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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Bienenfresser. Scharlachspint.
Faden binden, den sie an einem ort in den Händen haben, am andern aber lassen sie den Häwschrecken
fliegen: so denn dieser vogel ihn ersehen, verschluckt er den, vnnd wirdt also gefangen."

Das Fleisch des Vogels ist, Geßners Meinung nach, keine gute Speise, wohl aber ein wirk-
sames Arzneimittel: "Den Jmbenfraß braucht man nicht zu der Speiß: dann sein Fleisch ist rauch,
vndäwig, vnd böser feuchte, doch ist er dienstlich für die bösen Bläst im Leib. Seine Gall mit
Baumöl auß vnzeitigen Oliven vermischt, macht das Haar sehr schwartz."



Einige der größeren Arten der Familie, welche sich durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig starken
Schnabel und sehr verlängerte Mittelschwanzfedern auszeichnen, hat man unter dem Namen der
Bienenwölfe (Melittotheres) von andern Bienenfressern getrennt. Zu ihnen gehört der
Scharlachspint (Melittotheres nubicus), ein wirklich prachtvoller Vogel. Das Gefieder ist der
Hauptsache nach roth, oben blutroth, unten rosenroth; der Kopf und die Kehle, der Bürzel und die
Unterschwanzdecken sind bläulichspangrün; ein Zügelstreifen, welcher vom Schnabelwinkel um das
Auge bis zum Ohre verläuft, die Spitzen der Vorder- und Hinterschwingen und die Spitzen der
Mittelschwanzfedern sind schwarz. Das Auge ist, wie bei allen mir bekannten Bienenfressern, karmin-
roth, der Schnabel schwarz, der Fuß braun. Die Länge beträgt 131/4, die Fittiglänge 53/4, die Länge
der beiden mittleren Schwanzfedern 7, die der übrigen Steuerfedern 41/2 Zoll.

Man hat den Scharlachspint in den verschiedensten Ländern der Ostküste Afrikas beobachtet,
zuweilen sehr häufig, zuweilen nur einzeln. Jch habe ihn als einen Wander- oder Strichvogel im
Ost-Sudahn kennen gelernt. Er erscheint in den von mir bereisten Gegenden südlich des 15. Grades
nördlicher Breite mit Beginn der Regenzeit und verweilt hier bis gegen März. Ob er im
Ost-Sudahn auch brütet, habe ich mit Sicherheit nicht erkundet. Jn meinen Tagebüchern findet sich
nur einmal die Bemerkung, daß er Anstalt zum Brüten mache; ein Nest aber haben wir nie gefunden.
Heuglin fand die Nistansiedelungen am oberen Abiadt oder weißen Nil und zwar im April und
Mai "auf Lichtungen in tiefen, schrägen, immer von der Windseite abgekehrten Löchern" und in diesen
runde, weiße, morgenröthlich durchschimmernde Eier. Hartmann versichert, in einer steilen, lehmigen
Uferböschung oberhalb Senaar's "viele, viele tausend solcher völlig unzugänglicher Nester" dieses
Bienenfressers und ganze Wolken der Vögel gesehen zu haben, und ich wage nicht, dieser Angabe zu
widersprechen, obgleich ich die gebrauchten Zahlen für etwas hochgegriffen halte. Heuglin's
Beobachtungen stimmen besser mit den meinigen überein. Wir beide haben den Prachtvogel in Gesell-
schaften von höchstens sechszig bis achtzig Stücken beobachtet.

