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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Seidenschwanz.
hier fast ebensogut, als wo es keine Beeren in der Nähe gibt, und man muß darin ihre Vorliebe zu
den Ebreschbeeren, im Vergleich mit den Wachholderbeeren, erkennen."

An die Gefangenschaft gewöhnt sich der Seidenschwanz ohne alle Umstände. "Setzt man ihn in
einen Käfig, so ergibt er sich, nach einigen schwachen Versuchen, ein Loch zum Herauskriechen zu ent-
decken, sogleich in sein Schicksal, verzehrt die ihm vorgelegten Beeren und sitzt nun ruhig. Mengt
man ihm die Beeren unter Drosselfutter, so frißt er dieses bald, sammt den Beeren, und nun hat es
weiter keine Noth, wenn man ihm nur vollauf gibt. Weil er sich immer ruhig verhält, so verstößt
und beschmuzt er sein seidenartiges Gefieder durchaus nicht, hält sich immer glatt und schön und ver-
gnügt dadurch, wie durch sein zahmes, stilles Betragen seinen Besitzer." Am besten hält er sich in
einem großen Gesellschaftsbauer, wo seine Unreinlichkeit minder auffällt, als im engen Käfig. Mit
andern Vögeln lebt er höchst verträglich, und wenn er sich frei bewegen kann, hält er sich auch reinlich
und nett. Einzelne Gefangene sollen acht bis zehn Jahre am Leben erhalten worden sein; die
meisten sterben aber schon im ersten Sommer nach ihrer Gefangennahme. Gewöhnlich reicht man
ihnen Drosselfutter, sie machen aber noch viel geringere Ansprüche und nehmen sogar mit eingeweichtem
Weißbrod oder mit Gerstengrütze, sogar mit im Wasser angefeuchteter Kleie fürlieb, fressen allerlei
gekochtes Gemüse, Kartoffeln, Salat u. s. w. und verlangen, wie bemerkt, nur wenig Pflege, voraus-
gesetzt, daß man ihren Tisch reichlich genug besetzt.



Jn Amerika, Südasien und Neuholland leben Prachtvögel, welche untereinander große Aehn-
lichkeit zeigen und deshalb von vielen Forschern in ein und derselben Familie vereinigt worden sind,
während Andere die Gesammtheit in mehrere kleinere Gruppen zerfällen und diese zu Familien erheben.
Wir dürfen uns ohne Bedenken den Ersteren anschließen.

Die Schmuckvögel (Piprae), welche auch wohl Zier- oder Sammtvögel genannt werden,
tragen fast sämmtlich ein seidenweiches, in den prachtvollsten Farben prangendes Gefieder. Die
meisten von ihnen sind klein, die wenigsten erreichen die Größe einer Taube. Jhr Leib ist gedrungen;
die Flügel sind mittellang oder kurz; der Schwanz ist fast immer kurz; der Schnabel ist an der Wurzel
ziemlich breit, auf der Firste gewölbt und in der Regel ebenfalls kurz; seine Spitze ist mehr oder
weniger herabgebogen und neben dem schwachen Endhaken mit einer kleinen Kerbe versehen; die Füße
sind stark und kräftig, die Läufe mittel- oder ziemlich lang, die Zehen verhältnißmäßig kurz. Das
Gefieder ist reich, aber knapp anliegend, seine Färbung je nach Geschlecht und Alter gewöhnlich sehr
verschieden.

