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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Knacker. Die Papageien. Kakadus.
wird, ihre volle Wirkung zu äußern; man muß selbst von dem paradiesischen Wirrwarr einer durch den
Menschen noch nicht behelligten Vogelwelt berauscht worden sein, um in solchen Aeußerungen nur den
Erguß eines tief empfundenen Gefühls und nicht eine schwülstige Uebertreibung zu erkennen.

Jn ihrem Wesen und Treiben ähneln die Kakadus den übrigen Papageien. Sie gehören aber
zu den liebenswürdigsten von allen. Wenn sie in Massen von Tausenden zusammen leben, mag ihr
unangenehmes Geschrei allerdings so betäubend werden können, daß sie die Gunst des Menschen ver-
scherzen; wenn man jedoch den einzelnen Vogel kennen lernt, wenn man sich mit ihm befreundet, ge-
winnt man ihn lieb. Schon das sanft ausgesprochene "Kakadu", welches der Gruppe ihren Namen
verliehen hat, erwirbt den schönen Vögeln unsere Zuneigung, denn es hat etwas so bestechend Zärt-
liches, daß man den Thieren willentlich oder unwillentlich gewogen werden muß. Und in der That, die-
ses "Kakadu" ist auch nichts anderes, als der Ausdruck freundlichen Gefühls, welches der Vogel bethäti-
gen will; denn nur in der Aufregung, welcher Art sie auch sein möge, kreischt er abscheulich. Der Kakadu
befreundet sich gern und innig mit den Menschen; er zeigt weniger Tücke, als andere Papageien, und
erkennt dankbar die ihm gespendete Liebe, welche er von Jedem in gleicher Weise zu begehren scheint.
Erst schlimme Erfahrungen machen ihn unfreundlich und unliebenswürdig. Man mag sich hüten,
einen Kakadu von sich abzuwenden; denn sein vortreffliches Gedächtniß bewahrt die empfangenen
Eindrücke treulich jahrelang auf. Er vergißt empfangene Beleidigungen schwer oder nicht, und das
einmal erwachte Mißtrauen kann kaum wieder besänftigt werden; ja, es geschieht nicht selten, daß der
beleidigte Vogel sogar rachsüchtig sich zeigt und später Den, welcher ihm eine Unbill zufügte, gefährdet.
Dieser Charakterzug ist vielleicht der einzig unangenehme, welchen der Kakadu bekundet; im allgemei-
nen ist ein mildes Wesen bei ihm durchaus vorherrschend.

Aber der Kakadu besitzt noch andere gute Eigenschaften. Sein hochbegabter Geist bekundet sich
nicht blos in einem vortrefflichen Gedächtniß, sondern auch durch eine große Gelehrigkeit. Er wett-
eifert hierin mit den begabtesten aller Papageien. Auch er lernt mit ziemlicher Leichtigkeit und Fertig-
keit sprechen; auch er verbindet verschiedene Worte in sinngebender Weise und wendet ganze Sätze bei
passender Gelegenheit an; auch er läßt sich abrichten zu Kunststücken mancherlei Art: ein sehr hoher
Verstand ist nicht zu verkennen.

