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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Königsschnäpper. Schwarzbäuchiger Paradiesschnäpper.
Gesang hat der Königsschnäpper nicht; man vernimmt von ihm nur einen lauten und nicht eben
angenehmen Schrei. Gewöhnlich trifft man ihn blos einzeln an; nur gegen die Brutzeit hin hält er
sich mit seinem Gatten in inniger Gemeinschaft. Das Nest besteht aus Mos und Flechten und ist
innen mit Haar und Wolle ausgekleidet.

Blyth und Jerdon haben diesen prächtigen Vogel längere Zeit in der Gefangenschaft beobachtet.
Der Erstere hielt ihn in einem großen Gesellschaftsbauer mehrere Monate lang, weil er sich hier selbst
ernähren, d. h. die Fliegen wegfangen konnte, welche durch das verdorbene Futter herbeigezogen
wurden. Ein anderer, welchen Jerdon beobachtete, lebte mehrere Tage in einem geschlossenen
Raume und beschäftigte sich während des ganzen Tages mit Fliegen- und Mückenfang.

Es scheint, daß sich alle Arten dieser reichhaltigen Sippe auch in der Lebensweise ähneln, und
deshalb wird es gerechtfertigt sein, wenn ich Vorstehendem noch andere Beobachtungen hinzufüge. Jn
den Waldungen Ostafrikas bin ich dem schwarzbäuchigen Paradiesschnäpper (Terpsiphone
melanogastra
oder Terpsiphone Ferreti) häufig begegnet; im Thal von Mensah sahen wir ihn täglich,
da, wo der Hochwald reichen Unterwuchs hatte, gewiß. Hier lebt der prächtige Vogel paarweise; aber
es hält nicht eben leicht, neben dem auffallenden Männchen auch das bescheidenere Weibchen aufzu-
finden. Weiß sich doch sogar jenes, seiner prachtvollen Farben ungeachtet, vortrefflich in dem bunten
Gelaube zu verstecken!

Jn seinem Wesen hat dieser Paradiesschnäpper viel mit den echten Fliegenfängern gemein,
erinnert aber auch wieder an die Bienenfresser. Während des Sitzens spielt er mit seiner Holle und
dem Schwanze, welchen er langsam hin- und herschwingt. Sein Flug ist sonderbar; er ist rasch und
leicht, wenn es gilt, nach Fliegenfängerart ein Kerbthier zu verfolgen oder einen Eindringling der
gleichen Art aus dem Gebiet zu jagen, langsam schwebend, absatzweise und scheinbar schwerfällig hin-
gegen, wenn es sich darum handelt, größere Strecken zu überfliegen, ohne daß dabei eine Erregung
maßgebend ist.

Wenn der Paradiesschnäpper sein Prachtkleid trägt, ist er unter allen Umständen eine überaus
fesselnde Erscheinung. Um diese Zeit zeigt er sich auch in seiner ganzen Lebendigkeit. Die Liebe hat
sich seiner bemächtigt, und die Eifersucht geht mit derselben gleichen Schritt. Dann verfolgen sich die
Männchen mit außergewöhnlicher Heftigkeit und Beharrlichkeit, manchmal viertelstundenlang ohne
Unterbrechung. Sie jagen mit raschem Fluge hinter einander her durch die Kronen der Bäume und
durch die dichtesten Gebüsche, und ihre weißen Schwanzfedern ziehen wie eine prächtige Schleppe
hinterdrein, so recht eigentlich von der Luft getragen. Jch muß der lebendigen Schilderung
Swinhoe's, welche derselbe von einem in China lebenden Sippenverwandten entworfen, vollkommen
beistimmen. Der fliegende Fliegenschnäpper gewährt wirklich einen großartigen Anblick, wenn
die beiden langen Federn, welche der leichteste Wind bewegt, bald sich nähern, bald wieder von
einander entfernen und überhaupt die zierlichsten Wellenlinien beschreiben. Baillant, welcher die
erste ausführlichere Lebensbeschreibung eines dieser Vögel gab, des nach seinem Geschrei "Tschitrek"
benannten Paradiesschnäppers aus Südafrika, hat auch beobachtet, daß die Männchen sehr kampf-
lustig sind, und berichtet wahrheitsgetreu, zuweilen fünf oder sechs zusammengesehen zu haben, welche
hinter einander wüthend herflogen. Unglaublich dagegen scheint mir seine Angabe, daß die kampf-
lustigen Vögel es hauptsächlich auf die langen Schwanzfedern ihrer Gegner abgesehen hätten und diese
gelegentlich abbissen oder ausrissen. Jch darf versichern, niemals etwas Aehnliches gesehen zu haben
Allerdings trifft man die Paradiesschnäpper nur wenige Monate oder nur Wochen im vollen Hoch-
zeitskleide an; die Prachtfedern nutzen sich im Gelaube bald ab, fallen dann aus und werden durch
minder lange ersetzt: während der angegebenen Zeit aber tragen nach meinen Erfahrungen alle alten
Männchen ihren Schmuck unversehrt.

