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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Straußkukuk.
vergleichen, viel weniger zu verwechseln; denn ihre Form, die Körnung der Schalenoberfläche, ihre
Fleckenzeichnung, selbst die grünliche Grundfärbung fallen aufs erste Ausehen und Berühren ganz
anders ins Auge und ins Gefühl."

Meine Entdeckung wäre nun schon hinreichend gewesen, um die Art und Weise der Fortpflan-
zung der Kukuke zu bestimmen; ich machte aber glücklicher Weise am 12. März noch eine zweite
Beobachtung, welche der ersteren bedeutendes Gewicht verlieh. Jn einem Dorfgarten, welcher,
wie in Egypten überhaupt gewöhnlich, dicht mit Bäumen bepflanzt war, wurde ich durch das hell-
tönende, mißlautende Geschrei des alten Kukuks, "Kiekkiek, kiek, kiek" zur Jagd aufgefordert. Jch
erlegte beide Eltern, bemerkte aber bald darauf noch einen Straußkukuk und zwar einen noch nicht
vollständig entwickelten Jungen, welcher -- von zwei Nebelkrähen gefüttert und vertheidigt wurde.
Von nun an ließ ich alle Krähennester untersuchen und war wirklich so glücklich, in einem derselben
am 19. März noch ein Kukuksei zu finden.

Es nahm mich kaum Wunder, daß diese Beobachtungen, welche ich fast mit vorstehenden Worten
veröffentlichte, bezweifelt und bemäkelt wurden; wohl aber entrüstete es mich, daß man sich nicht
entblödete, die wahrheitsgetreu gegebenen Thatsachen als "Ansichten, welche ich triftig zu unterstützen
versucht habe", hinzustellen, und zwar auf das bedeutungslose Geschwätz eines syrischen Knaben hin.
Glücklicherweise hatte ich inzwischen eine weitere Bestätigung jener "Ansichten" erhalten. Bald nach
meiner Ankunft in Madrid war ich selbstverständlich mit allen Thierkundigen der Hauptstadt bekannt
geworden, und in ihren Kreisen wurde gelegentlich über dieses und jenes Thier gesprochen. Da
fragte mich eines Tages ein recht eifriger Sammler, ob ich wohl auch den Straußkukuk kenne. Jch
mußte bejahen. "Aber wissen Sie auch Etwas über das Brutgeschäft dieses Vogels?" Jch bejahte
abermals. "Sennor, das ist unmöglich; denn ich bin der Erste, welcher hierüber Etwas erfahren hat.
Was wissen Sie?" Jch war hinlänglich mit der Vogelwelt Spaniens vertraut worden, als daß ich
nicht mit größter Wahrscheinlichkeit die Zieheltern der Straußkukuke hätte angeben können. Die
Saatkrähe kommt blos auf dem Zuge in Spanien vor, und Raben und Nebelkrähe fehlen gänzlich.
Es blieb, wenn ich von dem in Egypten Beobachteten folgern wollte, nur unsere gemeine Elster als
wahrscheinliche Erzieherin noch übrig, und ich nahm keinen Anstand, sie mit einer gewissen Bestimmtheit
als die Pflegemutter der jungen Straußkukuke zu nennen. "Sie haben recht", antwortete mein
Freund, "aber woher wissen Sie das?" Nun theilte ich ihm meine Beobachtungen mit, und er gab
mir dafür einen kurzen Bericht von seiner Entdeckung.

Aufmerksam gemacht durch etwas verschiedene, namentlich kleinere Eier im Neste der Elster, hatte
er sich mit guten Jägern in Verbindung gesetzt und von diesen erfahren, daß der Kukuk die betreffenden
Eier in das Elsternest lege. Die Sache schien ihm denn doch etwas unglaublich zu sein, zumal auch
die bezüglichen Eier von denen des Kukuks wesentlich verschieden waren. Er forschte also selbst nach
und fand, daß es der Straußkukuk war, welcher die fremden Eier in die Elsterwirthschaft gelegt hatte.

