Fähigkeit, größere Luftmassen aufzunehmen, eine Hauptrolle hierbei spielt. Ohne Zweifel ist dieser Fähigkeit wenigstens der hohe und leichte Flug zuzuschreiben, welcher den Vögeln bei ihren verhältniß- mäßigen nicht sehr großen Flügeln eigen ist. Während des Fliegens muß aber bei der abwechselnden und starken Muskelzusammenziehung nothwendig die zwischen Haut und Muskeln eingeschlossene Luftmenge hin und her gedrückt und gepreßt werden, und diesem Umstande möchte ich wenigstens zum Theil das erwähnte Sausen zuschreiben."
"Der Jahrvogel lebt fast immer, selbst außer der Fortpflanzungszeit, paarweise; in kleinen Gesellschaften oder Familien habe ich ihn nie angetroffen. Verschiedene Baumfrüchte bilden seine Nahrung, und er fliegt, wie bemerkt, oft weit nach denselben. Mit gekochtem Reis, Kartoffeln, Pisang und andern Früchten habe ich mehrere längere Zeit unterhalten und diese, d. h. die jung aufgezogenen, wurden bald so zahm, daß ich sie mit gestutzten Flügeln frei umherlaufen lassen konnte. Alt eingefangene weigern sich nicht selten, jede Nahrung zu sich zu nehmen und sterben nach einigen Tagen vor Hunger. Eine Stimme habe ich in der Freiheit von unserm Vogel noch nicht gehört; allein er ist so scheu, daß es schwer hält, in seine Nähe zu kommen. Die gefangenen ließen, wenn sie gereizt wurden, ein lautes Brüllen hören, das viel Aehnlichkeit hat mit dem eines Schweins, welches zornig ist oder geschlachtet wird. Wer es zum erstenmale hört, glaubt das Brüllen irgend eines Raubthiers zu vernehmen. Jn ihrem Schnabel haben sie eine bedeutende Kraft, obgleich man Dies bei dem zelligen Bau desselben und den keineswegs starken Kaumuskeln nicht erwarten möchte. Sie beißen sehr empfindlich. Ein alt eingefangener hackte selbst in sein aus gespaltenem Bambus verfertigtes Behälter ein Loch und, als ich dasselbe durch ein etwa halbzölliges Brett wieder dicht machen ließ, auch von letzterem sehr bald große Späne ab, sodaß ich beständig um sein Entkommen besorgt sein mußte. Den nackten Kehlsack kann er, da er mit dem vorderem Brustluftsack in Verbindung steht, aufblasen und ausdehnen, wodurch er bedeutend an Umfang zunimmt. Er thut Dies besonders während des ruhigen Sitzens."
"Die Fortpflanzungsgeschichte dieser Vögel ist höchst merkwürdig. Jhr Nest legen sie mitten im dichtesten Walde in hohlen Bäumen an und zwar in ziemlicher Höhe über dem Erdboden. Jn hiesiger Gegend ist das Nest doppelt mühsam zu finden, da die mit dichten Waldungen bedeckten Berggehänge schmale, steile Grate bilden, welche durch tiefe Thäler getrennt werden, und jeder Raum zwischen den riesigen Baumstämmen durch ein undurchdringliches Gewirr und Gestrüpp von Farren, Schlinggewächsen, wildem Pisang und dergleichen ausgefüllt ist, durch welches man sich nur mit dem Kapmesser in der Hand mühsam einen Weg bahnen kann. Einmal macht sich das Nest, weil in einem hohlen Baume angelegt, dem Auge wenig oder kaum bemerklich, und dann ist es, selbst wenn man Ursache hat, in der einen oder andern Gegend des Waldes dasselbe zu vermuthen, aus den an- geführten Gründen oft sehr schwierig, bis dahin durchzudringen; wenn