gewöhnliche Erscheinung. Sein Preis ist so gering, daß man wirklich nicht recht begreift, wie es möglich war, mit der Summe, welche der Adler kostet, das Futter zu bestreiten, welches er auf der Herreise gebrauchte. Der Vogel trägt die Gefangenschaft in unserm Lande ohne alle Beschwerde. Von einem Paar berichtet Gurnay, daß das Weibchen nicht nur im Käfig Eier gelegt, sondern dieselben auch bebrütet habe.
Ein schlanker Leib, verhältnißmäßig kurze Flügel, deren Spitzen das Ende des sehr langen Schwanzes nicht erreichen, hohe, bis zu den Zehen herab befiederte Füße, hohe Fußwurzeln und große, kräftige Fänge mit langen, flach gebogenen Nägeln, sowie endlich ein langgestreckter, aber doch starker Schnabel kennzeichnen die Sippe der Habichtsadler (Pseudaetus -- Eudolmaetus oder Asturaetus), welche im Süden Europas durch ein Mitglied vertreten wird.
Der Habichtsadler (Pseudaetus Bonellii) ist 2 Fuß 4 Zoll lang und 4 Fuß 10 Zoll breit; der Fittig mißt 1 Fuß 5 Zoll, der Schwanz 10 Zoll. Das Weibchen ist um 3 Zoll länger und um reichlich 4 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleide sind die Stirn und ein Streifen über dem Auge weiß, der Scheitel und der Nacken auf braunem Grunde dunkler gestreift; der Oberrücken ist weiß mit schwarzbraunen Flecken an den Federkanten, der Mantel einfarbig dunkelbraun, der Unter- rücken schwarzbraun, die Oberschwanzdecke weißlich und braun gemarmelt; Kehle, Brust und Bauch- mitte sind auf weißem Grunde durch schwarze Schaflflecke, die Hosen aber durch breite, dunkle, zackige Bandflecken gezeichnet, die innern Schenkel wie die Laufbesiederung rostbräunlich und grau gewellt mit schwarzen Längsflecken; der Schwanz ist auf der Oberseite graubraun, mit weißgesäumter End- binde und sieben schmalen, zackigen, dunkeln Querbinden, auf der Unterseite weißgelblich überlaufen und braungrau getüpfelt. Jm Jugendkleid ist der Scheitel lichtröthlich, der Nacken fahlroth, der Mantel lichtbraun, jede Feder fahlgelb gesäumt, der Schwanz auf der Oberseite aschgraubraun und neun- bis zehnmal quer gebändert und weiß gesäumt, die ganze Unterseite auf blaßgelblichrostbraunem Grunde durch feine dunkle Schaftstriche gezeichnet; der Bauch und die Unterschwanzdecke sind schmuzigröthlichweiß und ungefleckt. Das Auge ist erzgelb, der Schnabel hornblau, die Wachshaut schmuzig-, der Fuß graugelb.
Bonelli's Habichtsadler, welcher ebenfalls schon in Deutschland erlegt worden ist, bewohnt ziemlich häufig Spanien, Süditalien, Griechenland und die Türkei, Nordwestafrika und ganz Jndien, vom Himalaya an bis zum äußersten Süden. Jn Griechenland und Süditalien ist er nicht selten, in Spanien und Algier der häufigste Adler. Waldlose Gebirge mit steilen Felsenwänden bilden hier seine Wohnsitze; in Jndien haust er vorzugsweise in hügligen, mit Dschungeln bewachsenen Gegenden. Er wandert nicht, streicht aber während der Brutzeit im Lande umher und vereinigt sich dabei oft in Gesellschaften von ziemlicher Stärke: mein Bruder sah einmal ihrer zwanzig über den königlichen Lustgarten Pardo bei Madrid dahinziehen. Am Horstplatze duldet auch dieses Adlerpaar selbstver- ständlich kein anderes oder überhaupt keine anderen Raubvögel.
