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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Hornvögel.
Spitzen der Zweige. Von einem Zweige zum andern hüpft er mit ziemlichem Ungeschick, auf ein und
demselben Aste aber rutscht er behend dahin. Sein Flug erinnert einigermaßen an den unserer
Spechte, ist aber so eigenthümlich, daß man den Tok auf jede Entfernung erkennt. Mehrere rasche
Flügelschläge erheben den Vogel auf eine gewisse Höhe, von welcher herab er sich mit tief nieder-
gebogenem Schnabel in sehr steilen Bogen nach unten fallen läßt, hierauf wieder emporkletternd und
von neuem nach abwärts sich senkend. Dabei wird der Schwanz wechselseitig gebreitet und wieder
zusammengelegt. Der Name des Vogels ist ein Klangbild seiner Stimme; denn diese besteht aus
einem einzigen wohltönenden Laute, welcher aber sehr oft und kurz nach einander wiederholt wird,
sodaß das Ganze minutenlang währen kann. Jeder einzelne Laut wird mit einer Neigung des
Kopfes begleitet, das Geschrei gegen das Ende hin aber immer rascher, und der Vogel muß sich
zuletzt sehr anstrengen, um alle Töne, wie er gewissenhaft thut, nickend zu beglaubigen.

Jn einer Hinsicht ähneln die Glatthornvögel unseren Raben. Sie sind neugierige und auf-
merksame Geschöpfe. Wenn man ein Wild erlegt hat, pflegen sie herbeizukommen, setzen sich wohl
auch in der Nähe auf einen Baum und theilen schreiend dieses Ereigniß der Waldbewohnerschaft mit.
Viel mehr noch erregt sie das Erscheinen eines gefährlichen Thieres, z. B. einer Schlange oder eines
Raubthieres Sie sind es, welche mit aller Wuth und aller Geschicklichkeit der Raben auf den Uhu
stoßen; sie sind es, welche den schleichenden Leopard andern Thieren verrathen; sie sind es, welche
dem Honigangeber ins Handwerk pfuschen und die von ihnen entdeckte Schlange oder jedes andere
auffallende Geschöpf ihren Klassenverwandten anzeigen. Und nicht blos diese, sondern auch die
Säugethiere achten auf ihr Gebahren; denn sie haben sich wirklich ein gewisses Ansehen unter den
übrigen Thieren verschafft. Der Klippspringer spitzt das Gehör, wenn er ihren Ruf vernimmt, die
ruhende Antilope erhebt sich vom Lager, die leicht beschwingten Vögel kommen herbeigeflogen, kurz,
alles Lebende im Walde wird aufmerksam und rege.

Jn dem Magen der von mir erlegten Glatthornvögel habe ich Früchte, Sämereien und Kerb-
thiere gefunden; ich zweifle aber nicht, daß ein vom Tok aufgefundenes Vogelnest ausgeplündert,
ein noch täppischer Vogel oder ein kleines Säugethier, eine Eidechse u. s. w. aufgenommen wird;
denn Heuglin sah eine Art der Sippe sogar auf einem Aase fressend beschäftigt, wenn auch vielleicht
nur, um die Larven von Aasfliegen zu suchen. Gefangene wurden von demselben Forscher mit Fleisch,
Semmel u. s. w. lange Zeit erhalten. Jch habe leider niemals einen lebenden Glatthornvogel
besessen.

Ueber die Fortpflanzung kann ich etwas Bestimmtes nicht mittheilen. Nach Versicherung der
Araber soll das Nest des Tok in Baumhöhlungen angelegt werden und bei Beginn der großen
Regenzeit Eier enthalten.



Als Vertreter der indischen Arten der Familie mag zuerst ein Doppelhornvogel (Dichoceros)
Erwähnung finden. Jhn kennzeichnet der große, hohe, breite, über das erste Schnabeldrittel hinaus-
reichende, einen beträchtlichen Theil des Vorderkopfes überdeckende, hinten abgestutzte, vorn in zwei
stumpfe Spitzen getheilte Schnabelaufsatz.