So lange der alle waldlosen Strecken des Sudahns bedeckende Graswald noch reich an Kerbthieren
ist, finden die Bienenfresser und mit ihnen viele andere Vögel mit Leichtigkeit ihr tägliches Brot; denn
sie nähren sich dann fast ausschließlich von Heuschrecken. Den Scharlachspint, erzählt Heuglin,
sahen wir in Kordofahn häufig sich auf Rindvieh, Eseln u. s. w. niederlassen, ja sogar zuweilen auf
gravitätisch im hohen Gras der Steppen wandelnden Störchen, von denen aus sie auf die Heuschrecken
Jagd machten, welche von ihren sonderbaren Reitthieren aufgeschreckt wurden. Sie verzehrten ihren
Raub im Fluge und kehrten dann wieder nach ihrem alten Sitze zurück. Jch erinnere mich nicht, dieses
hübsche Schauspiel gesehen zu haben; übereinstimmend mit Hartmann aber habe ich beobachtet, daß
die Purpurspinte Kerbthiere (wie Hartmann sagt, Larven) vom Boden aufnahmen, ja förmlich aus
den durch die Sonnenglut entstandenen Spalten des Erdreichs hervorzogen, und ebenso habe ich, wie
Heuglin, gesehen, daß ein Steppenbrand neben den Lurche und Kerbthiere fressenden Falken auch
diese Bienenfresser herbeizieht. Die brennende Steppe gewährt auch Dem, welcher nicht auf das Leben
der Thiere achtet, ein großartiges Schauspiel; dasselbe gewinnt aber für den Thierforscher noch einen

Bienenfreſſer. Scharlachſpint.
Faden binden, den ſie an einem ort in den Händen haben, am andern aber laſſen ſie den Häwſchrecken
fliegen: ſo denn dieſer vogel ihn erſehen, verſchluckt er den, vnnd wirdt alſo gefangen.“

Das Fleiſch des Vogels iſt, Geßners Meinung nach, keine gute Speiſe, wohl aber ein wirk-
ſames Arzneimittel: „Den Jmbenfraß braucht man nicht zu der Speiß: dann ſein Fleiſch iſt rauch,
vndäwig, vnd böſer feuchte, doch iſt er dienſtlich für die böſen Bläſt im Leib. Seine Gall mit
Baumöl auß vnzeitigen Oliven vermiſcht, macht das Haar ſehr ſchwartz.“



Einige der größeren Arten der Familie, welche ſich durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig ſtarken
Schnabel und ſehr verlängerte Mittelſchwanzfedern auszeichnen, hat man unter dem Namen der
Bienenwölfe (Melittotheres) von andern Bienenfreſſern getrennt. Zu ihnen gehört der
Scharlachſpint (Melittotheres nubicus), ein wirklich prachtvoller Vogel. Das Gefieder iſt der
Hauptſache nach roth, oben blutroth, unten roſenroth; der Kopf und die Kehle, der Bürzel und die
Unterſchwanzdecken ſind bläulichſpangrün; ein Zügelſtreifen, welcher vom Schnabelwinkel um das
Auge bis zum Ohre verläuft, die Spitzen der Vorder- und Hinterſchwingen und die Spitzen der
Mittelſchwanzfedern ſind ſchwarz. Das Auge iſt, wie bei allen mir bekannten Bienenfreſſern, karmin-
roth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß braun. Die Länge beträgt 13¼, die Fittiglänge 5¾, die Länge
der beiden mittleren Schwanzfedern 7, die der übrigen Steuerfedern 4½ Zoll.

Man hat den Scharlachſpint in den verſchiedenſten Ländern der Oſtküſte Afrikas beobachtet,
zuweilen ſehr häufig, zuweilen nur einzeln. Jch habe ihn als einen Wander- oder Strichvogel im
Oſt-Sudahn kennen gelernt. Er erſcheint in den von mir bereiſten Gegenden ſüdlich des 15. Grades
nördlicher Breite mit Beginn der Regenzeit und verweilt hier bis gegen März. Ob er im
Oſt-Sudahn auch brütet, habe ich mit Sicherheit nicht erkundet. Jn meinen Tagebüchern findet ſich
nur einmal die Bemerkung, daß er Anſtalt zum Brüten mache; ein Neſt aber haben wir nie gefunden.
Heuglin fand die Niſtanſiedelungen am oberen Abiadt oder weißen Nil und zwar im April und
Mai „auf Lichtungen in tiefen, ſchrägen, immer von der Windſeite abgekehrten Löchern“ und in dieſen
runde, weiße, morgenröthlich durchſchimmernde Eier. Hartmann verſichert, in einer ſteilen, lehmigen
Uferböſchung oberhalb Senaar’s „viele, viele tauſend ſolcher völlig unzugänglicher Neſter“ dieſes
Bienenfreſſers und ganze Wolken der Vögel geſehen zu haben, und ich wage nicht, dieſer Angabe zu
widerſprechen, obgleich ich die gebrauchten Zahlen für etwas hochgegriffen halte. Heuglin’s
Beobachtungen ſtimmen beſſer mit den meinigen überein. Wir beide haben den Prachtvogel in Geſell-
ſchaften von höchſtens ſechszig bis achtzig Stücken beobachtet.

