besuchten, sehr wohl mit diesen Vögeln bekannt wurden. Heuglin bemerkt, daß er die Zeit ihres Auf- enthalts im Sudahn oder in Habesch zwischen die Monate September und April setzen möge, da er in der trockenen Jahreszeit niemals einen von ihnen angetroffen habe. Jch kann versichern, daß ich auf dem mittleren blauen Nil auch während der Regenzeit nicht das Glück gehabt habe, einen von ihnen zu beobachten.
Der Reisende Ludolf, dessen "Geschichte Aethiopiens" im Jahre 1681 erschien, ist der Erste, welcher über den Honiganzeiger spricht. Er weiß bereits, wenn auch nicht durch eigene Erfahrung, daß der Vogel Alles, was ihm aufgefallen, dem Menschen verräth, nicht blos die Bienennester, sondern auch die wilden Büffel, Elefanten, Tiger und Schlangen, und daß er einen ihm willigen Jäger zu dem von ihm entdeckten Thier oder Gegenstand förmlich hinführt. Lobo, dessen Reise nach Abissinien im Jahre 1728 herausgegeben wurde, thut unseres Vogels wiederum Erwähnung. "Der Moroc oder Honiganzeiger", sagt er, "besitzt eine besondere Naturgabe, Honig und Bienen, deren in Aethiopien eine unbeschreibliche Menge und zwar von den verschiedensten Arten anzutreffen ist, zu entdecken. Einige sind gleichsam zahm und wohnen in Körben, andere halten sich in hohlen Bäumen auf, noch andere in Löchern und Höhlen unter der Erde, die sie mit Sorgfalt rein halten und so künstlich ver- stecken, daß man Mühe hat, sie zu finden, obgleich sie oft nahe an der Landstraße sind. Der Honig, welchen sie unter der Erde bauen, ist vollständig ebenso gut, wie der in Körben gewonnene, nur etwas schwärzer. Jch möchte fast glauben, daß es derselbe Honig gewesen sei, von welchem Johannes in der Wüste gelebt hat."
"Wenn der Moroc ein Bienennest aufgespürt hat, setzt er sich an die Landstraße, schlägt mit den Flügeln, singt, sobald er Jemand erblickt und sucht dadurch ihm begreiflich zu machen und ihn aufzu- muntern, daß er ihm folgen solle und die Anweisung eines Bienennestes zu erwarten habe. Merkt er, daß man mitgeht, so fliegt er von Baum zu Baum, bis er an diejenige Stelle kommt, wo der Honig gefunden wird. Der Abissinier bemächtigt sich des Honigs, ermangelt aber niemals, dem Vogel einen guten Theil davon zu überlassen."
Nach diesen beiden Reisenden gibt Sparmann Ende des vorigen Jahrhunderts eine vollständige Schilderung dieser Eigenheit und des auffallenden Betragens der Honigkukuke, und diese Schilderung ist von allen nach ihm folgenden Naturforschern lediglich bestätigt worden. Vaillant meint zwar, daß Sparmann wahrscheinlich nie einen Honiganzeiger gesehen, sondern nur die Erzählungen der Hottentotten wiedergegeben habe; aber der gute Vaillant hat Sparmann nicht berichtigt und noch dazu eine falsche Beschreibung des Fortpflanzungsgeschäfts geliefert: seine Ansicht kann also kaum in Frage kommen.
