Liebe und Sorgfalt behütet. Es ist rührend zu sehen, wenn man so unverhofft unter eine Kette kommt, mit welchem Geschrei und Lärm die Alte Einen empfängt. Jm Nu sind alle Jungen verschwunden, und sie wissen sich so gut zu verstecken, daß es wirklich schwer hält, eins von ihnen zu entdecken. Einen großen Theil dieses Erfolges verdanken sie ihrer Färbung. Jch hatte öfter, namentlich auf alten Holzschlägen, die ganze Kette unter meinen Füßen; sie waren noch nicht flügge, und dennoch war ich selten so glücklich, eines von ihnen aufzufinden. Trauriger sieht es freilich mit einer Kette aus, wenn Herr Reinecke mit seiner unfehlbaren Nase dahinter kommt. Glückt die allbekannte List der Mutter, immer drei bis vier Schritte vor dem Fuchse dahin zu laufen und dahin zu flattern, sich zu stellen, als wäre sie an den Flügeln gelähmt, und Reinecke so aus dem Bereich der Jungen zu führen -- glückt dieses letztere, so steht sie plötzlich auf, streicht nach dem Platze, wo sie zuletzt ihre Jungen ließ und gibt durch wohlbekannte Töne "Gluck gluck" kund, daß die Gefahr vorüber ist, worauf sie sich mit ihnen in entgegengesetzter Richtung eiligst auf und davon macht; gelingt Dies aber nicht, so sieht es leider oft traurig aus und nicht selten bleibt keines der Jungen übrig."
Jm günstigsten Falle wachsen die Küchlein unter dem treuen Geleite der Mutter rasch heran. Jhre Nahrung besteht fast nur in Kerbthieren. Die Alte führt sie an günstige Stellen, scharrt versprechenden Boden auf, lockt sie mit dem zärtlichen "Back, back" herbei, legt ihnen eine Fliege, einen Käfer, Larve, Raupe, einen Wurm, eine kleine Schnecke u. dergl. auf den Schnabel, und gewöhnt sie so zum Fressen. Eine Lieblingsnahrung von ihnen sind die Puppen aller deutschen Ameisenarten. Die Alte läuft oft mit den Jungen an die Kante der Hölzer, um die auf den Wiesen und Rainen stehenden Ameisenhaufen aufzusuchen. Findet sie einen, dann scharrt sie, bis die Larven zum Vorschein kommen, und lockt nun das ganze Volk zusammen, welches eilig die gute Mahlzeit verschlingt. Wenn die Jungen heranwachsen, fressen sie fast Alles, was die Mutter verzehrt. Schon nach wenigen Wochen sind sie so weit befiedert, daß sie bäumen oder wenigstens flattern können; ihr eigentliches Federkleid erhalten sie aber erst viel später. Hierüber hat mein Vater die sorgfältigsten Beobachtungen gemacht, und sie sind es denn auch, welche die Grundlage aller bis jetzt veröffentlichten Beschreibungen der verschiedenen Jugendkleider bilden.
Jm Nest- oder Flaumenkleide sind Stirn und Zügel rostgelb, durch zwei braune, hinter den Nasenlöchern beginnende Längsstreifen und einen auf dem Zügel stehenden braunen Flecken gezeichnet; über die Augen zieht sich bogenförmig ein brauner Strich, zwischen ihnen verlaufen zwei hinten sich vereinigende schwarzbraune Streifen; der Hinterkopf ist rostfarben, hinten mit einem schwärzlichen Bande gezeichnet, auf welchem ein längs der Mitte des rostgelben Halses herablaufender Streifen senkrecht steht; die Seiten des Kopfes sind rostgelb, mit einem braunen oder schwärzlichen Striche hinter den Augen, die Federn des Rückens rostfarben, mit schwärzlichen und braunen Flecken und Streifen, die des Unterkörpers aber graulich schwefelgelb, an der Kehle am hellsten. Das Auge ist bläulichgrau, der Stern bleifarbig, der Schnabel an der oberen Kinnlade dunkel, an der unteren hellhornfarben; die Zehen und Nägel der bereits mit Dunen bedeckten Füße sind gilblich.