So lange der alle waldloſen Strecken des Sudahns bedeckende Graswald noch reich an Kerbthieren
iſt, finden die Bienenfreſſer und mit ihnen viele andere Vögel mit Leichtigkeit ihr tägliches Brot; denn
ſie nähren ſich dann faſt ausſchließlich von Heuſchrecken. Den Scharlachſpint, erzählt Heuglin,
ſahen wir in Kordofahn häufig ſich auf Rindvieh, Eſeln u. ſ. w. niederlaſſen, ja ſogar zuweilen auf
gravitätiſch im hohen Gras der Steppen wandelnden Störchen, von denen aus ſie auf die Heuſchrecken
Jagd machten, welche von ihren ſonderbaren Reitthieren aufgeſchreckt wurden. Sie verzehrten ihren
Raub im Fluge und kehrten dann wieder nach ihrem alten Sitze zurück. Jch erinnere mich nicht, dieſes
hübſche Schauſpiel geſehen zu haben; übereinſtimmend mit Hartmann aber habe ich beobachtet, daß
die Purpurſpinte Kerbthiere (wie Hartmann ſagt, Larven) vom Boden aufnahmen, ja förmlich aus
den durch die Sonnenglut entſtandenen Spalten des Erdreichs hervorzogen, und ebenſo habe ich, wie
Heuglin, geſehen, daß ein Steppenbrand neben den Lurche und Kerbthiere freſſenden Falken auch
dieſe Bienenfreſſer herbeizieht. Die brennende Steppe gewährt auch Dem, welcher nicht auf das Leben
der Thiere achtet, ein großartiges Schauſpiel; daſſelbe gewinnt aber für den Thierforſcher noch einen