Alle Schmuckvögel sind Waldbewohner und gehören hauptsächlich der Niederung an; einzelne
nehmen aber auch in hügeligen und namentlich in felsigen Gegenden Herberge. Unbewaldete Strecken
meiden alle. Die meisten Arten leben in kleinen Trupps in den hohen Baumkronen und sondern
sich nur während der Brutzeit in Paare. Sie fallen auf durch die Farbenpracht ihres Gefieders und
ebenso durch ihre oft recht sonderbare Stimme. Viele Arten zeichnen sich auch durch große Lebendigkeit
und Beweglichkeit aus, und einzelne führen noch außerdem während der Brutzeit besondere Tänze auf.
Jhre Sinne sind wohl entwickelt und ihre geistigen Fähigkeiten wenigstens bei den meisten Arten
ziemlich ausgebildet. Die Nahrung besteht größentheils, bei einzelnen ausschließlich in Früchten. Sie
verschlingen solche von bedeutender Größe: "Jn einem dichten und niedern Gebüsch", erzählt Kitt-
litz,
"stieß ich plötzlich auf einen Schmuckvogel, welcher sich dicht bei mir verstecken zu wollen schien,
dann aber sehr schwerfällig einige Schritte weiter flog und nachlässig versteckt wieder Platz nahm.
Jch war genöthigt, ihn in dieser geringen Entfernung zu schießen, wodurch der Balg zum Ausstopfen
unbrauchbar wurde. Bei Besichtigung des Magens erstaunte ich nicht wenig, ihn bis zur unnatürlichsten
Ausdehnung angefüllt zu finden mit einer einzigen harten und kugelförmigen Masse, welche ich für den

Seidenſchwanz.
hier faſt ebenſogut, als wo es keine Beeren in der Nähe gibt, und man muß darin ihre Vorliebe zu
den Ebreſchbeeren, im Vergleich mit den Wachholderbeeren, erkennen.‟

An die Gefangenſchaft gewöhnt ſich der Seidenſchwanz ohne alle Umſtände. „Setzt man ihn in
einen Käfig, ſo ergibt er ſich, nach einigen ſchwachen Verſuchen, ein Loch zum Herauskriechen zu ent-
decken, ſogleich in ſein Schickſal, verzehrt die ihm vorgelegten Beeren und ſitzt nun ruhig. Mengt
man ihm die Beeren unter Droſſelfutter, ſo frißt er dieſes bald, ſammt den Beeren, und nun hat es
weiter keine Noth, wenn man ihm nur vollauf gibt. Weil er ſich immer ruhig verhält, ſo verſtößt
und beſchmuzt er ſein ſeidenartiges Gefieder durchaus nicht, hält ſich immer glatt und ſchön und ver-
gnügt dadurch, wie durch ſein zahmes, ſtilles Betragen ſeinen Beſitzer.‟ Am beſten hält er ſich in
einem großen Geſellſchaftsbauer, wo ſeine Unreinlichkeit minder auffällt, als im engen Käfig. Mit
andern Vögeln lebt er höchſt verträglich, und wenn er ſich frei bewegen kann, hält er ſich auch reinlich
und nett. Einzelne Gefangene ſollen acht bis zehn Jahre am Leben erhalten worden ſein; die
meiſten ſterben aber ſchon im erſten Sommer nach ihrer Gefangennahme. Gewöhnlich reicht man
ihnen Droſſelfutter, ſie machen aber noch viel geringere Anſprüche und nehmen ſogar mit eingeweichtem
Weißbrod oder mit Gerſtengrütze, ſogar mit im Waſſer angefeuchteter Kleie fürlieb, freſſen allerlei
gekochtes Gemüſe, Kartoffeln, Salat u. ſ. w. und verlangen, wie bemerkt, nur wenig Pflege, voraus-
geſetzt, daß man ihren Tiſch reichlich genug beſetzt.



Jn Amerika, Südaſien und Neuholland leben Prachtvögel, welche untereinander große Aehn-
lichkeit zeigen und deshalb von vielen Forſchern in ein und derſelben Familie vereinigt worden ſind,
während Andere die Geſammtheit in mehrere kleinere Gruppen zerfällen und dieſe zu Familien erheben.
Wir dürfen uns ohne Bedenken den Erſteren anſchließen.