Dies aber geglückt ist, muß man jeden der riesigen Bäume genau mustern, ob nicht irgendwo im Wipfel die den Eingang zum Neste bildende Spalte sich befindet. Bisweilen verräth das ab- und zufliegende Männchen das Nest, und Dies war der Fall bei dem einzigen, welches ich bisher beobachtete. Dasselbe war in einer Höhe von etwa 60 Fuß in einem hohlen Rasamalabaum angelegt und bot mir Gelegenheit, das schon von Horsfield Mitgetheilte bestätigt zu finden. Sobald nämlich die zur Anlage des Nestes gewählte Baumhöhle, bei deren Erweiterung der starke Schnabel den Vögeln sehr zu statten kommen mag, in Ordnung gebracht ist, und das Weibchen zu brüten anfängt, wird der Eingang vom Männchen mit einer aus Erde und verfaultem Holze bestehenden, höchst wahrscheinlich mit dem Speichel des Thieres vermengten Masse so weit dicht gemauert, daß nur noch eine kleine Oeffnung übrig bleibt, durch welche das Weibchen seinen Schnabel vorstrecken kann. Während der ganzen Brutzeit wird es vom Männchen reichlich mit Früchten gefüttert, und letzteres ist deshalb gezwungen, zuweilen bis in bewohnte und verhältnißmäßig baumarme Gegenden sich zu begeben. So wurde z. B. in der hiesigen, fast durchweg angebauten Gegend ein solches Männchen in einem benachbarten Garten geschossen. Aber warum geschieht nun das Einmauern des Weibchens? Daß es, wie Horsfield
Jahrvogel.
Fähigkeit, größere Luftmaſſen aufzunehmen, eine Hauptrolle hierbei ſpielt. Ohne Zweifel iſt dieſer Fähigkeit wenigſtens der hohe und leichte Flug zuzuſchreiben, welcher den Vögeln bei ihren verhältniß- mäßigen nicht ſehr großen Flügeln eigen iſt. Während des Fliegens muß aber bei der abwechſelnden und ſtarken Muskelzuſammenziehung nothwendig die zwiſchen Haut und Muskeln eingeſchloſſene Luftmenge hin und her gedrückt und gepreßt werden, und dieſem Umſtande möchte ich wenigſtens zum Theil das erwähnte Sauſen zuſchreiben.“
„Der Jahrvogel lebt faſt immer, ſelbſt außer der Fortpflanzungszeit, paarweiſe; in kleinen Geſellſchaften oder Familien habe ich ihn nie angetroffen. Verſchiedene Baumfrüchte bilden ſeine Nahrung, und er fliegt, wie bemerkt, oft weit nach denſelben. Mit gekochtem Reis, Kartoffeln, Piſang und andern Früchten habe ich mehrere längere Zeit unterhalten und dieſe, d. h. die jung aufgezogenen, wurden bald ſo zahm, daß ich ſie mit geſtutzten Flügeln frei umherlaufen laſſen konnte. Alt eingefangene weigern ſich nicht ſelten, jede Nahrung zu ſich zu nehmen und ſterben nach einigen Tagen vor Hunger. Eine Stimme habe ich in der Freiheit von unſerm Vogel noch nicht gehört; allein er iſt ſo ſcheu, daß es ſchwer hält, in ſeine Nähe zu kommen. Die gefangenen ließen, wenn ſie gereizt wurden, ein lautes Brüllen hören, das viel Aehnlichkeit hat mit dem eines Schweins, welches zornig iſt oder geſchlachtet wird. Wer es zum erſtenmale hört, glaubt das Brüllen irgend eines Raubthiers zu vernehmen. Jn ihrem Schnabel haben ſie eine bedeutende Kraft, obgleich man Dies bei dem zelligen Bau deſſelben und den keineswegs ſtarken Kaumuskeln nicht erwarten möchte. Sie beißen ſehr empfindlich. Ein alt eingefangener hackte ſelbſt in ſein aus geſpaltenem Bambus verfertigtes Behälter ein Loch und, als ich daſſelbe durch ein etwa halbzölliges Brett wieder dicht machen ließ, auch von letzterem ſehr bald große Späne ab, ſodaß ich beſtändig um ſein Entkommen beſorgt ſein mußte. Den nackten Kehlſack kann er, da er mit dem vorderem Bruſtluftſack in Verbindung ſteht, aufblaſen und ausdehnen, wodurch er bedeutend an Umfang zunimmt. Er thut Dies beſonders während des ruhigen Sitzens.“