Aber auch er war nicht der eigentliche Entdecker gewesen. Viel früher als mein Freund hatte ein
alter deutscher Naturforscher, Mieg, beobachtet, daß der junge Straußkukuk von Elstern geführt und
gefüttert werde; da aber Mieg diese Beobachtung nur im engsten Kreise erzählt hatte, durfte mein
Freund das Erstlingsrecht der Entdeckung wohl für sich beanspruchen, und seine castilianische Eigen-
liebe war deshalb nicht wenig verletzt, als er von mir erfuhr, daß die ganze Angelegenheit der wissen-
schaftlichen Welt bereits mitgetheilt worden sei.

Gegenwärtig ist die Frage vollständig entschieden. Wenige Jahre später, als ich Spanien
bereiste, durchforschte Tristram Algerien und erhielt dort Eier des Straußkukuks, welche denen der
Maurenelster (Pica mauritanica) ähnelten, war aber der Ansicht, daß er wohl in die Nester des
Vogels lege, aber selbst brüte, da er in einem Neste, aus welchem ein Kukuk flog, zwei stark ange-
brütete Eier fand und in seiner Ansicht durch die Araber bestärkt wurde. Jm Winter von 1861 zu
1862 bereisten Allen und Cochrane Egypten, und da nun die Pflegeeltern des Straußkukuks
bereits bekannt waren, wurde es ihnen nicht schwer, in den Nestern der Nebelkrähen viele Eier und

Straußkukuk.
vergleichen, viel weniger zu verwechſeln; denn ihre Form, die Körnung der Schalenoberfläche, ihre
Fleckenzeichnung, ſelbſt die grünliche Grundfärbung fallen aufs erſte Auſehen und Berühren ganz
anders ins Auge und ins Gefühl.“

Meine Entdeckung wäre nun ſchon hinreichend geweſen, um die Art und Weiſe der Fortpflan-
zung der Kukuke zu beſtimmen; ich machte aber glücklicher Weiſe am 12. März noch eine zweite
Beobachtung, welche der erſteren bedeutendes Gewicht verlieh. Jn einem Dorfgarten, welcher,
wie in Egypten überhaupt gewöhnlich, dicht mit Bäumen bepflanzt war, wurde ich durch das hell-
tönende, mißlautende Geſchrei des alten Kukuks, „Kiekkiek, kiek, kiek“ zur Jagd aufgefordert. Jch
erlegte beide Eltern, bemerkte aber bald darauf noch einen Straußkukuk und zwar einen noch nicht
vollſtändig entwickelten Jungen, welcher — von zwei Nebelkrähen gefüttert und vertheidigt wurde.
Von nun an ließ ich alle Krähenneſter unterſuchen und war wirklich ſo glücklich, in einem derſelben
am 19. März noch ein Kukuksei zu finden.

Es nahm mich kaum Wunder, daß dieſe Beobachtungen, welche ich faſt mit vorſtehenden Worten
veröffentlichte, bezweifelt und bemäkelt wurden; wohl aber entrüſtete es mich, daß man ſich nicht
entblödete, die wahrheitsgetreu gegebenen Thatſachen als „Anſichten, welche ich triftig zu unterſtützen
verſucht habe“, hinzuſtellen, und zwar auf das bedeutungsloſe Geſchwätz eines ſyriſchen Knaben hin.
Glücklicherweiſe hatte ich inzwiſchen eine weitere Beſtätigung jener „Anſichten“ erhalten. Bald nach
meiner Ankunft in Madrid war ich ſelbſtverſtändlich mit allen Thierkundigen der Hauptſtadt bekannt
geworden, und in ihren Kreiſen wurde gelegentlich über dieſes und jenes Thier geſprochen. Da
fragte mich eines Tages ein recht eifriger Sammler, ob ich wohl auch den Straußkukuk kenne. Jch
mußte bejahen. „Aber wiſſen Sie auch Etwas über das Brutgeſchäft dieſes Vogels?“ Jch bejahte
abermals. „Señor, das iſt unmöglich; denn ich bin der Erſte, welcher hierüber Etwas erfahren hat.
Was wiſſen Sie?“ Jch war hinlänglich mit der Vogelwelt Spaniens vertraut worden, als daß ich
nicht mit größter Wahrſcheinlichkeit die Zieheltern der Straußkukuke hätte angeben können. Die
Saatkrähe kommt blos auf dem Zuge in Spanien vor, und Raben und Nebelkrähe fehlen gänzlich.
Es blieb, wenn ich von dem in Egypten Beobachteten folgern wollte, nur unſere gemeine Elſter als
wahrſcheinliche Erzieherin noch übrig, und ich nahm keinen Anſtand, ſie mit einer gewiſſen Beſtimmtheit
als die Pflegemutter der jungen Straußkukuke zu nennen. „Sie haben recht“, antwortete mein
Freund, „aber woher wiſſen Sie das?“ Nun theilte ich ihm meine Beobachtungen mit, und er gab
mir dafür einen kurzen Bericht von ſeiner Entdeckung.

