stillschweigt, wenn er nur ein einziges weiß. Doch betrügt er den Jäger zuweilen, indem er ihn anstatt zu wilden zu zahmen Bienen führt. Von einem tödtlichen Ausgange der Kämpfe zwischen Honigangeber und Bienen, von dem Vaillant berichtet, weiß keiner der neueren Beobachter Etwas anzugeben.
Vaillant versichert, daß der Honigangeber drei bis vier weiße Eier in Baumhöhlungen auf den Mulm lege und sie gemeinschaftlich ausbrüte. Diese Angabe ist aber durch die Beobachtung der Gebrüder Verreaux mit aller Bestimmtheit als irrthümlich nachgewiesen worden. Die letztgenannten Naturforscher fanden Eier oder Junge der drei verschiedenen Honigangeber, welche Südafrika bewohnen, in den Nestern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln. Leider ist mir ihr Bericht nicht zur Hand, und deshalb kann ich nur den von Hartlaub gegebenen Auszug hier anführen. Das Weibchen legt sein glänzend weißes Ei auf die flache Erde und trägt dasselbe mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Nest, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat. Wenn der junge Honigkukuk etwas herangewachsen ist, nach Verreaux Beobachtungen etwa nach Monatsfrist, beginnen die Eltern, denselben zu füttern und fordern ihn auf, das Nest der Stiefeltern zu verlassen. Verreaux beobachtete, daß ein und dasselbe Weibchen seine drei Eier in die Nester drei verschiedener kleiner Vögel legte.
Die Kukuke(Cuculi) kennzeichnen sich durch kopflangen, sanft gebogenen, gewöhnlich ziemlich dünnen, an der Wurzel verbreiterten Schnabel, kurze oder höchstens mittellange, paarzehige Füße, lange, schmale und spitze Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste zu sein pflegt, einen langen, abgerundeten oder keilförmig zugespitzten, zehnfedrigen Schwanz, sowie endlich ein dichtes, aber nicht besonders umfangreiches Gefieder, welches lose in der Haut sitzt. Die Geschlechter unterscheiden sich hinsichtlich der Färbung in der Regel wenig, die Jungen merklich von den Alten.
Nach den Untersuchungen von Nitzsch zeichnet sich der innere Bau unseres Kukuks durch folgende Hauptmerkmale aus. Die Wirbelsäule besteht aus zwölf Hals-, sieben Rücken- und sieben Schwanzwirbeln. Von den sieben Rippenpaaren haben fünf Rippenknochen. Das Brustbein biegt sich mit seinen hinteren Theilen nach außen, das Gabelbein ist durch ein förmliches Gelenk mit dem Brustbeinkamme verbunden. Die Nebenschulterblätter fehlen. Das Becken ist kurz, nur die Ober- schenkelknochen nehmen keine Luft auf, alle übrigen sind luftführend. Die hornige Zunge ist mittel- lang, ziemlich gleich breit, am Seitenrande und vorn schneidend. Der Schlund ist weit und kropflos, der Vormagen mit vielen starken Schleimdrüsen besetzt. Der häutige Magen ist einer bedeutenden Auftreibung fähig. Die beiden Leberlappen sind von ungleicher Größe, die Milz ist winzig klein.
Die Mitglieder dieser Familie verbreiten sich über die alte Welt und Neuholland. Sie sind in Jndien und Afrika besonders zahlreich, im Norden aber nur durch eine einzige Art vertreten. Alle ohne Ausnahme gehören dem Walde an und entfernen sich blos zeitweilig aus der Nähe der Bäume. Soweit der Baumwuchs reicht, finden sie sich überall, baumleere Strecken hingegen meiden sie gänzlich. Die nordischen Arten wandern, die südlicheren streichen höchstens im Lande auf und nieder. Sie sind unruhige, stürmische, flüchtige und scheue Vögel, welche die Geselligkeit mit Jhresgleichen meiden, sich überhaupt nicht gern mit andern Vögeln zu schaffen machen. Sie durchfliegen rasch ein ziemlich großes Gebiet, durchsuchen die Bäume, fliegen von ihnen aus auf das erspähete Thier auch wohl bis zum Boden herab, ohne sich jedoch hier niederzulassen, und streifen so fliegend, fressend und schreiend in ihrem Gebiete auf und nieder. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Kerbthieren und ins- besondere aus deren Larven, vor Allem aber aus haarigen Raupen, welche von den übrigen Vögeln verschmäht werden. Die Haare dieser Raupen bohren sich bei der Verdauung so fest in die Magen- wände ein, daß diese wie behaart aussehen und zu falschen Schlüssen verleitet haben. Den größeren
Brehm, Thierleben. IV. 13
Honiganzeiger.
ſtillſchweigt, wenn er nur ein einziges weiß. Doch betrügt er den Jäger zuweilen, indem er ihn anſtatt zu wilden zu zahmen Bienen führt. Von einem tödtlichen Ausgange der Kämpfe zwiſchen Honigangeber und Bienen, von dem Vaillant berichtet, weiß keiner der neueren Beobachter Etwas anzugeben.