Der Habichtsadler ist ein außerordentlich gewandter, muthiger, kühner, ja ein dreister, frecher Vogel, welcher geistig dem Habicht vollkommen ähnelt, ihn aber durch leibliche Begabungen vielfach übertrifft. Sein Flug ähnelt mehr dem eines Edelfalken, als dem eines Adlers, und die schlanke Gestalt des Vogels trägt noch wesentlich dazu bei, eine derartige Meinung aufkommen zu lassen. Der Habichtsadler kreist zwar auch nach Adlerart, fliegt aber mit viel rascherem Flügelschlag und deshalb auch weit schneller als alle übrigen mir bekannten Mitglieder seiner Familie. Jm Stoßen sauft er wie ein Pfeil vom Bogen durch die Luft. Nur im Sitzen trägt er sich weniger edel, als andere Adler, nämlich mehr wagrecht, vorn niedergebeugt; doch nimmt auch er oft eine sehr aufrechte Stellung an. Sein Blick ist nicht blos lebhaft, sondern brennend. Eine ungemeine Wuth und Wildheit leuchtet aus dem Auge heraus, und das Gebahren des Vogels widerspricht diesem Eindruck nicht.
Die Fänger. Ranbvögel. Adler.
gewöhnliche Erſcheinung. Sein Preis iſt ſo gering, daß man wirklich nicht recht begreift, wie es möglich war, mit der Summe, welche der Adler koſtet, das Futter zu beſtreiten, welches er auf der Herreiſe gebrauchte. Der Vogel trägt die Gefangenſchaft in unſerm Lande ohne alle Beſchwerde. Von einem Paar berichtet Gurnay, daß das Weibchen nicht nur im Käfig Eier gelegt, ſondern dieſelben auch bebrütet habe.
Ein ſchlanker Leib, verhältnißmäßig kurze Flügel, deren Spitzen das Ende des ſehr langen Schwanzes nicht erreichen, hohe, bis zu den Zehen herab befiederte Füße, hohe Fußwurzeln und große, kräftige Fänge mit langen, flach gebogenen Nägeln, ſowie endlich ein langgeſtreckter, aber doch ſtarker Schnabel kennzeichnen die Sippe der Habichtsadler (Pseudaëtus — Eudolmaëtus oder Asturaëtus), welche im Süden Europas durch ein Mitglied vertreten wird.
Der Habichtsadler (Pseudaëtus Bonellii) iſt 2 Fuß 4 Zoll lang und 4 Fuß 10 Zoll breit; der Fittig mißt 1 Fuß 5 Zoll, der Schwanz 10 Zoll. Das Weibchen iſt um 3 Zoll länger und um reichlich 4 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleide ſind die Stirn und ein Streifen über dem Auge weiß, der Scheitel und der Nacken auf braunem Grunde dunkler geſtreift; der Oberrücken iſt weiß mit ſchwarzbraunen Flecken an den Federkanten, der Mantel einfarbig dunkelbraun, der Unter- rücken ſchwarzbraun, die Oberſchwanzdecke weißlich und braun gemarmelt; Kehle, Bruſt und Bauch- mitte ſind auf weißem Grunde durch ſchwarze Schaflflecke, die Hoſen aber durch breite, dunkle, zackige Bandflecken gezeichnet, die innern Schenkel wie die Laufbeſiederung roſtbräunlich und grau gewellt mit ſchwarzen Längsflecken; der Schwanz iſt auf der Oberſeite graubraun, mit weißgeſäumter End- binde und ſieben ſchmalen, zackigen, dunkeln Querbinden, auf der Unterſeite weißgelblich überlaufen und braungrau getüpfelt. Jm Jugendkleid iſt der Scheitel lichtröthlich, der Nacken fahlroth, der Mantel lichtbraun, jede Feder fahlgelb geſäumt, der Schwanz auf der Oberſeite aſchgraubraun und neun- bis zehnmal quer gebändert und weiß geſäumt, die ganze Unterſeite auf blaßgelblichroſtbraunem Grunde durch feine dunkle Schaftſtriche gezeichnet; der Bauch und die Unterſchwanzdecke ſind ſchmuzigröthlichweiß und ungefleckt. Das Auge iſt erzgelb, der Schnabel hornblau, die Wachshaut ſchmuzig-, der Fuß graugelb.