Die Schmuckvögel (Piprae), welche auch wohl Zier- oder Sammtvögel genannt werden,
tragen faſt ſämmtlich ein ſeidenweiches, in den prachtvollſten Farben prangendes Gefieder. Die
meiſten von ihnen ſind klein, die wenigſten erreichen die Größe einer Taube. Jhr Leib iſt gedrungen;
die Flügel ſind mittellang oder kurz; der Schwanz iſt faſt immer kurz; der Schnabel iſt an der Wurzel
ziemlich breit, auf der Firſte gewölbt und in der Regel ebenfalls kurz; ſeine Spitze iſt mehr oder
weniger herabgebogen und neben dem ſchwachen Endhaken mit einer kleinen Kerbe verſehen; die Füße
ſind ſtark und kräftig, die Läufe mittel- oder ziemlich lang, die Zehen verhältnißmäßig kurz. Das
Gefieder iſt reich, aber knapp anliegend, ſeine Färbung je nach Geſchlecht und Alter gewöhnlich ſehr
verſchieden.

Alle Schmuckvögel ſind Waldbewohner und gehören hauptſächlich der Niederung an; einzelne
nehmen aber auch in hügeligen und namentlich in felſigen Gegenden Herberge. Unbewaldete Strecken
meiden alle. Die meiſten Arten leben in kleinen Trupps in den hohen Baumkronen und ſondern
ſich nur während der Brutzeit in Paare. Sie fallen auf durch die Farbenpracht ihres Gefieders und
ebenſo durch ihre oft recht ſonderbare Stimme. Viele Arten zeichnen ſich auch durch große Lebendigkeit
und Beweglichkeit aus, und einzelne führen noch außerdem während der Brutzeit beſondere Tänze auf.
Jhre Sinne ſind wohl entwickelt und ihre geiſtigen Fähigkeiten wenigſtens bei den meiſten Arten
ziemlich ausgebildet. Die Nahrung beſteht größentheils, bei einzelnen ausſchließlich in Früchten. Sie
verſchlingen ſolche von bedeutender Größe: „Jn einem dichten und niedern Gebüſch‟, erzählt Kitt-
litz,
„ſtieß ich plötzlich auf einen Schmuckvogel, welcher ſich dicht bei mir verſtecken zu wollen ſchien,
dann aber ſehr ſchwerfällig einige Schritte weiter flog und nachläſſig verſteckt wieder Platz nahm.
Jch war genöthigt, ihn in dieſer geringen Entfernung zu ſchießen, wodurch der Balg zum Ausſtopfen
unbrauchbar wurde. Bei Beſichtigung des Magens erſtaunte ich nicht wenig, ihn bis zur unnatürlichſten
Ausdehnung angefüllt zu finden mit einer einzigen harten und kugelförmigen Maſſe, welche ich für den

