Wirbelthieren aller Klassen. Einzelne sind geachtet wegen ihrer Verfolgung der Schlangen; andere stehen in dem Rufe, arge Nestplünderer zu sein. An Raublust kommen sie den Eisvögeln voll- ständig gleich.
Das Fortpflanzungsgeschäft unterscheidet die Lieste ebenfalls von ihren Verwandten. Die meisten Arten brüten in Baumhöhlen, einzelne in natürlichen Erd- oder Steinhöhlen, und alle bauen ein mehr oder weniger vollkommenes Nest. Das Gelege scheint nicht besonders zahlreich zu sein. Die Eier sind reinweiß und glänzend, wie die der Eisvögel.
Die Lieste ertragen die Gefangenschaft leicht und dauernd, weil sie sich bald an ein passendes Ersatzfutter gewöhnen lassen. Man kann sagen, daß die Gefangenen mehr auffallend als anziehend sind, darf dann aber nicht vergessen, daß auch sie eine innige Freundschaft mit den Menschen eingehen und dahin gebracht werden können, ihrem Gebieter mit größter Liebenswürdigkeit entgegenzukommen und eine warme Zärtlichkeit für ihn an den Tag zu legen.
Die Baumlieste(Haleyon) kennzeichnen sich durch langen, geraden und breiten Schnabel, welcher sich bei einigen etwas aufwärts biegt, kurze, aber nicht allzuschwächliche Füße, mittellange, abgerundete Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, die vierte und fünfte aber nur wenig überragt, und einen verhältnißmäßig kurzen, gerundeten Schwanz.
Der Baumliest(Haleyon rufiventris) ist auf der Oberseite schwarz, auf der Unterseite kastanienbraun; der Kopf, Halsrücken und die Halsseiten sind aschgrau, der Hinterrücken, die Schwanzdeckfedern und der Schwanz, sowie ein großer Fleck auf den Flügeln glänzend spangrün; die Kehle ist reinweiß, die Brust schmuzig weiß, ein Zügelstreifen schwarz. Von unten gesehen, ist der Flügel rothbraun, sodann weiß quergestreift, gegen die Spitze der Schwingen schwarz. Dieselbe Farbe zeigt auch der Schwanz von unten. Das Auge ist braun, der Schnabel und die Füße sind roth. Die Länge beträgt 81/2, die Fittiglänge 31/2, die Schwanzlänge 21/2 Zoll.
Man hat diesen Vogel in Westafrika entdeckt, später aber auch auf den Jnseln des grünen Ver- gebirges und durch ganz Mittelafrika bis nach Abissinien hin aufgefunden. Jch bin ihm oft in den Wäldern des Ost-Sudahns begegnet.
Soviel ich mich erinnere, habe ich den sonderbaren Gesellen immer nur einzeln gesehen, zuweilen aber häufig auch innerhalb eines Umkreises von geringem Durchmesser. Jn der Regel war er in den Flußniederungen zahlreicher als in den ärmeren Wäldern der Steppe; während der Regenzeit aber konnte man ihn auch hier überall bemerken. Zu gewissen Zeiten sah ich keinen einzigen, und deshalb darf ich annehmen, daß er Strichvogel ist, welcher möglicher Weise gar nicht im Sudahn brütet, sondern hier nur als Besuchender erscheint, bei reichlicher Nahrung mausert und dann wieder seines Weges zieht. Mitte Septembers waren alle, welche ich erlegte, in voller Mauser.
Jm Betragen gleicht der Baumliest den Bienenfressern und Fliegenfängern. Er fliegt während des ganzen Tags von einem Aste ab und so lange auf ihn wieder zurück, als er von dieser Warte aus Beute macht und nicht gestört wird. Doch begründet sich diese Beharrlichkeit durchaus nicht auf Unfähigkeit, sondern nur auf Trägheit und Gleichgiltigkeit. Vor dem Menschen zeigt er nicht die geringste Scheu. Er betrachtet den Europäer, welcher den meisten übrigen Vögeln sehr auffällt, mit der größten Seelenruhe und kann deshalb ohne jegliche Anstrengung vom Baume herabgeschossen werden. Selbst wenn er gefehlt wurde, ändert er sein Betragen nicht, er fliegt dann höchstens auf den nächsten Baum und läßt sich dort wieder nieder. Die Nahrung scheint fast ausschließlich aus Heuschrecken zu bestehen; zu gewissen Zeiten wenigstens bilden diese Kerfe sicherlich seine alleinige Nahrung. Doch achtet er auch der Käser, welche die blühenden Mimosen umschwirren,
Die Späher. Leichtſchnäbler. Lieſte.