"Der Bienenverrätherkukuk", sagt Sparmann, "dessen ich bei Beschreibung des Ratels gedacht habe, verdient, daß ich hier seine sonderbare Geschichte ausführlicher bekannt mache. Der Größe und Farbe wegen ist er zwar eben nicht merkwürdig; denn bei flüchtigem Anblick gleicht er blos dem gemeinen, grauen Sperling, obschon er etwas größer und falber ist und einen kleinen gelben Fleck auf jeder Schulter hat, auch seine Steißfedern mit Weiß gemischt sind. Eigentlich ist es wohl weiter Nichts als Eigennutz, um dessen willen er dem Menschen und dem Ratel die Bienennester entdeckt; denn Honig und Bienenmaden sind sein liebster Fraß, und er weiß, daß beim Plündern der Bienennester allzeit Etwas verloren geht, das auf seinen Antheil fällt, oder daß man mit Fleiß Etwas als eine Belohnung seines geleisteten Dienstes übrig läßt." Hier wendet Vaillant mit Recht ein, daß diejenigen Honigkukuke, welche in den von Menschen bewohnten Wildnissen hausen, unmöglich auf eine derartige Belohnung ihrer Dienste rechnen können und doch auch leben, daß also der Vogel dem Menschen nicht absichtlich dient, sondern dieser sich die Eigenheit des Honigangebers einfach zu Nutze macht. "Bei alledem", fährt Sparmann fort, "setzt die Art, wie dieser Vogel seine Ver- rätherei bewerkstelligt, viel Ueberlegung voraus und ist bewunderungswürdig. Der Morgen und Abend scheinen seine vornehmst passende Zeit zu sein; wenigstens zeigt er dann den meisten Eifer, mit seinem schnarrenden "Cherr cherr" die Aufmerksamkeit der Ratels und Hottentotten rege zu
Honiganzeiger.
beſuchten, ſehr wohl mit dieſen Vögeln bekannt wurden. Heuglin bemerkt, daß er die Zeit ihres Auf- enthalts im Sudahn oder in Habeſch zwiſchen die Monate September und April ſetzen möge, da er in der trockenen Jahreszeit niemals einen von ihnen angetroffen habe. Jch kann verſichern, daß ich auf dem mittleren blauen Nil auch während der Regenzeit nicht das Glück gehabt habe, einen von ihnen zu beobachten.
Der Reiſende Ludolf, deſſen „Geſchichte Aethiopiens“ im Jahre 1681 erſchien, iſt der Erſte, welcher über den Honiganzeiger ſpricht. Er weiß bereits, wenn auch nicht durch eigene Erfahrung, daß der Vogel Alles, was ihm aufgefallen, dem Menſchen verräth, nicht blos die Bienenneſter, ſondern auch die wilden Büffel, Elefanten, Tiger und Schlangen, und daß er einen ihm willigen Jäger zu dem von ihm entdeckten Thier oder Gegenſtand förmlich hinführt. Lobo, deſſen Reiſe nach Abiſſinien im Jahre 1728 herausgegeben wurde, thut unſeres Vogels wiederum Erwähnung. „Der Moroc oder Honiganzeiger“, ſagt er, „beſitzt eine beſondere Naturgabe, Honig und Bienen, deren in Aethiopien eine unbeſchreibliche Menge und zwar von den verſchiedenſten Arten anzutreffen iſt, zu entdecken. Einige ſind gleichſam zahm und wohnen in Körben, andere halten ſich in hohlen Bäumen auf, noch andere in Löchern und Höhlen unter der Erde, die ſie mit Sorgfalt rein halten und ſo künſtlich ver- ſtecken, daß man Mühe hat, ſie zu finden, obgleich ſie oft nahe an der Landſtraße ſind. Der Honig, welchen ſie unter der Erde bauen, iſt vollſtändig ebenſo gut, wie der in Körben gewonnene, nur etwas ſchwärzer. Jch möchte faſt glauben, daß es derſelbe Honig geweſen ſei, von welchem Johannes in der Wüſte gelebt hat.“
„Wenn der Moroc ein Bienenneſt aufgeſpürt hat, ſetzt er ſich an die Landſtraße, ſchlägt mit den Flügeln, ſingt, ſobald er Jemand erblickt und ſucht dadurch ihm begreiflich zu machen und ihn aufzu- muntern, daß er ihm folgen ſolle und die Anweiſung eines Bienenneſtes zu erwarten habe. Merkt er, daß man mitgeht, ſo fliegt er von Baum zu Baum, bis er an diejenige Stelle kommt, wo der Honig gefunden wird. Der Abiſſinier bemächtigt ſich des Honigs, ermangelt aber niemals, dem Vogel einen guten Theil davon zu überlaſſen.“
Nach dieſen beiden Reiſenden gibt Sparmann Ende des vorigen Jahrhunderts eine vollſtändige Schilderung dieſer Eigenheit und des auffallenden Betragens der Honigkukuke, und dieſe Schilderung iſt von allen nach ihm folgenden Naturforſchern lediglich beſtätigt worden. Vaillant meint zwar, daß Sparmann wahrſcheinlich nie einen Honiganzeiger geſehen, ſondern nur die Erzählungen der Hottentotten wiedergegeben habe; aber der gute Vaillant hat Sparmann nicht berichtigt und noch dazu eine falſche Beſchreibung des Fortpflanzungsgeſchäfts geliefert: ſeine Anſicht kann alſo kaum in Frage kommen.
