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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Fliegenfänger.
von beiden Eltern ausgebrütet werden. Nachdem die Jungen groß geworden, schweifen die Eltern
noch eine Zeitlang mit ihnen umher; hierauf treten sie sehr frühzeitig im Jahre ihre Winterreise an,
welche sie bis in die Urwaldungen Mittelafrikas führt und erst im Spätfrühjahre endet.



Der Fliegenfänger (Butalis grisola) kennzeichnet sich durch folgende Merkmale. Das
Gefieder des Männchens ist auf der Oberseite tiefgrau, der Schaft jeder Feder schwarz; der Scheitel ist
schwarzgrau, etwas lichter gefleckt, die einzelnen Federn sind hier weiß oder tiefgrau gekantet, wodurch
eine leichte Fleckenzeichnung entsteht; die lichtgrauen Spitzenkanten an den Schwungfedern bilden zwei
wenig hervortretende Flügelbinden; die ganze Unterseite ist schmuzigweiß, auf den Seiten der Brust
rostgelblich überflogen, an den Kehlseiten und längs der Brust mit tiefgrauen, verwaschenen Längs-
flecken gezeichnet. Das Auge ist braun, Schnabel und Füße sind schwarz. Beim Weibchen sind alle
Farben blässer; beim Jungen ist die Oberseite weißlich und grau gepunktet und braun und rostgelb
getüpfelt, die Unterseite weißlich, in der Gurgelgegend und auf der Brust grau quer gefleckt. Die
Länge des Männchens beträgt 51/2 Zoll, die Breite 91/2 Zoll, die Fittiglänge 3 1/6 , die Schwanzlänge
2 1/3 Zoll. Das Weibchen ist um einige Linien kürzer und schmäler.

Jn Europa fehlt der Fliegenfänger nur den nördlichsten Ländern; in der Mitte des Erdtheils
begegnet man ihm allerorten. Er lebt im Gebirge wie in der Ebene, im tiefsten Walde wie in Obst-
gärten. Jn Südeuropa ist er gemein; nach Osten hin verbreitet er sich bis zum Kaukasus und Altai;
gelegentlich seiner Winterreise wandert er bis in die Waldungen Jnnerafrikas: ich habe ihn noch recht
häufig in den Wäldern am blauen Nil gesehen. Er ist durchaus nicht wählerisch, sondern nimmt mit
jedem Busch vorlieb, welcher nur einigermaßen seinen Ansprüchen genügt. Hohe Bäume, namentlich
solche, welche am Wasser stehen, bieten ihm alles zu seinem Leben Erforderliche. Er scheut das
Treiben des Menschen durchaus nicht und siedelt sich deshalb sehr häufig inmitten der Dorfschaften, ja
selbst inmitten eines Gehöftes an; er wohnt aber auch ebensogut an Orten, welche der Mensch nur
selten besucht. Je nachdem die Witterung günstig oder ungünstig ist, erscheint er Ende Aprils oder
im Anfang des Mai, gewöhnlich paarweise, schreitet bald nach seiner Ankunft zur Fortpflanzung und
verläßt uns wieder zu Ende Augusts oder im Anfang des September. Genau Dasselbe gilt für
Südeuropa: in Spanien beobachteten wir ihn auch nicht früher und nicht länger als in Deutschland.

Der Fliegenfänger ist ein sehr munterer und ruheloser Vogel, welcher den ganzen Tag über auf
Beute auslugt. Jn der Höhe eines Baumes oder Strauches auf einem dürren Aste oder anderweitig
hervorragender Zweigspitze sitzend, schaut er sich nach allen Seiten um, wippt ab und zu mit dem
Schwanze und wartet, bis ein fliegendes Kerbthier in seine Nähe kommt. Sobald er dasselbe erspäht
hat, fliegt er ihm mit großer Schnelligkeit nach, fängt es mit vieler Geschicklichkeit, wobei man deutlich
das Zusammenklappen des Schnabels hört und kehrt auf dieselbe Stelle, von welcher er ausflog,
zurück. Sein Flug ist schön, ziemlich schnell, oft flatternd mit wechselweise stark ausgebreiteten und
dann wieder sehr zusammengezogenen Schwingen und Schwanz. Jm Gezweig der Bäume hüpft er
nicht umher, und ebensowenig kommt er zum Boden herab.