Wenige Tage nach dem Auskriechen brechen die Schwungfedern hervor, nach ihnen die Rücken- und die Brustfedern, schließlich auch die des Kopfes, welcher am längsten unbefiedert bleibt, und nunmehr geht die Tracht ins erste Federkleid über. Jn ihm sind alle kleinen Federn des Kopfes, Hinterhalses und Rückens am Grunde grauschwarz, an der Spitze weißlich, längs des Schaftes rostgelb gestreift, übrigens schwarz und rostgelb in die Quere gefleckt, die Schwungfedern grau- schwarz, rostgelb gefleckt und gebändert, die Oberflügeldeckfedern den Rückenfedern ähnlich, die des Unterkörpers rostgelb, braun gefleckt und gebändert.
Auch diese Federn fallen bald wieder aus, und das Küchlein erhält jetzt das zweite Federkleid. Jn ihm ist das Gefieder des Kopfes und Hinterhalses rostgraugelb mit schwärzlichen und braunen Querbinden und Zickzacklinien, das des Rückens auf rostbraunem Grunde ebenso gezeichnet, die Stelle unter dem Auge bräunlich und weiß gefleckt, die Kehle grauweiß mit tiefgrauen Säumen und
Auerhuhn.
Liebe und Sorgfalt behütet. Es iſt rührend zu ſehen, wenn man ſo unverhofft unter eine Kette kommt, mit welchem Geſchrei und Lärm die Alte Einen empfängt. Jm Nu ſind alle Jungen verſchwunden, und ſie wiſſen ſich ſo gut zu verſtecken, daß es wirklich ſchwer hält, eins von ihnen zu entdecken. Einen großen Theil dieſes Erfolges verdanken ſie ihrer Färbung. Jch hatte öfter, namentlich auf alten Holzſchlägen, die ganze Kette unter meinen Füßen; ſie waren noch nicht flügge, und dennoch war ich ſelten ſo glücklich, eines von ihnen aufzufinden. Trauriger ſieht es freilich mit einer Kette aus, wenn Herr Reinecke mit ſeiner unfehlbaren Naſe dahinter kommt. Glückt die allbekannte Liſt der Mutter, immer drei bis vier Schritte vor dem Fuchſe dahin zu laufen und dahin zu flattern, ſich zu ſtellen, als wäre ſie an den Flügeln gelähmt, und Reinecke ſo aus dem Bereich der Jungen zu führen — glückt dieſes letztere, ſo ſteht ſie plötzlich auf, ſtreicht nach dem Platze, wo ſie zuletzt ihre Jungen ließ und gibt durch wohlbekannte Töne „Gluck gluck“ kund, daß die Gefahr vorüber iſt, worauf ſie ſich mit ihnen in entgegengeſetzter Richtung eiligſt auf und davon macht; gelingt Dies aber nicht, ſo ſieht es leider oft traurig aus und nicht ſelten bleibt keines der Jungen übrig.“
Jm günſtigſten Falle wachſen die Küchlein unter dem treuen Geleite der Mutter raſch heran. Jhre Nahrung beſteht faſt nur in Kerbthieren. Die Alte führt ſie an günſtige Stellen, ſcharrt verſprechenden Boden auf, lockt ſie mit dem zärtlichen „Back, back“ herbei, legt ihnen eine Fliege, einen Käfer, Larve, Raupe, einen Wurm, eine kleine Schnecke u. dergl. auf den Schnabel, und gewöhnt ſie ſo zum Freſſen. Eine Lieblingsnahrung von ihnen ſind die Puppen aller deutſchen Ameiſenarten. Die Alte läuft oft mit den Jungen an die Kante der Hölzer, um die auf den Wieſen und Rainen ſtehenden Ameiſenhaufen aufzuſuchen. Findet ſie einen, dann ſcharrt ſie, bis die Larven zum Vorſchein kommen, und lockt nun das ganze Volk zuſammen, welches eilig die gute Mahlzeit verſchlingt. Wenn die Jungen heranwachſen, freſſen ſie faſt Alles, was die Mutter verzehrt. Schon nach wenigen Wochen ſind ſie ſo weit befiedert, daß ſie bäumen oder wenigſtens flattern können; ihr eigentliches Federkleid erhalten ſie aber erſt viel ſpäter. Hierüber hat mein Vater die ſorgfältigſten Beobachtungen gemacht, und ſie ſind es denn auch, welche die Grundlage aller bis jetzt veröffentlichten Beſchreibungen der verſchiedenen Jugendkleider bilden.
