grünlich schwarz, am Kopf, an den Halsseiten und auf den Flügeldecken gelb gefleckt, auf der Unterseite blaßgelb gebändert. Ein breites scharlachrothes Band zieht sich bei dem Männchen mitten über den Schwanz, läßt jedoch die beiden mittelsten Schwanzfedern und die Außenfahne der beiden seitlichen Federn frei. Bei dem Weibchen verlaufen breite gelbe, rothgelb gesprenkelte Bänder in derselben Weise, und auch die unteren Schwanzdeckfedern sind derartig gezeichnet.
Die Rabenkakadus oder Geringeros sind ausschließlich in Neuholland zu Hause, hier aber auf verschiedene Strecken des Erdtheils vertheilt. Gould, der größte Kenner der australischen Vogel- welt, führt in seinem meisterhaften Werke sechs Arten auf und gibt von ihnen auch eine ziemlich ausführliche Lebensbeschreibung. Aus dieser ersehen wir, daß sich die verschiedenen Arten im we- sentlichen ähneln, und somit dürfte es gerechtfertigt sein, wenn ich hier nicht ausschließlich von dem Banksschen Rabenkakadu, sondern von allen Arten überhaupt spreche.
Die Rabenkakadus sind echte Baumvögel, welche sich hauptsächlich von dem Samen der Enka- lypten und anderer Bäume ihres Vaterlandes nähren, gelegentlich aber auch, abweichend von anderen Papageien, große Raupen verzehren und so in dieser Hinsicht ebenfalls an die Raben erinnern. Jm Gegensatz zu den übrigen Kakadus halten sie sich nur in kleinen Gesellschaften von vier bis acht Stück zusammen, ohne jemals massenhafte Flüge zu bilden. Jeder Theil des Erdtheils von der Nord- küste an bis Vandiemensland hat seine eigene Art. Banks' Rabenkakadu gehört Neusüdwales an und findet sich hauptsächlich in den Landstrichen zwischen der Mortonbay und Port Philipp. Jn un- mittelbarer Nachbarschaft von Sidney und anderen großen Städten ist er noch heutigen Tages nicht selten. Sein Flug ist schwerfällig; die Flügel werden schlaff und mit Beschwerde bewegt. Er steigt selten hoch in die Luft, fliegt jedoch demungeachtet zuweilen meilenweit in einem Zuge. Dabei stößt er oft seine Stimme aus, welche von dem rauhen Gekreisch der Kakadus verschieden, d. h. wenig krei- schend ist. Andere Arten haben sich durch ihren Ruf die Namen erworben, welche ihnen die Austra- lier gegeben haben. Einige lassen im Fluge ein eigenthümlich weinerliches Geschrei hören, andere schreien, wenn sie sitzen und fressen, wie unsere Raben. Auf dem Boden bewegen sie sich ziemlich schwerfällig, wie andere Papageien auch, in den Kronen der Bäume dagegen geschickt, obwohl immer langsam. Ueber die Begabungen und das geistige Wesen der Geringeros theilt Gould nur wenig mit. Die meisten Arten sind sehr scheu und mißtrauisch, wahrscheinlich aber blos in Folge der viel- fachen Nachstellungen, welche sie erleiden. Nur wenn sie fressen, vergessen sie oft ihre Sicherheit.
Jhren Gefährten sind sie mit treuer Liebe zugethan. Wenn Einer getödtet oder verwundet worden ist, verlassen die übrigen nur selten den Hilflosen; sie fliegen vielmehr um ihn herum, setzen sich auf die benachbarten Bäume, schreien kläglich und opfern sich so rücksichtslos auf, daß der Jäger, welcher sich diese hingebende Anhänglichkeit zu Nutze macht, den ganzen Flug nach und nach erlegen kann.
