folgen, die der Stimme eines eierlegenden Huhnes gleichen. Am Rio Pardo fand ich an den hohen, bewaldeten Urgebirgswänden eines tiefen Thales eine zahlreiche Gesellschaft dieser Vögel, welche hoch an den Thalwänden dahin von Baum zu Baum flogen und unter lautem Geschrei ihre Schwenkungen in der Luft machten. Sonini sagt, daß sie die Pfefferfresser begleiten sollen; Dies aber ist bestimmt eine von den Eingebornen erfundene Fabel: ich wenigstens habe den Tucan nie mit dem Ganga zusammen gesehen."
Schomburgk fügt Vorstehendem hinzu, daß der Ganga in Guiana zu den gewöhnlichsten Raubvögeln gehört und nur gesellig lebt. Die von dem Prinzen bezweifelte Beobachtung von Sonini und Mauduyt, daß der Ganga Früchte und Beeren frißt, wird durch Schomburgk bestätigt. "Der erste dieser lärmenden Vögel", sagt er, "den ich am Garupa verwundet vom Baume herabschoß, begann sich stark zu erbrechen, wodurch eine große Menge rother Früchte zum Vorschein kamen, die ich bei näherer Untersuchung für die einer Malpighia erkannte. Dies kam mir um so eigenthümlicher vor, als ich es bisher noch von keinem Raubvogel kennen gelernt. Daher öffnete ich jetzt auch jeden und fand jedesmal die Ueberbleibsel von Früchten und Beeren vor. Daß der Ganga auch Lurche verzehrt, ist gar nicht zu bezweifeln; Früchte und Beeren bilden aber jedenfalls seine Hauptnahrung."
Ueber das Brutgeschäft dieses merkwürdigen Vogels sind mir keine Beobachtungen bekannt und ebensowenig weiß ich Etwas über das Gefangenleben desselben zu berichten. Seine Naturgeschichte bedarf noch genauerer Forschung.
Der letzte Falk, welchen ich hier aufzuführen habe, ist der bekannte Kranichgeier (Gypogeranus serpentarius). Er ist einer der merkwürdigsten Raubvögel und einer eingehenderen Beschreibung wohl würdig. Ueber seine Stellung im System ist man noch keineswegs einig: er will sich nirgends einreihen lassen und wird deshalb als Vertreter einer besondern Familie betrachtet.
Der Kranichgeier ist sehr schlank gebaut. Der Flügel ist lang, aber gerade abgeschnitten, weil die ersten fünf Schwingen fast von gleicher Länge sind; das Handgelenk bewehren stumpfe Sporen oder Knochenvorsprünge. Der Schwanz ist auffallend lang, aber sehr stark abgestuft; die beiden mittleren Steuerfedern, welche schmäler als die übrigen sind, überragen weit die andern. Besonders auffallend sind die Füße gebaut: ihnen vorzüglich dankt der Kranichgeier seine vereinzelte Stellung. Die Läuse sind unverhältnißmäßig lang, die Zehen aber kurz, die Klauen wenig gekrümmt, mittellang und stumpf, jedoch stark. Der Hals ist schlank, der Kopf klein, breit, auf dem Scheitel etwas flach gedrückt. Der Schnabel ist kürzer, als der Kopf, dick, stark, fast von der Wurzel an gebogen, seitlich gewölbt, an der Spitze aber zusammengedrückt; der Haken ist mittellang, aber sehr spitzig; die Schneiden sind scharf und gerade, ohne irgendwelche Einbuchtung oder einen Zahn; die Wachshaut reicht fast bis zur Mitte des Oberschnabels hervor und erstreckt sich seitlich bis unter das Auge. Das Gefieder ist reich und großfedrig, am Hinterhaupte zu einem Schopfe verlängert, welcher aus sechs Paaren neben und hinter einander gestellter Federn besteht und aufgerichtet werden kann, im übrigen dagegen glatt anliegend. Der Zügel und die Augengegend sind unbefiedert. Die Färbung ist einfach, aber an- sprechend. Ein helles Graublau ist vorherrschend; der Scheitel, der Federbusch, der Nacken, die Schwingen und die Steuerfedern mit Ausnahme der beiden längsten sind schwarz, an der Spitze weiß gesäumt; der Bauch ist schwarz und lichtgrau, der Schenkel schwarz und mattbraun gebändert. Die mittleren Steuerfedern sind graublau, weiß zugespitzt, vor der Spitze schwarz gefleckt, die unteren Schwanzdeck- federn sind lichtrostbraun. Das Auge ist graulichbraun, der Schnabel dunkelhornfarben, an der Spitze schwarz, die Wachshaut dunkelgelb, der Lauf orangengelb. Das Weibchen unterscheidet sich durch kürzeren Schopf und kürzere Schwanzfedern vom Männchen; sein Gefieder ist lichter, die Schenkelfedern sind braun und weiß gebändert, der Bauch ist weiß. Die Jungen ähneln dem
Die Fänger. Raubvögel. Kranichgeier.