Aufmerkſam gemacht durch etwas verſchiedene, namentlich kleinere Eier im Neſte der Elſter, hatte
er ſich mit guten Jägern in Verbindung geſetzt und von dieſen erfahren, daß der Kukuk die betreffenden
Eier in das Elſterneſt lege. Die Sache ſchien ihm denn doch etwas unglaublich zu ſein, zumal auch
die bezüglichen Eier von denen des Kukuks weſentlich verſchieden waren. Er forſchte alſo ſelbſt nach
und fand, daß es der Straußkukuk war, welcher die fremden Eier in die Elſterwirthſchaft gelegt hatte.

Aber auch er war nicht der eigentliche Entdecker geweſen. Viel früher als mein Freund hatte ein
alter deutſcher Naturforſcher, Mieg, beobachtet, daß der junge Straußkukuk von Elſtern geführt und
gefüttert werde; da aber Mieg dieſe Beobachtung nur im engſten Kreiſe erzählt hatte, durfte mein
Freund das Erſtlingsrecht der Entdeckung wohl für ſich beanſpruchen, und ſeine caſtilianiſche Eigen-
liebe war deshalb nicht wenig verletzt, als er von mir erfuhr, daß die ganze Angelegenheit der wiſſen-
ſchaftlichen Welt bereits mitgetheilt worden ſei.