Die Stimme des schwarzbäuchigen Paradiesschnäppers hat Nichts von der Rauhigkeit des Lock-
tons anderer Arten, sie ist im Gegentheil ein sehr wohlklingendes und ziemlich leises "Wüht, wüht",

Königsſchnäpper. Schwarzbäuchiger Paradiesſchnäpper.
Geſang hat der Königsſchnäpper nicht; man vernimmt von ihm nur einen lauten und nicht eben
angenehmen Schrei. Gewöhnlich trifft man ihn blos einzeln an; nur gegen die Brutzeit hin hält er
ſich mit ſeinem Gatten in inniger Gemeinſchaft. Das Neſt beſteht aus Mos und Flechten und iſt
innen mit Haar und Wolle ausgekleidet.

Blyth und Jerdon haben dieſen prächtigen Vogel längere Zeit in der Gefangenſchaft beobachtet.
Der Erſtere hielt ihn in einem großen Geſellſchaftsbauer mehrere Monate lang, weil er ſich hier ſelbſt
ernähren, d. h. die Fliegen wegfangen konnte, welche durch das verdorbene Futter herbeigezogen
wurden. Ein anderer, welchen Jerdon beobachtete, lebte mehrere Tage in einem geſchloſſenen
Raume und beſchäftigte ſich während des ganzen Tages mit Fliegen- und Mückenfang.

Es ſcheint, daß ſich alle Arten dieſer reichhaltigen Sippe auch in der Lebensweiſe ähneln, und
deshalb wird es gerechtfertigt ſein, wenn ich Vorſtehendem noch andere Beobachtungen hinzufüge. Jn
den Waldungen Oſtafrikas bin ich dem ſchwarzbäuchigen Paradiesſchnäpper (Terpsiphone
melanogastra
oder Terpsiphone Ferreti) häufig begegnet; im Thal von Menſah ſahen wir ihn täglich,
da, wo der Hochwald reichen Unterwuchs hatte, gewiß. Hier lebt der prächtige Vogel paarweiſe; aber
es hält nicht eben leicht, neben dem auffallenden Männchen auch das beſcheidenere Weibchen aufzu-
finden. Weiß ſich doch ſogar jenes, ſeiner prachtvollen Farben ungeachtet, vortrefflich in dem bunten
Gelaube zu verſtecken!

Jn ſeinem Weſen hat dieſer Paradiesſchnäpper viel mit den echten Fliegenfängern gemein,
erinnert aber auch wieder an die Bienenfreſſer. Während des Sitzens ſpielt er mit ſeiner Holle und
dem Schwanze, welchen er langſam hin- und herſchwingt. Sein Flug iſt ſonderbar; er iſt raſch und
leicht, wenn es gilt, nach Fliegenfängerart ein Kerbthier zu verfolgen oder einen Eindringling der
gleichen Art aus dem Gebiet zu jagen, langſam ſchwebend, abſatzweiſe und ſcheinbar ſchwerfällig hin-
gegen, wenn es ſich darum handelt, größere Strecken zu überfliegen, ohne daß dabei eine Erregung
maßgebend iſt.

