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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Mauer- und Alpensegler.
verschwinden sahen. Es bleibt also fraglich, ob diese Vögel wirklich auf dem Zuge oder nur auf einer
ausgedehnten Streiferei begriffen waren.

Jn seinem Wesen hat der Alpensegler, wie schon oben bemerkt, die größte Aehnlichkeit mit seinen
vorstehend beschriebenen Verwandten. Er ist ebenso unruhig und stürmisch, fliegt ebenso rasch und
gewandt und ist ein ebenso arger Schreier, wie jener. Ein Unterschied möchte vielleicht darin bestehen,
daß der Alpensegler zu noch bedeutenderen Höhen emporsteigt, als der Mauersegler. Wir haben ihn
zuweilen so lange mit dem Auge verfolgt, bis er, höher und höher emporschwebend, unseren Blicken ent-
schwand. Auch sein Geschrei ist von dem des Mauerseglers sehr verschieden; es ähnelt dem des Thurm-
falken. Gesellig ist der Alpensegler in demselben Grade, wie sein Verwandter. Einzelne Paare haben wir
niemals beobachtet, immer nur Flüge und gewöhnlich sehr zahlreiche. Die Gipfel des Monserat
wurden von Tausenden umschwärmt. Gleiches erfuhr Jerdon in Jndien: "Jch entdeckte", sagt er,
"einen Schlafplatz dieses Seglers an den prachtvollen Felsenabstürzen bei den Fällen von Gairsoppa.
Hier und zwar vorzugsweise an den Klippen zu beiden Seiten des großen Falles in ungefähr 900 Fuß
senkrechter Höhe hatten sich die Segler zu großen Massen vereinigt. Es ist möglich, daß alle Segler,
welche den Süden Jndiens rastlos durchkreisen, allabendlich zu dieser Stelle zurückkehren, um hier zu
schlafen, und wahrscheinlich brüten sie auch hier."

Das Nest wird, wie Schinz berichtet, in die Löcher gebaut, welche sich an Felsen und Thürmen
finden. Es ist ganz platt, hat als Unterlage meist einige grobe Stückchen Reiser, dann etwas Stroh
und auf diesem Blätter, Lumpen und Papierschnitzel, mehr über einander gelegt, als geflochten, aber
Alles mit einer harten glänzenden Masse (dem getrockneten Speichel) zusammengekittet, sodaß es aus-
sieht, als ob es mit Schneckenleim überzogen sei. Auf diese unebene, rohe Unterlage werden die drei
länglichen, rein kalkweißen Eier gelegt. Die Brutzeit beginnt zu Ende Mai's; Mitte Juni's findet
man Junge, Ende Juli's sind sie ausgefiedert und flugfähig.



Die Nachtthiere unter den Sperrvögeln sind so ausgezeichnete Geschöpfe, daß sie weder verkannt,
noch mit andern Klassenverwandten verwechselt werden können. Sie haben überall, wo sie leben, die
Beachtung der Menschen auf sich gezogen und zu den sonderbarsten Meinungen Veranlassung
gegeben. Hiervon zeugt unter andern die Menge und Bedeutsamkeit der Namen, welche sie führen.

Wir haben es mit drei nahe verwandten Familien zu thun, welche wir Nachtschwalben,
Fettvögel
und Schwalme nennen wollen.

