Bei der einzigen Art der Familie, welche man bis jetzt in Afrika gefunden hat, sind die Schnabel- ränder gezahnt und die seitlich verkürzten Schwanzfedern verschmälert. Deshalb hat man sich berechtigt geglaubt, auf sie eine eigene Sippe, die der Blumensurukus(Hapaloderma) zu begründen. Der Vogel ist übrigens von Vaillant zu Ehren einer schönen Hottentottin Narina (Hapaloderma Narina) genannt worden; Narina aber bedeutet Blume, und damit ist der deutsche Sippenname, wenn auch nicht gerechtfertigt, so doch erklärt.
[Abbildung]
Die Narina(Hapaloderma Narina). 1/2 der nat. Größe.
Bei der männlichen Narina sind die ganze Oberseite, ein- schließlich der kleinen Flügeldeck- und mittleren Steuerfedern, die Kehle, der Hals und die Ober- seite prachtvoll goldgrün, die Unterbrust und der Bauch dunkelrosenroth, die größeren Flügeldeckfedern grau, schwärz- lich gebändert, die Schwingen schwarz mit weißen Schäften, die äußeren Schwanzfedern an der Außenfahne weiß, an der inneren schwärzlich. Beim Weibchen sind alle Farben trü- ber; die Stirn und die Kehle sind braunroth, die Schwungfedern braunschwarz.
Vaillant entdeckte die Narina in den großen Wäldern der Kafferei, Rüppell fand sie später im mittleren Waldgürtel längs der abissinischen Küste, Heuglin auch in Fassokel und am weißen Flusse, Ries und Du Chaillu endlich am Zambesi auf. Jch bin nur ein einzigesmal so glücklich gewesen, den Prachtvogel zu sehen und zwar im Mensahthale, wenige Meilen von der Küste des rothen Meeres, glaube aber nicht, daß er hier so selten ist, wie die Reisenden meinen; denn gerade die Bergwände, an deren einer ich die Narina bemerkte, erschweren die Beobachtung der Vögel im höchsten Grade. Ein Querthal, welches von ihnen in wenig Augenblicken durchflogen wird, eine Felswand, an welcher sie um hundert Fuß weit auf- und niedersteigen, thürmen vor dem Verfolger geradezu unüber- windliche Hindernisse auf. Jules Verreaur sagt, daß man die Narina in Südafrika vorzugsweise in den großen Waldungen östlich des Kaps der guten Hoffnung findet. Hier lebt sie sehr einzeln und still auf den höchsten Bäumen, nur in den Morgen- und Abendstunden ihrer Nahrung nachgehend und vor dem Menschen schen entfliehend. Jn ihrem Sein und Wesen hat sie etwas so Eigenthümliches, daß es unmöglich ist, sie zu verkennen. Sie hält sich im Sitzen sehr aufrecht; der
Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel.
Bei der einzigen Art der Familie, welche man bis jetzt in Afrika gefunden hat, ſind die Schnabel- ränder gezahnt und die ſeitlich verkürzten Schwanzfedern verſchmälert. Deshalb hat man ſich berechtigt geglaubt, auf ſie eine eigene Sippe, die der Blumenſurukus(Hapaloderma) zu begründen. Der Vogel iſt übrigens von Vaillant zu Ehren einer ſchönen Hottentottin Narina (Hapaloderma Narina) genannt worden; Narina aber bedeutet Blume, und damit iſt der deutſche Sippenname, wenn auch nicht gerechtfertigt, ſo doch erklärt.
[Abbildung]
Die Narina(Hapaloderma Narina). ½ der nat. Größe.
Bei der männlichen Narina ſind die ganze Oberſeite, ein- ſchließlich der kleinen Flügeldeck- und mittleren Steuerfedern, die Kehle, der Hals und die Ober- ſeite prachtvoll goldgrün, die Unterbruſt und der Bauch dunkelroſenroth, die größeren Flügeldeckfedern grau, ſchwärz- lich gebändert, die Schwingen ſchwarz mit weißen Schäften, die äußeren Schwanzfedern an der Außenfahne weiß, an der inneren ſchwärzlich. Beim Weibchen ſind alle Farben trü- ber; die Stirn und die Kehle ſind braunroth, die Schwungfedern braunſchwarz.
