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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Baum- und Waldliest.
und versucht sich zuweilen ebenso an Schmetterlingen, welche an ihm vorübergaukeln. Bolle fand
in dem Kropfe eines Verwandten ein Stück von einer Eidechse, und es läßt sich daher annehmen, daß
auch unser Vogel auf derartiges Wild Jagd macht.

Ueber das Brutgeschäft theilt Verreaur Einiges mit. Seine Beobachtungen beziehen sich zwar
ebenfalls auf einen Verwandten; Aehnliches wird aber auch wohl für unsere Art Giltigkeit haben.
Die Brutzeit fällt in den Oktober und November. Das Nest steht in Baumlöchern und enthält drei
kugelrunde, glänzend weiße Eier. Beide Geschlechter brüten abwechselnd; wenn aber die Jungen
ausgekrochen sind, scheint das Männchen allein für Ernährung der Familie zu sorgen.



Eine andere Sippe hat man unter dem Namen Todirhamphus von den vorigen unterschieden,
weil ihr Schnabel kürzer und breiter, auch stärker aufwärts gebogen, der Flügel aber länger ist, da in
ihm die zweite Schwinge der dritten an Länge fast gleichkommt. Die Gruppe verbreitet sich haupt-
sächlich über Occanien, d. h. über Australien und die großen südasiatischen Eilande. Jn Jndien
kommen nur wenige Arten vor.

Jch erwähle eine javanische Art, den Waldliest (Todirhamphus chlorocephalus) zur
Besprechung für uns aus, weil wir, Dank den Beobachtungen Bernstein's, über die Lebensweise
unterrichtet sind. Der Vogel gehört zu den einfach gefärbten Arten seiner Sippschaft. Das Gefieder
der Oberseite ist spangrün, das der Unterseite weiß; ein Zügelstreifen, welcher sich als Band bis zum
Hinterhalfe fortsetzt und mit dem der entgegengesetzten Seite vereinigt, ist schwarz; ein Fleck auf der
Stirnseite und ein Nackenband sind schmuzig weiß. Das Auge ist gilblich, der Oberschnabel ganz,
der untere an der Spitze schwarz, an der Wurzel aber gelblichweiß. Die Länge beträgt 9, die Fittig-
länge 41/4, die Schwanzlänge 23/4 Zoll.

"Jm westlichen Java", sagt Bernstein, "ist diese die gemeinste und am meisten verbreitetste
Liestart. Kaum möchte es hier einen Bach oder Fluß geben, an dessen Ufern, falls diese nicht ganz
von Gebüsch oder Wald entblößt sind, man nicht Gelegenheit hätte, diesen Vogel zu beobachten.
Gewöhnlich sieht man ihn auf einem frei über das Wasser oder den Uferrand ragenden Aste oder Steine
sitzen und geduldig abwarten, bis sich ein Fischchen oder ein Kerbthier, welch' letztere ihm hauptsächlich
zu seiner Nahrung dienen, sehen läßt. Er weiß Kerbthiere geschickt und schnell zu fangen und ver-
speist sie, nachdem er zu seinem früheren Sitzplatze zurückgekehrt. Wenn er von einem Bache zum
andern über offenes Land dahinfliegt, eilt er in unsicherem Fluge, welcher aus schnell auf einander
folgenden Flügelschlägen besteht, in gerader Linie seinem Ziele zu und benutzt dabei gern einzelne in
seinem Wege stehende Bäume zu zuitweiligen Ruheplätzen. Während des Fliegens läßt er häufig
seine helle, laute Stimme hören, welche wie "Kakeh" klingt und ohne Zweifel die Veranlassung
zu seinem malaiischen Namen "Kakeh" geworden ist. Am Fluge und an der Stimme kann man den
Vogel schon in ziemlicher Entfernung erkennen."

"Jn der Nähe von Gadok fließt ein kleiner Bach, an dessen steil abfallenden, eine tiefe Schlucht
bildenden Ufern ich unsern Vogel wiederholt nistend angetroffen habe. Das Nest befand sich meistens
in einer einfachen Vertiefung des Erdbodens, die von oben durch einen überhängenden Stein und
dergleichen bedeckt und beschützt wurde, oder auch in einer wagrechten Spalte oder Auslassung desselben.
Einige wenige trockene Blätter und Mosstückchen bilden die einfache Unterlage für die drei bis vier
weißen, wenig glänzenden Eier, die durch Erdtheile meistens stark beschmuzt sind und erst nach dem
Abwaschen ihre wahre Farbe erkennen lassen."



Baum- und Waldlieſt.
und verſucht ſich zuweilen ebenſo an Schmetterlingen, welche an ihm vorübergaukeln. Bolle fand
in dem Kropfe eines Verwandten ein Stück von einer Eidechſe, und es läßt ſich daher annehmen, daß
auch unſer Vogel auf derartiges Wild Jagd macht.