Jm übrigen brauche ich über das Leben der Kakadus nicht viel zu bemerken: es gleicht dem
Treiben und Handeln anderer Papageien. Wie diese leben auch die Kakadus im Freien in Gesell-
schaften, welche selbst während der Brutzeit noch in einem gewissen Vereine bleiben. Die Nacht
verbringen sie wohlverborgen in den dichtesten Kronen der höchsten Bäume; den Morgen begrüßen sie
mit weithin tönendem Geschrei. Dann erheben sie sich und fliegen mit leichten Schwingenschlägen,
viel schwebend und gleitend dahin, irgend einem Fruchtfelde oder einem andern, nahrungsver-
sprechenden Orte zu. Sie bauten ihr Gebiet nach Möglichkeit aus. Früchte, Körner und Sämereien
bilden wohl ihre Hauptnahrung; nebenbei fressen sie aber auch kleine Knollen und Zwiebeln, welche
sie mit dem langen Oberschnabel sehr geschickt aus dem Boden graben, oder sie nehmen Pilze auf und
verschlingen außerdem, wie die Hühner, kleine oder mittelgroße Quarzstücke, jedenfalls aus demselben
Grunde, wie andere Körnerfresser, um die Nahrung zu zerkleinern. Der Kropf und Magen der Ge-
tödteten enthält stets die verschiedensten Nahrungsstoffe durch einander. Auf frisch gesäeten Fel-
dern und im reifenden Mais können sie großen Schaden anrichten. Sie sind mit Ausnahme der
Mittagsstunden während des ganzen Tages in Thätigkeit und achtsam auf Alles, was vorgeht.
Jedes neue Ereigniß wird mit Geschrei begrüßt; namentlich wenn ein Flug sich niedergelassen hat
und ein anderer vorüberkommt, erhebt sich ein ohrenzerreißender Lärm, dessen Mißtöne man sich
einigermaßen vorstellen kann, wenn man das Geschrei einiger wenigen Gefangenen durch eigne
Erfahrung kennen gelernt hat. Sobald ein Flug sich gesättigt hat, kehrt er wieder nach dem Ruhe-
orte im Walde zurück und verweilt nun eine zeitlang wenigstens verhältnißmäßig ruhig, um zu
verdauen. Dann geht es zum zweiten Male nach Nahrung aus, und mit einbrechender Nacht ver-
sammelt sich die Masse dann auf dem gewohnten Schlafplatze.

Knacker. Die Papageien. Kakadus.
wird, ihre volle Wirkung zu äußern; man muß ſelbſt von dem paradieſiſchen Wirrwarr einer durch den
Menſchen noch nicht behelligten Vogelwelt berauſcht worden ſein, um in ſolchen Aeußerungen nur den
Erguß eines tief empfundenen Gefühls und nicht eine ſchwülſtige Uebertreibung zu erkennen.

Jn ihrem Weſen und Treiben ähneln die Kakadus den übrigen Papageien. Sie gehören aber
zu den liebenswürdigſten von allen. Wenn ſie in Maſſen von Tauſenden zuſammen leben, mag ihr
unangenehmes Geſchrei allerdings ſo betäubend werden können, daß ſie die Gunſt des Menſchen ver-
ſcherzen; wenn man jedoch den einzelnen Vogel kennen lernt, wenn man ſich mit ihm befreundet, ge-
winnt man ihn lieb. Schon das ſanft ausgeſprochene „Kakadu‟, welches der Gruppe ihren Namen
verliehen hat, erwirbt den ſchönen Vögeln unſere Zuneigung, denn es hat etwas ſo beſtechend Zärt-
liches, daß man den Thieren willentlich oder unwillentlich gewogen werden muß. Und in der That, die-
ſes „Kakadu‟ iſt auch nichts anderes, als der Ausdruck freundlichen Gefühls, welches der Vogel bethäti-
gen will; denn nur in der Aufregung, welcher Art ſie auch ſein möge, kreiſcht er abſcheulich. Der Kakadu
befreundet ſich gern und innig mit den Menſchen; er zeigt weniger Tücke, als andere Papageien, und
erkennt dankbar die ihm geſpendete Liebe, welche er von Jedem in gleicher Weiſe zu begehren ſcheint.
Erſt ſchlimme Erfahrungen machen ihn unfreundlich und unliebenswürdig. Man mag ſich hüten,
einen Kakadu von ſich abzuwenden; denn ſein vortreffliches Gedächtniß bewahrt die empfangenen
Eindrücke treulich jahrelang auf. Er vergißt empfangene Beleidigungen ſchwer oder nicht, und das
einmal erwachte Mißtrauen kann kaum wieder beſänftigt werden; ja, es geſchieht nicht ſelten, daß der
beleidigte Vogel ſogar rachſüchtig ſich zeigt und ſpäter Den, welcher ihm eine Unbill zufügte, gefährdet.
Dieſer Charakterzug iſt vielleicht der einzig unangenehme, welchen der Kakadu bekundet; im allgemei-
nen iſt ein mildes Weſen bei ihm durchaus vorherrſchend.

Aber der Kakadu beſitzt noch andere gute Eigenſchaften. Sein hochbegabter Geiſt bekundet ſich
nicht blos in einem vortrefflichen Gedächtniß, ſondern auch durch eine große Gelehrigkeit. Er wett-
eifert hierin mit den begabteſten aller Papageien. Auch er lernt mit ziemlicher Leichtigkeit und Fertig-
keit ſprechen; auch er verbindet verſchiedene Worte in ſinngebender Weiſe und wendet ganze Sätze bei
paſſender Gelegenheit an; auch er läßt ſich abrichten zu Kunſtſtücken mancherlei Art: ein ſehr hoher
Verſtand iſt nicht zu verkennen.

