Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Späher. Schwirrvögel.
bewundert hatte, sah im nächsten Augenblick einen Topas darüber schweben, ohne sich Rechenschaft
geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieser ebenso gedankenschnell an einer anderen Stelle
zitternd und flimmernd über dem Blüthenschmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer
anderen Richtung, einem anderen Baume zu, so fand ich dasselbe täuschende und entzückende Spiel:
hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tausendfach
widerstrahlenden Saphir, bis sich endlich alle diese fliegenden, flimmernden Funken zum reizendsten
Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geschieden, das frühere neckende Spiel begannen."

Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, so suchen sie im Gezweig eine geeignete Stelle
zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilson, dünne abgestorbene Zweiglein oder wenigstens solche,
welche auf drei oder vier Zoll blätterlos sind. Hier pflegen sie auch zu schlafen, wie Bullock
behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).

Auf dem Boden sind sie ebenso fremd, wie die Mauersegler: sie wissen sich hier nicht zu behelfen;
denn sie sind unfähig zu gehen. "Ein Kolibri", erzählt Kittlitz, "welchen ich schoß, war nur sehr leicht
am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte sich hier aber
nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße sind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar." Trotz-
dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man sieht sie z. B. sich niedersetzen, wenn
sie trinken wollen.

Es ist eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel singen könne. Jm allgemeinen
scheint Dies richtig zu sein; es liegt aber jetzt schon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das
Gegentheil besagen. "Die Stimme der Kolibris", so berichtet der Prinz von Wied, "ist ein nur
höchst unbedeutender kleiner Laut", und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri seine "laute,
kurz lockende Stimme" hören ließ. Burmeister sagt: "Die Schwirrvögel sind aber keineswegs stumm;
denn wenn sie sich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlassen und da einige Zeit Ruhe pflegen,
so lassen sie von Zeit zu Zeit ihre feine, schwache, zwitschernde Stimme hören. Jch habe sie öfters
vernommen und den über mir im Schatten des Laubes sitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechselnd
mit dem zarten Lockton seine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke
hervorschnellte." Die meisten übrigen Beobachter wissen nur von rauhen und schrillen Lauten zu
berichten, welche sie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben "Tirr-tirr-tirr"
oder auch durch "Zock-zock-zock" wiedergegeben werden können. Einzelne, so Lesson, fügen Dem
auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich still wären, und man stundenlang unter
einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere
durchaus übereinstimmend, daß gewisse Arten wirklich singen. "Dieser Kolibri", sagt Gosse von
dem Zwergkolibri, "ist der einzige, welcher einen wirklichen Gesang hat. Jm Frühling sieht man ihn
sofort nach Sonnenaufgang auf den höchsten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume sitzen und
hört ihn hier einen zwar schwachen, aber höchst angenehm klingenden Gesang vortragen, zuweilen zehn
Minuten lang, fast ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung." Gundlach
gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: "Jch konnte mich dem
Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und seinen zusammengesetzten, feinen und
wohltönenden Gesang zu hören, wobei das Männchen dann oft senkrecht bis zu einer verhältniß-
mäßig bedeutenden Höhe stieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ." -- "Ein gold-
glänzender Kolibri", erzählt Kittlitz, "ließ sitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl-
klingenden und ziemlich lauten Gesang hören, was mir umsomehr auffiel, als die Stimme der
Kolibris gewöhnlich nur aus kreischenden Tönen bestehen soll." Leider konnte dieser Forscher den von
ihm herabgeschossenen Vogel nicht auffinden und somit die Art nicht bestimmen. Diese drei Angaben
genügen meiner Ansicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man
auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erst dahin
gekommen sein wird, die Lebensweise der einzelnen Arten vergleichend zu erforschen. Einstweilen
geht es uns noch, wie jedem Forscher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. "Bei meiner

Die Späher. Schwirrvögel.
bewundert hatte, ſah im nächſten Augenblick einen Topas darüber ſchweben, ohne ſich Rechenſchaft
geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieſer ebenſo gedankenſchnell an einer anderen Stelle
zitternd und flimmernd über dem Blüthenſchmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer
anderen Richtung, einem anderen Baume zu, ſo fand ich daſſelbe täuſchende und entzückende Spiel:
hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tauſendfach
widerſtrahlenden Saphir, bis ſich endlich alle dieſe fliegenden, flimmernden Funken zum reizendſten
Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geſchieden, das frühere neckende Spiel begannen.“

Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, ſo ſuchen ſie im Gezweig eine geeignete Stelle
zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilſon, dünne abgeſtorbene Zweiglein oder wenigſtens ſolche,
welche auf drei oder vier Zoll blätterlos ſind. Hier pflegen ſie auch zu ſchlafen, wie Bullock
behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).