Wenn der Paradiesſchnäpper ſein Prachtkleid trägt, iſt er unter allen Umſtänden eine überaus
feſſelnde Erſcheinung. Um dieſe Zeit zeigt er ſich auch in ſeiner ganzen Lebendigkeit. Die Liebe hat
ſich ſeiner bemächtigt, und die Eiferſucht geht mit derſelben gleichen Schritt. Dann verfolgen ſich die
Männchen mit außergewöhnlicher Heftigkeit und Beharrlichkeit, manchmal viertelſtundenlang ohne
Unterbrechung. Sie jagen mit raſchem Fluge hinter einander her durch die Kronen der Bäume und
durch die dichteſten Gebüſche, und ihre weißen Schwanzfedern ziehen wie eine prächtige Schleppe
hinterdrein, ſo recht eigentlich von der Luft getragen. Jch muß der lebendigen Schilderung
Swinhoe’s, welche derſelbe von einem in China lebenden Sippenverwandten entworfen, vollkommen
beiſtimmen. Der fliegende Fliegenſchnäpper gewährt wirklich einen großartigen Anblick, wenn
die beiden langen Federn, welche der leichteſte Wind bewegt, bald ſich nähern, bald wieder von
einander entfernen und überhaupt die zierlichſten Wellenlinien beſchreiben. Baillant, welcher die
erſte ausführlichere Lebensbeſchreibung eines dieſer Vögel gab, des nach ſeinem Geſchrei „Tſchitrek‟
benannten Paradiesſchnäppers aus Südafrika, hat auch beobachtet, daß die Männchen ſehr kampf-
luſtig ſind, und berichtet wahrheitsgetreu, zuweilen fünf oder ſechs zuſammengeſehen zu haben, welche
hinter einander wüthend herflogen. Unglaublich dagegen ſcheint mir ſeine Angabe, daß die kampf-
luſtigen Vögel es hauptſächlich auf die langen Schwanzfedern ihrer Gegner abgeſehen hätten und dieſe
gelegentlich abbiſſen oder ausriſſen. Jch darf verſichern, niemals etwas Aehnliches geſehen zu haben
Allerdings trifft man die Paradiesſchnäpper nur wenige Monate oder nur Wochen im vollen Hoch-
zeitskleide an; die Prachtfedern nutzen ſich im Gelaube bald ab, fallen dann aus und werden durch
minder lange erſetzt: während der angegebenen Zeit aber tragen nach meinen Erfahrungen alle alten
Männchen ihren Schmuck unverſehrt.

Die Stimme des ſchwarzbäuchigen Paradiesſchnäppers hat Nichts von der Rauhigkeit des Lock-
tons anderer Arten, ſie iſt im Gegentheil ein ſehr wohlklingendes und ziemlich leiſes „Wüht, wüht‟,