Die Stimmmittel des Fliegenfängers sind sehr gering. Der Lockton ist ein langweiliges "Tschi
tschi", der Ausdruck der Zärtlichkeit ein verschieden hervorgestoßenes "Wistet", der Angstruf ein klägliches
"Tschireckteckteck", welches mit beständigem Flügelschlagen begleitet wird. Der Gesang ist ein leises,
zirpendes Geschwätz, welches der Hauptsache nach aus dem Lockton besteht und nur durch die ver-
schiedenartige Betonung desselben etwas abwechselt.

Fliegende Kerbthiere mancherlei Art, vor Allem Fliegen, Mücken, Schmetterlinge, Libellen
und dergleichen bilden seine Nahrung. Er faßt die erspähete Beute sicher ins Auge, fliegt in
gerader Richtung auf sie zu, fängt sie und kehrt mit ihr zu seinem Sitze zurück. Jst sie klein, so

Die Fänger. Singvögel. Fliegenfänger.
von beiden Eltern ausgebrütet werden. Nachdem die Jungen groß geworden, ſchweifen die Eltern
noch eine Zeitlang mit ihnen umher; hierauf treten ſie ſehr frühzeitig im Jahre ihre Winterreiſe an,
welche ſie bis in die Urwaldungen Mittelafrikas führt und erſt im Spätfrühjahre endet.



Der Fliegenfänger (Butalis grisola) kennzeichnet ſich durch folgende Merkmale. Das
Gefieder des Männchens iſt auf der Oberſeite tiefgrau, der Schaft jeder Feder ſchwarz; der Scheitel iſt
ſchwarzgrau, etwas lichter gefleckt, die einzelnen Federn ſind hier weiß oder tiefgrau gekantet, wodurch
eine leichte Fleckenzeichnung entſteht; die lichtgrauen Spitzenkanten an den Schwungfedern bilden zwei
wenig hervortretende Flügelbinden; die ganze Unterſeite iſt ſchmuzigweiß, auf den Seiten der Bruſt
roſtgelblich überflogen, an den Kehlſeiten und längs der Bruſt mit tiefgrauen, verwaſchenen Längs-
flecken gezeichnet. Das Auge iſt braun, Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Beim Weibchen ſind alle
Farben bläſſer; beim Jungen iſt die Oberſeite weißlich und grau gepunktet und braun und roſtgelb
getüpfelt, die Unterſeite weißlich, in der Gurgelgegend und auf der Bruſt grau quer gefleckt. Die
Länge des Männchens beträgt 5½ Zoll, die Breite 9½ Zoll, die Fittiglänge 3⅙, die Schwanzlänge
2⅓ Zoll. Das Weibchen iſt um einige Linien kürzer und ſchmäler.

Jn Europa fehlt der Fliegenfänger nur den nördlichſten Ländern; in der Mitte des Erdtheils
begegnet man ihm allerorten. Er lebt im Gebirge wie in der Ebene, im tiefſten Walde wie in Obſt-
gärten. Jn Südeuropa iſt er gemein; nach Oſten hin verbreitet er ſich bis zum Kaukaſus und Altai;
gelegentlich ſeiner Winterreiſe wandert er bis in die Waldungen Jnnerafrikas: ich habe ihn noch recht
häufig in den Wäldern am blauen Nil geſehen. Er iſt durchaus nicht wähleriſch, ſondern nimmt mit
jedem Buſch vorlieb, welcher nur einigermaßen ſeinen Anſprüchen genügt. Hohe Bäume, namentlich
ſolche, welche am Waſſer ſtehen, bieten ihm alles zu ſeinem Leben Erforderliche. Er ſcheut das
Treiben des Menſchen durchaus nicht und ſiedelt ſich deshalb ſehr häufig inmitten der Dorfſchaften, ja
ſelbſt inmitten eines Gehöftes an; er wohnt aber auch ebenſogut an Orten, welche der Menſch nur
ſelten beſucht. Je nachdem die Witterung günſtig oder ungünſtig iſt, erſcheint er Ende Aprils oder
im Anfang des Mai, gewöhnlich paarweiſe, ſchreitet bald nach ſeiner Ankunft zur Fortpflanzung und
verläßt uns wieder zu Ende Auguſts oder im Anfang des September. Genau Daſſelbe gilt für
Südeuropa: in Spanien beobachteten wir ihn auch nicht früher und nicht länger als in Deutſchland.