Auf dem Boden ſind ſie ebenſo fremd, wie die Mauerſegler: ſie wiſſen ſich hier nicht zu behelfen;
denn ſie ſind unfähig zu gehen. „Ein Kolibri“, erzählt Kittlitz, „welchen ich ſchoß, war nur ſehr leicht
am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte ſich hier aber
nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße ſind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar.“ Trotz-
dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man ſieht ſie z. B. ſich niederſetzen, wenn
ſie trinken wollen.

Es iſt eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel ſingen könne. Jm allgemeinen
ſcheint Dies richtig zu ſein; es liegt aber jetzt ſchon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das
Gegentheil beſagen. „Die Stimme der Kolibris“, ſo berichtet der Prinz von Wied, „iſt ein nur
höchſt unbedeutender kleiner Laut“, und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri ſeine „laute,
kurz lockende Stimme“ hören ließ. Burmeiſter ſagt: „Die Schwirrvögel ſind aber keineswegs ſtumm;
denn wenn ſie ſich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlaſſen und da einige Zeit Ruhe pflegen,
ſo laſſen ſie von Zeit zu Zeit ihre feine, ſchwache, zwitſchernde Stimme hören. Jch habe ſie öfters
vernommen und den über mir im Schatten des Laubes ſitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechſelnd
mit dem zarten Lockton ſeine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke
hervorſchnellte.“ Die meiſten übrigen Beobachter wiſſen nur von rauhen und ſchrillen Lauten zu
berichten, welche ſie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben „Tirr-tirr-tirr“
oder auch durch „Zock-zock-zock“ wiedergegeben werden können. Einzelne, ſo Leſſon, fügen Dem
auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich ſtill wären, und man ſtundenlang unter
einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere
durchaus übereinſtimmend, daß gewiſſe Arten wirklich ſingen. „Dieſer Kolibri“, ſagt Goſſe von
dem Zwergkolibri, „iſt der einzige, welcher einen wirklichen Geſang hat. Jm Frühling ſieht man ihn
ſofort nach Sonnenaufgang auf den höchſten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume ſitzen und
hört ihn hier einen zwar ſchwachen, aber höchſt angenehm klingenden Geſang vortragen, zuweilen zehn
Minuten lang, faſt ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung.“ Gundlach
gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: „Jch konnte mich dem
Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und ſeinen zuſammengeſetzten, feinen und
wohltönenden Geſang zu hören, wobei das Männchen dann oft ſenkrecht bis zu einer verhältniß-
mäßig bedeutenden Höhe ſtieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ.“ — „Ein gold-
glänzender Kolibri“, erzählt Kittlitz, „ließ ſitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl-
klingenden und ziemlich lauten Geſang hören, was mir umſomehr auffiel, als die Stimme der
Kolibris gewöhnlich nur aus kreiſchenden Tönen beſtehen ſoll.“ Leider konnte dieſer Forſcher den von
ihm herabgeſchoſſenen Vogel nicht auffinden und ſomit die Art nicht beſtimmen. Dieſe drei Angaben
genügen meiner Anſicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man
auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erſt dahin
gekommen ſein wird, die Lebensweiſe der einzelnen Arten vergleichend zu erforſchen. Einſtweilen
geht es uns noch, wie jedem Forſcher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. „Bei meiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="118"/><fw place="top" type="header">Die Späher. Schwirrvögel.</fw><lb/>
bewundert hatte, &#x017F;ah im näch&#x017F;ten Augenblick einen Topas darüber &#x017F;chweben, ohne &#x017F;ich Rechen&#x017F;chaft<lb/>
geben zu können, wie er dahin gekommen, bis die&#x017F;er eben&#x017F;o gedanken&#x017F;chnell an einer anderen Stelle<lb/>
zitternd und flimmernd über dem Blüthen&#x017F;chmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer<lb/>
anderen Richtung, einem anderen Baume zu, &#x017F;o fand ich da&#x017F;&#x017F;elbe täu&#x017F;chende und entzückende Spiel:<lb/>
hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tau&#x017F;endfach<lb/>
wider&#x017F;trahlenden Saphir, bis &#x017F;ich endlich alle die&#x017F;e fliegenden, flimmernden Funken zum reizend&#x017F;ten<lb/>
Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder ge&#x017F;chieden, das frühere neckende Spiel begannen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, &#x017F;o &#x017F;uchen &#x017F;ie im Gezweig eine geeignete Stelle<lb/>
zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut <hi rendition="#g">Wil&#x017F;on,</hi> dünne abge&#x017F;torbene Zweiglein oder wenig&#x017F;tens &#x017F;olche,<lb/>
welche auf drei oder vier Zoll blätterlos &#x017F;ind. Hier pflegen &#x017F;ie auch zu &#x017F;chlafen, wie <hi rendition="#g">Bullock</hi><lb/>
behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).</p><lb/>
          <p>Auf dem Boden &#x017F;ind &#x017F;ie eben&#x017F;o fremd, wie die Mauer&#x017F;egler: &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich hier nicht zu behelfen;<lb/>
denn &#x017F;ie &#x017F;ind unfähig zu gehen. &#x201E;Ein Kolibri&#x201C;, erzählt <hi rendition="#g">Kittlitz,</hi> &#x201E;welchen ich &#x017F;choß, war nur &#x017F;ehr leicht<lb/>
am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte &#x017F;ich hier aber<lb/>
nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße &#x017F;ind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar.&#x201C; Trotz-<lb/>
dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man &#x017F;ieht &#x017F;ie z. B. &#x017F;ich nieder&#x017F;etzen, wenn<lb/>
&#x017F;ie trinken wollen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel &#x017F;ingen könne. Jm allgemeinen<lb/>
&#x017F;cheint Dies richtig zu &#x017F;ein; es liegt aber jetzt &#x017F;chon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das<lb/>
Gegentheil be&#x017F;agen. &#x201E;Die Stimme der Kolibris&#x201C;, &#x017F;o berichtet der <hi rendition="#g">Prinz von Wied,</hi> &#x201E;i&#x017F;t ein nur<lb/>
höch&#x017F;t unbedeutender kleiner Laut&#x201C;, und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri &#x017F;eine &#x201E;laute,<lb/>
kurz lockende Stimme&#x201C; hören ließ. <hi rendition="#g">Burmei&#x017F;ter</hi> &#x017F;agt: &#x201E;Die Schwirrvögel &#x017F;ind aber keineswegs &#x017F;tumm;<lb/>
denn wenn &#x017F;ie &#x017F;ich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederla&#x017F;&#x017F;en und da einige Zeit Ruhe pflegen,<lb/>
&#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie von Zeit zu Zeit ihre feine, &#x017F;chwache, zwit&#x017F;chernde Stimme hören. Jch habe &#x017F;ie öfters<lb/>
vernommen und den über mir im Schatten des Laubes &#x017F;itzenden Vogel beobachtet, wie er abwech&#x017F;elnd<lb/>
mit dem zarten Lockton &#x017F;eine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke<lb/>
hervor&#x017F;chnellte.&#x201C; Die mei&#x017F;ten übrigen Beobachter wi&#x017F;&#x017F;en nur von rauhen und &#x017F;chrillen Lauten zu<lb/>
berichten, welche &#x017F;ie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben &#x201E;Tirr-tirr-tirr&#x201C;<lb/>
oder auch durch &#x201E;Zock-zock-zock&#x201C; wiedergegeben werden können. Einzelne, &#x017F;o <hi rendition="#g">Le&#x017F;&#x017F;on,</hi> fügen Dem<lb/>
auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich &#x017F;till wären, und man &#x017F;tundenlang unter<lb/>
einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere<lb/>
durchaus überein&#x017F;timmend, daß gewi&#x017F;&#x017F;e Arten wirklich &#x017F;ingen. &#x201E;Die&#x017F;er Kolibri&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Go&#x017F;&#x017F;e</hi> von<lb/>
dem Zwergkolibri, &#x201E;i&#x017F;t der einzige, welcher einen wirklichen Ge&#x017F;ang hat. Jm Frühling &#x017F;ieht man ihn<lb/>
&#x017F;ofort nach Sonnenaufgang auf den höch&#x017F;ten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume &#x017F;itzen und<lb/>
hört ihn hier einen zwar &#x017F;chwachen, aber höch&#x017F;t angenehm klingenden Ge&#x017F;ang vortragen, zuweilen zehn<lb/>
Minuten lang, fa&#x017F;t ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung.&#x201C; <hi rendition="#g">Gundlach</hi><lb/>
gedenkt einer anderen Art <hi rendition="#aq">(Orthorhynchus Boothi)</hi> mit folgenden Worten: &#x201E;Jch konnte mich dem<lb/>
Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und &#x017F;einen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten, feinen und<lb/>
wohltönenden Ge&#x017F;ang zu hören, wobei das Männchen dann oft &#x017F;enkrecht bis zu einer verhältniß-<lb/>
mäßig bedeutenden Höhe &#x017F;tieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ein gold-<lb/>
glänzender Kolibri&#x201C;, erzählt <hi rendition="#g">Kittlitz,</hi> &#x201E;ließ &#x017F;itzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl-<lb/>
klingenden und ziemlich lauten Ge&#x017F;ang hören, was mir um&#x017F;omehr auffiel, als die Stimme der<lb/>
Kolibris gewöhnlich nur aus krei&#x017F;chenden Tönen be&#x017F;tehen &#x017F;oll.&#x201C; Leider konnte die&#x017F;er For&#x017F;cher den von<lb/>
ihm herabge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;enen Vogel nicht auffinden und &#x017F;omit die Art nicht be&#x017F;timmen. Die&#x017F;e drei Angaben<lb/>
genügen meiner An&#x017F;icht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man<lb/>
auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man er&#x017F;t dahin<lb/>
gekommen &#x017F;ein wird, die Lebenswei&#x017F;e der einzelnen Arten vergleichend zu erfor&#x017F;chen. Ein&#x017F;tweilen<lb/>
