Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Spottdrossel. Katzenvogel.
des Scheitels ist braunschwarz, das der Kehle lichtgrau; die Unterschwanzdeckfedern sind rostroth.
Die Länge beträgt 9 Zoll, die Fittiglänge 4 Zoll, die Schwanzlänge 4 Zoll 3 Linien. Beide Vögel
wurden auf Helgoland erlegt.



Jn der alten Welt und zwar in Afrika und Südasien leben den Spottdrosseln nah verwandte
Vögel, welche wir Lärmdrosseln (Timaliae) nennen wollen. Sie kennzeichnen sich durch
gedrungenen Leib, sehr kurze und gerundete Flügel, in denen die vierte oder fünfte Schwinge die
längsten sind, einen mittellangen, mehr oder weniger abgerundeten, breitfederigen Schwanz, kräftige
Füße und einen verhältnißmäßig starken, seitlich zusammengedrückten Schnabel, dessen Oberkiefer an
der Spitze sich ein wenig umbiegt. Das Gefieder ist gewöhnlich locker und düsterfarbig.

[Abbildung] Der Katzenvogel (Galeoscoptes carolinensis). Seite 810.

Die Lärmdrosseln erinnern in mancher Hinsicht an die Walddrosseln, in anderer aber auch wieder
an die Heher, an die Würger und an die Grasmücken. Sie beleben die Buschwaldungen oder das
Unterholz in hochstämmigen Wäldern, auch wohl die Rohrdickichte Jndiens, sind höchst gesellig, ohne
jedoch zahlreiche Flüge zu bilden, sehr regsam und fast ohne Ausnahme schreilustig. Es gibt
einzelne gute Sänger unter ihnen; die Mehrzahl aber beweist ihre größte Fertigkeit im Durchschlüpfen
dichter Gebüsche. Der Flug ist höchst mittelmäßig, und deshalb erheben sich nur wenige Arten bis zu
den Wipfeln größerer Bäume. Die Nahrung besteht aus Kerbthieren, Schnecken, Würmern und
dergleichen, ebenso aber auch aus Früchten und besonders aus Beeren, an denen die heimatlichen
Wälder unserer Vögel so reich sind.

Die Familie ist so reichhaltig, daß ich mich hier nothgedrungen auf wenige Arten beschränken
muß. Als die begabteste der mir bekannt gewordenen Lärmdrosseln sehe ich den Grauvogel

Spottdroſſel. Katzenvogel.
des Scheitels iſt braunſchwarz, das der Kehle lichtgrau; die Unterſchwanzdeckfedern ſind roſtroth.
Die Länge beträgt 9 Zoll, die Fittiglänge 4 Zoll, die Schwanzlänge 4 Zoll 3 Linien. Beide Vögel
wurden auf Helgoland erlegt.



Jn der alten Welt und zwar in Afrika und Südaſien leben den Spottdroſſeln nah verwandte
Vögel, welche wir Lärmdroſſeln (Timaliae) nennen wollen. Sie kennzeichnen ſich durch
gedrungenen Leib, ſehr kurze und gerundete Flügel, in denen die vierte oder fünfte Schwinge die
längſten ſind, einen mittellangen, mehr oder weniger abgerundeten, breitfederigen Schwanz, kräftige
Füße und einen verhältnißmäßig ſtarken, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, deſſen Oberkiefer an
der Spitze ſich ein wenig umbiegt. Das Gefieder iſt gewöhnlich locker und düſterfarbig.

[Abbildung] Der Katzenvogel (Galeoscoptes carolinensis). Seite 810.

Die Lärmdroſſeln erinnern in mancher Hinſicht an die Walddroſſeln, in anderer aber auch wieder
an die Heher, an die Würger und an die Grasmücken. Sie beleben die Buſchwaldungen oder das
Unterholz in hochſtämmigen Wäldern, auch wohl die Rohrdickichte Jndiens, ſind höchſt geſellig, ohne
jedoch zahlreiche Flüge zu bilden, ſehr regſam und faſt ohne Ausnahme ſchreiluſtig. Es gibt
einzelne gute Sänger unter ihnen; die Mehrzahl aber beweiſt ihre größte Fertigkeit im Durchſchlüpfen
dichter Gebüſche. Der Flug iſt höchſt mittelmäßig, und deshalb erheben ſich nur wenige Arten bis zu
den Wipfeln größerer Bäume. Die Nahrung beſteht aus Kerbthieren, Schnecken, Würmern und
dergleichen, ebenſo aber auch aus Früchten und beſonders aus Beeren, an denen die heimatlichen
Wälder unſerer Vögel ſo reich ſind.

