Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.Entwicklung des Eies. sich hier nach außen ein kleiner Vorsprung bemerklich; in der dreißigsten Stunde sieht man in derblasenförmigen Höhlung desselben, welche mit einer hellen Flüssigkeit angefüllt ist, einen trüben, wolkigen Körper von länglicher Gestalt, welcher aus zarter Gallerte besteht. Gegen Ende des zweiten Tages zeigen sich die ersten Spuren von Blut als röthliche Punkte, Streifen und Linien, welche nach und nach zusammenfließen und ein Netz bilden. Dieses, die Anlage der Gefäße, wird am dritten Tage deutlicher, verbindet sich erst zu Aesten und bildet schließlich einen Mittelpunkt, das Herz, in Form einer zusammengeschlängelten Röhre mit drei Erweiterungen. Bald nach seiner Vollendung beginnt es sich auszudehnen und zusammen zu ziehen: das Leben ist nicht blos erwacht, sondern auch sichtbar geworden. Aus drei durchsichtigen Bläschen, unter denen man einen ganz farblosen, aber hervorstehenden Punkt bemerkt, baut sich der Kopf auf; jene Punkte sind die Augen. Von dem einen Bläschen zieht sich ein Streifen abwärts, welcher aus paarweise aneinanderliegenden Bläschen besteht: aus ihm wird die Wirbelsäule hervorgehen. Zwei hervorspringende Platten am unteren Ende derselben bezeichnen den Umkreis des Unterleibes; Spuren des Gekröses, des Magens und der Gedärme zeigen sich bereits. Am vierten Tage hat sich der Dotter vergrößert, aber gelichtet und verdünnt; das Eiweiß hat abgenommen; der Gefäßraum ist größer geworden; die Gefäße haben sich gemehrt; die Scheidung derselben in Schlag- und Blutadern bereitet sich vor; der Keim hat sich gekrümmt und berührt mit dem Kopfe das Schwanzende; das Herz hat sich deutlicher gebildet: man sieht Gefäße des Hirns, Spuren der Kiefer, Ansätze zu Flügeln und Füßen und eine grauröthliche gallert- artige Masse, welche sich zur Leber gestalten wird. Am fünften Tage haben sich das Herz, die Gefäße und die Eingeweide weiter ausgebildet; die Brust ist von dem vom Rückgrat ausgehenden Wulste und den Flügeln fast bedeckt; am Ende des Tages werden die Lungenanfänge bemerklich. Das Herz ist mit einem durchsichtigen Beutel umgeben, das Rückenmark deutlich sichtbar geworden. Mit dem sechsten Tage hat sich die Eihaut zu zwei in einander geschlossenen Blasen ausgebildet, von denen die äußere die Lederhaut, die innere den Keim umgebende die Schafshaut genannt wird; am Unterleibe des Keimes bemerkt man einen Sack, welcher sich nun durch Beimischen des Eiweißes vergrößert und Gefäße in den Leib des Kügelchen sendet. Die einzelnen Theile des Leibes entwickeln sich bestimmter und gliedern sich; der Keim selbst zeigt am Ende des Tages zuweilen eine Art von Bewegung. Am siebenten Tage schwimmt er in der Flüssigkeit der Schafshaut, ist fast einen Zoll lang geworden, sein Kopf beinahe so groß wie der Leib; im Gehirn, welches als eine schleimige, weichliche Masse erscheint, lassen sich bereits einzelne Theile unterscheiden, am Rückgrat Spuren der beginnenden Verknorpelung bemerken, die Rippenfänge als weißliche Streifen wahrnehmen, Speiseröhre, Kropf und Magen deutlicher sehen, Gallenblase und Milz wenigstens erkennen. Am achten Tage hat sich der Keim wieder um zwei Linien vergrößert, der Ansatz zum Brustbein gebildet; weißliche Streifen um die Knochenanfänge geben sich kund als die werdenden Muskeln. Der neunte Tag läßt einen kleinen Vorsprung an dem sehr großen Kopfe, den Oberschnabel, durchsichtige Augenlider auf den sehr großen Augen, das im Herzbeutel eingeschlossene, schon ausgebildete, zwölf Mal in einer Minute pulsirende reizbare Herz, das fester gewordene Hirn und den Beginn der Knorpelverhärtung ersichtlich werden. An