Jm Neſt- oder Flaumenkleide ſind Stirn und Zügel roſtgelb, durch zwei braune, hinter den Naſenlöchern beginnende Längsſtreifen und einen auf dem Zügel ſtehenden braunen Flecken gezeichnet; über die Augen zieht ſich bogenförmig ein brauner Strich, zwiſchen ihnen verlaufen zwei hinten ſich vereinigende ſchwarzbraune Streifen; der Hinterkopf iſt roſtfarben, hinten mit einem ſchwärzlichen Bande gezeichnet, auf welchem ein längs der Mitte des roſtgelben Halſes herablaufender Streifen ſenkrecht ſteht; die Seiten des Kopfes ſind roſtgelb, mit einem braunen oder ſchwärzlichen Striche hinter den Augen, die Federn des Rückens roſtfarben, mit ſchwärzlichen und braunen Flecken und Streifen, die des Unterkörpers aber graulich ſchwefelgelb, an der Kehle am hellſten. Das Auge iſt bläulichgrau, der Stern bleifarbig, der Schnabel an der oberen Kinnlade dunkel, an der unteren hellhornfarben; die Zehen und Nägel der bereits mit Dunen bedeckten Füße ſind gilblich.
Wenige Tage nach dem Auskriechen brechen die Schwungfedern hervor, nach ihnen die Rücken- und die Bruſtfedern, ſchließlich auch die des Kopfes, welcher am längſten unbefiedert bleibt, und nunmehr geht die Tracht ins erſte Federkleid über. Jn ihm ſind alle kleinen Federn des Kopfes, Hinterhalſes und Rückens am Grunde grauſchwarz, an der Spitze weißlich, längs des Schaftes roſtgelb geſtreift, übrigens ſchwarz und roſtgelb in die Quere gefleckt, die Schwungfedern grau- ſchwarz, roſtgelb gefleckt und gebändert, die Oberflügeldeckfedern den Rückenfedern ähnlich, die des Unterkörpers roſtgelb, braun gefleckt und gebändert.
Auch dieſe Federn fallen bald wieder aus, und das Küchlein erhält jetzt das zweite Federkleid. Jn ihm iſt das Gefieder des Kopfes und Hinterhalſes roſtgraugelb mit ſchwärzlichen und braunen Querbinden und Zickzacklinien, das des Rückens auf roſtbraunem Grunde ebenſo gezeichnet, die Stelle unter dem Auge bräunlich und weiß gefleckt, die Kehle grauweiß mit tiefgrauen Säumen und
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[343/0371]
Auerhuhn.
Liebe und Sorgfalt behütet. Es iſt rührend zu ſehen, wenn man ſo unverhofft unter eine Kette
kommt, mit welchem Geſchrei und Lärm die Alte Einen empfängt. Jm Nu ſind alle Jungen
verſchwunden, und ſie wiſſen ſich ſo gut zu verſtecken, daß es wirklich ſchwer hält, eins von ihnen zu
entdecken. Einen großen Theil dieſes Erfolges verdanken ſie ihrer Färbung. Jch hatte öfter,
namentlich auf alten Holzſchlägen, die ganze Kette unter meinen Füßen; ſie waren noch nicht flügge,
und dennoch war ich ſelten ſo glücklich, eines von ihnen aufzufinden. Trauriger ſieht es freilich mit
einer Kette aus, wenn Herr Reinecke mit ſeiner unfehlbaren Naſe dahinter kommt. Glückt die
allbekannte Liſt der Mutter, immer drei bis vier Schritte vor dem Fuchſe dahin zu laufen und dahin
zu flattern, ſich zu ſtellen, als wäre ſie an den Flügeln gelähmt, und Reinecke ſo aus dem Bereich
der Jungen zu führen — glückt dieſes letztere, ſo ſteht ſie plötzlich auf, ſtreicht nach dem Platze,
wo ſie zuletzt ihre Jungen ließ und gibt durch wohlbekannte Töne „Gluck gluck“ kund, daß die
Gefahr vorüber iſt, worauf ſie ſich mit ihnen in entgegengeſetzter Richtung eiligſt auf und davon
macht; gelingt Dies aber nicht, ſo ſieht es leider oft traurig aus und nicht ſelten bleibt keines der
Jungen übrig.“
Jm günſtigſten Falle wachſen die Küchlein unter dem treuen Geleite der Mutter raſch heran.