Die Familie iſt ſo reichhaltig, daß ich mich hier nothgedrungen auf wenige Arten beſchränken
muß. Als die begabteſte der mir bekannt gewordenen Lärmdroſſeln ſehe ich den Grauvogel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0857" n="811"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Spottdro&#x017F;&#x017F;el. Katzenvogel.</hi></fw><lb/>
des Scheitels i&#x017F;t braun&#x017F;chwarz, das der Kehle lichtgrau; die Unter&#x017F;chwanzdeckfedern &#x017F;ind ro&#x017F;troth.<lb/>
Die Länge beträgt 9 Zoll, die Fittiglänge 4 Zoll, die Schwanzlänge 4 Zoll 3 Linien. Beide Vögel<lb/>
wurden auf Helgoland erlegt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jn der alten Welt und zwar in Afrika und Süda&#x017F;ien leben den Spottdro&#x017F;&#x017F;eln nah verwandte<lb/>
Vögel, welche wir <hi rendition="#g">Lärmdro&#x017F;&#x017F;eln</hi> (<hi rendition="#aq">Timaliae</hi>) nennen wollen. Sie kennzeichnen &#x017F;ich durch<lb/>
gedrungenen Leib, &#x017F;ehr kurze und gerundete Flügel, in denen die vierte oder fünfte Schwinge die<lb/>
läng&#x017F;ten &#x017F;ind, einen mittellangen, mehr oder weniger abgerundeten, breitfederigen Schwanz, kräftige<lb/>
Füße und einen verhältnißmäßig &#x017F;tarken, &#x017F;eitlich zu&#x017F;ammengedrückten Schnabel, de&#x017F;&#x017F;en Oberkiefer an<lb/>
der Spitze &#x017F;ich ein wenig umbiegt. Das Gefieder i&#x017F;t gewöhnlich locker und dü&#x017F;terfarbig.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Katzenvogel</hi> (<hi rendition="#aq">Galeoscoptes carolinensis</hi>). Seite 810.</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Die Lärmdro&#x017F;&#x017F;eln erinnern in mancher Hin&#x017F;icht an die Walddro&#x017F;&#x017F;eln, in anderer aber auch wieder<lb/>
an die Heher, an die Würger und an die Grasmücken. Sie beleben die Bu&#x017F;chwaldungen oder das<lb/>
Unterholz in hoch&#x017F;tämmigen Wäldern, auch wohl die Rohrdickichte Jndiens, &#x017F;ind höch&#x017F;t ge&#x017F;ellig, ohne<lb/>
jedoch zahlreiche Flüge zu bilden, &#x017F;ehr reg&#x017F;am und fa&#x017F;t ohne Ausnahme &#x017F;chreilu&#x017F;tig. Es gibt<lb/>
einzelne gute Sänger unter ihnen; die Mehrzahl aber bewei&#x017F;t ihre größte Fertigkeit im Durch&#x017F;chlüpfen<lb/>
dichter Gebü&#x017F;che. Der Flug i&#x017F;t höch&#x017F;t mittelmäßig, und deshalb erheben &#x017F;ich nur wenige Arten bis zu<lb/>
den Wipfeln größerer Bäume. Die Nahrung be&#x017F;teht aus Kerbthieren, Schnecken, Würmern und<lb/>
dergleichen, eben&#x017F;o aber auch aus Früchten und be&#x017F;onders aus Beeren, an denen die heimatlichen<lb/>
Wälder un&#x017F;erer Vögel &#x017F;o reich &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Die Familie i&#x017F;t &#x017F;o reichhaltig, daß ich mich hier nothgedrungen auf wenige Arten be&#x017F;chränken<lb/>
muß. Als die begabte&#x017F;te der mir bekannt gewordenen Lärmdro&#x017F;&#x017F;eln &#x017F;ehe ich den <hi rendition="#g">Grauvogel</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[811/0857] Spottdroſſel. Katzenvogel. des Scheitels iſt braunſchwarz, das der Kehle lichtgrau; die Unterſchwanzdeckfedern ſind roſtroth. Die Länge beträgt 9 Zoll, die Fittiglänge 4 Zoll, die Schwanzlänge 4 Zoll 3 Linien. Beide Vögel wurden auf Helgoland erlegt. Jn der alten Welt und zwar in Afrika und Südaſien leben den Spottdroſſeln nah verwandte Vögel, welche wir Lärmdroſſeln (Timaliae) nennen wollen. Sie kennzeichnen ſich durch gedrungenen Leib, ſehr kurze und gerundete Flügel, in denen die vierte oder fünfte Schwinge die längſten ſind, einen mittellangen, mehr oder weniger abgerundeten, breitfederigen Schwanz, kräftige Füße und einen verhältnißmäßig ſtarken, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, deſſen Oberkiefer an der Spitze ſich ein wenig umbiegt. Das Gefieder iſt gewöhnlich locker und düſterfarbig. [Abbildung Der Katzenvogel (Galeoscoptes carolinensis). Seite 810.] Die Lärmdroſſeln erinnern in mancher Hinſicht an die Walddroſſeln, in anderer aber auch wieder an die Heher, an die Würger und an die Grasmücken. Sie beleben die Buſchwaldungen oder das Unterholz in hochſtämmigen Wäldern, auch wohl die Rohrdickichte Jndiens, ſind höchſt geſellig, ohne jedoch zahlreiche Flüge zu bilden, ſehr regſam und faſt ohne Ausnahme ſchreiluſtig. Es gibt einzelne gute Sänger unter ihnen; die Mehrzahl aber beweiſt ihre größte Fertigkeit im Durchſchlüpfen dichter Gebüſche. Der Flug iſt höchſt mittelmäßig, und deshalb erheben ſich nur wenige Arten bis zu den Wipfeln größerer Bäume. Die Nahrung beſteht aus Kerbthieren, Schnecken, Würmern und dergleichen, ebenſo aber auch aus Früchten und beſonders aus Beeren, an denen die heimatlichen Wälder unſerer Vögel ſo reich ſind. Die Familie iſt ſo reichhaltig, daß ich mich hier nothgedrungen auf wenige Arten beſchränken muß. Als die begabteſte der mir bekannt gewordenen Lärmdroſſeln ſehe ich den Grauvogel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/857
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 811. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/857>, abgerufen am 22.11.2024.