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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Honigkukuke.

Als die edelsten Mitglieder der Zunft betrachtet Cabanis, und wohl mit Recht, die Honig-
kukuke
(Indicatores). Sie sind verhältnißmäßig gedrungen gebaut, langflügelig, kurzschwänzig,
starkschnäbelig und kurzfüßig. Der Schnabel ist kürzer als der Kopf, stark, fast gerade, nach der
Spitze zu oben und unten gekrümmt, seitlich zusammengedrückt und hakig übergebogen. Die Beine
sind kurz und kräftig, ihre Läufe kürzer als die Außenzehe. Die Zehen sind lang, aber nicht schwach.
Der Fittig ist lang und spitzig, jedoch ziemlich breit; unter den Schwingen ist die dritte die längste, die
vierte und fünfte aber nur wenig verkürzt. Der höchstens mittellange Schwanz, welcher aus zwölf
Steuerfedern gebildet wird, ist abgerundet und in der Mitte ein wenig ausgeschweift, da die beiden
mittleren Steuerfedern etwas kürzer als die nächsten, die beiden Außenfedern aber bedeutend ver-
kürzt sind. Das Gefieder ist dicht, glatt und derb; die einzelnen Federn sitzen fest in der
starken Haut.

Die Honigkukuke gehören hauptsächlich Afrika an; denn nur zwei Arten der Familie sind bis
jetzt außerhalb dieses Erdtheils, in Südasien nämlich, beobachtet worden. Sie leben in waldigen
Gegenden, meist paarweise, höchst selten in kleinen Trupps, flattern von einem Baume zum andern
und lassen dabei ihre starke, wohlklingende Stimme vernehmen. "Trotz ihrer unscheinbaren Größe
und Färbung", sagt Heuglin, "sind alle an der eigenthümlichen Art der Bewegung im Fluge,
sowie an der weißen Farbe der äußeren Steuerfedern leicht und auf weithin zu erkennen." Sie
gehören zu den volksthümlichsten aller Vögel Afrikas; denn da, wo sie leben, haben sie sich Jedermann
bekannt gemacht. Schon die ältesten Reisenden erwähnen ihrer und namentlich einer sonderbaren
Eigenheit, welche sie, wie es scheint, sämmtlich besitzen. Alles Auffallende nämlich, welches sie
bemerkten, versuchen sie anderen Thieren und insbesondere auch dem Menschen mitzutheilen, indem
sie in auffallend dreister Weise herbeifliegen und durch Geschrei und sonderbare Geberden einladen,
zu folgen. "Daß sie, so rufend, häufig an Bienenschwärme führen, weiß jeder Eingeborne
Afrikas vom Kap bis zum Senegal und von der Westküste bis nach Abissinien herüber. Doch
führt der Honigkukuk den ihm folgenden Menschen ebenso häufig auf gefallene Thiere, die voller
Kerbthierlarven sind, oder verfolgt mit seinem Geschrei den Löwen oder Leoparden, kurz Alles, was
ihm auffällt."

Ueber ihre Fortpflanzungsgeschichte sind wir erst neuerdings unterrichtet worden; die älteren
Angaben haben sich als falsch erwiesen. Jetzt wissen wir, daß die Honigkukuke zu den Schmarotzern
gehören, welche sich selbst nicht um ihre Brut bekümmern, sondern sie der Obhut und Fürsorge
anderer Vögel anvertrauen.

Aus den bisher bekannt gewordenen Beobachtungen der Reisenden geht hervor, daß alle Honig-
kukuke hinsichtlich ihrer Lebensweise im wesentlichen sich ähneln, und deshalb dürfte es für uns voll-
kommen genügen, wenn ich eine Art der Familie und Sippe beschreibe und die Berichte der reisenden
Forscher über die Lebensweise auf sie beziehe.