„Der Bienenverrätherkukuk“, ſagt Sparmann, „deſſen ich bei Beſchreibung des Ratels gedacht habe, verdient, daß ich hier ſeine ſonderbare Geſchichte ausführlicher bekannt mache. Der Größe und Farbe wegen iſt er zwar eben nicht merkwürdig; denn bei flüchtigem Anblick gleicht er blos dem gemeinen, grauen Sperling, obſchon er etwas größer und falber iſt und einen kleinen gelben Fleck auf jeder Schulter hat, auch ſeine Steißfedern mit Weiß gemiſcht ſind. Eigentlich iſt es wohl weiter Nichts als Eigennutz, um deſſen willen er dem Menſchen und dem Ratel die Bienenneſter entdeckt; denn Honig und Bienenmaden ſind ſein liebſter Fraß, und er weiß, daß beim Plündern der Bienenneſter allzeit Etwas verloren geht, das auf ſeinen Antheil fällt, oder daß man mit Fleiß Etwas als eine Belohnung ſeines geleiſteten Dienſtes übrig läßt.“ Hier wendet Vaillant mit Recht ein, daß diejenigen Honigkukuke, welche in den von Menſchen bewohnten Wildniſſen hauſen, unmöglich auf eine derartige Belohnung ihrer Dienſte rechnen können und doch auch leben, daß alſo der Vogel dem Menſchen nicht abſichtlich dient, ſondern dieſer ſich die Eigenheit des Honigangebers einfach zu Nutze macht. „Bei alledem“, fährt Sparmann fort, „ſetzt die Art, wie dieſer Vogel ſeine Ver- rätherei bewerkſtelligt, viel Ueberlegung voraus und iſt bewunderungswürdig. Der Morgen und Abend ſcheinen ſeine vornehmſt paſſende Zeit zu ſein; wenigſtens zeigt er dann den meiſten Eifer, mit ſeinem ſchnarrenden „Cherr cherr“ die Aufmerkſamkeit der Ratels und Hottentotten rege zu
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[191/0213]
Honiganzeiger.
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enthalts im Sudahn oder in Habeſch zwiſchen die Monate September und April ſetzen möge, da er in
der trockenen Jahreszeit niemals einen von ihnen angetroffen habe. Jch kann verſichern, daß ich auf
dem mittleren blauen Nil auch während der Regenzeit nicht das Glück gehabt habe, einen von ihnen
zu beobachten.
Der Reiſende Ludolf, deſſen „Geſchichte Aethiopiens“ im Jahre 1681 erſchien, iſt der Erſte,
welcher über den Honiganzeiger ſpricht. Er weiß bereits, wenn auch nicht durch eigene Erfahrung,
daß der Vogel Alles, was ihm aufgefallen, dem Menſchen verräth, nicht blos die Bienenneſter, ſondern
auch die wilden Büffel, Elefanten, Tiger und Schlangen, und daß er einen ihm willigen Jäger zu dem
von ihm entdeckten Thier oder Gegenſtand förmlich hinführt. Lobo, deſſen Reiſe nach Abiſſinien im
Jahre 1728 herausgegeben wurde, thut unſeres Vogels wiederum Erwähnung. „Der Moroc oder
Honiganzeiger“, ſagt er, „beſitzt eine beſondere Naturgabe, Honig und Bienen, deren in Aethiopien
eine unbeſchreibliche Menge und zwar von den verſchiedenſten Arten anzutreffen iſt, zu entdecken.