„Die Fortpflanzungsgeſchichte dieſer Vögel iſt höchſt merkwürdig. Jhr Neſt legen ſie mitten im dichteſten Walde in hohlen Bäumen an und zwar in ziemlicher Höhe über dem Erdboden. Jn hieſiger Gegend iſt das Neſt doppelt mühſam zu finden, da die mit dichten Waldungen bedeckten Berggehänge ſchmale, ſteile Grate bilden, welche durch tiefe Thäler getrennt werden, und jeder Raum zwiſchen den rieſigen Baumſtämmen durch ein undurchdringliches Gewirr und Geſtrüpp von Farren, Schlinggewächſen, wildem Piſang und dergleichen ausgefüllt iſt, durch welches man ſich nur mit dem Kapmeſſer in der Hand mühſam einen Weg bahnen kann. Einmal macht ſich das Neſt, weil in einem hohlen Baume angelegt, dem Auge wenig oder kaum bemerklich, und dann iſt es, ſelbſt wenn man Urſache hat, in der einen oder andern Gegend des Waldes daſſelbe zu vermuthen, aus den an- geführten Gründen oft ſehr ſchwierig, bis dahin durchzudringen; wenn Dies aber geglückt iſt, muß man jeden der rieſigen Bäume genau muſtern, ob nicht irgendwo im Wipfel die den Eingang zum Neſte bildende Spalte ſich befindet. Bisweilen verräth das ab- und zufliegende Männchen das Neſt, und Dies war der Fall bei dem einzigen, welches ich bisher beobachtete. Daſſelbe war in einer Höhe von etwa 60 Fuß in einem hohlen Raſamalabaum angelegt und bot mir Gelegenheit, das ſchon von Horsfield Mitgetheilte beſtätigt zu finden. Sobald nämlich die zur Anlage des Neſtes gewählte Baumhöhle, bei deren Erweiterung der ſtarke Schnabel den Vögeln ſehr zu ſtatten kommen mag, in Ordnung gebracht iſt, und das Weibchen zu brüten anfängt, wird der Eingang vom Männchen mit einer aus Erde und verfaultem Holze beſtehenden, höchſt wahrſcheinlich mit dem Speichel des Thieres vermengten Maſſe ſo weit dicht gemauert, daß nur noch eine kleine Oeffnung übrig bleibt, durch welche das Weibchen ſeinen Schnabel vorſtrecken kann. Während der ganzen Brutzeit wird es vom Männchen reichlich mit Früchten gefüttert, und letzteres iſt deshalb gezwungen, zuweilen bis in bewohnte und verhältnißmäßig baumarme Gegenden ſich zu begeben. So wurde z. B. in der hieſigen, faſt durchweg angebauten Gegend ein ſolches Männchen in einem benachbarten Garten geſchoſſen. Aber warum geſchieht nun das Einmauern des Weibchens? Daß es, wie Horsfield
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0269"n="247"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Jahrvogel</hi>.</fw><lb/>
Fähigkeit, größere Luftmaſſen aufzunehmen, eine Hauptrolle hierbei ſpielt. Ohne Zweifel iſt dieſer<lb/>
Fähigkeit wenigſtens der hohe und leichte Flug zuzuſchreiben, welcher den Vögeln bei ihren verhältniß-<lb/>
mäßigen nicht ſehr großen Flügeln eigen iſt. Während des Fliegens muß aber bei der abwechſelnden<lb/>