Wirbelthieren aller Klaſſen. Einzelne ſind geachtet wegen ihrer Verfolgung der Schlangen; andere ſtehen in dem Rufe, arge Neſtplünderer zu ſein. An Raubluſt kommen ſie den Eisvögeln voll- ſtändig gleich.
Das Fortpflanzungsgeſchäft unterſcheidet die Lieſte ebenfalls von ihren Verwandten. Die meiſten Arten brüten in Baumhöhlen, einzelne in natürlichen Erd- oder Steinhöhlen, und alle bauen ein mehr oder weniger vollkommenes Neſt. Das Gelege ſcheint nicht beſonders zahlreich zu ſein. Die Eier ſind reinweiß und glänzend, wie die der Eisvögel.
Die Lieſte ertragen die Gefangenſchaft leicht und dauernd, weil ſie ſich bald an ein paſſendes Erſatzfutter gewöhnen laſſen. Man kann ſagen, daß die Gefangenen mehr auffallend als anziehend ſind, darf dann aber nicht vergeſſen, daß auch ſie eine innige Freundſchaft mit den Menſchen eingehen und dahin gebracht werden können, ihrem Gebieter mit größter Liebenswürdigkeit entgegenzukommen und eine warme Zärtlichkeit für ihn an den Tag zu legen.
Die Baumlieſte(Haleyon) kennzeichnen ſich durch langen, geraden und breiten Schnabel, welcher ſich bei einigen etwas aufwärts biegt, kurze, aber nicht allzuſchwächliche Füße, mittellange, abgerundete Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, die vierte und fünfte aber nur wenig überragt, und einen verhältnißmäßig kurzen, gerundeten Schwanz.
Der Baumlieſt(Haleyon rufiventris) iſt auf der Oberſeite ſchwarz, auf der Unterſeite kaſtanienbraun; der Kopf, Halsrücken und die Halsſeiten ſind aſchgrau, der Hinterrücken, die Schwanzdeckfedern und der Schwanz, ſowie ein großer Fleck auf den Flügeln glänzend ſpangrün; die Kehle iſt reinweiß, die Bruſt ſchmuzig weiß, ein Zügelſtreifen ſchwarz. Von unten geſehen, iſt der Flügel rothbraun, ſodann weiß quergeſtreift, gegen die Spitze der Schwingen ſchwarz. Dieſelbe Farbe zeigt auch der Schwanz von unten. Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind roth. Die Länge beträgt 8½, die Fittiglänge 3½, die Schwanzlänge 2½ Zoll.
Man hat dieſen Vogel in Weſtafrika entdeckt, ſpäter aber auch auf den Jnſeln des grünen Ver- gebirges und durch ganz Mittelafrika bis nach Abiſſinien hin aufgefunden. Jch bin ihm oft in den Wäldern des Oſt-Sudahns begegnet.
Soviel ich mich erinnere, habe ich den ſonderbaren Geſellen immer nur einzeln geſehen, zuweilen aber häufig auch innerhalb eines Umkreiſes von geringem Durchmeſſer. Jn der Regel war er in den Flußniederungen zahlreicher als in den ärmeren Wäldern der Steppe; während der Regenzeit aber konnte man ihn auch hier überall bemerken. Zu gewiſſen Zeiten ſah ich keinen einzigen, und deshalb darf ich annehmen, daß er Strichvogel iſt, welcher möglicher Weiſe gar nicht im Sudahn brütet, ſondern hier nur als Beſuchender erſcheint, bei reichlicher Nahrung mauſert und dann wieder ſeines Weges zieht. Mitte Septembers waren alle, welche ich erlegte, in voller Mauſer.
Jm Betragen gleicht der Baumlieſt den Bienenfreſſern und Fliegenfängern. Er fliegt während des ganzen Tags von einem Aſte ab und ſo lange auf ihn wieder zurück, als er von dieſer Warte aus Beute macht und nicht geſtört wird. Doch begründet ſich dieſe Beharrlichkeit durchaus nicht auf Unfähigkeit, ſondern nur auf Trägheit und Gleichgiltigkeit. Vor dem Menſchen zeigt er nicht die geringſte Scheu. Er betrachtet den Europäer, welcher den meiſten übrigen Vögeln ſehr auffällt, mit der größten Seelenruhe und kann deshalb ohne jegliche Anſtrengung vom Baume herabgeſchoſſen werden. Selbſt wenn er gefehlt wurde, ändert er ſein Betragen nicht, er fliegt dann höchſtens auf den nächſten Baum und läßt ſich dort wieder nieder. Die Nahrung ſcheint faſt ausſchließlich aus Heuſchrecken zu beſtehen; zu gewiſſen Zeiten wenigſtens bilden dieſe Kerfe ſicherlich ſeine alleinige Nahrung. Doch achtet er auch der Käſer, welche die blühenden Mimoſen umſchwirren,
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[170/0188]
Die Späher. Leichtſchnäbler. Lieſte.
