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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Eisvögel.
mal tief unten, selten mehr als zwei Fuß hoch über dem Wasserspiegel und stets an etwas abge-
legenen Orten. Jn einsameren, von menschlichen Wohnungen weit entfernten Gegenden wählt er
sich zwar auch oft freiere Sitze, auf welchen man ihn dann schon von weitem bemerken kann. Ganz
auf höhere, freie Zweige oder gar auf die Wipfel höherer Bäume fliegt er nur, wenn er sich paaren
will." Jeder einzelne Eisvogel oder wenigstens jedes Paar behauptet übrigens ein gewisses Gebiet
und vertheidigt dasselbe mit großer Hartnäckigkeit: es duldet höchstens den Wasserschwätzer und die
Bachstelze als Genossen. Die Nacht verbringt der Königsfischer unter einer überhängenden Ufer-
stelle oder selbst im Jnnern einer Höhlung.

[Abbildung] Der Eisvogel oder Königsfischer (Alcodo ispida). 3/4 der nat. Größe.

Wenn irgend ein Vogel ein "Sitzfüßler" genannt werden darf, so ist es der Eisvogel. Er
sitzt buchstäblich halbe Tage lang regungslos auf ein und derselben Stelle, immer still, den Blick
auf das Wasser gekehrt, mit Ruhe einer Beute harrend, so recht nach Fischer Art, -- "kühl bis aus
Herz hinan". "Seine kleinen Füßchen", sagt Naumann, "scheinen nur zum Sitzen, nicht zum
Gehen geeignet; denn er geht äußerst selten und dann nur auf einige Schrittchen, etwa auf der
kleinen Fläche eines Steines oder Pfahls, aber nie auf flachem Erdboden." Ungestört wech-
selt er seinen Sitz blos dann, wenn er verzweifelt, von ihm aus Etwas zu erbeuten. Jst das
Glück ihm günstig, so bringt er weitaus den größten Theil des Tages auf derselben Stelle zu.
Wenn man ihn geduldig beobachtet, sieht man ihn plötzlich den Hals ausstrecken, sich nach vorn über-
beugen, sodaß der Schnabel ganz nach unten gerichtet ist, und plötzlich wie einen Frosch oder richtiger,

Die Späher. Leichtſchnäbler. Eisvögel.
mal tief unten, ſelten mehr als zwei Fuß hoch über dem Waſſerſpiegel und ſtets an etwas abge-
legenen Orten. Jn einſameren, von menſchlichen Wohnungen weit entfernten Gegenden wählt er
ſich zwar auch oft freiere Sitze, auf welchen man ihn dann ſchon von weitem bemerken kann. Ganz
auf höhere, freie Zweige oder gar auf die Wipfel höherer Bäume fliegt er nur, wenn er ſich paaren
will.“ Jeder einzelne Eisvogel oder wenigſtens jedes Paar behauptet übrigens ein gewiſſes Gebiet
und vertheidigt daſſelbe mit großer Hartnäckigkeit: es duldet höchſtens den Waſſerſchwätzer und die
Bachſtelze als Genoſſen. Die Nacht verbringt der Königsfiſcher unter einer überhängenden Ufer-
ſtelle oder ſelbſt im Jnnern einer Höhlung.

[Abbildung] Der Eisvogel oder Königsfiſcher (Alcodo ispida). ¾ der nat. Größe.

Wenn irgend ein Vogel ein „Sitzfüßler“ genannt werden darf, ſo iſt es der Eisvogel. Er
ſitzt buchſtäblich halbe Tage lang regungslos auf ein und derſelben Stelle, immer ſtill, den Blick
auf das Waſſer gekehrt, mit Ruhe einer Beute harrend, ſo recht nach Fiſcher Art, — „kühl bis aus
Herz hinan“. „Seine kleinen Füßchen“, ſagt Naumann, „ſcheinen nur zum Sitzen, nicht zum
Gehen geeignet; denn er geht äußerſt ſelten und dann nur auf einige Schrittchen, etwa auf der
kleinen Fläche eines Steines oder Pfahls, aber nie auf flachem Erdboden.“ Ungeſtört wech-
ſelt er ſeinen Sitz blos dann, wenn er verzweifelt, von ihm aus Etwas zu erbeuten. Jſt das
Glück ihm günſtig, ſo bringt er weitaus den größten Theil des Tages auf derſelben Stelle zu.
Wenn man ihn geduldig beobachtet, ſieht man ihn plötzlich den Hals ausſtrecken, ſich nach vorn über-
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[162/0178] Die Späher. Leichtſchnäbler. Eisvögel. mal tief unten, ſelten mehr als zwei Fuß hoch über dem Waſſerſpiegel und ſtets an etwas abge- legenen Orten. Jn einſameren, von menſchlichen Wohnungen weit entfernten Gegenden wählt er ſich zwar auch oft freiere Sitze, auf welchen man ihn dann ſchon von weitem bemerken kann. Ganz auf höhere, freie Zweige oder gar auf die Wipfel höherer Bäume fliegt er nur, wenn er ſich paaren will.“ Jeder einzelne Eisvogel oder wenigſtens jedes Paar behauptet übrigens ein gewiſſes Gebiet und vertheidigt daſſelbe mit großer Hartnäckigkeit: es duldet höchſtens den Waſſerſchwätzer und die Bachſtelze als Genoſſen. Die Nacht verbringt der Königsfiſcher unter einer überhängenden Ufer- ſtelle oder ſelbſt im Jnnern einer Höhlung. [Abbildung Der Eisvogel oder Königsfiſcher (Alcodo ispida). ¾ der nat. Größe.] Wenn irgend ein Vogel ein „Sitzfüßler“ genannt werden darf, ſo iſt es der Eisvogel. Er ſitzt buchſtäblich halbe Tage lang regungslos auf ein und derſelben Stelle, immer ſtill, den Blick auf das Waſſer gekehrt, mit Ruhe einer Beute harrend, ſo recht nach Fiſcher Art, — „kühl bis aus Herz hinan“. „Seine kleinen Füßchen“, ſagt Naumann, „ſcheinen nur zum Sitzen, nicht zum Gehen geeignet; denn er geht äußerſt ſelten und dann nur auf einige Schrittchen, etwa auf der kleinen Fläche eines Steines oder Pfahls, aber nie auf flachem Erdboden.“ Ungeſtört wech- ſelt er ſeinen Sitz blos dann, wenn er verzweifelt, von ihm aus Etwas zu erbeuten. Jſt das Glück ihm günſtig, ſo bringt er weitaus den größten Theil des Tages auf derſelben Stelle zu. Wenn man ihn geduldig beobachtet, ſieht man ihn plötzlich den Hals ausſtrecken, ſich nach vorn über- beugen, ſodaß der Schnabel ganz nach unten gerichtet iſt, und plötzlich wie einen Froſch oder richtiger,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/178>, abgerufen am 21.11.2024.