rothbraun gesäumt, die Steuerfedern dunkelbraun. Das Auge ist röthlichbraun; der Schnabel und die Füße sind braun. Beim Weibchen ist auch der Scheitel schwarz gestrichelt, die Gurgelgegend aber roth, anstatt blau.
Ueber das Leben des allen Ansiedlern Australiens wohlbekannten Vogels haben Gould und Ramsay ziemlich ausführlich berichtet. Der Emuschlüpfer hat eine weite Verbreitung. Er bewohnt das ganze südliche Australien von der Moritonbay an der Ostküste bis zum Schwanenflusse an der Westküste und ebenso Tasmanien. Sumpfige Gegenden sind seine Wohnsitze. Wo er vor- kommt, ist er häufig. Gewöhnlich trifft man ihn paarweise oder in kleinen Familien an, immer zurück- gezogen, nächst dem Boden, in der Mitte der dichtesten Grasdickichte, so verborgen, daß man ihn selten zu sehen bekommt; es scheint auch, als liebe er es durchaus nicht, gesehen zu werden. Seine sehr kurzen, runden Flügel sind nicht zum Fluge geeignet, und er übt diese Kunst nur ausnahmsweise aus; wenn die Gräser vom Thau und Regen naß sind, kann er die Flügel gar nicht gebrauchen. Dafür versteht er zu laufen und zwar auf dem Boden ebenso gut wie zwischen den Halmen seines Gras- waldes. Er ist überaus schnell und beweglich, behend und gewandt, wendet und schwenkt sich mit unglaublicher Leichtigkeit und vereitelt deshalb die meisten Nachstellungen. Wenn ein Verfolger ihm plötzlich hart auf den Leib kommt, verschwindet er, Dank seiner Kunst im Verstecken, vor dessen Augen; zum Fliegen entschließt er sich nur, wenn er unbedingt fliegen muß. Bei ruhigem Sitzen trägt er den Schwanz aufrecht, gelegentlich auch wohl über den Rücken nach vorn gerichtet; bei schnellem Laufe aber hält er ihn wagerecht nach hinten. Wenn er wirklich einmal aufgescheucht wurde, fliegt er dicht über den Grasspitzen dahin und wirft sich plötzlich von der Höhe wieder zur Tiefe hernieder. Zuweilen erscheint er auf der Spitze eines Halmes, um vonhieraus seine Welt zu über- schauen. Das Männchen läßt während der Zeit seiner Liebe ein kurzes, aber niedliches Gezwitscher vernehmen; der Lockton ist ein leises Zirpen.
Gould fand ein Nest, jedoch ohne Eier. Es war verhältnißmäßig klein, ballförmig, aus Gras gebaut, bis auf einen seitlichen Zugang geschlossen, innen mit Federn ausgelegt, sehr geschickt unter einem Grasbüschel oder niedrigen Busche verborgen. Genaueres erfahren wir durch Ramsay. Er entdeckte ein Nest Ende Septembers, aber erst, nachdem er tagelang die sehr häufigen Vögel beobachtet hatte, und da nur durch Zufall. Es war eiförmig, das Eingangsloch sehr groß, seine Mulde so seicht, daß die Eier, wenn das Ganze stark bewegt worden wäre, herausgerollt sein würden, bestand äußerlich aus Würzelchen, innerlich aus feinen Halmen und war mit einer Lage von Mos ausgekleidet; das Gefüge war überaus locker, geradezu lose. Die drei Eier waren auf rein weißem Grunde über und über mit feinen lichtrothen Punkten bestreut, am dicken Ende am dichtesten; ein Ei war ungefleckt. -- Das Weibchen saß sehr fest und kehrte, eben vertrieben, sogleich wieder zum Standorte des Nestes zurück.
