Die Späher. Klettervögel. Blumenvögel. Honigsauger.
Die Mitglieder einer zweiten Sippe (Certhiola) hat man Pitpits genannt. Jhr Schnabel ist fast kopflang, am Grunde ebenso hoch wie breit, seiner ganzen Länge nach sanft gebogen, allmählich verdünnt und in eine lange, scharfe, gerade Spitze auslaufend; die Flügel sind lang, in ihnen die zweite, dritte und vierte Schwinge die längsten; der Schwanz ist kurz; die Zunge ist tief gespalten, beide Spitzentheile sind in lange Borsten pinselartig zerfasert.
Der Pitpit(Certhiola flaveola) ist auf der Oberseite schwarzbraun, auf der Unterseite und auf dem Bürzel schön gelb; ein Augenbrauenstreif, die Vordersäume der Handschwingen, die Schwanzspitze und die äußersten Schwanzfedern sind weiß; die Kehle ist aschgrau. Das Auge ist graubraun, der Schnabel schwarz, der Fuß braun. Das Weibchen ist oben schwärzlicholivenfarbig, unten düster blaßgelb, im übrigen aber dem Männchen ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die Länge beträgt 3 5/6 , die Fittiglänge 2 1/6 , die Schwanzlänge 1 Zoll.
[Abbildung]
Der Pitpit(Certhlola flaveola).
Auch der Pitpit ist in ganz Brasilien gemein und außerdem noch über die Jnseln Mittelamerikas verbreitet. "Er findet sich", sagt Gosse, dem wir die ausführlichste Schilderung seines Lebens ver- danken, "nicht selten in Gesellschaft der Kolibris, indem er dieselben Blüthen und zu demselben Zwecke besucht wie sie. Er schwebt aber nicht vor den Blüthen, sondern setzt sich auf den Baum und untersucht emsig, von Zweig zu Zweig weiterhüpfend, das Jnnere der Blüthen, wobei er in allen Stellungen den Leib dreht und oft mit dem Rücken nach unten gekehrt sich aufhängt, um mit seinem gekrümmten Schnabel und mit dem Pinsel seiner Zunge den Jnhalt der Blüthen zu prüfen. Hier sucht er die kleinsten Kerbthiere zusammen. Ueberraschend zutraulich kommt er oft in die Blüthen- sträucher der Pflanzungen und Gärten Jamaicas. Eine große Moringa, welche das ganze Jahr hindurch reichlich mit Blüthen besetzt ist, scheint für ihn wie für die Kolibris besondere Anziehungskraft zu besitzen. Und eben jetzt, da ich Dies schreibe, wird die vor meinen Fenstern
Die Späher. Klettervögel. Blumenvögel. Honigſauger.
Die Mitglieder einer zweiten Sippe (Certhiola) hat man Pitpits genannt. Jhr Schnabel iſt faſt kopflang, am Grunde ebenſo hoch wie breit, ſeiner ganzen Länge nach ſanft gebogen, allmählich verdünnt und in eine lange, ſcharfe, gerade Spitze auslaufend; die Flügel ſind lang, in ihnen die zweite, dritte und vierte Schwinge die längſten; der Schwanz iſt kurz; die Zunge iſt tief geſpalten, beide Spitzentheile ſind in lange Borſten pinſelartig zerfaſert.
Der Pitpit(Certhiola flaveola) iſt auf der Oberſeite ſchwarzbraun, auf der Unterſeite und auf dem Bürzel ſchön gelb; ein Augenbrauenſtreif, die Vorderſäume der Handſchwingen, die Schwanzſpitze und die äußerſten Schwanzfedern ſind weiß; die Kehle iſt aſchgrau. Das Auge iſt graubraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß braun. Das Weibchen iſt oben ſchwärzlicholivenfarbig, unten düſter blaßgelb, im übrigen aber dem Männchen ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die Länge beträgt 3⅚, die Fittiglänge 2⅙, die Schwanzlänge 1 Zoll.