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[743/0787] Seidenſchwanz. hier faſt ebenſogut, als wo es keine Beeren in der Nähe gibt, und man muß darin ihre Vorliebe zu den Ebreſchbeeren, im Vergleich mit den Wachholderbeeren, erkennen.‟ An die Gefangenſchaft gewöhnt ſich der Seidenſchwanz ohne alle Umſtände. „Setzt man ihn in einen Käfig, ſo ergibt er ſich, nach einigen ſchwachen Verſuchen, ein Loch zum Herauskriechen zu ent- decken, ſogleich in ſein Schickſal, verzehrt die ihm vorgelegten Beeren und ſitzt nun ruhig. Mengt man ihm die Beeren unter Droſſelfutter, ſo frißt er dieſes bald, ſammt den Beeren, und nun hat es weiter keine Noth, wenn man ihm nur vollauf gibt. Weil er ſich immer ruhig verhält, ſo verſtößt und beſchmuzt er ſein ſeidenartiges Gefieder durchaus nicht, hält ſich immer glatt und ſchön und ver- gnügt dadurch, wie durch ſein zahmes, ſtilles Betragen ſeinen Beſitzer.‟ Am beſten hält er ſich in einem großen Geſellſchaftsbauer, wo ſeine Unreinlichkeit minder auffällt, als im engen Käfig. Mit andern Vögeln lebt er höchſt verträglich, und wenn er ſich frei bewegen kann, hält er ſich auch reinlich und nett. Einzelne Gefangene ſollen acht bis zehn Jahre am Leben erhalten worden ſein; die meiſten ſterben aber ſchon im erſten Sommer nach ihrer Gefangennahme. Gewöhnlich reicht man ihnen Droſſelfutter, ſie machen aber noch viel geringere Anſprüche und nehmen ſogar mit eingeweichtem Weißbrod oder mit Gerſtengrütze, ſogar mit im Waſſer angefeuchteter Kleie fürlieb, freſſen allerlei gekochtes Gemüſe, Kartoffeln, Salat u. ſ. w. und verlangen, wie bemerkt, nur wenig Pflege, voraus- geſetzt, daß man ihren Tiſch reichlich genug beſetzt. Jn Amerika, Südaſien und Neuholland leben Prachtvögel, welche untereinander große Aehn- lichkeit zeigen und deshalb von vielen Forſchern in ein und derſelben Familie vereinigt worden ſind, während Andere die Geſammtheit in mehrere kleinere Gruppen zerfällen und dieſe zu Familien erheben. Wir dürfen uns ohne Bedenken den Erſteren anſchließen. Die Schmuckvögel (Piprae), welche auch wohl Zier- oder Sammtvögel genannt werden, tragen faſt ſämmtlich ein ſeidenweiches, in den prachtvollſten Farben prangendes Gefieder. Die meiſten von ihnen ſind klein, die wenigſten erreichen die Größe einer Taube. Jhr Leib iſt gedrungen; die Flügel ſind mittellang oder kurz; der Schwanz iſt faſt immer kurz; der Schnabel iſt an der Wurzel ziemlich breit, auf der Firſte gewölbt und in der Regel ebenfalls kurz; ſeine Spitze iſt mehr oder weniger herabgebogen und neben dem ſchwachen Endhaken mit einer kleinen Kerbe verſehen; die Füße ſind ſtark und kräftig, die Läufe mittel- oder ziemlich lang, die Zehen verhältnißmäßig kurz. Das Gefieder iſt reich, aber knapp anliegend, ſeine Färbung je nach Geſchlecht und Alter gewöhnlich ſehr verſchieden. Alle Schmuckvögel ſind Waldbewohner und gehören hauptſächlich der Niederung an; einzelne nehmen aber auch in hügeligen und namentlich in felſigen Gegenden Herberge. Unbewaldete Strecken meiden alle. Die meiſten Arten leben in kleinen Trupps in den hohen Baumkronen und ſondern ſich nur während der Brutzeit in Paare. Sie fallen auf durch die Farbenpracht ihres Gefieders und ebenſo durch ihre oft recht ſonderbare Stimme. Viele Arten zeichnen ſich auch durch große Lebendigkeit und Beweglichkeit aus, und einzelne führen noch außerdem während der Brutzeit beſondere Tänze auf. Jhre Sinne ſind wohl entwickelt und ihre geiſtigen Fähigkeiten wenigſtens bei den meiſten Arten ziemlich ausgebildet. Die Nahrung beſteht größentheils, bei einzelnen ausſchließlich in Früchten. Sie verſchlingen ſolche von bedeutender Größe: „Jn einem dichten und niedern Gebüſch‟, erzählt Kitt- litz, „ſtieß ich plötzlich auf einen Schmuckvogel, welcher ſich dicht bei mir verſtecken zu wollen ſchien, dann aber ſehr ſchwerfällig einige Schritte weiter flog und nachläſſig verſteckt wieder Platz nahm. Jch war genöthigt, ihn in dieſer geringen Entfernung zu ſchießen, wodurch der Balg zum Ausſtopfen unbrauchbar wurde. Bei Beſichtigung des Magens erſtaunte ich nicht wenig, ihn bis zur unnatürlichſten Ausdehnung angefüllt zu finden mit einer einzigen harten und kugelförmigen Maſſe, welche ich für den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/787>, abgerufen am 22.11.2024.