Ungefähr dieselbe Stellung, welche die Wasserschwätzer, Ameisenvögel und Pittas unter den Drosseln einnehmen, gebührt den Schlüpfern (Troglodytae) unter den Sängern. Die Familie dieser Vögel, welche übrigens gewöhnlich nur als Unterfamilie angesehen wird, ist vielfach hin und her geworfen worden, je nach der Anschauung der betreffenden Forscher. Einige haben die Schlüpfer als Baumläufer oder wenigstens als Dünnschnäbler angesehen, Andere glauben in ihnen die nächsten Verwandten der Lärmdrosseln zu erkennen; Diese vereinigen sie mit den Ameisendrosseln und Jene mit den Zahnschnäblern. Jch glaube, ihnen hier ihre Stelle anweisen zu dürfen, will aber ausdrücklich bemerken, daß ich durchaus kein Gewicht auf meine Ansicht lege.
Die Schlüpfer sind kleine, gedrungen gebaute, kurzflüglige und kurzschwänzige Sänger mit reichem, sehr übereinstimmend gezeichneten Federkleid. Der Schnabel ist kurz oder mittellang, dünn, pfriemenförmig, seitlich zusammengedrückt, längs der Firste gebogen; die Füße sind mittelhoch, ziemlich
Brehm, Thierleben. III. 56
Emuſchlüpfer.
rothbraun geſäumt, die Steuerfedern dunkelbraun. Das Auge iſt röthlichbraun; der Schnabel und die Füße ſind braun. Beim Weibchen iſt auch der Scheitel ſchwarz geſtrichelt, die Gurgelgegend aber roth, anſtatt blau.
Ueber das Leben des allen Anſiedlern Auſtraliens wohlbekannten Vogels haben Gould und Ramſay ziemlich ausführlich berichtet. Der Emuſchlüpfer hat eine weite Verbreitung. Er bewohnt das ganze ſüdliche Auſtralien von der Moritonbay an der Oſtküſte bis zum Schwanenfluſſe an der Weſtküſte und ebenſo Tasmanien. Sumpfige Gegenden ſind ſeine Wohnſitze. Wo er vor- kommt, iſt er häufig. Gewöhnlich trifft man ihn paarweiſe oder in kleinen Familien an, immer zurück- gezogen, nächſt dem Boden, in der Mitte der dichteſten Grasdickichte, ſo verborgen, daß man ihn ſelten zu ſehen bekommt; es ſcheint auch, als liebe er es durchaus nicht, geſehen zu werden. Seine ſehr kurzen, runden Flügel ſind nicht zum Fluge geeignet, und er übt dieſe Kunſt nur ausnahmsweiſe aus; wenn die Gräſer vom Thau und Regen naß ſind, kann er die Flügel gar nicht gebrauchen. Dafür verſteht er zu laufen und zwar auf dem Boden ebenſo gut wie zwiſchen den Halmen ſeines Gras- waldes. Er iſt überaus ſchnell und beweglich, behend und gewandt, wendet und ſchwenkt ſich mit unglaublicher Leichtigkeit und vereitelt deshalb die meiſten Nachſtellungen. Wenn ein Verfolger ihm plötzlich hart auf den Leib kommt, verſchwindet er, Dank ſeiner Kunſt im Verſtecken, vor deſſen Augen; zum Fliegen entſchließt er ſich nur, wenn er unbedingt fliegen muß. Bei ruhigem Sitzen trägt er den Schwanz aufrecht, gelegentlich auch wohl über den Rücken nach vorn gerichtet; bei ſchnellem Laufe aber hält er ihn wagerecht nach hinten. Wenn er wirklich einmal aufgeſcheucht wurde, fliegt er dicht über den Grasſpitzen dahin und wirft ſich plötzlich von der Höhe wieder zur Tiefe hernieder. Zuweilen erſcheint er auf der Spitze eines Halmes, um vonhieraus ſeine Welt zu über- ſchauen. Das Männchen läßt während der Zeit ſeiner Liebe ein kurzes, aber niedliches Gezwitſcher vernehmen; der Lockton iſt ein leiſes Zirpen.