Das Gefieder des Homray (Dichoceros bicornis) ist der Hauptsache nach schwarz; der Hals,
die Spitzen der oberen Schwanzdecken, der Bauch und die Unterschwanzdecksedern, ein Flügelflecken,
die Handschwingen an der Wurzel, sämmtliche Schwingen an der Spitze und endlich die Stenerfedern,
mit Ausnahme eines breiten, schwarzen Bandes vor der Spitze, sind mehr oder weniger rein-
weiß. Gar nicht selten erscheinen die Hals- und Flügelfedern gilblich in Folge einer stärkeren
Einfärbung mit dem Fette der Bürzeldrüse. Das Auge ist scharlachroth, der Oberschnabel ein-
schließlich des Aufsatzes roth, in Wachsgelb übergehend, der Unterkiefer gelb, roth an der Spitze, der
Raum zwischen dem Aufsatz und dem Schnabel von vorn gesehen schwärzlich, ein schmaler Streifen,

Die Späher. Leichtſchnäbler. Hornvögel.
Spitzen der Zweige. Von einem Zweige zum andern hüpft er mit ziemlichem Ungeſchick, auf ein und
demſelben Aſte aber rutſcht er behend dahin. Sein Flug erinnert einigermaßen an den unſerer
Spechte, iſt aber ſo eigenthümlich, daß man den Tok auf jede Entfernung erkennt. Mehrere raſche
Flügelſchläge erheben den Vogel auf eine gewiſſe Höhe, von welcher herab er ſich mit tief nieder-
gebogenem Schnabel in ſehr ſteilen Bogen nach unten fallen läßt, hierauf wieder emporkletternd und
von neuem nach abwärts ſich ſenkend. Dabei wird der Schwanz wechſelſeitig gebreitet und wieder
zuſammengelegt. Der Name des Vogels iſt ein Klangbild ſeiner Stimme; denn dieſe beſteht aus
einem einzigen wohltönenden Laute, welcher aber ſehr oft und kurz nach einander wiederholt wird,
ſodaß das Ganze minutenlang währen kann. Jeder einzelne Laut wird mit einer Neigung des
Kopfes begleitet, das Geſchrei gegen das Ende hin aber immer raſcher, und der Vogel muß ſich
zuletzt ſehr anſtrengen, um alle Töne, wie er gewiſſenhaft thut, nickend zu beglaubigen.

Jn einer Hinſicht ähneln die Glatthornvögel unſeren Raben. Sie ſind neugierige und auf-
merkſame Geſchöpfe. Wenn man ein Wild erlegt hat, pflegen ſie herbeizukommen, ſetzen ſich wohl
auch in der Nähe auf einen Baum und theilen ſchreiend dieſes Ereigniß der Waldbewohnerſchaft mit.
Viel mehr noch erregt ſie das Erſcheinen eines gefährlichen Thieres, z. B. einer Schlange oder eines
Raubthieres Sie ſind es, welche mit aller Wuth und aller Geſchicklichkeit der Raben auf den Uhu
ſtoßen; ſie ſind es, welche den ſchleichenden Leopard andern Thieren verrathen; ſie ſind es, welche
dem Honigangeber ins Handwerk pfuſchen und die von ihnen entdeckte Schlange oder jedes andere
auffallende Geſchöpf ihren Klaſſenverwandten anzeigen. Und nicht blos dieſe, ſondern auch die
Säugethiere achten auf ihr Gebahren; denn ſie haben ſich wirklich ein gewiſſes Anſehen unter den
übrigen Thieren verſchafft. Der Klippſpringer ſpitzt das Gehör, wenn er ihren Ruf vernimmt, die
ruhende Antilope erhebt ſich vom Lager, die leicht beſchwingten Vögel kommen herbeigeflogen, kurz,
alles Lebende im Walde wird aufmerkſam und rege.