Vaillant verſichert, daß der Honigangeber drei bis vier weiße Eier in Baumhöhlungen auf den Mulm lege und ſie gemeinſchaftlich ausbrüte. Dieſe Angabe iſt aber durch die Beobachtung der Gebrüder Verreaux mit aller Beſtimmtheit als irrthümlich nachgewieſen worden. Die letztgenannten Naturforſcher fanden Eier oder Junge der drei verſchiedenen Honigangeber, welche Südafrika bewohnen, in den Neſtern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln. Leider iſt mir ihr Bericht nicht zur Hand, und deshalb kann ich nur den von Hartlaub gegebenen Auszug hier anführen. Das Weibchen legt ſein glänzend weißes Ei auf die flache Erde und trägt daſſelbe mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Neſt, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat. Wenn der junge Honigkukuk etwas herangewachſen iſt, nach Verreaux Beobachtungen etwa nach Monatsfriſt, beginnen die Eltern, denſelben zu füttern und fordern ihn auf, das Neſt der Stiefeltern zu verlaſſen. Verreaux beobachtete, daß ein und daſſelbe Weibchen ſeine drei Eier in die Neſter drei verſchiedener kleiner Vögel legte.
Die Kukuke(Cuculi) kennzeichnen ſich durch kopflangen, ſanft gebogenen, gewöhnlich ziemlich dünnen, an der Wurzel verbreiterten Schnabel, kurze oder höchſtens mittellange, paarzehige Füße, lange, ſchmale und ſpitze Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte zu ſein pflegt, einen langen, abgerundeten oder keilförmig zugeſpitzten, zehnfedrigen Schwanz, ſowie endlich ein dichtes, aber nicht beſonders umfangreiches Gefieder, welches loſe in der Haut ſitzt. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich hinſichtlich der Färbung in der Regel wenig, die Jungen merklich von den Alten.
Nach den Unterſuchungen von Nitzſch zeichnet ſich der innere Bau unſeres Kukuks durch folgende Hauptmerkmale aus. Die Wirbelſäule beſteht aus zwölf Hals-, ſieben Rücken- und ſieben Schwanzwirbeln. Von den ſieben Rippenpaaren haben fünf Rippenknochen. Das Bruſtbein biegt ſich mit ſeinen hinteren Theilen nach außen, das Gabelbein iſt durch ein förmliches Gelenk mit dem Bruſtbeinkamme verbunden. Die Nebenſchulterblätter fehlen. Das Becken iſt kurz, nur die Ober- ſchenkelknochen nehmen keine Luft auf, alle übrigen ſind luftführend. Die hornige Zunge iſt mittel- lang, ziemlich gleich breit, am Seitenrande und vorn ſchneidend. Der Schlund iſt weit und kropflos, der Vormagen mit vielen ſtarken Schleimdrüſen beſetzt. Der häutige Magen iſt einer bedeutenden Auftreibung fähig. Die beiden Leberlappen ſind von ungleicher Größe, die Milz iſt winzig klein.
Die Mitglieder dieſer Familie verbreiten ſich über die alte Welt und Neuholland. Sie ſind in Jndien und Afrika beſonders zahlreich, im Norden aber nur durch eine einzige Art vertreten. Alle ohne Ausnahme gehören dem Walde an und entfernen ſich blos zeitweilig aus der Nähe der Bäume. Soweit der Baumwuchs reicht, finden ſie ſich überall, baumleere Strecken hingegen meiden ſie gänzlich. Die nordiſchen Arten wandern, die ſüdlicheren ſtreichen höchſtens im Lande auf und nieder. Sie ſind unruhige, ſtürmiſche, flüchtige und ſcheue Vögel, welche die Geſelligkeit mit Jhresgleichen meiden, ſich überhaupt nicht gern mit andern Vögeln zu ſchaffen machen. Sie durchfliegen raſch ein ziemlich großes Gebiet, durchſuchen die Bäume, fliegen von ihnen aus auf das erſpähete Thier auch wohl bis zum Boden herab, ohne ſich jedoch hier niederzulaſſen, und ſtreifen ſo fliegend, freſſend und ſchreiend in ihrem Gebiete auf und nieder. Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Kerbthieren und ins- beſondere aus deren Larven, vor Allem aber aus haarigen Raupen, welche von den übrigen Vögeln verſchmäht werden. Die Haare dieſer Raupen bohren ſich bei der Verdauung ſo feſt in die Magen- wände ein, daß dieſe wie behaart ausſehen und zu falſchen Schlüſſen verleitet haben. Den größeren
Brehm, Thierleben. IV. 13
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[193/0215]
Honiganzeiger.