Die Nachtschwalben oder Nachtschatten (Caprimulgi) bilden eine sehr zahlreiche, nach
außen hin wohl abgegrenzte Familie. Nur soweit es sich um die allgemeineren Kennzeichen handelt,
kann man von einer Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Schwalben oder den Seglern sprechen; eine
genauere Vergleichung der verschiedenen Gruppen ergibt sehr wesentliche Unterschiede. Der äußere
und innere Bau der Nachtschwalben ist ein durchaus eigenthümlicher. Sie ähneln streng genommen
den Schwalben in viel geringerem Grade, als die Eulen den Falken ähneln. Die Größe schwankt
erheblich. Einige Arten sind fast so groß, wie ein Rabe, andere kaum größer, als eine Lerche.
Der Leib ist gestreckt, wie bei andern Sperrvögeln, der Hals kurz, der Kopf sehr groß, breit und flach,
das Auge umfangreich und ziemlich stark gewölbt. Der Schnabel ist verhältnißmäßig kleiner, als bei
allen bisher genannten Ordnungsverwandten: er ist hinten ziemlich breit, aber sehr kurz, stark nach
vorn verschmälert und ungemein flach; die Kiefern hingegen sind außerordentlich verlängert, und der
Rachen ist deshalb größer, als bei irgend einem andern Vogel. Der hornige Theil des Schnabels
nimmt nur die Spitze des Freßwerkzeuges ein; er ist schmal am Oberkiefer oder seitlich herab-
gebogen; seine stumpfe Firste reicht wenig zurück. Neben ihr liegen die röhrenförmigen Nasenlöcher
nahe neben einander. Die Beine sind regelmäßig schwach, ihre Läufe sehr kurz, auf der Hinterseite

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Mauer- und Alpenſegler.
verſchwinden ſahen. Es bleibt alſo fraglich, ob dieſe Vögel wirklich auf dem Zuge oder nur auf einer
ausgedehnten Streiferei begriffen waren.

Jn ſeinem Weſen hat der Alpenſegler, wie ſchon oben bemerkt, die größte Aehnlichkeit mit ſeinen
vorſtehend beſchriebenen Verwandten. Er iſt ebenſo unruhig und ſtürmiſch, fliegt ebenſo raſch und
gewandt und iſt ein ebenſo arger Schreier, wie jener. Ein Unterſchied möchte vielleicht darin beſtehen,
daß der Alpenſegler zu noch bedeutenderen Höhen emporſteigt, als der Mauerſegler. Wir haben ihn
zuweilen ſo lange mit dem Auge verfolgt, bis er, höher und höher emporſchwebend, unſeren Blicken ent-
ſchwand. Auch ſein Geſchrei iſt von dem des Mauerſeglers ſehr verſchieden; es ähnelt dem des Thurm-
falken. Geſellig iſt der Alpenſegler in demſelben Grade, wie ſein Verwandter. Einzelne Paare haben wir
niemals beobachtet, immer nur Flüge und gewöhnlich ſehr zahlreiche. Die Gipfel des Monſerat
wurden von Tauſenden umſchwärmt. Gleiches erfuhr Jerdon in Jndien: „Jch entdeckte‟, ſagt er,
„einen Schlafplatz dieſes Seglers an den prachtvollen Felſenabſtürzen bei den Fällen von Gairſoppa.
Hier und zwar vorzugsweiſe an den Klippen zu beiden Seiten des großen Falles in ungefähr 900 Fuß
ſenkrechter Höhe hatten ſich die Segler zu großen Maſſen vereinigt. Es iſt möglich, daß alle Segler,
welche den Süden Jndiens raſtlos durchkreiſen, allabendlich zu dieſer Stelle zurückkehren, um hier zu
ſchlafen, und wahrſcheinlich brüten ſie auch hier.‟

Das Neſt wird, wie Schinz berichtet, in die Löcher gebaut, welche ſich an Felſen und Thürmen
finden. Es iſt ganz platt, hat als Unterlage meiſt einige grobe Stückchen Reiſer, dann etwas Stroh
und auf dieſem Blätter, Lumpen und Papierſchnitzel, mehr über einander gelegt, als geflochten, aber
Alles mit einer harten glänzenden Maſſe (dem getrockneten Speichel) zuſammengekittet, ſodaß es aus-
ſieht, als ob es mit Schneckenleim überzogen ſei. Auf dieſe unebene, rohe Unterlage werden die drei
länglichen, rein kalkweißen Eier gelegt. Die Brutzeit beginnt zu Ende Mai’s; Mitte Juni’s findet
man Junge, Ende Juli’s ſind ſie ausgefiedert und flugfähig.