Der Honiganzeiger (Indicator albirostris) ist auf der Oberseite graubraun, auf der Unter-
seite weißgraulich; die Gurgel ist schwarz, ein Fleck in der Ohrgegend graulichweiß; einige Schenkel-
federn sind durch schwarze Längsstriche gezeichnet; die Schwingen sind graubräunlich, die Deckfedern der
Flügel breit weiß gesäumt, die Schultern durch einen gelben Fleck geziert; die mittleren Schwanz-
federn sind braun, die beiden folgenden jeder Seite auf der Außenfahne braun, auf der inneren weiß,
die drei äußersten ganz weiß mit brauner Spitze. Der Schnabel ist gelblichweiß, der Fuß braun.
Die Länge beträgt 61/2, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 21/2 Zoll.

Von Südafrika an verbreitet sich diese Art über den ganzen Erdtheil bis zum 16. Grad nördlicher
Breite; es scheint aber, daß er und seine Verwandten in gewissen Gegenden, so im Ost-Sudahn oder
in Habesch nur zeitweilig vorkommen, also Zugvögel sind. Auffallender Weise habe ich nur ein einziges
Mal einen Honigkukuk gesehen und zwar blos im Vorüberfliegen, sodaß ich aus eigener Erfahrung
gar Nichts zu sagen weiß, während alle übrigen Reisenden, welche dieselben Gegenden wie ich

Die Späher. Leichtſchnäbler. Honigkukuke.

Als die edelſten Mitglieder der Zunft betrachtet Cabanis, und wohl mit Recht, die Honig-
kukuke
(Indicatores). Sie ſind verhältnißmäßig gedrungen gebaut, langflügelig, kurzſchwänzig,
ſtarkſchnäbelig und kurzfüßig. Der Schnabel iſt kürzer als der Kopf, ſtark, faſt gerade, nach der
Spitze zu oben und unten gekrümmt, ſeitlich zuſammengedrückt und hakig übergebogen. Die Beine
ſind kurz und kräftig, ihre Läufe kürzer als die Außenzehe. Die Zehen ſind lang, aber nicht ſchwach.
Der Fittig iſt lang und ſpitzig, jedoch ziemlich breit; unter den Schwingen iſt die dritte die längſte, die
vierte und fünfte aber nur wenig verkürzt. Der höchſtens mittellange Schwanz, welcher aus zwölf
Steuerfedern gebildet wird, iſt abgerundet und in der Mitte ein wenig ausgeſchweift, da die beiden
mittleren Steuerfedern etwas kürzer als die nächſten, die beiden Außenfedern aber bedeutend ver-
kürzt ſind. Das Gefieder iſt dicht, glatt und derb; die einzelnen Federn ſitzen feſt in der
ſtarken Haut.

Die Honigkukuke gehören hauptſächlich Afrika an; denn nur zwei Arten der Familie ſind bis
jetzt außerhalb dieſes Erdtheils, in Südaſien nämlich, beobachtet worden. Sie leben in waldigen
Gegenden, meiſt paarweiſe, höchſt ſelten in kleinen Trupps, flattern von einem Baume zum andern
und laſſen dabei ihre ſtarke, wohlklingende Stimme vernehmen. „Trotz ihrer unſcheinbaren Größe
und Färbung“, ſagt Heuglin, „ſind alle an der eigenthümlichen Art der Bewegung im Fluge,
ſowie an der weißen Farbe der äußeren Steuerfedern leicht und auf weithin zu erkennen.“ Sie
gehören zu den volksthümlichſten aller Vögel Afrikas; denn da, wo ſie leben, haben ſie ſich Jedermann
bekannt gemacht. Schon die älteſten Reiſenden erwähnen ihrer und namentlich einer ſonderbaren
Eigenheit, welche ſie, wie es ſcheint, ſämmtlich beſitzen. Alles Auffallende nämlich, welches ſie
bemerkten, verſuchen ſie anderen Thieren und insbeſondere auch dem Menſchen mitzutheilen, indem
ſie in auffallend dreiſter Weiſe herbeifliegen und durch Geſchrei und ſonderbare Geberden einladen,
zu folgen. „Daß ſie, ſo rufend, häufig an Bienenſchwärme führen, weiß jeder Eingeborne
Afrikas vom Kap bis zum Senegal und von der Weſtküſte bis nach Abiſſinien herüber. Doch
führt der Honigkukuk den ihm folgenden Menſchen ebenſo häufig auf gefallene Thiere, die voller
Kerbthierlarven ſind, oder verfolgt mit ſeinem Geſchrei den Löwen oder Leoparden, kurz Alles, was
ihm auffällt.“

