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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Sperrvögel. Nachtschwalben.
während seiner Wanderung nach dem Osten; denn kein einziger brütet in dem gedachten Staate oder
am Mississippi. Er reist so schnell, daß man wenige Tage, nachdem man den ersten bemerkte, keinen
mehr zu sehen bekommt, während er gelegentlich seines Herbstzuges sich oft wochenlang in den südlichen
Staaten aufhält und vom 15. August bis zum Oktober beobachtet werden kann. Gelegentlich seiner
Wanderung sieht man ihn über unsere Städte und Dörfer fliegen, zuweilen auch wohl auf den
Bäumen in unsern Straßen oder auch selbst auf den Essen sich niederlassen, und gar nicht selten hört
man ihn von dort seine scharfen Laute herunterschreien zum Vergnügen oder zur Verwunderung Derer,
welche die ungewohnten Töne gerade vernehmen. Jedenfalls geht der Nachtfalk weit nach Norden
hinauf: ich habe ihn in den britischen Provinzen von Neubraunschweig und Neuschottland gesehen und
erfahren, daß er hier bis zum Anfang des Oktobers verweilt. Dagegen habe ich nicht einen einzigen
in Neufundland oder an den Küsten von Labrador beobachtet. Jn den mittleren Staaten erscheint
er gegen den ersten Mai, in Maine selten vor Juni."

"Der Nachtfalk hat einen sichern, leichten und ausdauernden Flug. Bei trübem Wetter sieht
man ihn während des ganzen Tages in Thätigkeit. Die Bewegungen seiner Schwingen sind abson-
derlich anmuthig, und die Spiellust, welche er während seines Fluges bekundet, fesselt Jedermann.
Der Vogel gleitet durch die Luft mit aller erdenklichen Eile, steigt rasch empor oder erhält sich
rüttelnd in einer gewissen Höhe, als ob er sich unversehens auf eine Beute stürzen wolle, und nimmt
erst dann seine frühere Bewegung wieder auf. Jn dieser Weise bewegt er sich in gewissen Kreisen
unter lautem Geschrei bei jedem plötzlichen Anlauf, welchen er nimmt oder streicht niederwärts oder
fliegt bald hoch, bald niedrig dahin, jetzt dicht über der Oberfläche der Gewässer, dann wieder über
den höchsten Baumwipfeln oder Bergesgipfeln dahin streichend. Während der Zeit seiner Liebe wird
der Flug noch in besonderem Grade anziehend. Das Männchen bemüht sich durch die wundervollsten
Schwenkungen, welche mit der größten Zierlichkeit und Schnelligkeit ausgeführt werden, der
Erwählten seine Liebe zu erklären oder einen Nebenbuhler durch Entfaltung seiner Fähigkeiten aus-
zustechen. Oft erhebt es sich mehrere hundert Fuß vom Boden, und sein Geschrei wird dann lauter
und wiederholt sich häufiger, je höher es empor steigt; dann wieder stürzt es plötzlich mit halb geöffneten
Schwingen und Schwanz in schiefer Richtung nach unten, und zwar mit einer Schnelligkeit, daß man
glauben möchte, es müsse sich auf dem Boden zerschmettern: -- aber zur rechten Zeit noch, zuweilen
nur wenige Fuß über dem Boden breitet es Schwingen und Schwanz, und fliegt wieder in seiner
gewöhnlichen Weise dahin." Bei diesem Niederstürzen vernimmt man ein sonderbares Geräusch,
welches nach Gundlach's Meinung ganz in ähnlicher Weise hervorgebracht wird, wie das bekannte
Meckern der Heerschnepfe, durch einfache Schwingungen der Flügel- oder Schwanzfedern nämlich.
"Zuweilen", fährt Audubon fort, "wenn mehrere Männchen vor demselben Weibchen spielen,
wird das Schauspiel höchst unterhaltend. Das Spiel ist bald vorüber, denn sowie das Weibchen
seine Wahl getroffen hat, beginnt der glücklich Erwählte Jagd auf seine Nebenbuhler zu machen und
treibt diese bald über die Grenzen seines Reiches hinaus. -- Bei windigem Wetter und bei vor-
schreitender Dämmerung fliegt der Nachtfalk tiefer, schneller und unregelmäßiger als sonst; er ver-
folgt dann die von fern erspähten Kerbthiere längere Zeit auf ihrem Wege. Wenn die Dunkelheit
wirklich eintritt, läßt er sich entweder auf ein Haus oder auf einen Baum nieder und verbleibt hier
während der Nacht, dann und wann sein Geschrei ausstoßend." Auch er hockt sich, nach anderer
Nachtschwalben Art, mit aufgelegter Brust nieder. Das Geschrei soll wie "Perketek" klingen. Die
Nahrung besteht vorzugsweise aus sehr kleinen Kerbthieren, namentlich aus verschiedenen Mücken-
arten, welche in unglaublicher Masse vertilgt werden. "Schoß man einen dieser Vögel", sagt der
Prinz, "so fand man in seinem weiten Rachen eine teigartige Masse, wie ein dickes Kissen, welche
nur aus Mücken bestand."