Der Fliegenfänger iſt ein ſehr munterer und ruheloſer Vogel, welcher den ganzen Tag über auf
Beute auslugt. Jn der Höhe eines Baumes oder Strauches auf einem dürren Aſte oder anderweitig
hervorragender Zweigſpitze ſitzend, ſchaut er ſich nach allen Seiten um, wippt ab und zu mit dem
Schwanze und wartet, bis ein fliegendes Kerbthier in ſeine Nähe kommt. Sobald er daſſelbe erſpäht
hat, fliegt er ihm mit großer Schnelligkeit nach, fängt es mit vieler Geſchicklichkeit, wobei man deutlich
das Zuſammenklappen des Schnabels hört und kehrt auf dieſelbe Stelle, von welcher er ausflog,
zurück. Sein Flug iſt ſchön, ziemlich ſchnell, oft flatternd mit wechſelweiſe ſtark ausgebreiteten und
dann wieder ſehr zuſammengezogenen Schwingen und Schwanz. Jm Gezweig der Bäume hüpft er
nicht umher, und ebenſowenig kommt er zum Boden herab.

Die Stimmmittel des Fliegenfängers ſind ſehr gering. Der Lockton iſt ein langweiliges „Tſchi
tſchi‟, der Ausdruck der Zärtlichkeit ein verſchieden hervorgeſtoßenes „Wistet‟, der Angſtruf ein klägliches
„Tſchireckteckteck‟, welches mit beſtändigem Flügelſchlagen begleitet wird. Der Geſang iſt ein leiſes,
zirpendes Geſchwätz, welches der Hauptſache nach aus dem Lockton beſteht und nur durch die ver-
ſchiedenartige Betonung deſſelben etwas abwechſelt.

Fliegende Kerbthiere mancherlei Art, vor Allem Fliegen, Mücken, Schmetterlinge, Libellen
und dergleichen bilden ſeine Nahrung. Er faßt die erſpähete Beute ſicher ins Auge, fliegt in
gerader Richtung auf ſie zu, fängt ſie und kehrt mit ihr zu ſeinem Sitze zurück. Jſt ſie klein, ſo