Die Nachtthiere unter den Sperrvögeln ſind ſo ausgezeichnete Geſchöpfe, daß ſie weder verkannt,
noch mit andern Klaſſenverwandten verwechſelt werden können. Sie haben überall, wo ſie leben, die
Beachtung der Menſchen auf ſich gezogen und zu den ſonderbarſten Meinungen Veranlaſſung
gegeben. Hiervon zeugt unter andern die Menge und Bedeutſamkeit der Namen, welche ſie führen.

Wir haben es mit drei nahe verwandten Familien zu thun, welche wir Nachtſchwalben,
Fettvögel
und Schwalme nennen wollen.

Die Nachtſchwalben oder Nachtſchatten (Caprimulgi) bilden eine ſehr zahlreiche, nach
außen hin wohl abgegrenzte Familie. Nur ſoweit es ſich um die allgemeineren Kennzeichen handelt,
kann man von einer Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den Schwalben oder den Seglern ſprechen; eine
genauere Vergleichung der verſchiedenen Gruppen ergibt ſehr weſentliche Unterſchiede. Der äußere
und innere Bau der Nachtſchwalben iſt ein durchaus eigenthümlicher. Sie ähneln ſtreng genommen
den Schwalben in viel geringerem Grade, als die Eulen den Falken ähneln. Die Größe ſchwankt
erheblich. Einige Arten ſind faſt ſo groß, wie ein Rabe, andere kaum größer, als eine Lerche.
Der Leib iſt geſtreckt, wie bei andern Sperrvögeln, der Hals kurz, der Kopf ſehr groß, breit und flach,
das Auge umfangreich und ziemlich ſtark gewölbt. Der Schnabel iſt verhältnißmäßig kleiner, als bei
allen bisher genannten Ordnungsverwandten: er iſt hinten ziemlich breit, aber ſehr kurz, ſtark nach
vorn verſchmälert und ungemein flach; die Kiefern hingegen ſind außerordentlich verlängert, und der
Rachen iſt deshalb größer, als bei irgend einem andern Vogel. Der hornige Theil des Schnabels
nimmt nur die Spitze des Freßwerkzeuges ein; er iſt ſchmal am Oberkiefer oder ſeitlich herab-
gebogen; ſeine ſtumpfe Firſte reicht wenig zurück. Neben ihr liegen die röhrenförmigen Naſenlöcher
nahe neben einander. Die Beine ſind regelmäßig ſchwach, ihre Läufe ſehr kurz, auf der Hinterſeite