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[141/0155] Bienenfreſſer. Scharlachſpint. Faden binden, den ſie an einem ort in den Händen haben, am andern aber laſſen ſie den Häwſchrecken fliegen: ſo denn dieſer vogel ihn erſehen, verſchluckt er den, vnnd wirdt alſo gefangen.“ Das Fleiſch des Vogels iſt, Geßners Meinung nach, keine gute Speiſe, wohl aber ein wirk- ſames Arzneimittel: „Den Jmbenfraß braucht man nicht zu der Speiß: dann ſein Fleiſch iſt rauch, vndäwig, vnd böſer feuchte, doch iſt er dienſtlich für die böſen Bläſt im Leib. Seine Gall mit Baumöl auß vnzeitigen Oliven vermiſcht, macht das Haar ſehr ſchwartz.“ Einige der größeren Arten der Familie, welche ſich durch kräftigen Bau, verhältnißmäßig ſtarken Schnabel und ſehr verlängerte Mittelſchwanzfedern auszeichnen, hat man unter dem Namen der Bienenwölfe (Melittotheres) von andern Bienenfreſſern getrennt. Zu ihnen gehört der Scharlachſpint (Melittotheres nubicus), ein wirklich prachtvoller Vogel. Das Gefieder iſt der Hauptſache nach roth, oben blutroth, unten roſenroth; der Kopf und die Kehle, der Bürzel und die Unterſchwanzdecken ſind bläulichſpangrün; ein Zügelſtreifen, welcher vom Schnabelwinkel um das Auge bis zum Ohre verläuft, die Spitzen der Vorder- und Hinterſchwingen und die Spitzen der Mittelſchwanzfedern ſind ſchwarz. Das Auge iſt, wie bei allen mir bekannten Bienenfreſſern, karmin- roth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß braun. Die Länge beträgt 13¼, die Fittiglänge 5¾, die Länge der beiden mittleren Schwanzfedern 7, die der übrigen Steuerfedern 4½ Zoll. Man hat den Scharlachſpint in den verſchiedenſten Ländern der Oſtküſte Afrikas beobachtet, zuweilen ſehr häufig, zuweilen nur einzeln. Jch habe ihn als einen Wander- oder Strichvogel im Oſt-Sudahn kennen gelernt. Er erſcheint in den von mir bereiſten Gegenden ſüdlich des 15. Grades nördlicher Breite mit Beginn der Regenzeit und verweilt hier bis gegen März. Ob er im Oſt-Sudahn auch brütet, habe ich mit Sicherheit nicht erkundet. Jn meinen Tagebüchern findet ſich nur einmal die Bemerkung, daß er Anſtalt zum Brüten mache; ein Neſt aber haben wir nie gefunden. Heuglin fand die Niſtanſiedelungen am oberen Abiadt oder weißen Nil und zwar im April und Mai „auf Lichtungen in tiefen, ſchrägen, immer von der Windſeite abgekehrten Löchern“ und in dieſen runde, weiße, morgenröthlich durchſchimmernde Eier. Hartmann verſichert, in einer ſteilen, lehmigen Uferböſchung oberhalb Senaar’s „viele, viele tauſend ſolcher völlig unzugänglicher Neſter“ dieſes Bienenfreſſers und ganze Wolken der Vögel geſehen zu haben, und ich wage nicht, dieſer Angabe zu widerſprechen, obgleich ich die gebrauchten Zahlen für etwas hochgegriffen halte. Heuglin’s Beobachtungen ſtimmen beſſer mit den meinigen überein. Wir beide haben den Prachtvogel in Geſell- ſchaften von höchſtens ſechszig bis achtzig Stücken beobachtet. So lange der alle waldloſen Strecken des Sudahns bedeckende Graswald noch reich an Kerbthieren iſt, finden die Bienenfreſſer und mit ihnen viele andere Vögel mit Leichtigkeit ihr tägliches Brot; denn ſie nähren ſich dann faſt ausſchließlich von Heuſchrecken. Den Scharlachſpint, erzählt Heuglin, ſahen wir in Kordofahn häufig ſich auf Rindvieh, Eſeln u. ſ. w. niederlaſſen, ja ſogar zuweilen auf gravitätiſch im hohen Gras der Steppen wandelnden Störchen, von denen aus ſie auf die Heuſchrecken Jagd machten, welche von ihren ſonderbaren Reitthieren aufgeſchreckt wurden. Sie verzehrten ihren Raub im Fluge und kehrten dann wieder nach ihrem alten Sitze zurück. Jch erinnere mich nicht, dieſes hübſche Schauſpiel geſehen zu haben; übereinſtimmend mit Hartmann aber habe ich beobachtet, daß die Purpurſpinte Kerbthiere (wie Hartmann ſagt, Larven) vom Boden aufnahmen, ja förmlich aus den durch die Sonnenglut entſtandenen Spalten des Erdreichs hervorzogen, und ebenſo habe ich, wie Heuglin, geſehen, daß ein Steppenbrand neben den Lurche und Kerbthiere freſſenden Falken auch dieſe Bienenfreſſer herbeizieht. Die brennende Steppe gewährt auch Dem, welcher nicht auf das Leben der Thiere achtet, ein großartiges Schauſpiel; daſſelbe gewinnt aber für den Thierforſcher noch einen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/155>, abgerufen am 21.11.2024.