[Abbildung]
Der Pitpit(Certhlola flaveola).
Auch der Pitpit iſt in ganz Braſilien gemein und außerdem noch über die Jnſeln Mittelamerikas verbreitet. „Er findet ſich“, ſagt Goſſe, dem wir die ausführlichſte Schilderung ſeines Lebens ver- danken, „nicht ſelten in Geſellſchaft der Kolibris, indem er dieſelben Blüthen und zu demſelben Zwecke beſucht wie ſie. Er ſchwebt aber nicht vor den Blüthen, ſondern ſetzt ſich auf den Baum und unterſucht emſig, von Zweig zu Zweig weiterhüpfend, das Jnnere der Blüthen, wobei er in allen Stellungen den Leib dreht und oft mit dem Rücken nach unten gekehrt ſich aufhängt, um mit ſeinem gekrümmten Schnabel und mit dem Pinſel ſeiner Zunge den Jnhalt der Blüthen zu prüfen. Hier ſucht er die kleinſten Kerbthiere zuſammen. Ueberraſchend zutraulich kommt er oft in die Blüthen- ſträucher der Pflanzungen und Gärten Jamaicas. Eine große Moringa, welche das ganze Jahr hindurch reichlich mit Blüthen beſetzt iſt, ſcheint für ihn wie für die Kolibris beſondere Anziehungskraft zu beſitzen. Und eben jetzt, da ich Dies ſchreibe, wird die vor meinen Fenſtern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0020"n="8"/><fwplace="top"type="header">Die Späher. Klettervögel. Blumenvögel. Honigſauger.</fw><lb/><p>Die Mitglieder einer zweiten Sippe <hirendition="#aq">(Certhiola)</hi> hat man <hirendition="#g">Pitpits</hi> genannt. Jhr Schnabel<lb/>
iſt faſt kopflang, am Grunde ebenſo hoch wie breit, ſeiner ganzen Länge nach ſanft gebogen, allmählich<lb/>
verdünnt und in eine lange, ſcharfe, gerade Spitze auslaufend; die Flügel ſind lang, in ihnen die<lb/>
zweite, dritte und vierte Schwinge die längſten; der Schwanz iſt kurz; die Zunge iſt tief geſpalten,<lb/>
beide Spitzentheile ſind in lange Borſten pinſelartig zerfaſert.</p><lb/><p>Der <hirendition="#g">Pitpit</hi><hirendition="#aq">(Certhiola flaveola)</hi> iſt auf der Oberſeite ſchwarzbraun, auf der Unterſeite und auf<lb/>
dem Bürzel ſchön gelb; ein Augenbrauenſtreif, die Vorderſäume der Handſchwingen, die Schwanzſpitze<lb/>
und die äußerſten Schwanzfedern ſind weiß; die Kehle iſt aſchgrau. Das Auge iſt graubraun,<lb/>
der Schnabel ſchwarz, der Fuß braun. Das Weibchen iſt oben ſchwärzlicholivenfarbig, unten düſter<lb/>
blaßgelb, im übrigen aber dem Männchen ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die Länge beträgt 3⅚,<lb/>
die Fittiglänge 2⅙, die Schwanzlänge 1 Zoll.</p><lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Pitpit</hi><hirendition="#aq">(Certhlola flaveola).</hi></hi></head></figure><lb/><p>Auch der Pitpit iſt in ganz Braſilien gemein und außerdem noch über die Jnſeln Mittelamerikas<lb/>
verbreitet. „Er findet ſich“, ſagt <hirendition="#g">Goſſe,</hi> dem wir die ausführlichſte Schilderung ſeines Lebens ver-<lb/>
danken, „nicht ſelten in Geſellſchaft der Kolibris, indem er dieſelben Blüthen und zu demſelben<lb/>
Zwecke beſucht wie ſie. Er ſchwebt aber nicht vor den Blüthen, ſondern ſetzt ſich auf den Baum und<lb/>
unterſucht emſig, von Zweig zu Zweig weiterhüpfend, das Jnnere der Blüthen, wobei er in allen<lb/>
Stellungen den Leib dreht und oft mit dem Rücken nach unten gekehrt ſich aufhängt, um mit ſeinem<lb/>
gekrümmten Schnabel und mit dem Pinſel ſeiner Zunge den Jnhalt der Blüthen zu prüfen. Hier<lb/>ſucht er die kleinſten Kerbthiere zuſammen. Ueberraſchend zutraulich kommt er oft in die Blüthen-<lb/>ſträucher der Pflanzungen und Gärten Jamaicas. Eine große Moringa, welche das ganze<lb/>
Jahr hindurch reichlich mit Blüthen beſetzt iſt, ſcheint für ihn wie für die Kolibris beſondere<lb/>
Anziehungskraft zu beſitzen. Und eben jetzt, da ich Dies ſchreibe, wird die vor meinen Fenſtern<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[8/0020]
Die Späher. Klettervögel. Blumenvögel. Honigſauger.
