oft erregt hatte. Weniger zahlreich kommt er im Wilkinthale vor (wo ich, nebenbei bemerkt, die Spuren wilder Hunde fand). Jm Hunterthal nur durch eine nicht sehr hohe Bergkette und einige niedere Sättel getrennt, ist keine Spur von ihm zu bemerken, obgleich ihm die großen Buchenwälder einen günstigen Aufenthalt bieten würden."
"An solchen Orten", fährt Lyall fort, "konnte man seine Spuren bemerken. Sie sind ungefähr einen Fuß weit, regelmäßig niedergedrückt bis zum Rande, welcher 2 bis 3 Zoll tief bis in das Mos hineinreicht, und kreuzen einander gewöhnlich in rechten Winkeln. Dabei sind sie so eigenthümlich, daß sie denen, welche von Menschen herrühren, oft täuschend ähneln, und anfänglich glaubten wir wirklich, es müßten Eingeborne in der Nähe gewesen sein."
"Der Kakapo lebt in Höhlen unter dem Gewurzel der Bäume, wird auch wohl unter der Wöl- bung überhängender Felsen bemerkt. Da die Wurzeln vieler Baumarten Neuseelands sich theilweise über den Boden erheben, sind Höhlungen unter ihnen sehr gewöhnlich; es schien uns aber, als wären diese da, wo wir den Kakapo trafen, zum Theil erweitert worden, obgleich wir uns vergeblich nach ausge- scharrter Erde umsahen." Haast, welcher Lyall's Bericht nicht zu kennen scheint, kommt zu derselben Ansicht: "Obgleich alle die verschiedenen Aufenthalte, die ich untersuchte, natürliche Höhlen waren, so fand ich doch eine, welche künstlich gegraben war. Am nördlichen, durch Auswaschung der Abla- gerungen 6 bis 8 Fuß hohen Ufer des Haastflusses nächst der Mündung des Clark waren nahe unter der Oberfläche mehrere runde Löcher, durch welche der Hund nicht eindringen konnte. Alsbald schnüffelte er an der Oberfläche und begann an einer Stelle den Boden aufzukratzen, wo er gerade das Ende der Höhle traf und auch bald den Vogel hervorzog. Diese Höhle war bestimmt künstlich gebildet, so daß es wohl möglich ist, daß der Vogel die Fähigkeit zu graben besitzt." "Häufig", berichtet Lyall weiter, "hatten die Höhlen zwei Oeffnungen, zuweilen waren die Bäume über ihnen eine Strecke hinauf hohl."
"Bei Tage erblickt man den Kakapo nicht anders, als wenn man ihn aus seiner Höhle treibt; wir sahen uns nur mit Hilfe von Hunden im Stande, ihn aufzufinden. Vor Einführung der Hunde, als der Vogel noch häufig war in den bewohnten Theilen der Jnseln, pflegten ihn die Eingebornen bei Nacht mit Fackeln zu fangen. Gegenwärtig ist eine Rasse halbwilder Hunde, welche in den nörd- lichen Gegenden dieser Jnsel haust, dem Kakapo beständig auf den Fersen und er dort beinahe ganz ausgerottet. Man sagt, daß die Verbreitung dieser Hunde zunächst noch durch einen Fluß be- grenzt sei und daß die gänzliche Ausrottung des Vogels zu fürchten stehe, wenn es ersterem gelänge, den Fluß zu überschreiten, denn obgleich er Krallen und Schnabel sehr empfindlich zu gebrauchen weiß und erkleklichen Widerstand leistet, muß er seinen vierfüßigen Feinden doch erliegen und ihm da, wo dieser sich findet, früher oder später das Schicksal der Dronte werden."
"Die Moaris versicherten mich", sagt Haast, "der Kakapo sei ein sehr tapferer Vogel, welcher mit den Hunden öfter mit Erfolg kämpfe; allein Dies ist nicht zu glauben, falls man nicht annehmen will, daß ihre Hunde sehr schwach gewesen seien; denn bei meinem gab es nie einen ernsthaften Kampf. An- fangs wurde der Hund allerdings von Schnabel und Klauen des Vogels arg mitgenommen; doch lernte er bald, sein Wild rasch zu bewältigen, indem er es immer gleich durch den Schädel biß."