Die Brutzeit fällt in die letzten Tage des Maimonats; die zwei grauen, mit grünlichbraunen
und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichneten Eier werden ohne jegliche Unterlage auf den
Boden gelegt. Das Junge kommt in einem Dunenkleid von dunkelbrauner Farbe zur Welt. Beide

Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben.
während ſeiner Wanderung nach dem Oſten; denn kein einziger brütet in dem gedachten Staate oder
am Miſſiſſippi. Er reiſt ſo ſchnell, daß man wenige Tage, nachdem man den erſten bemerkte, keinen
mehr zu ſehen bekommt, während er gelegentlich ſeines Herbſtzuges ſich oft wochenlang in den ſüdlichen
Staaten aufhält und vom 15. Auguſt bis zum Oktober beobachtet werden kann. Gelegentlich ſeiner
Wanderung ſieht man ihn über unſere Städte und Dörfer fliegen, zuweilen auch wohl auf den
Bäumen in unſern Straßen oder auch ſelbſt auf den Eſſen ſich niederlaſſen, und gar nicht ſelten hört
man ihn von dort ſeine ſcharfen Laute herunterſchreien zum Vergnügen oder zur Verwunderung Derer,
welche die ungewohnten Töne gerade vernehmen. Jedenfalls geht der Nachtfalk weit nach Norden
hinauf: ich habe ihn in den britiſchen Provinzen von Neubraunſchweig und Neuſchottland geſehen und
erfahren, daß er hier bis zum Anfang des Oktobers verweilt. Dagegen habe ich nicht einen einzigen
in Neufundland oder an den Küſten von Labrador beobachtet. Jn den mittleren Staaten erſcheint
er gegen den erſten Mai, in Maine ſelten vor Juni.‟