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[732/0776] Die Fänger. Singvögel. Fliegenfänger. von beiden Eltern ausgebrütet werden. Nachdem die Jungen groß geworden, ſchweifen die Eltern noch eine Zeitlang mit ihnen umher; hierauf treten ſie ſehr frühzeitig im Jahre ihre Winterreiſe an, welche ſie bis in die Urwaldungen Mittelafrikas führt und erſt im Spätfrühjahre endet. Der Fliegenfänger (Butalis grisola) kennzeichnet ſich durch folgende Merkmale. Das Gefieder des Männchens iſt auf der Oberſeite tiefgrau, der Schaft jeder Feder ſchwarz; der Scheitel iſt ſchwarzgrau, etwas lichter gefleckt, die einzelnen Federn ſind hier weiß oder tiefgrau gekantet, wodurch eine leichte Fleckenzeichnung entſteht; die lichtgrauen Spitzenkanten an den Schwungfedern bilden zwei wenig hervortretende Flügelbinden; die ganze Unterſeite iſt ſchmuzigweiß, auf den Seiten der Bruſt roſtgelblich überflogen, an den Kehlſeiten und längs der Bruſt mit tiefgrauen, verwaſchenen Längs- flecken gezeichnet. Das Auge iſt braun, Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Beim Weibchen ſind alle Farben bläſſer; beim Jungen iſt die Oberſeite weißlich und grau gepunktet und braun und roſtgelb getüpfelt, die Unterſeite weißlich, in der Gurgelgegend und auf der Bruſt grau quer gefleckt. Die Länge des Männchens beträgt 5½ Zoll, die Breite 9½ Zoll, die Fittiglänge 3⅙, die Schwanzlänge 2⅓ Zoll. Das Weibchen iſt um einige Linien kürzer und ſchmäler. Jn Europa fehlt der Fliegenfänger nur den nördlichſten Ländern; in der Mitte des Erdtheils begegnet man ihm allerorten. Er lebt im Gebirge wie in der Ebene, im tiefſten Walde wie in Obſt- gärten. Jn Südeuropa iſt er gemein; nach Oſten hin verbreitet er ſich bis zum Kaukaſus und Altai; gelegentlich ſeiner Winterreiſe wandert er bis in die Waldungen Jnnerafrikas: ich habe ihn noch recht häufig in den Wäldern am blauen Nil geſehen. Er iſt durchaus nicht wähleriſch, ſondern nimmt mit jedem Buſch vorlieb, welcher nur einigermaßen ſeinen Anſprüchen genügt. Hohe Bäume, namentlich ſolche, welche am Waſſer ſtehen, bieten ihm alles zu ſeinem Leben Erforderliche. Er ſcheut das Treiben des Menſchen durchaus nicht und ſiedelt ſich deshalb ſehr häufig inmitten der Dorfſchaften, ja ſelbſt inmitten eines Gehöftes an; er wohnt aber auch ebenſogut an Orten, welche der Menſch nur ſelten beſucht. Je nachdem die Witterung günſtig oder ungünſtig iſt, erſcheint er Ende Aprils oder im Anfang des Mai, gewöhnlich paarweiſe, ſchreitet bald nach ſeiner Ankunft zur Fortpflanzung und verläßt uns wieder zu Ende Auguſts oder im Anfang des September. Genau Daſſelbe gilt für Südeuropa: in Spanien beobachteten wir ihn auch nicht früher und nicht länger als in Deutſchland. Der Fliegenfänger iſt ein ſehr munterer und ruheloſer Vogel, welcher den ganzen Tag über auf Beute auslugt. Jn der Höhe eines Baumes oder Strauches auf einem dürren Aſte oder anderweitig hervorragender Zweigſpitze ſitzend, ſchaut er ſich nach allen Seiten um, wippt ab und zu mit dem Schwanze und wartet, bis ein fliegendes Kerbthier in ſeine Nähe kommt. Sobald er daſſelbe erſpäht hat, fliegt er ihm mit großer Schnelligkeit nach, fängt es mit vieler Geſchicklichkeit, wobei man deutlich das Zuſammenklappen des Schnabels hört und kehrt auf dieſelbe Stelle, von welcher er ausflog, zurück. Sein Flug iſt ſchön, ziemlich ſchnell, oft flatternd mit wechſelweiſe ſtark ausgebreiteten und dann wieder ſehr zuſammengezogenen Schwingen und Schwanz. Jm Gezweig der Bäume hüpft er nicht umher, und ebenſowenig kommt er zum Boden herab. Die Stimmmittel des Fliegenfängers ſind ſehr gering. Der Lockton iſt ein langweiliges „Tſchi tſchi‟, der Ausdruck der Zärtlichkeit ein verſchieden hervorgeſtoßenes „Wistet‟, der Angſtruf ein klägliches „Tſchireckteckteck‟, welches mit beſtändigem Flügelſchlagen begleitet wird. Der Geſang iſt ein leiſes, zirpendes Geſchwätz, welches der Hauptſache nach aus dem Lockton beſteht und nur durch die ver- ſchiedenartige Betonung deſſelben etwas abwechſelt. Fliegende Kerbthiere mancherlei Art, vor Allem Fliegen, Mücken, Schmetterlinge, Libellen und dergleichen bilden ſeine Nahrung. Er faßt die erſpähete Beute ſicher ins Auge, fliegt in gerader Richtung auf ſie zu, fängt ſie und kehrt mit ihr zu ſeinem Sitze zurück. Jſt ſie klein, ſo

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/776>, abgerufen am 22.11.2024.