Gould fand ein Neſt, jedoch ohne Eier. Es war verhältnißmäßig klein, ballförmig, aus Gras gebaut, bis auf einen ſeitlichen Zugang geſchloſſen, innen mit Federn ausgelegt, ſehr geſchickt unter einem Grasbüſchel oder niedrigen Buſche verborgen. Genaueres erfahren wir durch Ramſay. Er entdeckte ein Neſt Ende Septembers, aber erſt, nachdem er tagelang die ſehr häufigen Vögel beobachtet hatte, und da nur durch Zufall. Es war eiförmig, das Eingangsloch ſehr groß, ſeine Mulde ſo ſeicht, daß die Eier, wenn das Ganze ſtark bewegt worden wäre, herausgerollt ſein würden, beſtand äußerlich aus Würzelchen, innerlich aus feinen Halmen und war mit einer Lage von Mos ausgekleidet; das Gefüge war überaus locker, geradezu loſe. Die drei Eier waren auf rein weißem Grunde über und über mit feinen lichtrothen Punkten beſtreut, am dicken Ende am dichteſten; ein Ei war ungefleckt. — Das Weibchen ſaß ſehr feſt und kehrte, eben vertrieben, ſogleich wieder zum Standorte des Neſtes zurück.
Ungefähr dieſelbe Stellung, welche die Waſſerſchwätzer, Ameiſenvögel und Pittas unter den Droſſeln einnehmen, gebührt den Schlüpfern (Troglodytae) unter den Sängern. Die Familie dieſer Vögel, welche übrigens gewöhnlich nur als Unterfamilie angeſehen wird, iſt vielfach hin und her geworfen worden, je nach der Anſchauung der betreffenden Forſcher. Einige haben die Schlüpfer als Baumläufer oder wenigſtens als Dünnſchnäbler angeſehen, Andere glauben in ihnen die nächſten Verwandten der Lärmdroſſeln zu erkennen; Dieſe vereinigen ſie mit den Ameiſendroſſeln und Jene mit den Zahnſchnäblern. Jch glaube, ihnen hier ihre Stelle anweiſen zu dürfen, will aber ausdrücklich bemerken, daß ich durchaus kein Gewicht auf meine Anſicht lege.
Die Schlüpfer ſind kleine, gedrungen gebaute, kurzflüglige und kurzſchwänzige Sänger mit reichem, ſehr übereinſtimmend gezeichneten Federkleid. Der Schnabel iſt kurz oder mittellang, dünn, pfriemenförmig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Firſte gebogen; die Füße ſind mittelhoch, ziemlich
Brehm, Thierleben. III. 56
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[881/0929]
Emuſchlüpfer.
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die Füße ſind braun. Beim Weibchen iſt auch der Scheitel ſchwarz geſtrichelt, die Gurgelgegend aber
roth, anſtatt blau.