und ſtarken Muskelzuſammenziehung nothwendig die zwiſchen Haut und Muskeln eingeſchloſſene<lb/>
Luftmenge hin und her gedrückt und gepreßt werden, und dieſem Umſtande möchte ich wenigſtens<lb/>
zum Theil das erwähnte Sauſen zuſchreiben.“</p><lb/><p>„Der Jahrvogel lebt faſt immer, ſelbſt außer der Fortpflanzungszeit, paarweiſe; in kleinen<lb/>
Geſellſchaften oder Familien habe ich ihn nie angetroffen. Verſchiedene Baumfrüchte bilden ſeine<lb/>
Nahrung, und er fliegt, wie bemerkt, oft weit nach denſelben. Mit gekochtem Reis, Kartoffeln,<lb/>
Piſang und andern Früchten habe ich mehrere längere Zeit unterhalten und dieſe, d. h. die jung<lb/>
aufgezogenen, wurden bald ſo zahm, daß ich ſie mit geſtutzten Flügeln frei umherlaufen laſſen konnte.<lb/>
Alt eingefangene weigern ſich nicht ſelten, jede Nahrung zu ſich zu nehmen und ſterben nach einigen<lb/>
Tagen vor Hunger. Eine Stimme habe ich in der Freiheit von unſerm Vogel noch nicht gehört;<lb/>
allein er iſt ſo ſcheu, daß es ſchwer hält, in ſeine Nähe zu kommen. Die gefangenen ließen, wenn<lb/>ſie gereizt wurden, ein lautes Brüllen hören, das viel Aehnlichkeit hat mit dem eines Schweins, welches<lb/>
zornig iſt oder geſchlachtet wird. Wer es zum erſtenmale hört, glaubt das Brüllen irgend eines<lb/>
Raubthiers zu vernehmen. Jn ihrem Schnabel haben ſie eine bedeutende Kraft, obgleich man Dies<lb/>
bei dem zelligen Bau deſſelben und den keineswegs ſtarken Kaumuskeln nicht erwarten möchte.<lb/>
Sie beißen ſehr empfindlich. Ein alt eingefangener hackte ſelbſt in ſein aus geſpaltenem Bambus<lb/>
verfertigtes Behälter ein Loch und, als ich daſſelbe durch ein etwa halbzölliges Brett wieder dicht<lb/>
machen ließ, auch von letzterem ſehr bald große Späne ab, ſodaß ich beſtändig um ſein Entkommen<lb/>
beſorgt ſein mußte. Den nackten Kehlſack kann er, da er mit dem vorderem Bruſtluftſack in<lb/>
Verbindung ſteht, aufblaſen und ausdehnen, wodurch er bedeutend an Umfang zunimmt. Er thut<lb/>
Dies beſonders während des ruhigen Sitzens.“</p><lb/><p>„Die Fortpflanzungsgeſchichte dieſer Vögel iſt höchſt merkwürdig. Jhr Neſt legen ſie mitten<lb/>
im dichteſten Walde in hohlen Bäumen an und zwar in ziemlicher Höhe über dem Erdboden. Jn<lb/>
hieſiger Gegend iſt das Neſt doppelt mühſam zu finden, da die mit dichten Waldungen bedeckten<lb/>
Berggehänge ſchmale, ſteile Grate bilden, welche durch tiefe Thäler getrennt werden, und jeder Raum<lb/>
zwiſchen den rieſigen Baumſtämmen durch ein undurchdringliches Gewirr und Geſtrüpp von Farren,<lb/>
Schlinggewächſen, wildem Piſang und dergleichen ausgefüllt iſt, durch welches man ſich nur mit dem<lb/>
Kapmeſſer in der Hand mühſam einen Weg bahnen kann. Einmal macht ſich das Neſt, weil in<lb/>
einem hohlen Baume angelegt, dem Auge wenig oder kaum bemerklich, und dann iſt es, ſelbſt wenn<lb/>
man Urſache hat, in der einen oder andern Gegend des Waldes daſſelbe zu vermuthen, aus den an-<lb/>
geführten Gründen oft ſehr ſchwierig, bis dahin durchzudringen; wenn Dies aber geglückt iſt, muß<lb/>
man jeden der rieſigen Bäume genau muſtern, ob nicht irgendwo im Wipfel die den Eingang<lb/>