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Das Fortpflanzungsgeſchäft unterſcheidet die Lieſte ebenfalls von ihren Verwandten. Die
meiſten Arten brüten in Baumhöhlen, einzelne in natürlichen Erd- oder Steinhöhlen, und alle bauen
ein mehr oder weniger vollkommenes Neſt. Das Gelege ſcheint nicht beſonders zahlreich zu ſein.
Die Eier ſind reinweiß und glänzend, wie die der Eisvögel.
Die Lieſte ertragen die Gefangenſchaft leicht und dauernd, weil ſie ſich bald an ein paſſendes
Erſatzfutter gewöhnen laſſen. Man kann ſagen, daß die Gefangenen mehr auffallend als anziehend
ſind, darf dann aber nicht vergeſſen, daß auch ſie eine innige Freundſchaft mit den Menſchen eingehen
und dahin gebracht werden können, ihrem Gebieter mit größter Liebenswürdigkeit entgegenzukommen
und eine warme Zärtlichkeit für ihn an den Tag zu legen.
Die Baumlieſte (Haleyon) kennzeichnen ſich durch langen, geraden und breiten Schnabel,
welcher ſich bei einigen etwas aufwärts biegt, kurze, aber nicht allzuſchwächliche Füße, mittellange,
abgerundete Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, die vierte und fünfte aber nur wenig
überragt, und einen verhältnißmäßig kurzen, gerundeten Schwanz.
Der Baumlieſt (Haleyon rufiventris) iſt auf der Oberſeite ſchwarz, auf der Unterſeite
kaſtanienbraun; der Kopf, Halsrücken und die Halsſeiten ſind aſchgrau, der Hinterrücken, die
Schwanzdeckfedern und der Schwanz, ſowie ein großer Fleck auf den Flügeln glänzend ſpangrün; die
Kehle iſt reinweiß, die Bruſt ſchmuzig weiß, ein Zügelſtreifen ſchwarz. Von unten geſehen, iſt der
Flügel rothbraun, ſodann weiß quergeſtreift, gegen die Spitze der Schwingen ſchwarz. Dieſelbe
Farbe zeigt auch der Schwanz von unten. Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind
roth. Die Länge beträgt 8½, die Fittiglänge 3½, die Schwanzlänge 2½ Zoll.
Man hat dieſen Vogel in Weſtafrika entdeckt, ſpäter aber auch auf den Jnſeln des grünen Ver-
gebirges und durch ganz Mittelafrika bis nach Abiſſinien hin aufgefunden. Jch bin ihm oft in den
Wäldern des Oſt-Sudahns begegnet.
Soviel ich mich erinnere, habe ich den ſonderbaren Geſellen immer nur einzeln geſehen, zuweilen
aber häufig auch innerhalb eines Umkreiſes von geringem Durchmeſſer. Jn der Regel war er in den
Flußniederungen zahlreicher als in den ärmeren Wäldern der Steppe; während der Regenzeit aber
konnte man ihn auch hier überall bemerken. Zu gewiſſen Zeiten ſah ich keinen einzigen, und deshalb
darf ich annehmen, daß er Strichvogel iſt, welcher möglicher Weiſe gar nicht im Sudahn brütet,
ſondern hier nur als Beſuchender erſcheint, bei reichlicher Nahrung mauſert und dann wieder ſeines
Weges zieht. Mitte Septembers waren alle, welche ich erlegte, in voller Mauſer.
Jm Betragen gleicht der Baumlieſt den Bienenfreſſern und Fliegenfängern. Er fliegt während
des ganzen Tags von einem Aſte ab und ſo lange auf ihn wieder zurück, als er von dieſer Warte
aus Beute macht und nicht geſtört wird. Doch begründet ſich dieſe Beharrlichkeit durchaus nicht auf
Unfähigkeit, ſondern nur auf Trägheit und Gleichgiltigkeit. Vor dem Menſchen zeigt er nicht die
geringſte Scheu. Er betrachtet den Europäer, welcher den meiſten übrigen Vögeln ſehr auffällt, mit
der größten Seelenruhe und kann deshalb ohne jegliche Anſtrengung vom Baume herabgeſchoſſen
werden. Selbſt wenn er gefehlt wurde, ändert er ſein Betragen nicht, er fliegt dann höchſtens auf
den nächſten Baum und läßt ſich dort wieder nieder. Die Nahrung ſcheint faſt ausſchließlich
aus Heuſchrecken zu beſtehen; zu gewiſſen Zeiten wenigſtens bilden dieſe Kerfe ſicherlich ſeine
alleinige Nahrung. Doch achtet er auch der Käſer, welche die blühenden Mimoſen umſchwirren,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/188>, abgerufen am 21.11.2024.
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