Jhre Nahrung beſteht faſt nur in Kerbthieren. Die Alte führt ſie an günſtige Stellen, ſcharrt
verſprechenden Boden auf, lockt ſie mit dem zärtlichen „Back, back“ herbei, legt ihnen eine Fliege,
einen Käfer, Larve, Raupe, einen Wurm, eine kleine Schnecke u. dergl. auf den Schnabel, und
gewöhnt ſie ſo zum Freſſen. Eine Lieblingsnahrung von ihnen ſind die Puppen aller deutſchen
Ameiſenarten. Die Alte läuft oft mit den Jungen an die Kante der Hölzer, um die auf den Wieſen
und Rainen ſtehenden Ameiſenhaufen aufzuſuchen. Findet ſie einen, dann ſcharrt ſie, bis die Larven
zum Vorſchein kommen, und lockt nun das ganze Volk zuſammen, welches eilig die gute Mahlzeit
verſchlingt. Wenn die Jungen heranwachſen, freſſen ſie faſt Alles, was die Mutter verzehrt.
Schon nach wenigen Wochen ſind ſie ſo weit befiedert, daß ſie bäumen oder wenigſtens flattern
können; ihr eigentliches Federkleid erhalten ſie aber erſt viel ſpäter. Hierüber hat mein Vater
die ſorgfältigſten Beobachtungen gemacht, und ſie ſind es denn auch, welche die Grundlage aller bis
jetzt veröffentlichten Beſchreibungen der verſchiedenen Jugendkleider bilden.
Jm Neſt- oder Flaumenkleide ſind Stirn und Zügel roſtgelb, durch zwei braune, hinter den
Naſenlöchern beginnende Längsſtreifen und einen auf dem Zügel ſtehenden braunen Flecken gezeichnet;
über die Augen zieht ſich bogenförmig ein brauner Strich, zwiſchen ihnen verlaufen zwei hinten ſich
vereinigende ſchwarzbraune Streifen; der Hinterkopf iſt roſtfarben, hinten mit einem ſchwärzlichen
Bande gezeichnet, auf welchem ein längs der Mitte des roſtgelben Halſes herablaufender Streifen
ſenkrecht ſteht; die Seiten des Kopfes ſind roſtgelb, mit einem braunen oder ſchwärzlichen Striche
hinter den Augen, die Federn des Rückens roſtfarben, mit ſchwärzlichen und braunen Flecken und
Streifen, die des Unterkörpers aber graulich ſchwefelgelb, an der Kehle am hellſten. Das Auge iſt
bläulichgrau, der Stern bleifarbig, der Schnabel an der oberen Kinnlade dunkel, an der unteren
hellhornfarben; die Zehen und Nägel der bereits mit Dunen bedeckten Füße ſind gilblich.
Wenige Tage nach dem Auskriechen brechen die Schwungfedern hervor, nach ihnen die
Rücken- und die Bruſtfedern, ſchließlich auch die des Kopfes, welcher am längſten unbefiedert bleibt,
und nunmehr geht die Tracht ins erſte Federkleid über. Jn ihm ſind alle kleinen Federn des Kopfes,
Hinterhalſes und Rückens am Grunde grauſchwarz, an der Spitze weißlich, längs des Schaftes
roſtgelb geſtreift, übrigens ſchwarz und roſtgelb in die Quere gefleckt, die Schwungfedern grau-
ſchwarz, roſtgelb gefleckt und gebändert, die Oberflügeldeckfedern den Rückenfedern ähnlich, die des
Unterkörpers roſtgelb, braun gefleckt und gebändert.
Auch dieſe Federn fallen bald wieder aus, und das Küchlein erhält jetzt das zweite Federkleid.
Jn ihm iſt das Gefieder des Kopfes und Hinterhalſes roſtgraugelb mit ſchwärzlichen und braunen
Querbinden und Zickzacklinien, das des Rückens auf roſtbraunem Grunde ebenſo gezeichnet, die
Stelle unter dem Auge bräunlich und weiß gefleckt, die Kehle grauweiß mit tiefgrauen Säumen und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/371>, abgerufen am 21.11.2024.
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