Die Mitglieder einer zweiten Sippe (Certhiola) hat man Pitpits genannt. Jhr Schnabel
iſt faſt kopflang, am Grunde ebenſo hoch wie breit, ſeiner ganzen Länge nach ſanft gebogen, allmählich
verdünnt und in eine lange, ſcharfe, gerade Spitze auslaufend; die Flügel ſind lang, in ihnen die
zweite, dritte und vierte Schwinge die längſten; der Schwanz iſt kurz; die Zunge iſt tief geſpalten,
beide Spitzentheile ſind in lange Borſten pinſelartig zerfaſert.
Der Pitpit (Certhiola flaveola) iſt auf der Oberſeite ſchwarzbraun, auf der Unterſeite und auf
dem Bürzel ſchön gelb; ein Augenbrauenſtreif, die Vorderſäume der Handſchwingen, die Schwanzſpitze
und die äußerſten Schwanzfedern ſind weiß; die Kehle iſt aſchgrau. Das Auge iſt graubraun,
der Schnabel ſchwarz, der Fuß braun. Das Weibchen iſt oben ſchwärzlicholivenfarbig, unten düſter
blaßgelb, im übrigen aber dem Männchen ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die Länge beträgt 3⅚,
die Fittiglänge 2⅙, die Schwanzlänge 1 Zoll.
[Abbildung Der Pitpit (Certhlola flaveola).]
Auch der Pitpit iſt in ganz Braſilien gemein und außerdem noch über die Jnſeln Mittelamerikas
verbreitet. „Er findet ſich“, ſagt Goſſe, dem wir die ausführlichſte Schilderung ſeines Lebens ver-
danken, „nicht ſelten in Geſellſchaft der Kolibris, indem er dieſelben Blüthen und zu demſelben
Zwecke beſucht wie ſie. Er ſchwebt aber nicht vor den Blüthen, ſondern ſetzt ſich auf den Baum und
unterſucht emſig, von Zweig zu Zweig weiterhüpfend, das Jnnere der Blüthen, wobei er in allen
Stellungen den Leib dreht und oft mit dem Rücken nach unten gekehrt ſich aufhängt, um mit ſeinem
gekrümmten Schnabel und mit dem Pinſel ſeiner Zunge den Jnhalt der Blüthen zu prüfen. Hier
ſucht er die kleinſten Kerbthiere zuſammen. Ueberraſchend zutraulich kommt er oft in die Blüthen-
ſträucher der Pflanzungen und Gärten Jamaicas. Eine große Moringa, welche das ganze
Jahr hindurch reichlich mit Blüthen beſetzt iſt, ſcheint für ihn wie für die Kolibris beſondere
Anziehungskraft zu beſitzen. Und eben jetzt, da ich Dies ſchreibe, wird die vor meinen Fenſtern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/20>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.