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[659/0697] Mauer- und Alpenſegler. verſchwinden ſahen. Es bleibt alſo fraglich, ob dieſe Vögel wirklich auf dem Zuge oder nur auf einer ausgedehnten Streiferei begriffen waren. Jn ſeinem Weſen hat der Alpenſegler, wie ſchon oben bemerkt, die größte Aehnlichkeit mit ſeinen vorſtehend beſchriebenen Verwandten. Er iſt ebenſo unruhig und ſtürmiſch, fliegt ebenſo raſch und gewandt und iſt ein ebenſo arger Schreier, wie jener. Ein Unterſchied möchte vielleicht darin beſtehen, daß der Alpenſegler zu noch bedeutenderen Höhen emporſteigt, als der Mauerſegler. Wir haben ihn zuweilen ſo lange mit dem Auge verfolgt, bis er, höher und höher emporſchwebend, unſeren Blicken ent- ſchwand. Auch ſein Geſchrei iſt von dem des Mauerſeglers ſehr verſchieden; es ähnelt dem des Thurm- falken. Geſellig iſt der Alpenſegler in demſelben Grade, wie ſein Verwandter. Einzelne Paare haben wir niemals beobachtet, immer nur Flüge und gewöhnlich ſehr zahlreiche. Die Gipfel des Monſerat wurden von Tauſenden umſchwärmt. Gleiches erfuhr Jerdon in Jndien: „Jch entdeckte‟, ſagt er, „einen Schlafplatz dieſes Seglers an den prachtvollen Felſenabſtürzen bei den Fällen von Gairſoppa. Hier und zwar vorzugsweiſe an den Klippen zu beiden Seiten des großen Falles in ungefähr 900 Fuß ſenkrechter Höhe hatten ſich die Segler zu großen Maſſen vereinigt. Es iſt möglich, daß alle Segler, welche den Süden Jndiens raſtlos durchkreiſen, allabendlich zu dieſer Stelle zurückkehren, um hier zu ſchlafen, und wahrſcheinlich brüten ſie auch hier.‟ Das Neſt wird, wie Schinz berichtet, in die Löcher gebaut, welche ſich an Felſen und Thürmen finden. Es iſt ganz platt, hat als Unterlage meiſt einige grobe Stückchen Reiſer, dann etwas Stroh und auf dieſem Blätter, Lumpen und Papierſchnitzel, mehr über einander gelegt, als geflochten, aber Alles mit einer harten glänzenden Maſſe (dem getrockneten Speichel) zuſammengekittet, ſodaß es aus- ſieht, als ob es mit Schneckenleim überzogen ſei. Auf dieſe unebene, rohe Unterlage werden die drei länglichen, rein kalkweißen Eier gelegt. Die Brutzeit beginnt zu Ende Mai’s; Mitte Juni’s findet man Junge, Ende Juli’s ſind ſie ausgefiedert und flugfähig. Die Nachtthiere unter den Sperrvögeln ſind ſo ausgezeichnete Geſchöpfe, daß ſie weder verkannt, noch mit andern Klaſſenverwandten verwechſelt werden können. Sie haben überall, wo ſie leben, die Beachtung der Menſchen auf ſich gezogen und zu den ſonderbarſten Meinungen Veranlaſſung gegeben. Hiervon zeugt unter andern die Menge und Bedeutſamkeit der Namen, welche ſie führen. Wir haben es mit drei nahe verwandten Familien zu thun, welche wir Nachtſchwalben, Fettvögel und Schwalme nennen wollen. Die Nachtſchwalben oder Nachtſchatten (Caprimulgi) bilden eine ſehr zahlreiche, nach außen hin wohl abgegrenzte Familie. Nur ſoweit es ſich um die allgemeineren Kennzeichen handelt, kann man von einer Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den Schwalben oder den Seglern ſprechen; eine genauere Vergleichung der verſchiedenen Gruppen ergibt ſehr weſentliche Unterſchiede. Der äußere und innere Bau der Nachtſchwalben iſt ein durchaus eigenthümlicher. Sie ähneln ſtreng genommen den Schwalben in viel geringerem Grade, als die Eulen den Falken ähneln. Die Größe ſchwankt erheblich. Einige Arten ſind faſt ſo groß, wie ein Rabe, andere kaum größer, als eine Lerche. Der Leib iſt geſtreckt, wie bei andern Sperrvögeln, der Hals kurz, der Kopf ſehr groß, breit und flach, das Auge umfangreich und ziemlich ſtark gewölbt. Der Schnabel iſt verhältnißmäßig kleiner, als bei allen bisher genannten Ordnungsverwandten: er iſt hinten ziemlich breit, aber ſehr kurz, ſtark nach vorn verſchmälert und ungemein flach; die Kiefern hingegen ſind außerordentlich verlängert, und der Rachen iſt deshalb größer, als bei irgend einem andern Vogel. Der hornige Theil des Schnabels nimmt nur die Spitze des Freßwerkzeuges ein; er iſt ſchmal am Oberkiefer oder ſeitlich herab- gebogen; ſeine ſtumpfe Firſte reicht wenig zurück. Neben ihr liegen die röhrenförmigen Naſenlöcher nahe neben einander. Die Beine ſind regelmäßig ſchwach, ihre Läufe ſehr kurz, auf der Hinterſeite 42 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/697>, abgerufen am 22.11.2024.