"Man war bisher der Ansicht, daß dieser Vogel eine nächtliche Lebensweise habe; aber ich glaube, diese Ansicht dürfte durch meine Beobachtungen wohl dahin abgeändert werden, daß Dies nicht aus- schließlich der Fall ist. Denn obwohl man seinen Ruf gewöhnlich eine Stunde nach Sonnenuntergang, wo die dichte Laubdecke große Dunkelheit schafft, ringsum vernimmt, und er alsdann herumzu- schweifen beginnt (wobei er, angezogen vom Lichte, unserem Zelte nahe kam, und von unserem Hunde gefangen wurde), so fanden wir ihn doch zwei Mal auch während des Tages fressend und sehr achtsam auf eine nahende Gefahr. Das erste Mal war es eines Nachmittags bei bewölktem Himmel im lich- ten Walde, als wir von der Westküste zurückkehrten, daß wir einen Kakapo auf einem umgestürzten Baume unweit des Flusses Haast bemerkten. Als wir in die Nähe kamen, verschwand er schnell, wurde jedoch vom Hunde gefangen. Das zweite Mal sahen wir einen ebenfalls noch am hellen Tage,
Kakapo.
oft erregt hatte. Weniger zahlreich kommt er im Wilkinthale vor (wo ich, nebenbei bemerkt, die Spuren wilder Hunde fand). Jm Hunterthal nur durch eine nicht ſehr hohe Bergkette und einige niedere Sättel getrennt, iſt keine Spur von ihm zu bemerken, obgleich ihm die großen Buchenwälder einen günſtigen Aufenthalt bieten würden.‟
„An ſolchen Orten‟, fährt Lyall fort, „konnte man ſeine Spuren bemerken. Sie ſind ungefähr einen Fuß weit, regelmäßig niedergedrückt bis zum Rande, welcher 2 bis 3 Zoll tief bis in das Mos hineinreicht, und kreuzen einander gewöhnlich in rechten Winkeln. Dabei ſind ſie ſo eigenthümlich, daß ſie denen, welche von Menſchen herrühren, oft täuſchend ähneln, und anfänglich glaubten wir wirklich, es müßten Eingeborne in der Nähe geweſen ſein.‟
„Der Kakapo lebt in Höhlen unter dem Gewurzel der Bäume, wird auch wohl unter der Wöl- bung überhängender Felſen bemerkt. Da die Wurzeln vieler Baumarten Neuſeelands ſich theilweiſe über den Boden erheben, ſind Höhlungen unter ihnen ſehr gewöhnlich; es ſchien uns aber, als wären dieſe da, wo wir den Kakapo trafen, zum Theil erweitert worden, obgleich wir uns vergeblich nach ausge- ſcharrter Erde umſahen.‟ Haaſt, welcher Lyall’s Bericht nicht zu kennen ſcheint, kommt zu derſelben Anſicht: „Obgleich alle die verſchiedenen Aufenthalte, die ich unterſuchte, natürliche Höhlen waren, ſo fand ich doch eine, welche künſtlich gegraben war. Am nördlichen, durch Auswaſchung der Abla- gerungen 6 bis 8 Fuß hohen Ufer des Haaſtfluſſes nächſt der Mündung des Clark waren nahe unter der Oberfläche mehrere runde Löcher, durch welche der Hund nicht eindringen konnte. Alsbald ſchnüffelte er an der Oberfläche und begann an einer Stelle den Boden aufzukratzen, wo er gerade das Ende der Höhle traf und auch bald den Vogel hervorzog. Dieſe Höhle war beſtimmt künſtlich gebildet, ſo daß es wohl möglich iſt, daß der Vogel die Fähigkeit zu graben beſitzt.‟ „Häufig‟, berichtet Lyall weiter, „hatten die Höhlen zwei Oeffnungen, zuweilen waren die Bäume über ihnen eine Strecke hinauf hohl.‟