Jm übrigen brauche ich über das Leben der Kakadus nicht viel zu bemerken: es gleicht dem
Treiben und Handeln anderer Papageien. Wie dieſe leben auch die Kakadus im Freien in Geſell-
ſchaften, welche ſelbſt während der Brutzeit noch in einem gewiſſen Vereine bleiben. Die Nacht
verbringen ſie wohlverborgen in den dichteſten Kronen der höchſten Bäume; den Morgen begrüßen ſie
mit weithin tönendem Geſchrei. Dann erheben ſie ſich und fliegen mit leichten Schwingenſchlägen,
viel ſchwebend und gleitend dahin, irgend einem Fruchtfelde oder einem andern, nahrungsver-
ſprechenden Orte zu. Sie bauten ihr Gebiet nach Möglichkeit aus. Früchte, Körner und Sämereien
bilden wohl ihre Hauptnahrung; nebenbei freſſen ſie aber auch kleine Knollen und Zwiebeln, welche
ſie mit dem langen Oberſchnabel ſehr geſchickt aus dem Boden graben, oder ſie nehmen Pilze auf und
verſchlingen außerdem, wie die Hühner, kleine oder mittelgroße Quarzſtücke, jedenfalls aus demſelben
Grunde, wie andere Körnerfreſſer, um die Nahrung zu zerkleinern. Der Kropf und Magen der Ge-
tödteten enthält ſtets die verſchiedenſten Nahrungsſtoffe durch einander. Auf friſch geſäeten Fel-
dern und im reifenden Mais können ſie großen Schaden anrichten. Sie ſind mit Ausnahme der
Mittagsſtunden während des ganzen Tages in Thätigkeit und achtſam auf Alles, was vorgeht.
Jedes neue Ereigniß wird mit Geſchrei begrüßt; namentlich wenn ein Flug ſich niedergelaſſen hat
und ein anderer vorüberkommt, erhebt ſich ein ohrenzerreißender Lärm, deſſen Mißtöne man ſich
einigermaßen vorſtellen kann, wenn man das Geſchrei einiger wenigen Gefangenen durch eigne
Erfahrung kennen gelernt hat. Sobald ein Flug ſich geſättigt hat, kehrt er wieder nach dem Ruhe-
orte im Walde zurück und verweilt nun eine zeitlang wenigſtens verhältnißmäßig ruhig, um zu
verdauen. Dann geht es zum zweiten Male nach Nahrung aus, und mit einbrechender Nacht ver-
ſammelt ſich die Maſſe dann auf dem gewohnten Schlafplatze.