Gegenwärtig iſt die Frage vollſtändig entſchieden. Wenige Jahre ſpäter, als ich Spanien
bereiſte, durchforſchte Triſtram Algerien und erhielt dort Eier des Straußkukuks, welche denen der
Maurenelſter (Pica mauritanica) ähnelten, war aber der Anſicht, daß er wohl in die Neſter des
Vogels lege, aber ſelbſt brüte, da er in einem Neſte, aus welchem ein Kukuk flog, zwei ſtark ange-
brütete Eier fand und in ſeiner Anſicht durch die Araber beſtärkt wurde. Jm Winter von 1861 zu
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[203/0225] Straußkukuk. vergleichen, viel weniger zu verwechſeln; denn ihre Form, die Körnung der Schalenoberfläche, ihre Fleckenzeichnung, ſelbſt die grünliche Grundfärbung fallen aufs erſte Auſehen und Berühren ganz anders ins Auge und ins Gefühl.“ Meine Entdeckung wäre nun ſchon hinreichend geweſen, um die Art und Weiſe der Fortpflan- zung der Kukuke zu beſtimmen; ich machte aber glücklicher Weiſe am 12. März noch eine zweite Beobachtung, welche der erſteren bedeutendes Gewicht verlieh. Jn einem Dorfgarten, welcher, wie in Egypten überhaupt gewöhnlich, dicht mit Bäumen bepflanzt war, wurde ich durch das hell- tönende, mißlautende Geſchrei des alten Kukuks, „Kiekkiek, kiek, kiek“ zur Jagd aufgefordert. Jch erlegte beide Eltern, bemerkte aber bald darauf noch einen Straußkukuk und zwar einen noch nicht vollſtändig entwickelten Jungen, welcher — von zwei Nebelkrähen gefüttert und vertheidigt wurde. Von nun an ließ ich alle Krähenneſter unterſuchen und war wirklich ſo glücklich, in einem derſelben am 19. März noch ein Kukuksei zu finden. Es nahm mich kaum Wunder, daß dieſe Beobachtungen, welche ich faſt mit vorſtehenden Worten veröffentlichte, bezweifelt und bemäkelt wurden; wohl aber entrüſtete es mich, daß man ſich nicht entblödete, die wahrheitsgetreu gegebenen Thatſachen als „Anſichten, welche ich triftig zu unterſtützen verſucht habe“, hinzuſtellen, und zwar auf das bedeutungsloſe Geſchwätz eines ſyriſchen Knaben hin. Glücklicherweiſe hatte ich inzwiſchen eine weitere Beſtätigung jener „Anſichten“ erhalten. Bald nach meiner Ankunft in Madrid war ich ſelbſtverſtändlich mit allen Thierkundigen der Hauptſtadt bekannt geworden, und in ihren Kreiſen wurde gelegentlich über dieſes und jenes Thier geſprochen. Da fragte mich eines Tages ein recht eifriger Sammler, ob ich wohl auch den Straußkukuk kenne. Jch mußte bejahen. „Aber wiſſen Sie auch Etwas über das Brutgeſchäft dieſes Vogels?“ Jch bejahte abermals. „Señor, das iſt unmöglich; denn ich bin der Erſte, welcher hierüber Etwas erfahren hat. Was wiſſen Sie?“ Jch war hinlänglich mit der Vogelwelt Spaniens vertraut worden, als daß ich nicht mit größter Wahrſcheinlichkeit die Zieheltern der Straußkukuke hätte angeben können. Die Saatkrähe kommt blos auf dem Zuge in Spanien vor, und Raben und Nebelkrähe fehlen gänzlich. Es blieb, wenn ich von dem in Egypten Beobachteten folgern wollte, nur unſere gemeine Elſter als wahrſcheinliche Erzieherin noch übrig, und ich nahm keinen Anſtand, ſie mit einer gewiſſen Beſtimmtheit als die Pflegemutter der jungen Straußkukuke zu nennen. „Sie haben recht“, antwortete mein Freund, „aber woher wiſſen Sie das?“ Nun theilte ich ihm meine Beobachtungen mit, und er gab mir dafür einen kurzen Bericht von ſeiner Entdeckung. Aufmerkſam gemacht durch etwas verſchiedene, namentlich kleinere Eier im Neſte der Elſter, hatte er ſich mit guten Jägern in Verbindung geſetzt und von dieſen erfahren, daß der Kukuk die betreffenden Eier in das Elſterneſt lege. Die Sache ſchien ihm denn doch etwas unglaublich zu ſein, zumal auch die bezüglichen Eier von denen des Kukuks weſentlich verſchieden waren. Er forſchte alſo ſelbſt nach und fand, daß es der Straußkukuk war, welcher die fremden Eier in die Elſterwirthſchaft gelegt hatte. Aber auch er war nicht der eigentliche Entdecker geweſen. Viel früher als mein Freund hatte ein alter deutſcher Naturforſcher, Mieg, beobachtet, daß der junge Straußkukuk von Elſtern geführt und gefüttert werde; da aber Mieg dieſe Beobachtung nur im engſten Kreiſe erzählt hatte, durfte mein Freund das Erſtlingsrecht der Entdeckung wohl für ſich beanſpruchen, und ſeine caſtilianiſche Eigen- liebe war deshalb nicht wenig verletzt, als er von mir erfuhr, daß die ganze Angelegenheit der wiſſen- ſchaftlichen Welt bereits mitgetheilt worden ſei. Gegenwärtig iſt die Frage vollſtändig entſchieden. Wenige Jahre ſpäter, als ich Spanien bereiſte, durchforſchte Triſtram Algerien und erhielt dort Eier des Straußkukuks, welche denen der Maurenelſter (Pica mauritanica) ähnelten, war aber der Anſicht, daß er wohl in die Neſter des Vogels lege, aber ſelbſt brüte, da er in einem Neſte, aus welchem ein Kukuk flog, zwei ſtark ange- brütete Eier fand und in ſeiner Anſicht durch die Araber beſtärkt wurde. Jm Winter von 1861 zu 1862 bereiſten Allen und Cochrane Egypten, und da nun die Pflegeeltern des Straußkukuks bereits bekannt waren, wurde es ihnen nicht ſchwer, in den Neſtern der Nebelkrähen viele Eier und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/225>, abgerufen am 21.11.2024.