„Bei Tage erblickt man den Kakapo nicht anders, als wenn man ihn aus ſeiner Höhle treibt; wir ſahen uns nur mit Hilfe von Hunden im Stande, ihn aufzufinden. Vor Einführung der Hunde, als der Vogel noch häufig war in den bewohnten Theilen der Jnſeln, pflegten ihn die Eingebornen bei Nacht mit Fackeln zu fangen. Gegenwärtig iſt eine Raſſe halbwilder Hunde, welche in den nörd- lichen Gegenden dieſer Jnſel hauſt, dem Kakapo beſtändig auf den Ferſen und er dort beinahe ganz ausgerottet. Man ſagt, daß die Verbreitung dieſer Hunde zunächſt noch durch einen Fluß be- grenzt ſei und daß die gänzliche Ausrottung des Vogels zu fürchten ſtehe, wenn es erſterem gelänge, den Fluß zu überſchreiten, denn obgleich er Krallen und Schnabel ſehr empfindlich zu gebrauchen weiß und erkleklichen Widerſtand leiſtet, muß er ſeinen vierfüßigen Feinden doch erliegen und ihm da, wo dieſer ſich findet, früher oder ſpäter das Schickſal der Dronte werden.‟
„Die Moaris verſicherten mich‟, ſagt Haaſt, „der Kakapo ſei ein ſehr tapferer Vogel, welcher mit den Hunden öfter mit Erfolg kämpfe; allein Dies iſt nicht zu glauben, falls man nicht annehmen will, daß ihre Hunde ſehr ſchwach geweſen ſeien; denn bei meinem gab es nie einen ernſthaften Kampf. An- fangs wurde der Hund allerdings von Schnabel und Klauen des Vogels arg mitgenommen; doch lernte er bald, ſein Wild raſch zu bewältigen, indem er es immer gleich durch den Schädel biß.‟
„Man war bisher der Anſicht, daß dieſer Vogel eine nächtliche Lebensweiſe habe; aber ich glaube, dieſe Anſicht dürfte durch meine Beobachtungen wohl dahin abgeändert werden, daß Dies nicht aus- ſchließlich der Fall iſt. Denn obwohl man ſeinen Ruf gewöhnlich eine Stunde nach Sonnenuntergang, wo die dichte Laubdecke große Dunkelheit ſchafft, ringsum vernimmt, und er alsdann herumzu- ſchweifen beginnt (wobei er, angezogen vom Lichte, unſerem Zelte nahe kam, und von unſerem Hunde gefangen wurde), ſo fanden wir ihn doch zwei Mal auch während des Tages freſſend und ſehr achtſam auf eine nahende Gefahr. Das erſte Mal war es eines Nachmittags bei bewölktem Himmel im lich- ten Walde, als wir von der Weſtküſte zurückkehrten, daß wir einen Kakapo auf einem umgeſtürzten Baume unweit des Fluſſes Haaſt bemerkten. Als wir in die Nähe kamen, verſchwand er ſchnell, wurde jedoch vom Hunde gefangen. Das zweite Mal ſahen wir einen ebenfalls noch am hellen Tage,
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[53/0067]
Kakapo.
oft erregt hatte. Weniger zahlreich kommt er im Wilkinthale vor (wo ich, nebenbei bemerkt, die
Spuren wilder Hunde fand). Jm Hunterthal nur durch eine nicht ſehr hohe Bergkette und einige
niedere Sättel getrennt, iſt keine Spur von ihm zu bemerken, obgleich ihm die großen Buchenwälder
einen günſtigen Aufenthalt bieten würden.‟
„An ſolchen Orten‟, fährt Lyall fort, „konnte man ſeine Spuren bemerken. Sie ſind ungefähr
einen Fuß weit, regelmäßig niedergedrückt bis zum Rande, welcher 2 bis 3 Zoll tief bis in das Mos
hineinreicht, und kreuzen einander gewöhnlich in rechten Winkeln. Dabei ſind ſie ſo eigenthümlich,
daß ſie denen, welche von Menſchen herrühren, oft täuſchend ähneln, und anfänglich glaubten wir
wirklich, es müßten Eingeborne in der Nähe geweſen ſein.‟
„Der Kakapo lebt in Höhlen unter dem Gewurzel der Bäume, wird auch wohl unter der Wöl-
bung überhängender Felſen bemerkt. Da die Wurzeln vieler Baumarten Neuſeelands ſich theilweiſe über
den Boden erheben, ſind Höhlungen unter ihnen ſehr gewöhnlich; es ſchien uns aber, als wären dieſe da,
wo wir den Kakapo trafen, zum Theil erweitert worden, obgleich wir uns vergeblich nach ausge-
ſcharrter Erde umſahen.‟ Haaſt, welcher Lyall’s Bericht nicht zu kennen ſcheint, kommt zu derſelben
