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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Nachtfalk. Nachtschwalbe.
Eltern theilen sich in ihre Erziehung, und namentlich das Weibchen zeigt bei Gefahr einen großen
Muth oder die bekannte List der Verstellung, in der Absicht, die Feinde von den geliebten Kleinen
abzuhalten. Wenn die Jungen erst größer geworden sind, sitzt die ganze Familie neben einander,
aber so still und bewegungslos, und an so günstigen Orten, daß es sehr schwer hält, sie zu entdecken.

Leider werden sehr viele dieser nützlichen Vögel von den Amerikanern erlegt, meist nur, um sich
im Flugschießen zu erproben. Audubon versichert, daß das Fleisch recht schmackhaft sei, namentlich
im Herbst, wenn die Nachtfalken gemästet und fett sind. Die Jagd ist eben kein Kunststück, es ist
nicht schwer, einen der fliegenden Vögel aus der Luft herunterzuschießen und noch viel leichter, schuß-
recht an den Sitzenden anzukommen. Jm Uebrigen stellen die gewandten Falken und die kleinen
Raubsäugethiere auch den Nachtfalken nach.



Alle übrigen eigentlichen Nachtschwalben, welche ich noch erwähnen will, betreiben ihre Geschäfte
ausschließlich bei Nacht und erheben sich bei Tage nur dann, wenn es sich darum handelt, vor einem

[Abbildung] Die europäische Nachtschwalbe (Caprimulgus punctatus).
Feinde zu flüchten. Jhr Leben und Treiben erscheint nach den bisher vorliegenden Beobachtungen so
übereinstimmend, daß es unnöthig ist, von jedem einzeln der von mir erwählten eine Lebensbeschreibung
zu geben. Für wichtiger halte ich es, auf die Unterschiede aufmerksam zu machen, welche die
betreffenden Vögel hinsichtlich ihrer Gestaltung und Färbung zeigen.

Unsere europäische Nachtschwalbe, der Nachtschatten, Tagschläfer, der Nachtwanderer, der
Nachtrabe, der Ziegen-, Geis- oder Kindermelker, der Ziegen-, Kuh- oder Milchsauger, die Brillen-
nase, der Pfasse, die Here und wie er sonst noch genannt wird (Caprimulgus punctatus), vertritt
eine der artenreichsten Sippen, welche sich, wenn man so sagen darf, durch Einfachheit der Gestalt
auszeichnet. Der Leibesbau entspricht im Allgemeinen der weiter oben gegebenen Gesammt-
beschreibung. Der Leib ist gestreckt, der Hals sehr kurz, der Kopf groß und breit, der Flügel lang,
schmal, spitzig, in ihm die zweite Schwinge die längste, der Schwanz fast gerade abgeschnitten, da
nur die äußersten Steuerfedern etwas kürzer als die übrigen gleichlangen sind. Der Schnabel ist
sehr klein und kurz, aber breit, an der Wurzel schmal, an der Spitze vor den Nasenlöchern herab
gebogen. An den kleinen niedrigen Füßen überragt die Mittelzehe die übrigen bedeutend und
verbindet sich mit den nächsten beiden durch eine Spannhaut bis zum ersten Gelenk; die kleine, nach

Nachtfalk. Nachtſchwalbe.
Eltern theilen ſich in ihre Erziehung, und namentlich das Weibchen zeigt bei Gefahr einen großen
Muth oder die bekannte Liſt der Verſtellung, in der Abſicht, die Feinde von den geliebten Kleinen
abzuhalten. Wenn die Jungen erſt größer geworden ſind, ſitzt die ganze Familie neben einander,
aber ſo ſtill und bewegungslos, und an ſo günſtigen Orten, daß es ſehr ſchwer hält, ſie zu entdecken.

Leider werden ſehr viele dieſer nützlichen Vögel von den Amerikanern erlegt, meiſt nur, um ſich
im Flugſchießen zu erproben. Audubon verſichert, daß das Fleiſch recht ſchmackhaft ſei, namentlich
im Herbſt, wenn die Nachtfalken gemäſtet und fett ſind. Die Jagd iſt eben kein Kunſtſtück, es iſt
nicht ſchwer, einen der fliegenden Vögel aus der Luft herunterzuſchießen und noch viel leichter, ſchuß-
recht an den Sitzenden anzukommen. Jm Uebrigen ſtellen die gewandten Falken und die kleinen
Raubſäugethiere auch den Nachtfalken nach.



Alle übrigen eigentlichen Nachtſchwalben, welche ich noch erwähnen will, betreiben ihre Geſchäfte
ausſchließlich bei Nacht und erheben ſich bei Tage nur dann, wenn es ſich darum handelt, vor einem

[Abbildung] Die europäiſche Nachtſchwalbe (Caprimulgus punctatus).
Feinde zu flüchten. Jhr Leben und Treiben erſcheint nach den bisher vorliegenden Beobachtungen ſo
übereinſtimmend, daß es unnöthig iſt, von jedem einzeln der von mir erwählten eine Lebensbeſchreibung
zu geben. Für wichtiger halte ich es, auf die Unterſchiede aufmerkſam zu machen, welche die
betreffenden Vögel hinſichtlich ihrer Geſtaltung und Färbung zeigen.