Ueber das Leben des allen Anſiedlern Auſtraliens wohlbekannten Vogels haben Gould und
Ramſay ziemlich ausführlich berichtet. Der Emuſchlüpfer hat eine weite Verbreitung. Er
bewohnt das ganze ſüdliche Auſtralien von der Moritonbay an der Oſtküſte bis zum Schwanenfluſſe
an der Weſtküſte und ebenſo Tasmanien. Sumpfige Gegenden ſind ſeine Wohnſitze. Wo er vor-
kommt, iſt er häufig. Gewöhnlich trifft man ihn paarweiſe oder in kleinen Familien an, immer zurück-
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zu ſehen bekommt; es ſcheint auch, als liebe er es durchaus nicht, geſehen zu werden. Seine ſehr
kurzen, runden Flügel ſind nicht zum Fluge geeignet, und er übt dieſe Kunſt nur ausnahmsweiſe aus;
wenn die Gräſer vom Thau und Regen naß ſind, kann er die Flügel gar nicht gebrauchen. Dafür
verſteht er zu laufen und zwar auf dem Boden ebenſo gut wie zwiſchen den Halmen ſeines Gras-
waldes. Er iſt überaus ſchnell und beweglich, behend und gewandt, wendet und ſchwenkt ſich
mit unglaublicher Leichtigkeit und vereitelt deshalb die meiſten Nachſtellungen. Wenn ein Verfolger
ihm plötzlich hart auf den Leib kommt, verſchwindet er, Dank ſeiner Kunſt im Verſtecken, vor deſſen
Augen; zum Fliegen entſchließt er ſich nur, wenn er unbedingt fliegen muß. Bei ruhigem Sitzen
trägt er den Schwanz aufrecht, gelegentlich auch wohl über den Rücken nach vorn gerichtet; bei
ſchnellem Laufe aber hält er ihn wagerecht nach hinten. Wenn er wirklich einmal aufgeſcheucht wurde,
fliegt er dicht über den Grasſpitzen dahin und wirft ſich plötzlich von der Höhe wieder zur Tiefe
hernieder. Zuweilen erſcheint er auf der Spitze eines Halmes, um vonhieraus ſeine Welt zu über-
ſchauen. Das Männchen läßt während der Zeit ſeiner Liebe ein kurzes, aber niedliches Gezwitſcher
vernehmen; der Lockton iſt ein leiſes Zirpen.
Gould fand ein Neſt, jedoch ohne Eier. Es war verhältnißmäßig klein, ballförmig, aus Gras
gebaut, bis auf einen ſeitlichen Zugang geſchloſſen, innen mit Federn ausgelegt, ſehr geſchickt unter
einem Grasbüſchel oder niedrigen Buſche verborgen. Genaueres erfahren wir durch Ramſay. Er
entdeckte ein Neſt Ende Septembers, aber erſt, nachdem er tagelang die ſehr häufigen Vögel beobachtet
hatte, und da nur durch Zufall. Es war eiförmig, das Eingangsloch ſehr groß, ſeine Mulde ſo ſeicht,
daß die Eier, wenn das Ganze ſtark bewegt worden wäre, herausgerollt ſein würden, beſtand äußerlich
aus Würzelchen, innerlich aus feinen Halmen und war mit einer Lage von Mos ausgekleidet; das
Gefüge war überaus locker, geradezu loſe. Die drei Eier waren auf rein weißem Grunde über und
über mit feinen lichtrothen Punkten beſtreut, am dicken Ende am dichteſten; ein Ei war ungefleckt. —
Das Weibchen ſaß ſehr feſt und kehrte, eben vertrieben, ſogleich wieder zum Standorte des Neſtes zurück.
Ungefähr dieſelbe Stellung, welche die Waſſerſchwätzer, Ameiſenvögel und Pittas unter den
Droſſeln einnehmen, gebührt den Schlüpfern (Troglodytae) unter den Sängern. Die Familie
dieſer Vögel, welche übrigens gewöhnlich nur als Unterfamilie angeſehen wird, iſt vielfach hin und her
geworfen worden, je nach der Anſchauung der betreffenden Forſcher. Einige haben die Schlüpfer als
Baumläufer oder wenigſtens als Dünnſchnäbler angeſehen, Andere glauben in ihnen die nächſten
Verwandten der Lärmdroſſeln zu erkennen; Dieſe vereinigen ſie mit den Ameiſendroſſeln und Jene mit
den Zahnſchnäblern. Jch glaube, ihnen hier ihre Stelle anweiſen zu dürfen, will aber ausdrücklich
bemerken, daß ich durchaus kein Gewicht auf meine Anſicht lege.
Die Schlüpfer ſind kleine, gedrungen gebaute, kurzflüglige und kurzſchwänzige Sänger mit
reichem, ſehr übereinſtimmend gezeichneten Federkleid. Der Schnabel iſt kurz oder mittellang, dünn,
pfriemenförmig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Firſte gebogen; die Füße ſind mittelhoch, ziemlich
Brehm, Thierleben. III. 56
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 881. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/929>, abgerufen am 22.11.2024.
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