Anſicht: „Obgleich alle die verſchiedenen Aufenthalte, die ich unterſuchte, natürliche Höhlen waren,
ſo fand ich doch eine, welche künſtlich gegraben war. Am nördlichen, durch Auswaſchung der Abla-
gerungen 6 bis 8 Fuß hohen Ufer des Haaſtfluſſes nächſt der Mündung des Clark waren nahe
unter der Oberfläche mehrere runde Löcher, durch welche der Hund nicht eindringen konnte. Alsbald
ſchnüffelte er an der Oberfläche und begann an einer Stelle den Boden aufzukratzen, wo er gerade das
Ende der Höhle traf und auch bald den Vogel hervorzog. Dieſe Höhle war beſtimmt künſtlich gebildet,
ſo daß es wohl möglich iſt, daß der Vogel die Fähigkeit zu graben beſitzt.‟ „Häufig‟, berichtet
Lyall weiter, „hatten die Höhlen zwei Oeffnungen, zuweilen waren die Bäume über ihnen eine
Strecke hinauf hohl.‟
„Bei Tage erblickt man den Kakapo nicht anders, als wenn man ihn aus ſeiner Höhle treibt;
wir ſahen uns nur mit Hilfe von Hunden im Stande, ihn aufzufinden. Vor Einführung der Hunde,
als der Vogel noch häufig war in den bewohnten Theilen der Jnſeln, pflegten ihn die Eingebornen
bei Nacht mit Fackeln zu fangen. Gegenwärtig iſt eine Raſſe halbwilder Hunde, welche in den nörd-
lichen Gegenden dieſer Jnſel hauſt, dem Kakapo beſtändig auf den Ferſen und er dort beinahe
ganz ausgerottet. Man ſagt, daß die Verbreitung dieſer Hunde zunächſt noch durch einen Fluß be-
grenzt ſei und daß die gänzliche Ausrottung des Vogels zu fürchten ſtehe, wenn es erſterem gelänge,
den Fluß zu überſchreiten, denn obgleich er Krallen und Schnabel ſehr empfindlich zu gebrauchen
weiß und erkleklichen Widerſtand leiſtet, muß er ſeinen vierfüßigen Feinden doch erliegen und ihm da,
wo dieſer ſich findet, früher oder ſpäter das Schickſal der Dronte werden.‟
„Die Moaris verſicherten mich‟, ſagt Haaſt, „der Kakapo ſei ein ſehr tapferer Vogel, welcher mit
den Hunden öfter mit Erfolg kämpfe; allein Dies iſt nicht zu glauben, falls man nicht annehmen will,
daß ihre Hunde ſehr ſchwach geweſen ſeien; denn bei meinem gab es nie einen ernſthaften Kampf. An-
fangs wurde der Hund allerdings von Schnabel und Klauen des Vogels arg mitgenommen; doch
lernte er bald, ſein Wild raſch zu bewältigen, indem er es immer gleich durch den Schädel biß.‟
„Man war bisher der Anſicht, daß dieſer Vogel eine nächtliche Lebensweiſe habe; aber ich glaube,
dieſe Anſicht dürfte durch meine Beobachtungen wohl dahin abgeändert werden, daß Dies nicht aus-
ſchließlich der Fall iſt. Denn obwohl man ſeinen Ruf gewöhnlich eine Stunde nach Sonnenuntergang,
wo die dichte Laubdecke große Dunkelheit ſchafft, ringsum vernimmt, und er alsdann herumzu-
ſchweifen beginnt (wobei er, angezogen vom Lichte, unſerem Zelte nahe kam, und von unſerem Hunde
gefangen wurde), ſo fanden wir ihn doch zwei Mal auch während des Tages freſſend und ſehr achtſam
auf eine nahende Gefahr. Das erſte Mal war es eines Nachmittags bei bewölktem Himmel im lich-
ten Walde, als wir von der Weſtküſte zurückkehrten, daß wir einen Kakapo auf einem umgeſtürzten
Baume unweit des Fluſſes Haaſt bemerkten. Als wir in die Nähe kamen, verſchwand er ſchnell,
wurde jedoch vom Hunde gefangen. Das zweite Mal ſahen wir einen ebenfalls noch am hellen Tage,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/67>, abgerufen am 23.11.2024.
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