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[729/0773] Königsſchnäpper. Schwarzbäuchiger Paradiesſchnäpper. Geſang hat der Königsſchnäpper nicht; man vernimmt von ihm nur einen lauten und nicht eben angenehmen Schrei. Gewöhnlich trifft man ihn blos einzeln an; nur gegen die Brutzeit hin hält er ſich mit ſeinem Gatten in inniger Gemeinſchaft. Das Neſt beſteht aus Mos und Flechten und iſt innen mit Haar und Wolle ausgekleidet. Blyth und Jerdon haben dieſen prächtigen Vogel längere Zeit in der Gefangenſchaft beobachtet. Der Erſtere hielt ihn in einem großen Geſellſchaftsbauer mehrere Monate lang, weil er ſich hier ſelbſt ernähren, d. h. die Fliegen wegfangen konnte, welche durch das verdorbene Futter herbeigezogen wurden. Ein anderer, welchen Jerdon beobachtete, lebte mehrere Tage in einem geſchloſſenen Raume und beſchäftigte ſich während des ganzen Tages mit Fliegen- und Mückenfang. Es ſcheint, daß ſich alle Arten dieſer reichhaltigen Sippe auch in der Lebensweiſe ähneln, und deshalb wird es gerechtfertigt ſein, wenn ich Vorſtehendem noch andere Beobachtungen hinzufüge. Jn den Waldungen Oſtafrikas bin ich dem ſchwarzbäuchigen Paradiesſchnäpper (Terpsiphone melanogastra oder Terpsiphone Ferreti) häufig begegnet; im Thal von Menſah ſahen wir ihn täglich, da, wo der Hochwald reichen Unterwuchs hatte, gewiß. Hier lebt der prächtige Vogel paarweiſe; aber es hält nicht eben leicht, neben dem auffallenden Männchen auch das beſcheidenere Weibchen aufzu- finden. Weiß ſich doch ſogar jenes, ſeiner prachtvollen Farben ungeachtet, vortrefflich in dem bunten Gelaube zu verſtecken! Jn ſeinem Weſen hat dieſer Paradiesſchnäpper viel mit den echten Fliegenfängern gemein, erinnert aber auch wieder an die Bienenfreſſer. Während des Sitzens ſpielt er mit ſeiner Holle und dem Schwanze, welchen er langſam hin- und herſchwingt. Sein Flug iſt ſonderbar; er iſt raſch und leicht, wenn es gilt, nach Fliegenfängerart ein Kerbthier zu verfolgen oder einen Eindringling der gleichen Art aus dem Gebiet zu jagen, langſam ſchwebend, abſatzweiſe und ſcheinbar ſchwerfällig hin- gegen, wenn es ſich darum handelt, größere Strecken zu überfliegen, ohne daß dabei eine Erregung maßgebend iſt. Wenn der Paradiesſchnäpper ſein Prachtkleid trägt, iſt er unter allen Umſtänden eine überaus feſſelnde Erſcheinung. Um dieſe Zeit zeigt er ſich auch in ſeiner ganzen Lebendigkeit. Die Liebe hat ſich ſeiner bemächtigt, und die Eiferſucht geht mit derſelben gleichen Schritt. Dann verfolgen ſich die Männchen mit außergewöhnlicher Heftigkeit und Beharrlichkeit, manchmal viertelſtundenlang ohne Unterbrechung. Sie jagen mit raſchem Fluge hinter einander her durch die Kronen der Bäume und durch die dichteſten Gebüſche, und ihre weißen Schwanzfedern ziehen wie eine prächtige Schleppe hinterdrein, ſo recht eigentlich von der Luft getragen. Jch muß der lebendigen Schilderung Swinhoe’s, welche derſelbe von einem in China lebenden Sippenverwandten entworfen, vollkommen beiſtimmen. Der fliegende Fliegenſchnäpper gewährt wirklich einen großartigen Anblick, wenn die beiden langen Federn, welche der leichteſte Wind bewegt, bald ſich nähern, bald wieder von einander entfernen und überhaupt die zierlichſten Wellenlinien beſchreiben. Baillant, welcher die erſte ausführlichere Lebensbeſchreibung eines dieſer Vögel gab, des nach ſeinem Geſchrei „Tſchitrek‟ benannten Paradiesſchnäppers aus Südafrika, hat auch beobachtet, daß die Männchen ſehr kampf- luſtig ſind, und berichtet wahrheitsgetreu, zuweilen fünf oder ſechs zuſammengeſehen zu haben, welche hinter einander wüthend herflogen. Unglaublich dagegen ſcheint mir ſeine Angabe, daß die kampf- luſtigen Vögel es hauptſächlich auf die langen Schwanzfedern ihrer Gegner abgeſehen hätten und dieſe gelegentlich abbiſſen oder ausriſſen. Jch darf verſichern, niemals etwas Aehnliches geſehen zu haben Allerdings trifft man die Paradiesſchnäpper nur wenige Monate oder nur Wochen im vollen Hoch- zeitskleide an; die Prachtfedern nutzen ſich im Gelaube bald ab, fallen dann aus und werden durch minder lange erſetzt: während der angegebenen Zeit aber tragen nach meinen Erfahrungen alle alten Männchen ihren Schmuck unverſehrt. Die Stimme des ſchwarzbäuchigen Paradiesſchnäppers hat Nichts von der Rauhigkeit des Lock- tons anderer Arten, ſie iſt im Gegentheil ein ſehr wohlklingendes und ziemlich leiſes „Wüht, wüht‟,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/773>, abgerufen am 22.11.2024.