geht es uns noch, wie jedem For&#x017F;cher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. &#x201E;Bei meiner<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0132] Die Späher. Schwirrvögel. bewundert hatte, ſah im nächſten Augenblick einen Topas darüber ſchweben, ohne ſich Rechenſchaft geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieſer ebenſo gedankenſchnell an einer anderen Stelle zitternd und flimmernd über dem Blüthenſchmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer anderen Richtung, einem anderen Baume zu, ſo fand ich daſſelbe täuſchende und entzückende Spiel: hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tauſendfach widerſtrahlenden Saphir, bis ſich endlich alle dieſe fliegenden, flimmernden Funken zum reizendſten Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geſchieden, das frühere neckende Spiel begannen.“ Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, ſo ſuchen ſie im Gezweig eine geeignete Stelle zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilſon, dünne abgeſtorbene Zweiglein oder wenigſtens ſolche, welche auf drei oder vier Zoll blätterlos ſind. Hier pflegen ſie auch zu ſchlafen, wie Bullock behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?). Auf dem Boden ſind ſie ebenſo fremd, wie die Mauerſegler: ſie wiſſen ſich hier nicht zu behelfen; denn ſie ſind unfähig zu gehen. „Ein Kolibri“, erzählt Kittlitz, „welchen ich ſchoß, war nur ſehr leicht am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte ſich hier aber nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße ſind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar.“ Trotz- dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man ſieht ſie z. B. ſich niederſetzen, wenn ſie trinken wollen. Es iſt eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel ſingen könne. Jm allgemeinen ſcheint Dies richtig zu ſein; es liegt aber jetzt ſchon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das Gegentheil beſagen. „Die Stimme der Kolibris“, ſo berichtet der Prinz von Wied, „iſt ein nur höchſt unbedeutender kleiner Laut“, und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri ſeine „laute, kurz lockende Stimme“ hören ließ. Burmeiſter ſagt: „Die Schwirrvögel ſind aber keineswegs ſtumm; denn wenn ſie ſich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlaſſen und da einige Zeit Ruhe pflegen, ſo laſſen ſie von Zeit zu Zeit ihre feine, ſchwache, zwitſchernde Stimme hören. Jch habe ſie öfters vernommen und den über mir im Schatten des Laubes ſitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechſelnd mit dem zarten Lockton ſeine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke hervorſchnellte.“ Die meiſten übrigen Beobachter wiſſen nur von rauhen und ſchrillen Lauten zu berichten, welche ſie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben „Tirr-tirr-tirr“ oder auch durch „Zock-zock-zock“ wiedergegeben werden können. Einzelne, ſo Leſſon, fügen Dem auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich ſtill wären, und man ſtundenlang unter einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere durchaus übereinſtimmend, daß gewiſſe Arten wirklich ſingen. „Dieſer Kolibri“, ſagt Goſſe von dem Zwergkolibri, „iſt der einzige, welcher einen wirklichen Geſang hat. Jm Frühling ſieht man ihn ſofort nach Sonnenaufgang auf den höchſten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume ſitzen und hört ihn hier einen zwar ſchwachen, aber höchſt angenehm klingenden Geſang vortragen, zuweilen zehn Minuten lang, faſt ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung.“ Gundlach gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: „Jch konnte mich dem Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und ſeinen zuſammengeſetzten, feinen und wohltönenden Geſang zu hören, wobei das Männchen dann oft ſenkrecht bis zu einer verhältniß- mäßig bedeutenden Höhe ſtieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ.“ — „Ein gold- glänzender Kolibri“, erzählt Kittlitz, „ließ ſitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl- klingenden und ziemlich lauten Geſang hören, was mir umſomehr auffiel, als die Stimme der Kolibris gewöhnlich nur aus kreiſchenden Tönen beſtehen ſoll.“ Leider konnte dieſer Forſcher den von ihm herabgeſchoſſenen Vogel nicht auffinden und ſomit die Art nicht beſtimmen. Dieſe drei Angaben genügen meiner Anſicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erſt dahin gekommen ſein wird, die Lebensweiſe der einzelnen Arten vergleichend zu erforſchen. Einſtweilen geht es uns noch, wie jedem Forſcher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. „Bei meiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/132
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/132>, abgerufen am 10.05.2024.