folgen, die der Stimme eines eierlegenden Huhnes gleichen. Am Rio Pardo fand ich an den hohen, bewaldeten Urgebirgswänden eines tiefen Thales eine zahlreiche Geſellſchaft dieſer Vögel, welche hoch an den Thalwänden dahin von Baum zu Baum flogen und unter lautem Geſchrei ihre Schwenkungen in der Luft machten. Sonini ſagt, daß ſie die Pfefferfreſſer begleiten ſollen; Dies aber iſt beſtimmt eine von den Eingebornen erfundene Fabel: ich wenigſtens habe den Tucan nie mit dem Ganga zuſammen geſehen.‟
Schomburgk fügt Vorſtehendem hinzu, daß der Ganga in Guiana zu den gewöhnlichſten Raubvögeln gehört und nur geſellig lebt. Die von dem Prinzen bezweifelte Beobachtung von Sonini und Mauduyt, daß der Ganga Früchte und Beeren frißt, wird durch Schomburgk beſtätigt. „Der erſte dieſer lärmenden Vögel‟, ſagt er, „den ich am Garupa verwundet vom Baume herabſchoß, begann ſich ſtark zu erbrechen, wodurch eine große Menge rother Früchte zum Vorſchein kamen, die ich bei näherer Unterſuchung für die einer Malpighia erkannte. Dies kam mir um ſo eigenthümlicher vor, als ich es bisher noch von keinem Raubvogel kennen gelernt. Daher öffnete ich jetzt auch jeden und fand jedesmal die Ueberbleibſel von Früchten und Beeren vor. Daß der Ganga auch Lurche verzehrt, iſt gar nicht zu bezweifeln; Früchte und Beeren bilden aber jedenfalls ſeine Hauptnahrung.‟
Ueber das Brutgeſchäft dieſes merkwürdigen Vogels ſind mir keine Beobachtungen bekannt und ebenſowenig weiß ich Etwas über das Gefangenleben deſſelben zu berichten. Seine Naturgeſchichte bedarf noch genauerer Forſchung.
Der letzte Falk, welchen ich hier aufzuführen habe, iſt der bekannte Kranichgeier (Gypogeranus serpentarius). Er iſt einer der merkwürdigſten Raubvögel und einer eingehenderen Beſchreibung wohl würdig. Ueber ſeine Stellung im Syſtem iſt man noch keineswegs einig: er will ſich nirgends einreihen laſſen und wird deshalb als Vertreter einer beſondern Familie betrachtet.