Jn dem Magen der von mir erlegten Glatthornvögel habe ich Früchte, Sämereien und Kerb-
thiere gefunden; ich zweifle aber nicht, daß ein vom Tok aufgefundenes Vogelneſt ausgeplündert,
ein noch täppiſcher Vogel oder ein kleines Säugethier, eine Eidechſe u. ſ. w. aufgenommen wird;
denn Heuglin ſah eine Art der Sippe ſogar auf einem Aaſe freſſend beſchäftigt, wenn auch vielleicht
nur, um die Larven von Aasfliegen zu ſuchen. Gefangene wurden von demſelben Forſcher mit Fleiſch,
Semmel u. ſ. w. lange Zeit erhalten. Jch habe leider niemals einen lebenden Glatthornvogel
beſeſſen.

Ueber die Fortpflanzung kann ich etwas Beſtimmtes nicht mittheilen. Nach Verſicherung der
Araber ſoll das Neſt des Tok in Baumhöhlungen angelegt werden und bei Beginn der großen
Regenzeit Eier enthalten.



Als Vertreter der indiſchen Arten der Familie mag zuerſt ein Doppelhornvogel (Dichoceros)
Erwähnung finden. Jhn kennzeichnet der große, hohe, breite, über das erſte Schnabeldrittel hinaus-
reichende, einen beträchtlichen Theil des Vorderkopfes überdeckende, hinten abgeſtutzte, vorn in zwei
ſtumpfe Spitzen getheilte Schnabelaufſatz.