Eigenthümlich ist die Art und Weise, wie sich die Rabenkakadus ernähren. Einige Arten haben die Gewohnheit, beim Fressen die kleinen Zweige der dortigen Fruchtbäume abzuschneiden, auscheinend aus Muthwillen, und alle benutzen ihren starken Schnabel, um versteckt lebende Kerbthiere, na- mentlich Larven, aus dem Holz herauszuarbeiten. Die großen Raupen, welche sie von den Gummi- bäumen auflesen, genügen ihnen nicht immer; sie befehden auch, wahrscheinlich durch den Geruch ge- leitet, die tief im Holz arbeitenden Maden, schälen geschickt die Rinde der Aeste ab und nagen erstaunlich große Höhlungen in die Zweige, bis sie auf die gesuchte Beute gelangen. Einige Arten scheinen Kerbthiernahrung jeder anderen Speise vorzuziehen, die anderen halten sich mehr an Säme- reien und namentlich an die Samen der Casuarinen und Banksien. Früchte scheinen sie zu verschmähen; sie üben aber ihren Uebermuth auch an diesen, indem sie sie abbeißen, noch bevor sie reif sind, zum großen Aerger und Schaden der Einwohner.
Soviel man bis jetzt weiß, brüten die Geringeros ausschließlich in Baumhöhlen. Sie erwählen dazu immer die höchsten und unzugänglichsten Bäume, regelmäßig solche, an denen selbst die Einge- bornen nicht emporklettern können. Jn der Höhlung bereiten sie sich kein eigentliches Nest, sondern sammeln höchstens die behufs der Ausglättung abgebissenen Späne am Boden an. Die zwei bis fünf
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Rabenkakadu.
grünlich ſchwarz, am Kopf, an den Halsſeiten und auf den Flügeldecken gelb gefleckt, auf der Unterſeite blaßgelb gebändert. Ein breites ſcharlachrothes Band zieht ſich bei dem Männchen mitten über den Schwanz, läßt jedoch die beiden mittelſten Schwanzfedern und die Außenfahne der beiden ſeitlichen Federn frei. Bei dem Weibchen verlaufen breite gelbe, rothgelb geſprenkelte Bänder in derſelben Weiſe, und auch die unteren Schwanzdeckfedern ſind derartig gezeichnet.
Die Rabenkakadus oder Geringeros ſind ausſchließlich in Neuholland zu Hauſe, hier aber auf verſchiedene Strecken des Erdtheils vertheilt. Gould, der größte Kenner der auſtraliſchen Vogel- welt, führt in ſeinem meiſterhaften Werke ſechs Arten auf und gibt von ihnen auch eine ziemlich ausführliche Lebensbeſchreibung. Aus dieſer erſehen wir, daß ſich die verſchiedenen Arten im we- ſentlichen ähneln, und ſomit dürfte es gerechtfertigt ſein, wenn ich hier nicht ausſchließlich von dem Banksſchen Rabenkakadu, ſondern von allen Arten überhaupt ſpreche.
Die Rabenkakadus ſind echte Baumvögel, welche ſich hauptſächlich von dem Samen der Enka- lypten und anderer Bäume ihres Vaterlandes nähren, gelegentlich aber auch, abweichend von anderen Papageien, große Raupen verzehren und ſo in dieſer Hinſicht ebenfalls an die Raben erinnern. Jm Gegenſatz zu den übrigen Kakadus halten ſie ſich nur in kleinen Geſellſchaften von vier bis acht Stück zuſammen, ohne jemals maſſenhafte Flüge zu bilden. Jeder Theil des Erdtheils von der Nord- küſte an bis Vandiemensland hat ſeine eigene Art. Banks’ Rabenkakadu gehört Neuſüdwales an und findet ſich hauptſächlich in den Landſtrichen zwiſchen der Mortonbay und Port Philipp. Jn un- mittelbarer Nachbarſchaft von Sidney und anderen großen Städten iſt er noch heutigen Tages nicht ſelten. Sein Flug iſt ſchwerfällig; die Flügel werden ſchlaff und mit Beſchwerde bewegt. Er ſteigt ſelten hoch in die Luft, fliegt jedoch demungeachtet zuweilen meilenweit in einem Zuge. Dabei ſtößt er oft ſeine Stimme aus, welche von dem rauhen Gekreiſch der Kakadus verſchieden, d. h. wenig krei- ſchend iſt. Andere Arten haben ſich durch ihren Ruf die Namen erworben, welche ihnen die Auſtra- lier gegeben haben. Einige laſſen im Fluge ein eigenthümlich weinerliches Geſchrei hören, andere ſchreien, wenn ſie ſitzen und freſſen, wie unſere Raben. Auf dem Boden bewegen ſie ſich ziemlich ſchwerfällig, wie andere Papageien auch, in den Kronen der Bäume dagegen geſchickt, obwohl immer langſam. Ueber die Begabungen und das geiſtige Weſen der Geringeros theilt Gould nur wenig mit. Die meiſten Arten ſind ſehr ſcheu und mißtrauiſch, wahrſcheinlich aber blos in Folge der viel- fachen Nachſtellungen, welche ſie erleiden. Nur wenn ſie freſſen, vergeſſen ſie oft ihre Sicherheit.