Unſere europäiſche Nachtſchwalbe, der Nachtſchatten, Tagſchläfer, der Nachtwanderer, der
Nachtrabe, der Ziegen-, Geis- oder Kindermelker, der Ziegen-, Kuh- oder Milchſauger, die Brillen-
naſe, der Pfaſſe, die Here und wie er ſonſt noch genannt wird (Caprimulgus punctatus), vertritt
eine der artenreichſten Sippen, welche ſich, wenn man ſo ſagen darf, durch Einfachheit der Geſtalt
auszeichnet. Der Leibesbau entſpricht im Allgemeinen der weiter oben gegebenen Geſammt-
beſchreibung. Der Leib iſt geſtreckt, der Hals ſehr kurz, der Kopf groß und breit, der Flügel lang,
ſchmal, ſpitzig, in ihm die zweite Schwinge die längſte, der Schwanz faſt gerade abgeſchnitten, da
nur die äußerſten Steuerfedern etwas kürzer als die übrigen gleichlangen ſind. Der Schnabel iſt
ſehr klein und kurz, aber breit, an der Wurzel ſchmal, an der Spitze vor den Naſenlöchern herab
gebogen. An den kleinen niedrigen Füßen überragt die Mittelzehe die übrigen bedeutend und
verbindet ſich mit den nächſten beiden durch eine Spannhaut bis zum erſten Gelenk; die kleine, nach

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[665/0703] Nachtfalk. Nachtſchwalbe. Eltern theilen ſich in ihre Erziehung, und namentlich das Weibchen zeigt bei Gefahr einen großen Muth oder die bekannte Liſt der Verſtellung, in der Abſicht, die Feinde von den geliebten Kleinen abzuhalten. Wenn die Jungen erſt größer geworden ſind, ſitzt die ganze Familie neben einander, aber ſo ſtill und bewegungslos, und an ſo günſtigen Orten, daß es ſehr ſchwer hält, ſie zu entdecken. Leider werden ſehr viele dieſer nützlichen Vögel von den Amerikanern erlegt, meiſt nur, um ſich im Flugſchießen zu erproben. Audubon verſichert, daß das Fleiſch recht ſchmackhaft ſei, namentlich im Herbſt, wenn die Nachtfalken gemäſtet und fett ſind. Die Jagd iſt eben kein Kunſtſtück, es iſt nicht ſchwer, einen der fliegenden Vögel aus der Luft herunterzuſchießen und noch viel leichter, ſchuß- recht an den Sitzenden anzukommen. Jm Uebrigen ſtellen die gewandten Falken und die kleinen Raubſäugethiere auch den Nachtfalken nach. Alle übrigen eigentlichen Nachtſchwalben, welche ich noch erwähnen will, betreiben ihre Geſchäfte ausſchließlich bei Nacht und erheben ſich bei Tage nur dann, wenn es ſich darum handelt, vor einem [Abbildung Die europäiſche Nachtſchwalbe (Caprimulgus punctatus).] Feinde zu flüchten. Jhr Leben und Treiben erſcheint nach den bisher vorliegenden Beobachtungen ſo übereinſtimmend, daß es unnöthig iſt, von jedem einzeln der von mir erwählten eine Lebensbeſchreibung zu geben. Für wichtiger halte ich es, auf die Unterſchiede aufmerkſam zu machen, welche die betreffenden Vögel hinſichtlich ihrer Geſtaltung und Färbung zeigen. Unſere europäiſche Nachtſchwalbe, der Nachtſchatten, Tagſchläfer, der Nachtwanderer, der Nachtrabe, der Ziegen-, Geis- oder Kindermelker, der Ziegen-, Kuh- oder Milchſauger, die Brillen- naſe, der Pfaſſe, die Here und wie er ſonſt noch genannt wird (Caprimulgus punctatus), vertritt eine der artenreichſten Sippen, welche ſich, wenn man ſo ſagen darf, durch Einfachheit der Geſtalt auszeichnet. Der Leibesbau entſpricht im Allgemeinen der weiter oben gegebenen Geſammt- beſchreibung. Der Leib iſt geſtreckt, der Hals ſehr kurz, der Kopf groß und breit, der Flügel lang, ſchmal, ſpitzig, in ihm die zweite Schwinge die längſte, der Schwanz faſt gerade abgeſchnitten, da nur die äußerſten Steuerfedern etwas kürzer als die übrigen gleichlangen ſind. Der Schnabel iſt ſehr klein und kurz, aber breit, an der Wurzel ſchmal, an der Spitze vor den Naſenlöchern herab gebogen. An den kleinen niedrigen Füßen überragt die Mittelzehe die übrigen bedeutend und verbindet ſich mit den nächſten beiden durch eine Spannhaut bis zum erſten Gelenk; die kleine, nach

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/703>, abgerufen am 22.11.2024.