Das Gefieder des Homray (Dichoceros bicornis) iſt der Hauptſache nach ſchwarz; der Hals,
die Spitzen der oberen Schwanzdecken, der Bauch und die Unterſchwanzdeckſedern, ein Flügelflecken,
die Handſchwingen an der Wurzel, ſämmtliche Schwingen an der Spitze und endlich die Stenerfedern,
mit Ausnahme eines breiten, ſchwarzen Bandes vor der Spitze, ſind mehr oder weniger rein-
weiß. Gar nicht ſelten erſcheinen die Hals- und Flügelfedern gilblich in Folge einer ſtärkeren
Einfärbung mit dem Fette der Bürzeldrüſe. Das Auge iſt ſcharlachroth, der Oberſchnabel ein-
ſchließlich des Aufſatzes roth, in Wachsgelb übergehend, der Unterkiefer gelb, roth an der Spitze, der
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[242/0264] Die Späher. Leichtſchnäbler. Hornvögel. Spitzen der Zweige. Von einem Zweige zum andern hüpft er mit ziemlichem Ungeſchick, auf ein und demſelben Aſte aber rutſcht er behend dahin. Sein Flug erinnert einigermaßen an den unſerer Spechte, iſt aber ſo eigenthümlich, daß man den Tok auf jede Entfernung erkennt. Mehrere raſche Flügelſchläge erheben den Vogel auf eine gewiſſe Höhe, von welcher herab er ſich mit tief nieder- gebogenem Schnabel in ſehr ſteilen Bogen nach unten fallen läßt, hierauf wieder emporkletternd und von neuem nach abwärts ſich ſenkend. Dabei wird der Schwanz wechſelſeitig gebreitet und wieder zuſammengelegt. Der Name des Vogels iſt ein Klangbild ſeiner Stimme; denn dieſe beſteht aus einem einzigen wohltönenden Laute, welcher aber ſehr oft und kurz nach einander wiederholt wird, ſodaß das Ganze minutenlang währen kann. Jeder einzelne Laut wird mit einer Neigung des Kopfes begleitet, das Geſchrei gegen das Ende hin aber immer raſcher, und der Vogel muß ſich zuletzt ſehr anſtrengen, um alle Töne, wie er gewiſſenhaft thut, nickend zu beglaubigen. Jn einer Hinſicht ähneln die Glatthornvögel unſeren Raben. Sie ſind neugierige und auf- merkſame Geſchöpfe. Wenn man ein Wild erlegt hat, pflegen ſie herbeizukommen, ſetzen ſich wohl auch in der Nähe auf einen Baum und theilen ſchreiend dieſes Ereigniß der Waldbewohnerſchaft mit. Viel mehr noch erregt ſie das Erſcheinen eines gefährlichen Thieres, z. B. einer Schlange oder eines Raubthieres Sie ſind es, welche mit aller Wuth und aller Geſchicklichkeit der Raben auf den Uhu ſtoßen; ſie ſind es, welche den ſchleichenden Leopard andern Thieren verrathen; ſie ſind es, welche dem Honigangeber ins Handwerk pfuſchen und die von ihnen entdeckte Schlange oder jedes andere auffallende Geſchöpf ihren Klaſſenverwandten anzeigen. Und nicht blos dieſe, ſondern auch die Säugethiere achten auf ihr Gebahren; denn ſie haben ſich wirklich ein gewiſſes Anſehen unter den übrigen Thieren verſchafft. Der Klippſpringer ſpitzt das Gehör, wenn er ihren Ruf vernimmt, die ruhende Antilope erhebt ſich vom Lager, die leicht beſchwingten Vögel kommen herbeigeflogen, kurz, alles Lebende im Walde wird aufmerkſam und rege. Jn dem Magen der von mir erlegten Glatthornvögel habe ich Früchte, Sämereien und Kerb- thiere gefunden; ich zweifle aber nicht, daß ein vom Tok aufgefundenes Vogelneſt ausgeplündert, ein noch täppiſcher Vogel oder ein kleines Säugethier, eine Eidechſe u. ſ. w. aufgenommen wird; denn Heuglin ſah eine Art der Sippe ſogar auf einem Aaſe freſſend beſchäftigt, wenn auch vielleicht nur, um die Larven von Aasfliegen zu ſuchen. Gefangene wurden von demſelben Forſcher mit Fleiſch, Semmel u. ſ. w. lange Zeit erhalten. Jch habe leider niemals einen lebenden Glatthornvogel beſeſſen. Ueber die Fortpflanzung kann ich etwas Beſtimmtes nicht mittheilen. Nach Verſicherung der Araber ſoll das Neſt des Tok in Baumhöhlungen angelegt werden und bei Beginn der großen Regenzeit Eier enthalten. Als Vertreter der indiſchen Arten der Familie mag zuerſt ein Doppelhornvogel (Dichoceros) Erwähnung finden. Jhn kennzeichnet der große, hohe, breite, über das erſte Schnabeldrittel hinaus- reichende, einen beträchtlichen Theil des Vorderkopfes überdeckende, hinten abgeſtutzte, vorn in zwei ſtumpfe Spitzen getheilte Schnabelaufſatz. Das Gefieder des Homray (Dichoceros bicornis) iſt der Hauptſache nach ſchwarz; der Hals, die Spitzen der oberen Schwanzdecken, der Bauch und die Unterſchwanzdeckſedern, ein Flügelflecken, die Handſchwingen an der Wurzel, ſämmtliche Schwingen an der Spitze und endlich die Stenerfedern, mit Ausnahme eines breiten, ſchwarzen Bandes vor der Spitze, ſind mehr oder weniger rein- weiß. Gar nicht ſelten erſcheinen die Hals- und Flügelfedern gilblich in Folge einer ſtärkeren Einfärbung mit dem Fette der Bürzeldrüſe. Das Auge iſt ſcharlachroth, der Oberſchnabel ein- ſchließlich des Aufſatzes roth, in Wachsgelb übergehend, der Unterkiefer gelb, roth an der Spitze, der Raum zwiſchen dem Aufſatz und dem Schnabel von vorn geſehen ſchwärzlich, ein ſchmaler Streifen,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/264>, abgerufen am 18.12.2024.