Bonelli’s Habichtsadler, welcher ebenfalls ſchon in Deutſchland erlegt worden iſt, bewohnt ziemlich häufig Spanien, Süditalien, Griechenland und die Türkei, Nordweſtafrika und ganz Jndien, vom Himalaya an bis zum äußerſten Süden. Jn Griechenland und Süditalien iſt er nicht ſelten, in Spanien und Algier der häufigſte Adler. Waldloſe Gebirge mit ſteilen Felſenwänden bilden hier ſeine Wohnſitze; in Jndien hauſt er vorzugsweiſe in hügligen, mit Dſchungeln bewachſenen Gegenden. Er wandert nicht, ſtreicht aber während der Brutzeit im Lande umher und vereinigt ſich dabei oft in Geſellſchaften von ziemlicher Stärke: mein Bruder ſah einmal ihrer zwanzig über den königlichen Luſtgarten Pardo bei Madrid dahinziehen. Am Horſtplatze duldet auch dieſes Adlerpaar ſelbſtver- ſtändlich kein anderes oder überhaupt keine anderen Raubvögel.
Der Habichtsadler iſt ein außerordentlich gewandter, muthiger, kühner, ja ein dreiſter, frecher Vogel, welcher geiſtig dem Habicht vollkommen ähnelt, ihn aber durch leibliche Begabungen vielfach übertrifft. Sein Flug ähnelt mehr dem eines Edelfalken, als dem eines Adlers, und die ſchlanke Geſtalt des Vogels trägt noch weſentlich dazu bei, eine derartige Meinung aufkommen zu laſſen. Der Habichtsadler kreiſt zwar auch nach Adlerart, fliegt aber mit viel raſcherem Flügelſchlag und deshalb auch weit ſchneller als alle übrigen mir bekannten Mitglieder ſeiner Familie. Jm Stoßen ſauft er wie ein Pfeil vom Bogen durch die Luft. Nur im Sitzen trägt er ſich weniger edel, als andere Adler, nämlich mehr wagrecht, vorn niedergebeugt; doch nimmt auch er oft eine ſehr aufrechte Stellung an. Sein Blick iſt nicht blos lebhaft, ſondern brennend. Eine ungemeine Wuth und Wildheit leuchtet aus dem Auge heraus, und das Gebahren des Vogels widerſpricht dieſem Eindruck nicht.
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[460/0492]
Die Fänger. Ranbvögel. Adler.
gewöhnliche Erſcheinung. Sein Preis iſt ſo gering, daß man wirklich nicht recht begreift, wie es
möglich war, mit der Summe, welche der Adler koſtet, das Futter zu beſtreiten, welches er auf der
Herreiſe gebrauchte. Der Vogel trägt die Gefangenſchaft in unſerm Lande ohne alle Beſchwerde.
Von einem Paar berichtet Gurnay, daß das Weibchen nicht nur im Käfig Eier gelegt, ſondern
dieſelben auch bebrütet habe.
Ein ſchlanker Leib, verhältnißmäßig kurze Flügel, deren Spitzen das Ende des ſehr langen
Schwanzes nicht erreichen, hohe, bis zu den Zehen herab befiederte Füße, hohe Fußwurzeln und große,
kräftige Fänge mit langen, flach gebogenen Nägeln, ſowie endlich ein langgeſtreckter, aber doch ſtarker
Schnabel kennzeichnen die Sippe der Habichtsadler (Pseudaëtus — Eudolmaëtus oder Asturaëtus),
welche im Süden Europas durch ein Mitglied vertreten wird.