Vaillant entdeckte die Narina in den großen Wäldern der Kafferei, Rüppell fand ſie ſpäter im mittleren Waldgürtel längs der abiſſiniſchen Küſte, Heuglin auch in Faſſokel und am weißen Fluſſe, Ries und Du Chaillu endlich am Zambeſi auf. Jch bin nur ein einzigesmal ſo glücklich geweſen, den Prachtvogel zu ſehen und zwar im Menſahthale, wenige Meilen von der Küſte des rothen Meeres, glaube aber nicht, daß er hier ſo ſelten iſt, wie die Reiſenden meinen; denn gerade die Bergwände, an deren einer ich die Narina bemerkte, erſchweren die Beobachtung der Vögel im höchſten Grade. Ein Querthal, welches von ihnen in wenig Augenblicken durchflogen wird, eine Felswand, an welcher ſie um hundert Fuß weit auf- und niederſteigen, thürmen vor dem Verfolger geradezu unüber- windliche Hinderniſſe auf. Jules Verreaur ſagt, daß man die Narina in Südafrika vorzugsweiſe in den großen Waldungen öſtlich des Kaps der guten Hoffnung findet. Hier lebt ſie ſehr einzeln und ſtill auf den höchſten Bäumen, nur in den Morgen- und Abendſtunden ihrer Nahrung nachgehend und vor dem Menſchen ſchen entfliehend. Jn ihrem Sein und Weſen hat ſie etwas ſo Eigenthümliches, daß es unmöglich iſt, ſie zu verkennen. Sie hält ſich im Sitzen ſehr aufrecht; der
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Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel.
Bei der einzigen Art der Familie, welche man bis jetzt in Afrika gefunden hat, ſind die Schnabel-
ränder gezahnt und die ſeitlich verkürzten Schwanzfedern verſchmälert. Deshalb hat man ſich
berechtigt geglaubt, auf ſie eine eigene Sippe, die der Blumenſurukus (Hapaloderma) zu begründen.
Der Vogel iſt übrigens von
Vaillant zu Ehren einer
ſchönen Hottentottin Narina
(Hapaloderma Narina) genannt
worden; Narina aber bedeutet
Blume, und damit iſt der
deutſche Sippenname, wenn
auch nicht gerechtfertigt, ſo doch
erklärt.
[Abbildung Die Narina (Hapaloderma Narina).
½ der nat. Größe.]
Bei der männlichen Narina
ſind die ganze Oberſeite, ein-
ſchließlich der kleinen Flügeldeck-
und mittleren Steuerfedern, die
Kehle, der Hals und die Ober-
ſeite prachtvoll goldgrün, die
Unterbruſt und der Bauch
dunkelroſenroth, die größeren
Flügeldeckfedern grau, ſchwärz-
lich gebändert, die Schwingen
ſchwarz mit weißen Schäften,
die äußeren Schwanzfedern an
der Außenfahne weiß, an der
inneren ſchwärzlich. Beim
Weibchen ſind alle Farben trü-
ber; die Stirn und die Kehle
ſind braunroth, die Schwungfedern braunſchwarz.
Vaillant entdeckte die Narina in den großen Wäldern
der Kafferei, Rüppell fand ſie ſpäter im mittleren Waldgürtel
längs der abiſſiniſchen Küſte, Heuglin auch in Faſſokel und
am weißen Fluſſe, Ries und Du Chaillu endlich am
Zambeſi auf. Jch bin nur ein einzigesmal ſo glücklich geweſen,
den Prachtvogel zu ſehen und zwar im Menſahthale, wenige
Meilen von der Küſte des rothen Meeres, glaube aber nicht, daß
er hier ſo ſelten iſt, wie die Reiſenden meinen; denn gerade die
Bergwände, an deren einer ich die Narina bemerkte, erſchweren
die Beobachtung der Vögel im höchſten Grade. Ein Querthal,
welches von ihnen in wenig Augenblicken durchflogen wird, eine
Felswand, an welcher ſie um hundert Fuß weit auf- und
niederſteigen, thürmen vor dem Verfolger geradezu unüber-
windliche Hinderniſſe auf. Jules Verreaur ſagt, daß man
die Narina in Südafrika vorzugsweiſe in den großen Waldungen
öſtlich des Kaps der guten Hoffnung findet. Hier lebt ſie ſehr
einzeln und ſtill auf den höchſten Bäumen, nur in den Morgen- und Abendſtunden ihrer Nahrung
nachgehend und vor dem Menſchen ſchen entfliehend. Jn ihrem Sein und Weſen hat ſie etwas ſo
Eigenthümliches, daß es unmöglich iſt, ſie zu verkennen. Sie hält ſich im Sitzen ſehr aufrecht; der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/204>, abgerufen am 21.11.2024.
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