Der Kranichgeier iſt ſehr ſchlank gebaut. Der Flügel iſt lang, aber gerade abgeſchnitten, weil die erſten fünf Schwingen faſt von gleicher Länge ſind; das Handgelenk bewehren ſtumpfe Sporen oder Knochenvorſprünge. Der Schwanz iſt auffallend lang, aber ſehr ſtark abgeſtuft; die beiden mittleren Steuerfedern, welche ſchmäler als die übrigen ſind, überragen weit die andern. Beſonders auffallend ſind die Füße gebaut: ihnen vorzüglich dankt der Kranichgeier ſeine vereinzelte Stellung. Die Läuſe ſind unverhältnißmäßig lang, die Zehen aber kurz, die Klauen wenig gekrümmt, mittellang und ſtumpf, jedoch ſtark. Der Hals iſt ſchlank, der Kopf klein, breit, auf dem Scheitel etwas flach gedrückt. Der Schnabel iſt kürzer, als der Kopf, dick, ſtark, faſt von der Wurzel an gebogen, ſeitlich gewölbt, an der Spitze aber zuſammengedrückt; der Haken iſt mittellang, aber ſehr ſpitzig; die Schneiden ſind ſcharf und gerade, ohne irgendwelche Einbuchtung oder einen Zahn; die Wachshaut reicht faſt bis zur Mitte des Oberſchnabels hervor und erſtreckt ſich ſeitlich bis unter das Auge. Das Gefieder iſt reich und großfedrig, am Hinterhaupte zu einem Schopfe verlängert, welcher aus ſechs Paaren neben und hinter einander geſtellter Federn beſteht und aufgerichtet werden kann, im übrigen dagegen glatt anliegend. Der Zügel und die Augengegend ſind unbefiedert. Die Färbung iſt einfach, aber an- ſprechend. Ein helles Graublau iſt vorherrſchend; der Scheitel, der Federbuſch, der Nacken, die Schwingen und die Steuerfedern mit Ausnahme der beiden längſten ſind ſchwarz, an der Spitze weiß geſäumt; der Bauch iſt ſchwarz und lichtgrau, der Schenkel ſchwarz und mattbraun gebändert. Die mittleren Steuerfedern ſind graublau, weiß zugeſpitzt, vor der Spitze ſchwarz gefleckt, die unteren Schwanzdeck- federn ſind lichtroſtbraun. Das Auge iſt graulichbraun, der Schnabel dunkelhornfarben, an der Spitze ſchwarz, die Wachshaut dunkelgelb, der Lauf orangengelb. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch kürzeren Schopf und kürzere Schwanzfedern vom Männchen; ſein Gefieder iſt lichter, die Schenkelfedern ſind braun und weiß gebändert, der Bauch iſt weiß. Die Jungen ähneln dem
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Die Fänger. Raubvögel. Kranichgeier.
folgen, die der Stimme eines eierlegenden Huhnes gleichen. Am Rio Pardo fand ich an den hohen,
bewaldeten Urgebirgswänden eines tiefen Thales eine zahlreiche Geſellſchaft dieſer Vögel, welche hoch an
den Thalwänden dahin von Baum zu Baum flogen und unter lautem Geſchrei ihre Schwenkungen in
der Luft machten. Sonini ſagt, daß ſie die Pfefferfreſſer begleiten ſollen; Dies aber iſt beſtimmt
eine von den Eingebornen erfundene Fabel: ich wenigſtens habe den Tucan nie mit dem Ganga
zuſammen geſehen.‟
Schomburgk fügt Vorſtehendem hinzu, daß der Ganga in Guiana zu den gewöhnlichſten
Raubvögeln gehört und nur geſellig lebt. Die von dem Prinzen bezweifelte Beobachtung von
Sonini und Mauduyt, daß der Ganga Früchte und Beeren frißt, wird durch Schomburgk beſtätigt.
