welche er oft hören läßt, hat einige Aehnlichkeit mit dem Miauen einer jungen Katze, ungefähr, wie wenn man die Silben „Koü‟ mit ſanft flötendem Tone ausſpricht. Roſenberg weiß Nichts zu berichten, was mit den älteren Angaben Aehnlichkeit hätte. Nach dieſen ſoll der Königsparadiesvogel in Flügen von dreißig oder vierzig zuſammen leben, welche unter der Führung eines Männchens umherſchweifen. Gedachtes Männchen, der König, ſoll ſich durch ſeine beſonders langen Schwanzfedern auszeichnen; der ganze Zug ſoll ſeiner Leitung unbedingt vertrauen und verloren ſein, wenn der König getödtet wird. Wie viel an dieſer Sage Wahres iſt, ſteht dahin; jedenfalls thun wir wohl, ihr einſtweilen keine Glaubwürdigkeit zuzuſprechen. Der Königsparadiesvogel iſt die eigentliche Manucodiata, von dem der alte Geßner Aus führliches berichtet. Seine Schilderung der Paradiesvögel iſt überhaupt ſo bezeichnend für die dama- lige Anſchauung, daß ich mir nicht verſagen kann, wenigſtens Einiges davon wiederzugeben. Geßner erzählt mit den Worten des Berichterſtatters Cardamus Folgendes: „Jn den Jnſeln Moluchis vnder dem Aequinoctio gelegen, wirt ein todter vogel auff der Erden oder im Waſſer auffgeleſen, welchen ſie in jrer ſpraach Manucodiatam nennen, den kan man lebendig nimmer ſehen, dieweil er keine Bein vnd Füß hat: wiewol Ariſtoteles nicht zuläſt, daß jrgend ein vogel ohn Füß gefunden werde. Dieſer, ſo ich nun drey mal geſehen, hat allein darumb keine Füß, daß er ſtäts hoch in den Lüfften ſchwebt. Sein gantzer Leib vnd Schnabel iſt von geſtalt vnd gröſſe der Schwalben ähnlich, die ſchwingfedern vnnd ſchwantzfedern, ſo er die Flügel außſtreckt, vbertreffen den Habichen, vnd ſind gar nahe dem Adler, gröſſe halben, änlich. Die dicke der Federn magſt du wol bedencken: dann die iſt alſo, wie ſolche deine Vernunfft, nach der gröſſe vnd ſtatur des Vogels außweiſet. Darumb ſind ſie gantz zart vnnd faſt änlich (ohn allein die zärte außgenommen) den Pfawenfedern deß Weibleins: dann ſie dem Männlein nicht können verglichen werden, darumb daß ſie nicht ſpiegel haben als die in deß Pfawen männleins ſchwantz. Deß Männleins Rücken hat in- wendig einen winckel, vnd in dieſe höle verbirgt (als der gemeine verſtandt außweiſt) das Weiblein ſeine Eyer, dieweil auch das Weiblein einen holen bauch hat, dz es alſo mit beyden hölen die Eyer brüten vn außſchleuffen mag. Dem Männlein hanget am ſchwantz ein Faden, drey zwerchhänd lang, ſchwartz geferbt, der hat die mittelſte geſtalt vnder der ründe vnd viereckete: er iſt auch weder zu dick, noch zu zart, ſondern einem Schumacherdrat faſt änlich: vnnd mit dieſem ſol das Weiblein, dieweil es die Eyer brütet, ſteiff an das Männlein gebunden werde. Vnd iſt kein wunder, dz er ſtäts in der Lufft ſich enthält: dann wenn er ſeine Flügel vnd den ſchwantz ringsweiß außſtreckt, iſt es kein zweifel, dann dz er alſo ohn Arbeit von der Lufft auffgehalten werde. Seine enderung vnd ſtäts abwechſeln im flug mag jm auch die müde hinnemen. Der behilfft ſich auch, als ich vermein, keiner andern ſpeiß dann deß Himmeldauws, welchs dann ſein Speiß vnnd Tranck iſt: darumb hat ihn die Natur darzu verordnet, daß er in den Lüfften wohnen möge. Daß er aber der reinen Lufft geleben möge, oder die eſſe, iſt der Warheit nit gleich, dieweil dieſelbig viel zu zart iſt. Dz er Thierlein eſſe, iſt auch nicht wol müglich: darumb dz er daſelbſt nicht wohnet noch junge machet da er ſie finden möcht. Man fin- det auch ſolches nicht in jhrem Magen als in der Schwalben. Diß bedörffen ſie aber nichts, dieweil ſie allein von Alter vmbkommen, auch nit von Dunſt oder Dampff der Erden, dann ſie ſich nider laſ- ſen müſten, dieweil daſelbſt deſſelbigen mehr iſt. Der Dunſt iſt auch offt ſchädlich. Darumb iſt es der Warheit in alleweg gleich, daß ſie zu Nacht des Tauwes geleben. Etliche ſtecken einen ſchwantz oder die Flügel in jhre beckelhauben, darumb daß der, ſo ſolches bei jm habe, nicht verwundt ſölle wer- den, als der obgenannte außweiſet …. Dieſer gewiſſen vnd warhafften Hiſtori geben alle newe gelehrten kundtſchafft, ohn allein Antonius Pigafeta, welcher dann gantz fälſchlich vnd vnrecht ſagt, daß

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/354>, abgerufen am 22.11.2024.