zum Neſte bildende Spalte ſich befindet. Bisweilen verräth das ab- und zufliegende Männchen<lb/>
das Neſt, und Dies war der Fall bei dem einzigen, welches ich bisher beobachtete. Daſſelbe war in<lb/>
einer Höhe von etwa 60 Fuß in einem hohlen Raſamalabaum angelegt und bot mir Gelegenheit, das<lb/>ſchon von <hirendition="#g">Horsfield</hi> Mitgetheilte beſtätigt zu finden. Sobald nämlich die zur Anlage des Neſtes<lb/>
gewählte Baumhöhle, bei deren Erweiterung der ſtarke Schnabel den Vögeln ſehr zu ſtatten kommen<lb/>
mag, in Ordnung gebracht iſt, und das Weibchen zu brüten anfängt, wird der Eingang vom<lb/>
Männchen mit einer aus Erde und verfaultem Holze beſtehenden, höchſt wahrſcheinlich mit dem Speichel<lb/>
des Thieres vermengten Maſſe ſo weit dicht gemauert, daß nur noch eine kleine Oeffnung übrig bleibt,<lb/>
durch welche das Weibchen ſeinen Schnabel vorſtrecken kann. Während der ganzen Brutzeit wird es<lb/>
vom Männchen reichlich mit Früchten gefüttert, und letzteres iſt deshalb gezwungen, zuweilen bis in<lb/>
bewohnte und verhältnißmäßig baumarme Gegenden ſich zu begeben. So wurde z. B. in der<lb/>
hieſigen, faſt durchweg angebauten Gegend ein ſolches Männchen in einem benachbarten Garten<lb/>
geſchoſſen. Aber warum geſchieht nun das Einmauern des Weibchens? Daß es, wie <hirendition="#g">Horsfield</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[247/0269]
Jahrvogel.
Fähigkeit, größere Luftmaſſen aufzunehmen, eine Hauptrolle hierbei ſpielt. Ohne Zweifel iſt dieſer
Fähigkeit wenigſtens der hohe und leichte Flug zuzuſchreiben, welcher den Vögeln bei ihren verhältniß-
mäßigen nicht ſehr großen Flügeln eigen iſt. Während des Fliegens muß aber bei der abwechſelnden
und ſtarken Muskelzuſammenziehung nothwendig die zwiſchen Haut und Muskeln eingeſchloſſene
Luftmenge hin und her gedrückt und gepreßt werden, und dieſem Umſtande möchte ich wenigſtens
zum Theil das erwähnte Sauſen zuſchreiben.“
„Der Jahrvogel lebt faſt immer, ſelbſt außer der Fortpflanzungszeit, paarweiſe; in kleinen
Geſellſchaften oder Familien habe ich ihn nie angetroffen. Verſchiedene Baumfrüchte bilden ſeine
Nahrung, und er fliegt, wie bemerkt, oft weit nach denſelben. Mit gekochtem Reis, Kartoffeln,
Piſang und andern Früchten habe ich mehrere längere Zeit unterhalten und dieſe, d. h. die jung
aufgezogenen, wurden bald ſo zahm, daß ich ſie mit geſtutzten Flügeln frei umherlaufen laſſen konnte.
Alt eingefangene weigern ſich nicht ſelten, jede Nahrung zu ſich zu nehmen und ſterben nach einigen
Tagen vor Hunger. Eine Stimme habe ich in der Freiheit von unſerm Vogel noch nicht gehört;
allein er iſt ſo ſcheu, daß es ſchwer hält, in ſeine Nähe zu kommen. Die gefangenen ließen, wenn
ſie gereizt wurden, ein lautes Brüllen hören, das viel Aehnlichkeit hat mit dem eines Schweins, welches
zornig iſt oder geſchlachtet wird. Wer es zum erſtenmale hört, glaubt das Brüllen irgend eines
Raubthiers zu vernehmen. Jn ihrem Schnabel haben ſie eine bedeutende Kraft, obgleich man Dies
bei dem zelligen Bau deſſelben und den keineswegs ſtarken Kaumuskeln nicht erwarten möchte.