Ueber ihre Fortpflanzungsgeſchichte ſind wir erſt neuerdings unterrichtet worden; die älteren
Angaben haben ſich als falſch erwieſen. Jetzt wiſſen wir, daß die Honigkukuke zu den Schmarotzern
gehören, welche ſich ſelbſt nicht um ihre Brut bekümmern, ſondern ſie der Obhut und Fürſorge
anderer Vögel anvertrauen.

Aus den bisher bekannt gewordenen Beobachtungen der Reiſenden geht hervor, daß alle Honig-
kukuke hinſichtlich ihrer Lebensweiſe im weſentlichen ſich ähneln, und deshalb dürfte es für uns voll-
kommen genügen, wenn ich eine Art der Familie und Sippe beſchreibe und die Berichte der reiſenden
Forſcher über die Lebensweiſe auf ſie beziehe.

Der Honiganzeiger (Indicator albirostris) iſt auf der Oberſeite graubraun, auf der Unter-
ſeite weißgraulich; die Gurgel iſt ſchwarz, ein Fleck in der Ohrgegend graulichweiß; einige Schenkel-
federn ſind durch ſchwarze Längsſtriche gezeichnet; die Schwingen ſind graubräunlich, die Deckfedern der
Flügel breit weiß geſäumt, die Schultern durch einen gelben Fleck geziert; die mittleren Schwanz-
federn ſind braun, die beiden folgenden jeder Seite auf der Außenfahne braun, auf der inneren weiß,
die drei äußerſten ganz weiß mit brauner Spitze. Der Schnabel iſt gelblichweiß, der Fuß braun.
Die Länge beträgt 6½, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 2½ Zoll.

Von Südafrika an verbreitet ſich dieſe Art über den ganzen Erdtheil bis zum 16. Grad nördlicher
Breite; es ſcheint aber, daß er und ſeine Verwandten in gewiſſen Gegenden, ſo im Oſt-Sudahn oder
in Habeſch nur zeitweilig vorkommen, alſo Zugvögel ſind. Auffallender Weiſe habe ich nur ein einziges
Mal einen Honigkukuk geſehen und zwar blos im Vorüberfliegen, ſodaß ich aus eigener Erfahrung
gar Nichts zu ſagen weiß, während alle übrigen Reiſenden, welche dieſelben Gegenden wie ich