den beiden folgenden Tagen, dem zehnten und elften, wächst der Keim bis zu einer Länge von zwanzig Linien heran; der Kopf wird verhältnißmäßig kleiner, liegt zwischen den Füßen und ist fast mit den Flügeln bedeckt; die Gallenblase hat sich gefüllt; die gefäßreiche Haut zeigt Erhabenheiten, aus welchen Federn hervorbrechen. An den beiden folgenden Tagen bewegt sich der über zwei Zoll lange Keim schon stark; aus der Haut brechen in der Steißgegend, am Rücken, auf den Flügeln und Schenkeln flaumenartige Federn hervor; die Glieder bilden sich aus; Fuß und Zehen bedecken sich mit zarten, weißlichen Schuppen; der Schnabel gestaltet sich und verknorpelt; das Gehirn erlangt fast ganz seine künftige, bleibende Gestalt; die Schädeldecken verknorpeln; die Lungen bilden sich zu verhältnißmäßiger Größe aus; an der Luftröhre nimmt man bereits Knorpelringe, an den Nieren die Harngefäße, außerdem den Harnleiter, Eierstock und die Eierleiter wahr; die Muskeln sind noch weiß und weich, die größeren Sehnen werden aber schon deutlicher, in den meisten Knorpeln zeigen sich Ver- Entwicklung des Eies. ſich hier nach außen ein kleiner Vorſprung bemerklich; in der dreißigſten Stunde ſieht man in derblaſenförmigen Höhlung deſſelben, welche mit einer hellen Flüſſigkeit angefüllt iſt, einen trüben, wolkigen Körper von länglicher Geſtalt, welcher aus zarter Gallerte beſteht. Gegen Ende des zweiten Tages zeigen ſich die erſten Spuren von Blut als röthliche Punkte, Streifen und Linien, welche nach und nach zuſammenfließen und ein Netz bilden. Dieſes, die Anlage der Gefäße, wird am dritten Tage deutlicher, verbindet ſich erſt zu Aeſten und bildet ſchließlich einen Mittelpunkt, das Herz, in Form einer zuſammengeſchlängelten Röhre mit drei Erweiterungen. Bald nach ſeiner Vollendung beginnt es ſich auszudehnen und zuſammen zu ziehen: das Leben iſt nicht blos erwacht, ſondern auch ſichtbar geworden. Aus drei durchſichtigen Bläschen, unter denen man einen ganz farbloſen, aber hervorſtehenden Punkt bemerkt, baut ſich der Kopf auf; jene Punkte ſind die Augen. Von dem einen Bläschen zieht ſich ein Streifen abwärts, welcher aus paarweiſe aneinanderliegenden Bläschen beſteht: aus ihm wird die Wirbelſäule hervorgehen. Zwei hervorſpringende Platten am unteren Ende derſelben bezeichnen den Umkreis des Unterleibes; Spuren des Gekröſes, des Magens und der Gedärme zeigen ſich bereits. Am vierten Tage hat ſich der Dotter vergrößert, aber gelichtet und verdünnt; das Eiweiß hat abgenommen; der Gefäßraum iſt größer geworden; die Gefäße haben ſich gemehrt; die Scheidung derſelben in Schlag- und Blutadern bereitet ſich vor; der Keim hat ſich gekrümmt und berührt mit dem Kopfe das Schwanzende; das Herz hat ſich deutlicher gebildet: man ſieht Gefäße des Hirns, Spuren der Kiefer, Anſätze zu Flügeln und Füßen und eine grauröthliche gallert- artige Maſſe, welche ſich zur Leber geſtalten wird. Am fünften Tage haben ſich das Herz, die Gefäße und die Eingeweide weiter ausgebildet; die Bruſt iſt von dem vom Rückgrat ausgehenden Wulſte und den Flügeln faſt bedeckt; am Ende des Tages werden die Lungenanfänge bemerklich. Das Herz iſt mit einem durchſichtigen Beutel umgeben, das Rückenmark deutlich ſichtbar geworden. Mit dem ſechsten Tage hat ſich die Eihaut zu zwei in einander geſchloſſenen Blaſen ausgebildet, von denen die äußere die Lederhaut, die innere den Keim umgebende die Schafshaut genannt wird; am Unterleibe des Keimes bemerkt man einen Sack, welcher ſich nun durch Beimiſchen des Eiweißes vergrößert und Gefäße in den Leib des Kügelchen ſendet. Die einzelnen Theile des Leibes entwickeln ſich beſtimmter und gliedern ſich; der Keim ſelbſt zeigt am