Sie beißen ſehr empfindlich. Ein alt eingefangener hackte ſelbſt in ſein aus geſpaltenem Bambus
verfertigtes Behälter ein Loch und, als ich daſſelbe durch ein etwa halbzölliges Brett wieder dicht
machen ließ, auch von letzterem ſehr bald große Späne ab, ſodaß ich beſtändig um ſein Entkommen
beſorgt ſein mußte. Den nackten Kehlſack kann er, da er mit dem vorderem Bruſtluftſack in
Verbindung ſteht, aufblaſen und ausdehnen, wodurch er bedeutend an Umfang zunimmt. Er thut
Dies beſonders während des ruhigen Sitzens.“
„Die Fortpflanzungsgeſchichte dieſer Vögel iſt höchſt merkwürdig. Jhr Neſt legen ſie mitten
im dichteſten Walde in hohlen Bäumen an und zwar in ziemlicher Höhe über dem Erdboden. Jn
hieſiger Gegend iſt das Neſt doppelt mühſam zu finden, da die mit dichten Waldungen bedeckten
Berggehänge ſchmale, ſteile Grate bilden, welche durch tiefe Thäler getrennt werden, und jeder Raum
zwiſchen den rieſigen Baumſtämmen durch ein undurchdringliches Gewirr und Geſtrüpp von Farren,
Schlinggewächſen, wildem Piſang und dergleichen ausgefüllt iſt, durch welches man ſich nur mit dem
Kapmeſſer in der Hand mühſam einen Weg bahnen kann. Einmal macht ſich das Neſt, weil in
einem hohlen Baume angelegt, dem Auge wenig oder kaum bemerklich, und dann iſt es, ſelbſt wenn
man Urſache hat, in der einen oder andern Gegend des Waldes daſſelbe zu vermuthen, aus den an-
geführten Gründen oft ſehr ſchwierig, bis dahin durchzudringen; wenn Dies aber geglückt iſt, muß
man jeden der rieſigen Bäume genau muſtern, ob nicht irgendwo im Wipfel die den Eingang
zum Neſte bildende Spalte ſich befindet. Bisweilen verräth das ab- und zufliegende Männchen
das Neſt, und Dies war der Fall bei dem einzigen, welches ich bisher beobachtete. Daſſelbe war in
einer Höhe von etwa 60 Fuß in einem hohlen Raſamalabaum angelegt und bot mir Gelegenheit, das
ſchon von Horsfield Mitgetheilte beſtätigt zu finden. Sobald nämlich die zur Anlage des Neſtes
gewählte Baumhöhle, bei deren Erweiterung der ſtarke Schnabel den Vögeln ſehr zu ſtatten kommen
mag, in Ordnung gebracht iſt, und das Weibchen zu brüten anfängt, wird der Eingang vom
Männchen mit einer aus Erde und verfaultem Holze beſtehenden, höchſt wahrſcheinlich mit dem Speichel
des Thieres vermengten Maſſe ſo weit dicht gemauert, daß nur noch eine kleine Oeffnung übrig bleibt,
durch welche das Weibchen ſeinen Schnabel vorſtrecken kann. Während der ganzen Brutzeit wird es
vom Männchen reichlich mit Früchten gefüttert, und letzteres iſt deshalb gezwungen, zuweilen bis in
bewohnte und verhältnißmäßig baumarme Gegenden ſich zu begeben. So wurde z. B. in der
hieſigen, faſt durchweg angebauten Gegend ein ſolches Männchen in einem benachbarten Garten
geſchoſſen. Aber warum geſchieht nun das Einmauern des Weibchens? Daß es, wie Horsfield
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/269>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.