„Der Nachtfalk hat einen ſichern, leichten und ausdauernden Flug. Bei trübem Wetter ſieht
man ihn während des ganzen Tages in Thätigkeit. Die Bewegungen ſeiner Schwingen ſind abſon-
derlich anmuthig, und die Spielluſt, welche er während ſeines Fluges bekundet, feſſelt Jedermann.
Der Vogel gleitet durch die Luft mit aller erdenklichen Eile, ſteigt raſch empor oder erhält ſich
rüttelnd in einer gewiſſen Höhe, als ob er ſich unverſehens auf eine Beute ſtürzen wolle, und nimmt
erſt dann ſeine frühere Bewegung wieder auf. Jn dieſer Weiſe bewegt er ſich in gewiſſen Kreiſen
unter lautem Geſchrei bei jedem plötzlichen Anlauf, welchen er nimmt oder ſtreicht niederwärts oder
fliegt bald hoch, bald niedrig dahin, jetzt dicht über der Oberfläche der Gewäſſer, dann wieder über
den höchſten Baumwipfeln oder Bergesgipfeln dahin ſtreichend. Während der Zeit ſeiner Liebe wird
der Flug noch in beſonderem Grade anziehend. Das Männchen bemüht ſich durch die wundervollſten
Schwenkungen, welche mit der größten Zierlichkeit und Schnelligkeit ausgeführt werden, der
Erwählten ſeine Liebe zu erklären oder einen Nebenbuhler durch Entfaltung ſeiner Fähigkeiten aus-
zuſtechen. Oft erhebt es ſich mehrere hundert Fuß vom Boden, und ſein Geſchrei wird dann lauter
und wiederholt ſich häufiger, je höher es empor ſteigt; dann wieder ſtürzt es plötzlich mit halb geöffneten
Schwingen und Schwanz in ſchiefer Richtung nach unten, und zwar mit einer Schnelligkeit, daß man
glauben möchte, es müſſe ſich auf dem Boden zerſchmettern: — aber zur rechten Zeit noch, zuweilen
nur wenige Fuß über dem Boden breitet es Schwingen und Schwanz, und fliegt wieder in ſeiner
gewöhnlichen Weiſe dahin.‟ Bei dieſem Niederſtürzen vernimmt man ein ſonderbares Geräuſch,
welches nach Gundlach’s Meinung ganz in ähnlicher Weiſe hervorgebracht wird, wie das bekannte
Meckern der Heerſchnepfe, durch einfache Schwingungen der Flügel- oder Schwanzfedern nämlich.
„Zuweilen‟, fährt Audubon fort, „wenn mehrere Männchen vor demſelben Weibchen ſpielen,
wird das Schauſpiel höchſt unterhaltend. Das Spiel iſt bald vorüber, denn ſowie das Weibchen
ſeine Wahl getroffen hat, beginnt der glücklich Erwählte Jagd auf ſeine Nebenbuhler zu machen und
treibt dieſe bald über die Grenzen ſeines Reiches hinaus. — Bei windigem Wetter und bei vor-
ſchreitender Dämmerung fliegt der Nachtfalk tiefer, ſchneller und unregelmäßiger als ſonſt; er ver-
folgt dann die von fern erſpähten Kerbthiere längere Zeit auf ihrem Wege. Wenn die Dunkelheit
wirklich eintritt, läßt er ſich entweder auf ein Haus oder auf einen Baum nieder und verbleibt hier
während der Nacht, dann und wann ſein Geſchrei ausſtoßend.‟ Auch er hockt ſich, nach anderer
Nachtſchwalben Art, mit aufgelegter Bruſt nieder. Das Geſchrei ſoll wie „Perketek‟ klingen. Die
Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus ſehr kleinen Kerbthieren, namentlich aus verſchiedenen Mücken-
arten, welche in unglaublicher Maſſe vertilgt werden. „Schoß man einen dieſer Vögel‟, ſagt der
Prinz, „ſo fand man in ſeinem weiten Rachen eine teigartige Maſſe, wie ein dickes Kiſſen, welche
nur aus Mücken beſtand.‟

Die Brutzeit fällt in die letzten Tage des Maimonats; die zwei grauen, mit grünlichbraunen
und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichneten Eier werden ohne jegliche Unterlage auf den
Boden gelegt. Das Junge kommt in einem Dunenkleid von dunkelbrauner Farbe zur Welt. Beide