Ende des Tages zuweilen eine Art von Bewegung. Am ſiebenten Tage ſchwimmt er in der Flüſſigkeit der Schafshaut, iſt faſt einen Zoll lang geworden, ſein Kopf beinahe ſo groß wie der Leib; im Gehirn, welches als eine ſchleimige, weichliche Maſſe erſcheint, laſſen ſich bereits einzelne Theile unterſcheiden, am Rückgrat Spuren der beginnenden Verknorpelung bemerken, die Rippenfänge als weißliche Streifen wahrnehmen, Speiſeröhre, Kropf und Magen deutlicher ſehen, Gallenblaſe und Milz wenigſtens erkennen. Am achten Tage hat ſich der Keim wieder um zwei Linien vergrößert, der Anſatz zum Bruſtbein gebildet; weißliche Streifen um die Knochenanfänge geben ſich kund als die werdenden Muskeln. Der neunte Tag läßt einen kleinen Vorſprung an dem ſehr großen Kopfe, den Oberſchnabel, durchſichtige Augenlider auf den ſehr großen Augen, das im Herzbeutel eingeſchloſſene, ſchon ausgebildete, zwölf Mal in einer Minute pulſirende reizbare Herz, das feſter gewordene Hirn und den Beginn der Knorpelverhärtung erſichtlich werden. An den beiden folgenden Tagen, dem zehnten und elften, wächſt der Keim bis zu einer Länge von zwanzig Linien heran; der Kopf wird verhältnißmäßig kleiner, liegt zwiſchen den Füßen und iſt faſt mit den Flügeln bedeckt; die Gallenblaſe hat ſich gefüllt; die gefäßreiche Haut zeigt Erhabenheiten, aus welchen Federn hervorbrechen. An den beiden folgenden Tagen bewegt ſich der über zwei Zoll lange Keim ſchon ſtark; aus der Haut brechen in der Steißgegend, am Rücken, auf den Flügeln und Schenkeln flaumenartige Federn hervor; die Glieder bilden ſich aus; Fuß und Zehen bedecken ſich mit zarten, weißlichen Schuppen; der Schnabel geſtaltet ſich und verknorpelt; das Gehirn erlangt faſt ganz ſeine künftige, bleibende Geſtalt; die Schädeldecken verknorpeln; die Lungen bilden ſich zu verhältnißmäßiger Größe aus; an der Luftröhre nimmt man bereits Knorpelringe, an den Nieren die Harngefäße, außerdem den Harnleiter, Eierſtock und die Eierleiter wahr; die Muskeln ſind noch weiß und weich, die größeren Sehnen werden aber ſchon deutlicher, in den meiſten Knorpeln zeigen ſich Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f1041" n="987"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Entwicklung des Eies.</hi></fw><lb/> ſich hier nach außen ein kleiner Vorſprung bemerklich; in der dreißigſten Stunde ſieht man in der<lb/> blaſenförmigen Höhlung deſſelben, welche mit einer hellen Flüſſigkeit angefüllt iſt, einen trüben,<lb/> wolkigen Körper von länglicher Geſtalt, welcher aus zarter Gallerte beſteht. 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Entwicklung des Eies.
ſich hier nach außen ein kleiner Vorſprung bemerklich; in der dreißigſten Stunde ſieht man in der
blaſenförmigen Höhlung deſſelben, welche mit einer hellen Flüſſigkeit angefüllt iſt, einen trüben,
wolkigen Körper von länglicher Geſtalt, welcher aus zarter Gallerte beſteht. Gegen Ende des zweiten
Tages zeigen ſich die erſten Spuren von Blut als röthliche Punkte, Streifen und Linien, welche nach
und nach zuſammenfließen und ein Netz bilden. Dieſes, die Anlage der Gefäße, wird am dritten
Tage deutlicher, verbindet ſich erſt zu Aeſten und bildet ſchließlich einen Mittelpunkt, das Herz, in
Form einer zuſammengeſchlängelten Röhre mit drei Erweiterungen. Bald nach ſeiner Vollendung
beginnt es ſich auszudehnen und zuſammen zu ziehen: das Leben iſt nicht blos erwacht, ſondern auch
ſichtbar geworden. Aus drei durchſichtigen Bläschen, unter denen man einen ganz farbloſen, aber
hervorſtehenden Punkt bemerkt, baut ſich der Kopf auf; jene Punkte ſind die Augen. Von dem einen
Bläschen zieht ſich ein Streifen abwärts, welcher aus paarweiſe aneinanderliegenden Bläschen beſteht:
aus ihm wird die Wirbelſäule hervorgehen. Zwei hervorſpringende Platten am unteren Ende
derſelben bezeichnen den Umkreis des Unterleibes; Spuren des Gekröſes, des Magens und der
Gedärme zeigen ſich bereits. Am vierten Tage hat ſich der Dotter vergrößert, aber gelichtet und
verdünnt; das Eiweiß hat abgenommen; der Gefäßraum iſt größer geworden; die Gefäße haben ſich
gemehrt; die Scheidung derſelben in Schlag- und Blutadern bereitet ſich vor; der Keim hat ſich
gekrümmt und berührt mit dem Kopfe das Schwanzende; das Herz hat ſich deutlicher gebildet: man ſieht
Gefäße des Hirns, Spuren der Kiefer, Anſätze zu Flügeln und Füßen und eine grauröthliche gallert-
artige Maſſe, welche ſich zur Leber geſtalten wird. Am fünften Tage haben ſich das Herz, die
Gefäße und die Eingeweide weiter ausgebildet; die Bruſt iſt von dem vom Rückgrat ausgehenden Wulſte
und den Flügeln faſt bedeckt; am Ende des Tages werden die Lungenanfänge bemerklich. Das Herz
iſt mit einem durchſichtigen Beutel umgeben, das Rückenmark deutlich ſichtbar geworden. Mit dem
ſechsten Tage hat ſich die Eihaut zu zwei in einander geſchloſſenen Blaſen ausgebildet, von denen die
äußere die Lederhaut, die innere den Keim umgebende die Schafshaut genannt wird; am Unterleibe
des Keimes bemerkt man einen Sack, welcher ſich nun durch Beimiſchen des Eiweißes vergrößert und
Gefäße in den Leib des Kügelchen ſendet. Die einzelnen Theile des Leibes entwickeln ſich beſtimmter
und gliedern ſich; der Keim ſelbſt zeigt am Ende des Tages zuweilen eine Art von Bewegung. Am
ſiebenten Tage ſchwimmt er in der Flüſſigkeit der Schafshaut, iſt faſt einen Zoll lang geworden, ſein
Kopf beinahe ſo groß wie der Leib; im Gehirn, welches als eine ſchleimige, weichliche Maſſe erſcheint,
laſſen ſich bereits einzelne Theile unterſcheiden, am Rückgrat Spuren der beginnenden Verknorpelung
bemerken, die Rippenfänge als weißliche Streifen wahrnehmen, Speiſeröhre, Kropf und Magen
deutlicher ſehen, Gallenblaſe und Milz wenigſtens erkennen. Am achten Tage hat ſich der Keim
wieder um zwei Linien vergrößert, der Anſatz zum Bruſtbein gebildet; weißliche Streifen um die
Knochenanfänge geben ſich kund als die werdenden Muskeln. Der neunte Tag läßt einen kleinen
Vorſprung an dem ſehr großen Kopfe, den Oberſchnabel, durchſichtige Augenlider auf den ſehr großen
Augen, das im Herzbeutel eingeſchloſſene, ſchon ausgebildete, zwölf Mal in einer Minute pulſirende
reizbare Herz, das feſter gewordene Hirn und den Beginn der Knorpelverhärtung erſichtlich werden. An
den beiden folgenden Tagen, dem zehnten und elften, wächſt der Keim bis zu einer Länge von zwanzig
Linien heran; der Kopf wird verhältnißmäßig kleiner, liegt zwiſchen den Füßen und iſt faſt mit den
Flügeln bedeckt; die Gallenblaſe hat ſich gefüllt; die gefäßreiche Haut zeigt Erhabenheiten, aus welchen
Federn hervorbrechen. An den beiden folgenden Tagen bewegt ſich der über zwei Zoll lange Keim
ſchon ſtark; aus der Haut brechen in der Steißgegend, am Rücken, auf den Flügeln und Schenkeln
flaumenartige Federn hervor; die Glieder bilden ſich aus; Fuß und Zehen bedecken ſich mit zarten,
weißlichen Schuppen; der Schnabel geſtaltet ſich und verknorpelt; das Gehirn erlangt faſt ganz ſeine
künftige, bleibende Geſtalt; die Schädeldecken verknorpeln; die Lungen bilden ſich zu verhältnißmäßiger
Größe aus; an der Luftröhre nimmt man bereits Knorpelringe, an den Nieren die Harngefäße,
außerdem den Harnleiter, Eierſtock und die Eierleiter wahr; die Muskeln ſind noch weiß und weich,
die größeren Sehnen werden aber ſchon deutlicher, in den meiſten Knorpeln zeigen ſich Ver-
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