Einige ſind gleichſam zahm und wohnen in Körben, andere halten ſich in hohlen Bäumen auf, noch
andere in Löchern und Höhlen unter der Erde, die ſie mit Sorgfalt rein halten und ſo künſtlich ver-
ſtecken, daß man Mühe hat, ſie zu finden, obgleich ſie oft nahe an der Landſtraße ſind. Der Honig,
welchen ſie unter der Erde bauen, iſt vollſtändig ebenſo gut, wie der in Körben gewonnene, nur etwas
ſchwärzer. Jch möchte faſt glauben, daß es derſelbe Honig geweſen ſei, von welchem Johannes in der
Wüſte gelebt hat.“
„Wenn der Moroc ein Bienenneſt aufgeſpürt hat, ſetzt er ſich an die Landſtraße, ſchlägt mit den
Flügeln, ſingt, ſobald er Jemand erblickt und ſucht dadurch ihm begreiflich zu machen und ihn aufzu-
muntern, daß er ihm folgen ſolle und die Anweiſung eines Bienenneſtes zu erwarten habe. Merkt
er, daß man mitgeht, ſo fliegt er von Baum zu Baum, bis er an diejenige Stelle kommt, wo der
Honig gefunden wird. Der Abiſſinier bemächtigt ſich des Honigs, ermangelt aber niemals, dem
Vogel einen guten Theil davon zu überlaſſen.“
Nach dieſen beiden Reiſenden gibt Sparmann Ende des vorigen Jahrhunderts eine vollſtändige
Schilderung dieſer Eigenheit und des auffallenden Betragens der Honigkukuke, und dieſe Schilderung
iſt von allen nach ihm folgenden Naturforſchern lediglich beſtätigt worden. Vaillant meint zwar,
daß Sparmann wahrſcheinlich nie einen Honiganzeiger geſehen, ſondern nur die Erzählungen der
Hottentotten wiedergegeben habe; aber der gute Vaillant hat Sparmann nicht berichtigt und noch
dazu eine falſche Beſchreibung des Fortpflanzungsgeſchäfts geliefert: ſeine Anſicht kann alſo kaum in
Frage kommen.
„Der Bienenverrätherkukuk“, ſagt Sparmann, „deſſen ich bei Beſchreibung des Ratels
gedacht habe, verdient, daß ich hier ſeine ſonderbare Geſchichte ausführlicher bekannt mache. Der
Größe und Farbe wegen iſt er zwar eben nicht merkwürdig; denn bei flüchtigem Anblick gleicht er
blos dem gemeinen, grauen Sperling, obſchon er etwas größer und falber iſt und einen kleinen
gelben Fleck auf jeder Schulter hat, auch ſeine Steißfedern mit Weiß gemiſcht ſind. Eigentlich iſt es
wohl weiter Nichts als Eigennutz, um deſſen willen er dem Menſchen und dem Ratel die Bienenneſter
entdeckt; denn Honig und Bienenmaden ſind ſein liebſter Fraß, und er weiß, daß beim Plündern
der Bienenneſter allzeit Etwas verloren geht, das auf ſeinen Antheil fällt, oder daß man mit Fleiß
Etwas als eine Belohnung ſeines geleiſteten Dienſtes übrig läßt.“ Hier wendet Vaillant mit Recht
ein, daß diejenigen Honigkukuke, welche in den von Menſchen bewohnten Wildniſſen hauſen, unmöglich
auf eine derartige Belohnung ihrer Dienſte rechnen können und doch auch leben, daß alſo der Vogel
dem Menſchen nicht abſichtlich dient, ſondern dieſer ſich die Eigenheit des Honigangebers einfach zu
Nutze macht. „Bei alledem“, fährt Sparmann fort, „ſetzt die Art, wie dieſer Vogel ſeine Ver-
rätherei bewerkſtelligt, viel Ueberlegung voraus und iſt bewunderungswürdig. Der Morgen und
Abend ſcheinen ſeine vornehmſt paſſende Zeit zu ſein; wenigſtens zeigt er dann den meiſten Eifer,
mit ſeinem ſchnarrenden „Cherr cherr“ die Aufmerkſamkeit der Ratels und Hottentotten rege zu
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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