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[190/0212] Die Späher. Leichtſchnäbler. Honigkukuke. Als die edelſten Mitglieder der Zunft betrachtet Cabanis, und wohl mit Recht, die Honig- kukuke (Indicatores). Sie ſind verhältnißmäßig gedrungen gebaut, langflügelig, kurzſchwänzig, ſtarkſchnäbelig und kurzfüßig. Der Schnabel iſt kürzer als der Kopf, ſtark, faſt gerade, nach der Spitze zu oben und unten gekrümmt, ſeitlich zuſammengedrückt und hakig übergebogen. Die Beine ſind kurz und kräftig, ihre Läufe kürzer als die Außenzehe. Die Zehen ſind lang, aber nicht ſchwach. Der Fittig iſt lang und ſpitzig, jedoch ziemlich breit; unter den Schwingen iſt die dritte die längſte, die vierte und fünfte aber nur wenig verkürzt. Der höchſtens mittellange Schwanz, welcher aus zwölf Steuerfedern gebildet wird, iſt abgerundet und in der Mitte ein wenig ausgeſchweift, da die beiden mittleren Steuerfedern etwas kürzer als die nächſten, die beiden Außenfedern aber bedeutend ver- kürzt ſind. Das Gefieder iſt dicht, glatt und derb; die einzelnen Federn ſitzen feſt in der ſtarken Haut. Die Honigkukuke gehören hauptſächlich Afrika an; denn nur zwei Arten der Familie ſind bis jetzt außerhalb dieſes Erdtheils, in Südaſien nämlich, beobachtet worden. Sie leben in waldigen Gegenden, meiſt paarweiſe, höchſt ſelten in kleinen Trupps, flattern von einem Baume zum andern und laſſen dabei ihre ſtarke, wohlklingende Stimme vernehmen. „Trotz ihrer unſcheinbaren Größe und Färbung“, ſagt Heuglin, „ſind alle an der eigenthümlichen Art der Bewegung im Fluge, ſowie an der weißen Farbe der äußeren Steuerfedern leicht und auf weithin zu erkennen.“ Sie gehören zu den volksthümlichſten aller Vögel Afrikas; denn da, wo ſie leben, haben ſie ſich Jedermann bekannt gemacht. Schon die älteſten Reiſenden erwähnen ihrer und namentlich einer ſonderbaren Eigenheit, welche ſie, wie es ſcheint, ſämmtlich beſitzen. Alles Auffallende nämlich, welches ſie bemerkten, verſuchen ſie anderen Thieren und insbeſondere auch dem Menſchen mitzutheilen, indem ſie in auffallend dreiſter Weiſe herbeifliegen und durch Geſchrei und ſonderbare Geberden einladen, zu folgen. „Daß ſie, ſo rufend, häufig an Bienenſchwärme führen, weiß jeder Eingeborne Afrikas vom Kap bis zum Senegal und von der Weſtküſte bis nach Abiſſinien herüber. Doch führt der Honigkukuk den ihm folgenden Menſchen ebenſo häufig auf gefallene Thiere, die voller Kerbthierlarven ſind, oder verfolgt mit ſeinem Geſchrei den Löwen oder Leoparden, kurz Alles, was ihm auffällt.“ Ueber ihre Fortpflanzungsgeſchichte ſind wir erſt neuerdings unterrichtet worden; die älteren Angaben haben ſich als falſch erwieſen. Jetzt wiſſen wir, daß die Honigkukuke zu den Schmarotzern gehören, welche ſich ſelbſt nicht um ihre Brut bekümmern, ſondern ſie der Obhut und Fürſorge anderer Vögel anvertrauen. Aus den bisher bekannt gewordenen Beobachtungen der Reiſenden geht hervor, daß alle Honig- kukuke hinſichtlich ihrer Lebensweiſe im weſentlichen ſich ähneln, und deshalb dürfte es für uns voll- kommen genügen, wenn ich eine Art der Familie und Sippe beſchreibe und die Berichte der reiſenden Forſcher über die Lebensweiſe auf ſie beziehe. Der Honiganzeiger (Indicator albirostris) iſt auf der Oberſeite graubraun, auf der Unter- ſeite weißgraulich; die Gurgel iſt ſchwarz, ein Fleck in der Ohrgegend graulichweiß; einige Schenkel- federn ſind durch ſchwarze Längsſtriche gezeichnet; die Schwingen ſind graubräunlich, die Deckfedern der Flügel breit weiß geſäumt, die Schultern durch einen gelben Fleck geziert; die mittleren Schwanz- federn ſind braun, die beiden folgenden jeder Seite auf der Außenfahne braun, auf der inneren weiß, die drei äußerſten ganz weiß mit brauner Spitze. Der Schnabel iſt gelblichweiß, der Fuß braun. Die Länge beträgt 6½, die Fittiglänge 4[FORMEL], die Schwanzlänge 2½ Zoll. Von Südafrika an verbreitet ſich dieſe Art über den ganzen Erdtheil bis zum 16. Grad nördlicher Breite; es ſcheint aber, daß er und ſeine Verwandten in gewiſſen Gegenden, ſo im Oſt-Sudahn oder in Habeſch nur zeitweilig vorkommen, alſo Zugvögel ſind. Auffallender Weiſe habe ich nur ein einziges Mal einen Honigkukuk geſehen und zwar blos im Vorüberfliegen, ſodaß ich aus eigener Erfahrung gar Nichts zu ſagen weiß, während alle übrigen Reiſenden, welche dieſelben Gegenden wie ich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/212>, abgerufen am 21.11.2024.