Der Habichtsadler (Pseudaëtus Bonellii) iſt 2 Fuß 4 Zoll lang und 4 Fuß 10 Zoll breit;
der Fittig mißt 1 Fuß 5 Zoll, der Schwanz 10 Zoll. Das Weibchen iſt um 3 Zoll länger und um
reichlich 4 Zoll breiter. Jm ausgefärbten Kleide ſind die Stirn und ein Streifen über dem Auge
weiß, der Scheitel und der Nacken auf braunem Grunde dunkler geſtreift; der Oberrücken iſt
weiß mit ſchwarzbraunen Flecken an den Federkanten, der Mantel einfarbig dunkelbraun, der Unter-
rücken ſchwarzbraun, die Oberſchwanzdecke weißlich und braun gemarmelt; Kehle, Bruſt und Bauch-
mitte ſind auf weißem Grunde durch ſchwarze Schaflflecke, die Hoſen aber durch breite, dunkle, zackige
Bandflecken gezeichnet, die innern Schenkel wie die Laufbeſiederung roſtbräunlich und grau gewellt
mit ſchwarzen Längsflecken; der Schwanz iſt auf der Oberſeite graubraun, mit weißgeſäumter End-
binde und ſieben ſchmalen, zackigen, dunkeln Querbinden, auf der Unterſeite weißgelblich überlaufen
und braungrau getüpfelt. Jm Jugendkleid iſt der Scheitel lichtröthlich, der Nacken fahlroth, der
Mantel lichtbraun, jede Feder fahlgelb geſäumt, der Schwanz auf der Oberſeite aſchgraubraun und
neun- bis zehnmal quer gebändert und weiß geſäumt, die ganze Unterſeite auf blaßgelblichroſtbraunem
Grunde durch feine dunkle Schaftſtriche gezeichnet; der Bauch und die Unterſchwanzdecke ſind
ſchmuzigröthlichweiß und ungefleckt. Das Auge iſt erzgelb, der Schnabel hornblau, die Wachshaut
ſchmuzig-, der Fuß graugelb.
Bonelli’s Habichtsadler, welcher ebenfalls ſchon in Deutſchland erlegt worden iſt, bewohnt
ziemlich häufig Spanien, Süditalien, Griechenland und die Türkei, Nordweſtafrika und ganz Jndien,
vom Himalaya an bis zum äußerſten Süden. Jn Griechenland und Süditalien iſt er nicht ſelten,
in Spanien und Algier der häufigſte Adler. Waldloſe Gebirge mit ſteilen Felſenwänden bilden hier
ſeine Wohnſitze; in Jndien hauſt er vorzugsweiſe in hügligen, mit Dſchungeln bewachſenen Gegenden.
Er wandert nicht, ſtreicht aber während der Brutzeit im Lande umher und vereinigt ſich dabei oft in
Geſellſchaften von ziemlicher Stärke: mein Bruder ſah einmal ihrer zwanzig über den königlichen
Luſtgarten Pardo bei Madrid dahinziehen. Am Horſtplatze duldet auch dieſes Adlerpaar ſelbſtver-
ſtändlich kein anderes oder überhaupt keine anderen Raubvögel.
Der Habichtsadler iſt ein außerordentlich gewandter, muthiger, kühner, ja ein dreiſter, frecher
Vogel, welcher geiſtig dem Habicht vollkommen ähnelt, ihn aber durch leibliche Begabungen vielfach
übertrifft. Sein Flug ähnelt mehr dem eines Edelfalken, als dem eines Adlers, und die ſchlanke
Geſtalt des Vogels trägt noch weſentlich dazu bei, eine derartige Meinung aufkommen zu laſſen.
Der Habichtsadler kreiſt zwar auch nach Adlerart, fliegt aber mit viel raſcherem Flügelſchlag und
deshalb auch weit ſchneller als alle übrigen mir bekannten Mitglieder ſeiner Familie. Jm Stoßen
ſauft er wie ein Pfeil vom Bogen durch die Luft. Nur im Sitzen trägt er ſich weniger edel, als
andere Adler, nämlich mehr wagrecht, vorn niedergebeugt; doch nimmt auch er oft eine ſehr aufrechte
Stellung an. Sein Blick iſt nicht blos lebhaft, ſondern brennend. Eine ungemeine Wuth und Wildheit
leuchtet aus dem Auge heraus, und das Gebahren des Vogels widerſpricht dieſem Eindruck nicht.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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