Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Schildrabe.
welche ihn bedenklich machte. Am Lagerplatz einer Karavane scheut er sich auch vor dem Europäer
nicht mehr. Jn den Küstendörfern der Samhara ist er ein regelmäßiger Gast; im Dorfe Ed sah ich
ihn auf den Firsten der Strohhütten sitzen, wie die Nebel- oder Saatkrähe auf unseren Gebäuden.
Sein Horst wird auf einzelnen Bäumen der Steppe oder des lichteren Waldes angelegt und enthält
in den ersten Monaten der großen Regenzeit drei bis vier Eier. Jch habe dieselben nicht gesehen, aber
genügende Beschreibungen von ihnen erhalten. Sie scheinen denen der übrigen Raben in jeder Hin-
sicht zu ähneln. Gegen die Jungen zeigt sich das Elternpaar außerordentlich zärtlich, und muthvoll
stößt es falkenartig auf den sich nahenden Menschen herab."

"Jm ganzen Ost-Sudahn und in Habesch wird der Schildrabe von dem Menschen geduldet oder,
wenn man will, nicht beachtet. Als eigentlich unreinen Vogel betrachtet man ihn nicht; doch fällt es Nie-

[Abbildung] Der Schildrade (Ptorocorax scapulatus).
mand ein, sich seiner zu bemächtigen und sein Fleisch zu benutzen. Jn der Gefangenschaft habe ich
ihn nie gesehen und nie gehalten, weil ich zufällig keine Jungen von ihm bekam.



Die Krähen (Corvus) unterscheiden sich von den Raben durch verhältnißmäßig kleinen Schnabel,
nur abgerundeten, nicht aber abgestuften Schwanz und ein sehr lockeres, wenig glänzendes Gefieder.

Jn unserm Vaterlande kommen zwei Arten der Sippe überall häufig, wenigstens zu gewissen
Zeiten, vor. Diese beiden Arten sind die Rabenkrähe (Corvus corone) und die Nebelkrähe
(Corvus cornix). Beide gleichen sich in der Größe so vollkommen, daß sie, gerupft, schwerlich zu
unterscheiden sein dürften. Beide paaren sich gegenseitig gar nicht selten unter einander, und beide

Schildrabe.
welche ihn bedenklich machte. Am Lagerplatz einer Karavane ſcheut er ſich auch vor dem Europäer
nicht mehr. Jn den Küſtendörfern der Samhara iſt er ein regelmäßiger Gaſt; im Dorfe Ed ſah ich
ihn auf den Firſten der Strohhütten ſitzen, wie die Nebel- oder Saatkrähe auf unſeren Gebäuden.
Sein Horſt wird auf einzelnen Bäumen der Steppe oder des lichteren Waldes angelegt und enthält
in den erſten Monaten der großen Regenzeit drei bis vier Eier. Jch habe dieſelben nicht geſehen, aber
genügende Beſchreibungen von ihnen erhalten. Sie ſcheinen denen der übrigen Raben in jeder Hin-
ſicht zu ähneln. Gegen die Jungen zeigt ſich das Elternpaar außerordentlich zärtlich, und muthvoll
ſtößt es falkenartig auf den ſich nahenden Menſchen herab.‟

„Jm ganzen Oſt-Sudahn und in Habeſch wird der Schildrabe von dem Menſchen geduldet oder,
wenn man will, nicht beachtet. Als eigentlich unreinen Vogel betrachtet man ihn nicht; doch fällt es Nie-

[Abbildung] Der Schildrade (Ptorocorax scapulatus).
mand ein, ſich ſeiner zu bemächtigen und ſein Fleiſch zu benutzen. Jn der Gefangenſchaft habe ich
ihn nie geſehen und nie gehalten, weil ich zufällig keine Jungen von ihm bekam.



Die Krähen (Corvus) unterſcheiden ſich von den Raben durch verhältnißmäßig kleinen Schnabel,
nur abgerundeten, nicht aber abgeſtuften Schwanz und ein ſehr lockeres, wenig glänzendes Gefieder.

Jn unſerm Vaterlande kommen zwei Arten der Sippe überall häufig, wenigſtens zu gewiſſen
Zeiten, vor. Dieſe beiden Arten ſind die Rabenkrähe (Corvus corone) und die Nebelkrähe
(Corvus cornix). Beide gleichen ſich in der Größe ſo vollkommen, daß ſie, gerupft, ſchwerlich zu
unterſcheiden ſein dürften. Beide paaren ſich gegenſeitig gar nicht ſelten unter einander, und beide