ſtillſchweigt, wenn er nur ein einziges weiß. Doch betrügt er den Jäger zuweilen, indem er ihn
anſtatt zu wilden zu zahmen Bienen führt. Von einem tödtlichen Ausgange der Kämpfe zwiſchen
Honigangeber und Bienen, von dem Vaillant berichtet, weiß keiner der neueren Beobachter Etwas
anzugeben.
Vaillant verſichert, daß der Honigangeber drei bis vier weiße Eier in Baumhöhlungen auf den
Mulm lege und ſie gemeinſchaftlich ausbrüte. Dieſe Angabe iſt aber durch die Beobachtung der
Gebrüder Verreaux mit aller Beſtimmtheit als irrthümlich nachgewieſen worden. Die letztgenannten
Naturforſcher fanden Eier oder Junge der drei verſchiedenen Honigangeber, welche Südafrika
bewohnen, in den Neſtern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln.
Leider iſt mir ihr Bericht nicht zur Hand, und deshalb kann ich nur den von Hartlaub gegebenen
Auszug hier anführen. Das Weibchen legt ſein glänzend weißes Ei auf die flache Erde und trägt
daſſelbe mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Neſt, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat.
Wenn der junge Honigkukuk etwas herangewachſen iſt, nach Verreaux Beobachtungen etwa nach
Monatsfriſt, beginnen die Eltern, denſelben zu füttern und fordern ihn auf, das Neſt der Stiefeltern
zu verlaſſen. Verreaux beobachtete, daß ein und daſſelbe Weibchen ſeine drei Eier in die Neſter
drei verſchiedener kleiner Vögel legte.
Die Kukuke (Cuculi) kennzeichnen ſich durch kopflangen, ſanft gebogenen, gewöhnlich ziemlich
dünnen, an der Wurzel verbreiterten Schnabel, kurze oder höchſtens mittellange, paarzehige Füße,
lange, ſchmale und ſpitze Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte zu ſein pflegt, einen langen,
abgerundeten oder keilförmig zugeſpitzten, zehnfedrigen Schwanz, ſowie endlich ein dichtes, aber nicht
beſonders umfangreiches Gefieder, welches loſe in der Haut ſitzt. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich
hinſichtlich der Färbung in der Regel wenig, die Jungen merklich von den Alten.
Nach den Unterſuchungen von Nitzſch zeichnet ſich der innere Bau unſeres Kukuks durch
folgende Hauptmerkmale aus. Die Wirbelſäule beſteht aus zwölf Hals-, ſieben Rücken- und ſieben
Schwanzwirbeln. Von den ſieben Rippenpaaren haben fünf Rippenknochen. Das Bruſtbein biegt
ſich mit ſeinen hinteren Theilen nach außen, das Gabelbein iſt durch ein förmliches Gelenk mit dem
Bruſtbeinkamme verbunden. Die Nebenſchulterblätter fehlen. Das Becken iſt kurz, nur die Ober-
ſchenkelknochen nehmen keine Luft auf, alle übrigen ſind luftführend. Die hornige Zunge iſt mittel-
lang, ziemlich gleich breit, am Seitenrande und vorn ſchneidend. Der Schlund iſt weit und kropflos,
der Vormagen mit vielen ſtarken Schleimdrüſen beſetzt. Der häutige Magen iſt einer bedeutenden
Auftreibung fähig. Die beiden Leberlappen ſind von ungleicher Größe, die Milz iſt winzig klein.
Die Mitglieder dieſer Familie verbreiten ſich über die alte Welt und Neuholland. Sie ſind in
Jndien und Afrika beſonders zahlreich, im Norden aber nur durch eine einzige Art vertreten. Alle
ohne Ausnahme gehören dem Walde an und entfernen ſich blos zeitweilig aus der Nähe der Bäume.
Soweit der Baumwuchs reicht, finden ſie ſich überall, baumleere Strecken hingegen meiden ſie gänzlich.
Die nordiſchen Arten wandern, die ſüdlicheren ſtreichen höchſtens im Lande auf und nieder. Sie ſind
unruhige, ſtürmiſche, flüchtige und ſcheue Vögel, welche die Geſelligkeit mit Jhresgleichen meiden, ſich
überhaupt nicht gern mit andern Vögeln zu ſchaffen machen. Sie durchfliegen raſch ein ziemlich
großes Gebiet, durchſuchen die Bäume, fliegen von ihnen aus auf das erſpähete Thier auch wohl bis
zum Boden herab, ohne ſich jedoch hier niederzulaſſen, und ſtreifen ſo fliegend, freſſend und ſchreiend in
ihrem Gebiete auf und nieder. Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Kerbthieren und ins-
beſondere aus deren Larven, vor Allem aber aus haarigen Raupen, welche von den übrigen Vögeln
verſchmäht werden. Die Haare dieſer Raupen bohren ſich bei der Verdauung ſo feſt in die Magen-
wände ein, daß dieſe wie behaart ausſehen und zu falſchen Schlüſſen verleitet haben. Den größeren
Brehm, Thierleben. IV. 13
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/215>, abgerufen am 24.11.2024.
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