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[664/0702] Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben. während ſeiner Wanderung nach dem Oſten; denn kein einziger brütet in dem gedachten Staate oder am Miſſiſſippi. Er reiſt ſo ſchnell, daß man wenige Tage, nachdem man den erſten bemerkte, keinen mehr zu ſehen bekommt, während er gelegentlich ſeines Herbſtzuges ſich oft wochenlang in den ſüdlichen Staaten aufhält und vom 15. Auguſt bis zum Oktober beobachtet werden kann. Gelegentlich ſeiner Wanderung ſieht man ihn über unſere Städte und Dörfer fliegen, zuweilen auch wohl auf den Bäumen in unſern Straßen oder auch ſelbſt auf den Eſſen ſich niederlaſſen, und gar nicht ſelten hört man ihn von dort ſeine ſcharfen Laute herunterſchreien zum Vergnügen oder zur Verwunderung Derer, welche die ungewohnten Töne gerade vernehmen. Jedenfalls geht der Nachtfalk weit nach Norden hinauf: ich habe ihn in den britiſchen Provinzen von Neubraunſchweig und Neuſchottland geſehen und erfahren, daß er hier bis zum Anfang des Oktobers verweilt. Dagegen habe ich nicht einen einzigen in Neufundland oder an den Küſten von Labrador beobachtet. Jn den mittleren Staaten erſcheint er gegen den erſten Mai, in Maine ſelten vor Juni.‟ „Der Nachtfalk hat einen ſichern, leichten und ausdauernden Flug. Bei trübem Wetter ſieht man ihn während des ganzen Tages in Thätigkeit. Die Bewegungen ſeiner Schwingen ſind abſon- derlich anmuthig, und die Spielluſt, welche er während ſeines Fluges bekundet, feſſelt Jedermann. Der Vogel gleitet durch die Luft mit aller erdenklichen Eile, ſteigt raſch empor oder erhält ſich rüttelnd in einer gewiſſen Höhe, als ob er ſich unverſehens auf eine Beute ſtürzen wolle, und nimmt erſt dann ſeine frühere Bewegung wieder auf. Jn dieſer Weiſe bewegt er ſich in gewiſſen Kreiſen unter lautem Geſchrei bei jedem plötzlichen Anlauf, welchen er nimmt oder ſtreicht niederwärts oder fliegt bald hoch, bald niedrig dahin, jetzt dicht über der Oberfläche der Gewäſſer, dann wieder über den höchſten Baumwipfeln oder Bergesgipfeln dahin ſtreichend. Während der Zeit ſeiner Liebe wird der Flug noch in beſonderem Grade anziehend. Das Männchen bemüht ſich durch die wundervollſten Schwenkungen, welche mit der größten Zierlichkeit und Schnelligkeit ausgeführt werden, der Erwählten ſeine Liebe zu erklären oder einen Nebenbuhler durch Entfaltung ſeiner Fähigkeiten aus- zuſtechen. Oft erhebt es ſich mehrere hundert Fuß vom Boden, und ſein Geſchrei wird dann lauter und wiederholt ſich häufiger, je höher es empor ſteigt; dann wieder ſtürzt es plötzlich mit halb geöffneten Schwingen und Schwanz in ſchiefer Richtung nach unten, und zwar mit einer Schnelligkeit, daß man glauben möchte, es müſſe ſich auf dem Boden zerſchmettern: — aber zur rechten Zeit noch, zuweilen nur wenige Fuß über dem Boden breitet es Schwingen und Schwanz, und fliegt wieder in ſeiner gewöhnlichen Weiſe dahin.‟ Bei dieſem Niederſtürzen vernimmt man ein ſonderbares Geräuſch, welches nach Gundlach’s Meinung ganz in ähnlicher Weiſe hervorgebracht wird, wie das bekannte Meckern der Heerſchnepfe, durch einfache Schwingungen der Flügel- oder Schwanzfedern nämlich. „Zuweilen‟, fährt Audubon fort, „wenn mehrere Männchen vor demſelben Weibchen ſpielen, wird das Schauſpiel höchſt unterhaltend. Das Spiel iſt bald vorüber, denn ſowie das Weibchen ſeine Wahl getroffen hat, beginnt der glücklich Erwählte Jagd auf ſeine Nebenbuhler zu machen und treibt dieſe bald über die Grenzen ſeines Reiches hinaus. — Bei windigem Wetter und bei vor- ſchreitender Dämmerung fliegt der Nachtfalk tiefer, ſchneller und unregelmäßiger als ſonſt; er ver- folgt dann die von fern erſpähten Kerbthiere längere Zeit auf ihrem Wege. Wenn die Dunkelheit wirklich eintritt, läßt er ſich entweder auf ein Haus oder auf einen Baum nieder und verbleibt hier während der Nacht, dann und wann ſein Geſchrei ausſtoßend.‟ Auch er hockt ſich, nach anderer Nachtſchwalben Art, mit aufgelegter Bruſt nieder. Das Geſchrei ſoll wie „Perketek‟ klingen. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus ſehr kleinen Kerbthieren, namentlich aus verſchiedenen Mücken- arten, welche in unglaublicher Maſſe vertilgt werden. „Schoß man einen dieſer Vögel‟, ſagt der Prinz, „ſo fand man in ſeinem weiten Rachen eine teigartige Maſſe, wie ein dickes Kiſſen, welche nur aus Mücken beſtand.‟ Die Brutzeit fällt in die letzten Tage des Maimonats; die zwei grauen, mit grünlichbraunen und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichneten Eier werden ohne jegliche Unterlage auf den Boden gelegt. Das Junge kommt in einem Dunenkleid von dunkelbrauner Farbe zur Welt. Beide

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/702>, abgerufen am 29.06.2024.