„Der erſte dieſer lärmenden Vögel‟, ſagt er, „den ich am Garupa verwundet vom Baume herabſchoß,
begann ſich ſtark zu erbrechen, wodurch eine große Menge rother Früchte zum Vorſchein kamen, die ich
bei näherer Unterſuchung für die einer Malpighia erkannte. Dies kam mir um ſo eigenthümlicher vor,
als ich es bisher noch von keinem Raubvogel kennen gelernt. Daher öffnete ich jetzt auch jeden und
fand jedesmal die Ueberbleibſel von Früchten und Beeren vor. Daß der Ganga auch Lurche verzehrt,
iſt gar nicht zu bezweifeln; Früchte und Beeren bilden aber jedenfalls ſeine Hauptnahrung.‟
Ueber das Brutgeſchäft dieſes merkwürdigen Vogels ſind mir keine Beobachtungen bekannt und
ebenſowenig weiß ich Etwas über das Gefangenleben deſſelben zu berichten. Seine Naturgeſchichte
bedarf noch genauerer Forſchung.
Der letzte Falk, welchen ich hier aufzuführen habe, iſt der bekannte Kranichgeier (Gypogeranus
serpentarius). Er iſt einer der merkwürdigſten Raubvögel und einer eingehenderen Beſchreibung
wohl würdig. Ueber ſeine Stellung im Syſtem iſt man noch keineswegs einig: er will ſich nirgends
einreihen laſſen und wird deshalb als Vertreter einer beſondern Familie betrachtet.
Der Kranichgeier iſt ſehr ſchlank gebaut. Der Flügel iſt lang, aber gerade abgeſchnitten, weil
die erſten fünf Schwingen faſt von gleicher Länge ſind; das Handgelenk bewehren ſtumpfe Sporen oder
Knochenvorſprünge. Der Schwanz iſt auffallend lang, aber ſehr ſtark abgeſtuft; die beiden mittleren
Steuerfedern, welche ſchmäler als die übrigen ſind, überragen weit die andern. Beſonders auffallend
ſind die Füße gebaut: ihnen vorzüglich dankt der Kranichgeier ſeine vereinzelte Stellung. Die Läuſe
ſind unverhältnißmäßig lang, die Zehen aber kurz, die Klauen wenig gekrümmt, mittellang und ſtumpf,
jedoch ſtark. Der Hals iſt ſchlank, der Kopf klein, breit, auf dem Scheitel etwas flach gedrückt. Der
Schnabel iſt kürzer, als der Kopf, dick, ſtark, faſt von der Wurzel an gebogen, ſeitlich gewölbt, an der
Spitze aber zuſammengedrückt; der Haken iſt mittellang, aber ſehr ſpitzig; die Schneiden ſind ſcharf
und gerade, ohne irgendwelche Einbuchtung oder einen Zahn; die Wachshaut reicht faſt bis zur Mitte
des Oberſchnabels hervor und erſtreckt ſich ſeitlich bis unter das Auge. Das Gefieder iſt reich
und großfedrig, am Hinterhaupte zu einem Schopfe verlängert, welcher aus ſechs Paaren neben und
hinter einander geſtellter Federn beſteht und aufgerichtet werden kann, im übrigen dagegen glatt
anliegend. Der Zügel und die Augengegend ſind unbefiedert. Die Färbung iſt einfach, aber an-
ſprechend. Ein helles Graublau iſt vorherrſchend; der Scheitel, der Federbuſch, der Nacken, die Schwingen
und die Steuerfedern mit Ausnahme der beiden längſten ſind ſchwarz, an der Spitze weiß geſäumt;
der Bauch iſt ſchwarz und lichtgrau, der Schenkel ſchwarz und mattbraun gebändert. Die mittleren
Steuerfedern ſind graublau, weiß zugeſpitzt, vor der Spitze ſchwarz gefleckt, die unteren Schwanzdeck-
federn ſind lichtroſtbraun. Das Auge iſt graulichbraun, der Schnabel dunkelhornfarben, an der
Spitze ſchwarz, die Wachshaut dunkelgelb, der Lauf orangengelb. Das Weibchen unterſcheidet ſich
durch kürzeren Schopf und kürzere Schwanzfedern vom Männchen; ſein Gefieder iſt lichter, die
Schenkelfedern ſind braun und weiß gebändert, der Bauch iſt weiß. Die Jungen ähneln dem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/562>, abgerufen am 22.11.2024.
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