Jhren Gefährten ſind ſie mit treuer Liebe zugethan. Wenn Einer getödtet oder verwundet worden iſt, verlaſſen die übrigen nur ſelten den Hilfloſen; ſie fliegen vielmehr um ihn herum, ſetzen ſich auf die benachbarten Bäume, ſchreien kläglich und opfern ſich ſo rückſichtslos auf, daß der Jäger, welcher ſich dieſe hingebende Anhänglichkeit zu Nutze macht, den ganzen Flug nach und nach erlegen kann.
Eigenthümlich iſt die Art und Weiſe, wie ſich die Rabenkakadus ernähren. Einige Arten haben die Gewohnheit, beim Freſſen die kleinen Zweige der dortigen Fruchtbäume abzuſchneiden, auſcheinend aus Muthwillen, und alle benutzen ihren ſtarken Schnabel, um verſteckt lebende Kerbthiere, na- mentlich Larven, aus dem Holz herauszuarbeiten. Die großen Raupen, welche ſie von den Gummi- bäumen aufleſen, genügen ihnen nicht immer; ſie befehden auch, wahrſcheinlich durch den Geruch ge- leitet, die tief im Holz arbeitenden Maden, ſchälen geſchickt die Rinde der Aeſte ab und nagen erſtaunlich große Höhlungen in die Zweige, bis ſie auf die geſuchte Beute gelangen. Einige Arten ſcheinen Kerbthiernahrung jeder anderen Speiſe vorzuziehen, die anderen halten ſich mehr an Säme- reien und namentlich an die Samen der Caſuarinen und Bankſien. Früchte ſcheinen ſie zu verſchmähen; ſie üben aber ihren Uebermuth auch an dieſen, indem ſie ſie abbeißen, noch bevor ſie reif ſind, zum großen Aerger und Schaden der Einwohner.
Soviel man bis jetzt weiß, brüten die Geringeros ausſchließlich in Baumhöhlen. Sie erwählen dazu immer die höchſten und unzugänglichſten Bäume, regelmäßig ſolche, an denen ſelbſt die Einge- bornen nicht emporklettern können. Jn der Höhlung bereiten ſie ſich kein eigentliches Neſt, ſondern ſammeln höchſtens die behufs der Ausglättung abgebiſſenen Späne am Boden an. Die zwei bis fünf
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[51/0065]
Rabenkakadu.
grünlich ſchwarz, am Kopf, an den Halsſeiten und auf den Flügeldecken gelb gefleckt, auf der Unterſeite
blaßgelb gebändert. Ein breites ſcharlachrothes Band zieht ſich bei dem Männchen mitten über den
Schwanz, läßt jedoch die beiden mittelſten Schwanzfedern und die Außenfahne der beiden ſeitlichen
Federn frei. Bei dem Weibchen verlaufen breite gelbe, rothgelb geſprenkelte Bänder in derſelben
Weiſe, und auch die unteren Schwanzdeckfedern ſind derartig gezeichnet.
Die Rabenkakadus oder Geringeros ſind ausſchließlich in Neuholland zu Hauſe, hier aber auf
verſchiedene Strecken des Erdtheils vertheilt. Gould, der größte Kenner der auſtraliſchen Vogel-
welt, führt in ſeinem meiſterhaften Werke ſechs Arten auf und gibt von ihnen auch eine ziemlich
ausführliche Lebensbeſchreibung. Aus dieſer erſehen wir, daß ſich die verſchiedenen Arten im we-
ſentlichen ähneln, und ſomit dürfte es gerechtfertigt ſein, wenn ich hier nicht ausſchließlich von dem
Banksſchen Rabenkakadu, ſondern von allen Arten überhaupt ſpreche.