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0379" n="351"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Schildrabe.</hi></fw><lb/>
welche ihn bedenklich machte. Am Lagerplatz einer Karavane &#x017F;cheut er &#x017F;ich auch vor dem Europäer<lb/>
nicht mehr. Jn den Kü&#x017F;tendörfern der Samhara i&#x017F;t er ein regelmäßiger Ga&#x017F;t; im Dorfe <hi rendition="#g">Ed</hi> &#x017F;ah ich<lb/>
ihn auf den Fir&#x017F;ten der Strohhütten &#x017F;itzen, wie die Nebel- oder Saatkrähe auf un&#x017F;eren Gebäuden.<lb/>
Sein Hor&#x017F;t wird auf einzelnen Bäumen der Steppe oder des lichteren Waldes angelegt und enthält<lb/>
in den er&#x017F;ten Monaten der großen Regenzeit drei bis vier Eier. Jch habe die&#x017F;elben nicht ge&#x017F;ehen, aber<lb/>
genügende Be&#x017F;chreibungen von ihnen erhalten. Sie &#x017F;cheinen denen der übrigen Raben in jeder Hin-<lb/>
&#x017F;icht zu ähneln. Gegen die Jungen zeigt &#x017F;ich das Elternpaar außerordentlich zärtlich, und muthvoll<lb/>
&#x017F;tößt es falkenartig auf den &#x017F;ich nahenden Men&#x017F;chen herab.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jm ganzen O&#x017F;t-Sudahn und in Habe&#x017F;ch wird der Schildrabe von dem Men&#x017F;chen geduldet oder,<lb/>
wenn man will, nicht beachtet. Als eigentlich unreinen Vogel betrachtet man ihn nicht; doch fällt es Nie-<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Schildrade</hi> (<hi rendition="#aq">Ptorocorax scapulatus</hi>).</hi></head></figure><lb/>
mand ein, &#x017F;ich &#x017F;einer zu bemächtigen und &#x017F;ein Flei&#x017F;ch zu benutzen. Jn der Gefangen&#x017F;chaft habe ich<lb/>
ihn nie ge&#x017F;ehen und nie gehalten, weil ich zufällig keine Jungen von ihm bekam.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Die Krähen (<hi rendition="#aq">Corvus</hi>) unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich von den Raben durch verhältnißmäßig kleinen Schnabel,<lb/>
nur abgerundeten, nicht aber abge&#x017F;tuften Schwanz und ein &#x017F;ehr lockeres, wenig glänzendes Gefieder.</p><lb/>
          <p>Jn un&#x017F;erm Vaterlande kommen zwei Arten der Sippe überall häufig, wenig&#x017F;tens zu gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Zeiten, vor. Die&#x017F;e beiden Arten &#x017F;ind die <hi rendition="#g">Rabenkrähe</hi> (<hi rendition="#aq">Corvus corone</hi>) und die <hi rendition="#g">Nebelkrähe</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Corvus cornix</hi>). Beide gleichen &#x017F;ich in der Größe &#x017F;o vollkommen, daß &#x017F;ie, <hi rendition="#g">gerupft,</hi> &#x017F;chwerlich zu<lb/>
unter&#x017F;cheiden &#x017F;ein dürften. Beide paaren &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig gar nicht &#x017F;elten unter einander, und beide<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0379] Schildrabe. welche ihn bedenklich machte. Am Lagerplatz einer Karavane ſcheut er ſich auch vor dem Europäer nicht mehr. Jn den Küſtendörfern der Samhara iſt er ein regelmäßiger Gaſt; im Dorfe Ed ſah ich ihn auf den Firſten der Strohhütten ſitzen, wie die Nebel- oder Saatkrähe auf unſeren Gebäuden. Sein Horſt wird auf einzelnen Bäumen der Steppe oder des lichteren Waldes angelegt und enthält in den erſten Monaten der großen Regenzeit drei bis vier Eier. Jch habe dieſelben nicht geſehen, aber genügende Beſchreibungen von ihnen erhalten. Sie ſcheinen denen der übrigen Raben in jeder Hin- ſicht zu ähneln. Gegen die Jungen zeigt ſich das Elternpaar außerordentlich zärtlich, und muthvoll ſtößt es falkenartig auf den ſich nahenden Menſchen herab.‟ „Jm ganzen Oſt-Sudahn und in Habeſch wird der Schildrabe von dem Menſchen geduldet oder, wenn man will, nicht beachtet. Als eigentlich unreinen Vogel betrachtet man ihn nicht; doch fällt es Nie- [Abbildung Der Schildrade (Ptorocorax scapulatus).] mand ein, ſich ſeiner zu bemächtigen und ſein Fleiſch zu benutzen. Jn der Gefangenſchaft habe ich ihn nie geſehen und nie gehalten, weil ich zufällig keine Jungen von ihm bekam. Die Krähen (Corvus) unterſcheiden ſich von den Raben durch verhältnißmäßig kleinen Schnabel, nur abgerundeten, nicht aber abgeſtuften Schwanz und ein ſehr lockeres, wenig glänzendes Gefieder. Jn unſerm Vaterlande kommen zwei Arten der Sippe überall häufig, wenigſtens zu gewiſſen Zeiten, vor. Dieſe beiden Arten ſind die Rabenkrähe (Corvus corone) und die Nebelkrähe (Corvus cornix). Beide gleichen ſich in der Größe ſo vollkommen, daß ſie, gerupft, ſchwerlich zu unterſcheiden ſein dürften. Beide paaren ſich gegenſeitig gar nicht ſelten unter einander, und beide

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/379
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/379>, abgerufen am 25.11.2024.