Ueber das Brutgeſchäft theilt Verreaur Einiges mit. Seine Beobachtungen beziehen ſich zwar
ebenfalls auf einen Verwandten; Aehnliches wird aber auch wohl für unſere Art Giltigkeit haben.
Die Brutzeit fällt in den Oktober und November. Das Neſt ſteht in Baumlöchern und enthält drei
kugelrunde, glänzend weiße Eier. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd; wenn aber die Jungen
ausgekrochen ſind, ſcheint das Männchen allein für Ernährung der Familie zu ſorgen.



Eine andere Sippe hat man unter dem Namen Todirhamphus von den vorigen unterſchieden,
weil ihr Schnabel kürzer und breiter, auch ſtärker aufwärts gebogen, der Flügel aber länger iſt, da in
ihm die zweite Schwinge der dritten an Länge faſt gleichkommt. Die Gruppe verbreitet ſich haupt-
ſächlich über Occanien, d. h. über Auſtralien und die großen ſüdaſiatiſchen Eilande. Jn Jndien
kommen nur wenige Arten vor.

Jch erwähle eine javaniſche Art, den Waldlieſt (Todirhamphus chlorocephalus) zur
Beſprechung für uns aus, weil wir, Dank den Beobachtungen Bernſtein’s, über die Lebensweiſe
unterrichtet ſind. Der Vogel gehört zu den einfach gefärbten Arten ſeiner Sippſchaft. Das Gefieder
der Oberſeite iſt ſpangrün, das der Unterſeite weiß; ein Zügelſtreifen, welcher ſich als Band bis zum
Hinterhalfe fortſetzt und mit dem der entgegengeſetzten Seite vereinigt, iſt ſchwarz; ein Fleck auf der
Stirnſeite und ein Nackenband ſind ſchmuzig weiß. Das Auge iſt gilblich, der Oberſchnabel ganz,
der untere an der Spitze ſchwarz, an der Wurzel aber gelblichweiß. Die Länge beträgt 9, die Fittig-
länge 4¼, die Schwanzlänge 2¾ Zoll.

„Jm weſtlichen Java“, ſagt Bernſtein, „iſt dieſe die gemeinſte und am meiſten verbreitetſte
Lieſtart. Kaum möchte es hier einen Bach oder Fluß geben, an deſſen Ufern, falls dieſe nicht ganz
von Gebüſch oder Wald entblößt ſind, man nicht Gelegenheit hätte, dieſen Vogel zu beobachten.
Gewöhnlich ſieht man ihn auf einem frei über das Waſſer oder den Uferrand ragenden Aſte oder Steine
ſitzen und geduldig abwarten, bis ſich ein Fiſchchen oder ein Kerbthier, welch’ letztere ihm hauptſächlich
zu ſeiner Nahrung dienen, ſehen läßt. Er weiß Kerbthiere geſchickt und ſchnell zu fangen und ver-
ſpeiſt ſie, nachdem er zu ſeinem früheren Sitzplatze zurückgekehrt. Wenn er von einem Bache zum
andern über offenes Land dahinfliegt, eilt er in unſicherem Fluge, welcher aus ſchnell auf einander
folgenden Flügelſchlägen beſteht, in gerader Linie ſeinem Ziele zu und benutzt dabei gern einzelne in
ſeinem Wege ſtehende Bäume zu zuitweiligen Ruheplätzen. Während des Fliegens läßt er häufig
ſeine helle, laute Stimme hören, welche wie „Kakeh“ klingt und ohne Zweifel die Veranlaſſung
zu ſeinem malaiiſchen Namen „Kákeh“ geworden iſt. Am Fluge und an der Stimme kann man den
Vogel ſchon in ziemlicher Entfernung erkennen.“

„Jn der Nähe von Gadok fließt ein kleiner Bach, an deſſen ſteil abfallenden, eine tiefe Schlucht
bildenden Ufern ich unſern Vogel wiederholt niſtend angetroffen habe. Das Neſt befand ſich meiſtens
in einer einfachen Vertiefung des Erdbodens, die von oben durch einen überhängenden Stein und
dergleichen bedeckt und beſchützt wurde, oder auch in einer wagrechten Spalte oder Auslaſſung deſſelben.
Einige wenige trockene Blätter und Mosſtückchen bilden die einfache Unterlage für die drei bis vier
weißen, wenig glänzenden Eier, die durch Erdtheile meiſtens ſtark beſchmuzt ſind und erſt nach dem
Abwaſchen ihre wahre Farbe erkennen laſſen.“