Die Rabenkakadus ſind echte Baumvögel, welche ſich hauptſächlich von dem Samen der Enka-
lypten und anderer Bäume ihres Vaterlandes nähren, gelegentlich aber auch, abweichend von anderen
Papageien, große Raupen verzehren und ſo in dieſer Hinſicht ebenfalls an die Raben erinnern. Jm
Gegenſatz zu den übrigen Kakadus halten ſie ſich nur in kleinen Geſellſchaften von vier bis acht Stück
zuſammen, ohne jemals maſſenhafte Flüge zu bilden. Jeder Theil des Erdtheils von der Nord-
küſte an bis Vandiemensland hat ſeine eigene Art. Banks’ Rabenkakadu gehört Neuſüdwales an
und findet ſich hauptſächlich in den Landſtrichen zwiſchen der Mortonbay und Port Philipp. Jn un-
mittelbarer Nachbarſchaft von Sidney und anderen großen Städten iſt er noch heutigen Tages nicht
ſelten. Sein Flug iſt ſchwerfällig; die Flügel werden ſchlaff und mit Beſchwerde bewegt. Er ſteigt
ſelten hoch in die Luft, fliegt jedoch demungeachtet zuweilen meilenweit in einem Zuge. Dabei ſtößt
er oft ſeine Stimme aus, welche von dem rauhen Gekreiſch der Kakadus verſchieden, d. h. wenig krei-
ſchend iſt. Andere Arten haben ſich durch ihren Ruf die Namen erworben, welche ihnen die Auſtra-
lier gegeben haben. Einige laſſen im Fluge ein eigenthümlich weinerliches Geſchrei hören, andere
ſchreien, wenn ſie ſitzen und freſſen, wie unſere Raben. Auf dem Boden bewegen ſie ſich ziemlich
ſchwerfällig, wie andere Papageien auch, in den Kronen der Bäume dagegen geſchickt, obwohl immer
langſam. Ueber die Begabungen und das geiſtige Weſen der Geringeros theilt Gould nur wenig
mit. Die meiſten Arten ſind ſehr ſcheu und mißtrauiſch, wahrſcheinlich aber blos in Folge der viel-
fachen Nachſtellungen, welche ſie erleiden. Nur wenn ſie freſſen, vergeſſen ſie oft ihre Sicherheit.
Jhren Gefährten ſind ſie mit treuer Liebe zugethan. Wenn Einer getödtet oder verwundet worden
iſt, verlaſſen die übrigen nur ſelten den Hilfloſen; ſie fliegen vielmehr um ihn herum, ſetzen ſich auf
die benachbarten Bäume, ſchreien kläglich und opfern ſich ſo rückſichtslos auf, daß der Jäger, welcher
ſich dieſe hingebende Anhänglichkeit zu Nutze macht, den ganzen Flug nach und nach erlegen kann.
Eigenthümlich iſt die Art und Weiſe, wie ſich die Rabenkakadus ernähren. Einige Arten haben
die Gewohnheit, beim Freſſen die kleinen Zweige der dortigen Fruchtbäume abzuſchneiden, auſcheinend
aus Muthwillen, und alle benutzen ihren ſtarken Schnabel, um verſteckt lebende Kerbthiere, na-
mentlich Larven, aus dem Holz herauszuarbeiten. Die großen Raupen, welche ſie von den Gummi-
bäumen aufleſen, genügen ihnen nicht immer; ſie befehden auch, wahrſcheinlich durch den Geruch ge-
leitet, die tief im Holz arbeitenden Maden, ſchälen geſchickt die Rinde der Aeſte ab und nagen
erſtaunlich große Höhlungen in die Zweige, bis ſie auf die geſuchte Beute gelangen. Einige Arten
ſcheinen Kerbthiernahrung jeder anderen Speiſe vorzuziehen, die anderen halten ſich mehr an Säme-
reien und namentlich an die Samen der Caſuarinen und Bankſien. Früchte ſcheinen ſie zu
verſchmähen; ſie üben aber ihren Uebermuth auch an dieſen, indem ſie ſie abbeißen, noch bevor ſie reif
ſind, zum großen Aerger und Schaden der Einwohner.
Soviel man bis jetzt weiß, brüten die Geringeros ausſchließlich in Baumhöhlen. Sie erwählen
dazu immer die höchſten und unzugänglichſten Bäume, regelmäßig ſolche, an denen ſelbſt die Einge-
bornen nicht emporklettern können. Jn der Höhlung bereiten ſie ſich kein eigentliches Neſt, ſondern
ſammeln höchſtens die behufs der Ausglättung abgebiſſenen Späne am Boden an. Die zwei bis fünf
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/65>, abgerufen am 23.11.2024.
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