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[40/0052] Knacker. Die Papageien. Kakadus. wird, ihre volle Wirkung zu äußern; man muß ſelbſt von dem paradieſiſchen Wirrwarr einer durch den Menſchen noch nicht behelligten Vogelwelt berauſcht worden ſein, um in ſolchen Aeußerungen nur den Erguß eines tief empfundenen Gefühls und nicht eine ſchwülſtige Uebertreibung zu erkennen. Jn ihrem Weſen und Treiben ähneln die Kakadus den übrigen Papageien. Sie gehören aber zu den liebenswürdigſten von allen. Wenn ſie in Maſſen von Tauſenden zuſammen leben, mag ihr unangenehmes Geſchrei allerdings ſo betäubend werden können, daß ſie die Gunſt des Menſchen ver- ſcherzen; wenn man jedoch den einzelnen Vogel kennen lernt, wenn man ſich mit ihm befreundet, ge- winnt man ihn lieb. Schon das ſanft ausgeſprochene „Kakadu‟, welches der Gruppe ihren Namen verliehen hat, erwirbt den ſchönen Vögeln unſere Zuneigung, denn es hat etwas ſo beſtechend Zärt- liches, daß man den Thieren willentlich oder unwillentlich gewogen werden muß. Und in der That, die- ſes „Kakadu‟ iſt auch nichts anderes, als der Ausdruck freundlichen Gefühls, welches der Vogel bethäti- gen will; denn nur in der Aufregung, welcher Art ſie auch ſein möge, kreiſcht er abſcheulich. Der Kakadu befreundet ſich gern und innig mit den Menſchen; er zeigt weniger Tücke, als andere Papageien, und erkennt dankbar die ihm geſpendete Liebe, welche er von Jedem in gleicher Weiſe zu begehren ſcheint. Erſt ſchlimme Erfahrungen machen ihn unfreundlich und unliebenswürdig. Man mag ſich hüten, einen Kakadu von ſich abzuwenden; denn ſein vortreffliches Gedächtniß bewahrt die empfangenen Eindrücke treulich jahrelang auf. Er vergißt empfangene Beleidigungen ſchwer oder nicht, und das einmal erwachte Mißtrauen kann kaum wieder beſänftigt werden; ja, es geſchieht nicht ſelten, daß der beleidigte Vogel ſogar rachſüchtig ſich zeigt und ſpäter Den, welcher ihm eine Unbill zufügte, gefährdet. Dieſer Charakterzug iſt vielleicht der einzig unangenehme, welchen der Kakadu bekundet; im allgemei- nen iſt ein mildes Weſen bei ihm durchaus vorherrſchend. Aber der Kakadu beſitzt noch andere gute Eigenſchaften. Sein hochbegabter Geiſt bekundet ſich nicht blos in einem vortrefflichen Gedächtniß, ſondern auch durch eine große Gelehrigkeit. Er wett- eifert hierin mit den begabteſten aller Papageien. Auch er lernt mit ziemlicher Leichtigkeit und Fertig- keit ſprechen; auch er verbindet verſchiedene Worte in ſinngebender Weiſe und wendet ganze Sätze bei paſſender Gelegenheit an; auch er läßt ſich abrichten zu Kunſtſtücken mancherlei Art: ein ſehr hoher Verſtand iſt nicht zu verkennen. Jm übrigen brauche ich über das Leben der Kakadus nicht viel zu bemerken: es gleicht dem Treiben und Handeln anderer Papageien. Wie dieſe leben auch die Kakadus im Freien in Geſell- ſchaften, welche ſelbſt während der Brutzeit noch in einem gewiſſen Vereine bleiben. Die Nacht verbringen ſie wohlverborgen in den dichteſten Kronen der höchſten Bäume; den Morgen begrüßen ſie mit weithin tönendem Geſchrei. Dann erheben ſie ſich und fliegen mit leichten Schwingenſchlägen, viel ſchwebend und gleitend dahin, irgend einem Fruchtfelde oder einem andern, nahrungsver- ſprechenden Orte zu. Sie bauten ihr Gebiet nach Möglichkeit aus. Früchte, Körner und Sämereien bilden wohl ihre Hauptnahrung; nebenbei freſſen ſie aber auch kleine Knollen und Zwiebeln, welche ſie mit dem langen Oberſchnabel ſehr geſchickt aus dem Boden graben, oder ſie nehmen Pilze auf und verſchlingen außerdem, wie die Hühner, kleine oder mittelgroße Quarzſtücke, jedenfalls aus demſelben Grunde, wie andere Körnerfreſſer, um die Nahrung zu zerkleinern. Der Kropf und Magen der Ge- tödteten enthält ſtets die verſchiedenſten Nahrungsſtoffe durch einander. Auf friſch geſäeten Fel- dern und im reifenden Mais können ſie großen Schaden anrichten. Sie ſind mit Ausnahme der Mittagsſtunden während des ganzen Tages in Thätigkeit und achtſam auf Alles, was vorgeht. Jedes neue Ereigniß wird mit Geſchrei begrüßt; namentlich wenn ein Flug ſich niedergelaſſen hat und ein anderer vorüberkommt, erhebt ſich ein ohrenzerreißender Lärm, deſſen Mißtöne man ſich einigermaßen vorſtellen kann, wenn man das Geſchrei einiger wenigen Gefangenen durch eigne Erfahrung kennen gelernt hat. Sobald ein Flug ſich geſättigt hat, kehrt er wieder nach dem Ruhe- orte im Walde zurück und verweilt nun eine zeitlang wenigſtens verhältnißmäßig ruhig, um zu verdauen. Dann geht es zum zweiten Male nach Nahrung aus, und mit einbrechender Nacht ver- ſammelt ſich die Maſſe dann auf dem gewohnten Schlafplatze.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/52>, abgerufen am 27.11.2024.