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[171/0189] Baum- und Waldlieſt. und verſucht ſich zuweilen ebenſo an Schmetterlingen, welche an ihm vorübergaukeln. Bolle fand in dem Kropfe eines Verwandten ein Stück von einer Eidechſe, und es läßt ſich daher annehmen, daß auch unſer Vogel auf derartiges Wild Jagd macht. Ueber das Brutgeſchäft theilt Verreaur Einiges mit. Seine Beobachtungen beziehen ſich zwar ebenfalls auf einen Verwandten; Aehnliches wird aber auch wohl für unſere Art Giltigkeit haben. Die Brutzeit fällt in den Oktober und November. Das Neſt ſteht in Baumlöchern und enthält drei kugelrunde, glänzend weiße Eier. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd; wenn aber die Jungen ausgekrochen ſind, ſcheint das Männchen allein für Ernährung der Familie zu ſorgen. Eine andere Sippe hat man unter dem Namen Todirhamphus von den vorigen unterſchieden, weil ihr Schnabel kürzer und breiter, auch ſtärker aufwärts gebogen, der Flügel aber länger iſt, da in ihm die zweite Schwinge der dritten an Länge faſt gleichkommt. Die Gruppe verbreitet ſich haupt- ſächlich über Occanien, d. h. über Auſtralien und die großen ſüdaſiatiſchen Eilande. Jn Jndien kommen nur wenige Arten vor. Jch erwähle eine javaniſche Art, den Waldlieſt (Todirhamphus chlorocephalus) zur Beſprechung für uns aus, weil wir, Dank den Beobachtungen Bernſtein’s, über die Lebensweiſe unterrichtet ſind. Der Vogel gehört zu den einfach gefärbten Arten ſeiner Sippſchaft. Das Gefieder der Oberſeite iſt ſpangrün, das der Unterſeite weiß; ein Zügelſtreifen, welcher ſich als Band bis zum Hinterhalfe fortſetzt und mit dem der entgegengeſetzten Seite vereinigt, iſt ſchwarz; ein Fleck auf der Stirnſeite und ein Nackenband ſind ſchmuzig weiß. Das Auge iſt gilblich, der Oberſchnabel ganz, der untere an der Spitze ſchwarz, an der Wurzel aber gelblichweiß. Die Länge beträgt 9, die Fittig- länge 4¼, die Schwanzlänge 2¾ Zoll. „Jm weſtlichen Java“, ſagt Bernſtein, „iſt dieſe die gemeinſte und am meiſten verbreitetſte Lieſtart. Kaum möchte es hier einen Bach oder Fluß geben, an deſſen Ufern, falls dieſe nicht ganz von Gebüſch oder Wald entblößt ſind, man nicht Gelegenheit hätte, dieſen Vogel zu beobachten. Gewöhnlich ſieht man ihn auf einem frei über das Waſſer oder den Uferrand ragenden Aſte oder Steine ſitzen und geduldig abwarten, bis ſich ein Fiſchchen oder ein Kerbthier, welch’ letztere ihm hauptſächlich zu ſeiner Nahrung dienen, ſehen läßt. Er weiß Kerbthiere geſchickt und ſchnell zu fangen und ver- ſpeiſt ſie, nachdem er zu ſeinem früheren Sitzplatze zurückgekehrt. Wenn er von einem Bache zum andern über offenes Land dahinfliegt, eilt er in unſicherem Fluge, welcher aus ſchnell auf einander folgenden Flügelſchlägen beſteht, in gerader Linie ſeinem Ziele zu und benutzt dabei gern einzelne in ſeinem Wege ſtehende Bäume zu zuitweiligen Ruheplätzen. Während des Fliegens läßt er häufig ſeine helle, laute Stimme hören, welche wie „Kakeh“ klingt und ohne Zweifel die Veranlaſſung zu ſeinem malaiiſchen Namen „Kákeh“ geworden iſt. Am Fluge und an der Stimme kann man den Vogel ſchon in ziemlicher Entfernung erkennen.“ „Jn der Nähe von Gadok fließt ein kleiner Bach, an deſſen ſteil abfallenden, eine tiefe Schlucht bildenden Ufern ich unſern Vogel wiederholt niſtend angetroffen habe. Das Neſt befand ſich meiſtens in einer einfachen Vertiefung des Erdbodens, die von oben durch einen überhängenden Stein und dergleichen bedeckt und beſchützt wurde, oder auch in einer wagrechten Spalte oder Auslaſſung deſſelben. Einige wenige trockene Blätter und Mosſtückchen bilden die einfache Unterlage für die drei bis vier weißen, wenig glänzenden Eier, die durch Erdtheile meiſtens ſtark beſchmuzt ſind und erſt nach dem Abwaſchen ihre wahre Farbe erkennen laſſen.“

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/189>, abgerufen am 21.11.2024.