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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
in den Mai hinein, aber nie zeitig des Morgens, sondern blos am Tage, sowohl vor- wie nach-
mittags, und nur bei schönem Wetter, Sonnenschein, während oder nach einem warmen Regen. Jm
Herbste hörte man ihn zuweilen auch ein wenig rackeln; während des übrigen Jahres war er stumm.
Seine Nahrung bestand in Preißel- und anderen Waldbeeren, solange solche zu haben waren; auch
fraß er gern geschnittene Aepfel, weißen Kohl und anderes Grünzeug nebst Getreidekörnern.

Der hamburger Thiergarten erhielt am 21. August 1863 einen Rackelhahn, welcher in
Schweden gefangen und bereits eingewöhnt worden war. Dieser Vogel erinnerte in seinem
Betragen viel mehr an den Auerhahn als an den Birkhahn; denn auch er bekundete jene ernste
Würde, welche den Auerhahn so auszeichnet. Von der Rauflust, die ihm nachgesagt wird,
zeigte er keine Spur. Ein kampflustiger Birkhahn, welcher mit ihm in dasselbe Gebege gesperrt
wurde, maßte sich im Gegentheil sehr bald die Oberherrschaft über ihn an und richtete ihn in einem
Anfalle von Eifersucht derartig zu, daß der arme Blendling späterhin, sobald er seines Gegners
ansichtig wurde, eiligst einem buschreichen Winkel zurannte, sich hier unter das Gestrüpp ängstlich
verbarg, gewöhnlich platt auf den Boden niederdrückte und nicht mehr muckste.



Neben dem Auer- und Birkhuhne lebt in den europäischen Waldungen noch ein drittes Mitglied
der Familie, das Hasel- oder Rotthuhn (Bonasia sylvestris), welches als Vertreter einer
besonderen Sippe angesehen wird. Jn der Gestalt ähnelt unser Huhn dem bisher besprochenen
Verwandten; seine Fußwurzel ist aber nur bis zu drei Viertel ihrer Länge befiedert, und die Zehen
sind nackt; der abgerundete Schwanz besteht aus sechszehn Steuerfedern; die Scheitelfedern sind
stark verlängert und zu einer Holle aufrichtbar. Beide Geschlechter ähneln sich in Größe und
Färbung des Gefieders, obwohl sie sich noch leicht unterscheiden lassen.

Das Gefieder ist auf der Oberseite rostrothgrau und weiß gefleckt, der größte Theil der Federn
auch mit schwarzen Wellenlinien gezeichnet; auf dem Oberflügel, dessen Färbung ein Gemisch von
Rostgrau und Rostfarben, treten weiße Längsstreifen und weiße Flecke deutlich hervor; die Kehle
ist weiß und braun gefleckt; die Schwingen sind graubraun, auf der schmalen Außenfahne röthlich
weiß gefleckt, die Steuerfedern schwärzlich, aschgrau getuscht und die mittleren rostfarben gebändert
und gezeichnet. Das Auge ist nußbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß, soweit er nackt, horn-
braun. Dem Weibchen fehlt die schwarze Kehle, und die Färbung seines Gefieders ist minder
lebhaft, namentlich mehr grau als rostroth. Die Länge beträgt 17 bis 18, die Breite 23 bis 25
Zoll, die Fittiglänge über 7, die Schwanzlänge gegen 5 Zoll. Das Weibchen ist um 1/5 oder 1/6
kleiner und schwächer als das Männchen.

Der Verbreitungkreis des Haselhuhnes erstreckt sich von den Alpen an bis zum Polarkreise, und
von Skandinavien an bis nach Ostsibirien. Jnnerhalb dieser ausgedehnten Länderstrecken findet
sich unser Huhn keineswegs allerorten, sondern nur in gewissen Gegenden. Es bevorzugt Gebirge
der Ebene, hält sich aber auch dort blos hier und da ständig auf. Jm Alpengebiete, in Oesterreich,
Bayern, Böhmen und Schlesien ist es nicht gerade selten, in Liv- und Esthland, einem großen
Theile von Skandinavien und in den meisten Waldungen Rußlands gemein, auch in Sibirien
stellenweise häufig; einzeln kommt es am Harz und in Franken vor; den norddeutschen Ebenen
aber fehlt es gänzlich. Große, dunkle und gemischte Wälder, namentlich solche, welche aus Eichen,
Birken, Erlen und Nußbäumen bestehen, auf der Südseite liegende, wenig besuchte, an steinigte, mit
Beerengestrüpp bedeckte Halden grenzende Gehänge sind seine Lieblingsaufenthaltsorte, während
es im reinen Nadelholzwalde selten und immer nur einzeln angetroffen wird. Jn Waldungen,
welche seinen Anforderungen entsprechen, wählt es sich dichte Bestände zu seinem Wohnorte, und
nach ihnen zieht es sich bei jeder Gefahr zurück. Je wechselreicher der Wald, um so angenehmer

Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
in den Mai hinein, aber nie zeitig des Morgens, ſondern blos am Tage, ſowohl vor- wie nach-
mittags, und nur bei ſchönem Wetter, Sonnenſchein, während oder nach einem warmen Regen. Jm
Herbſte hörte man ihn zuweilen auch ein wenig rackeln; während des übrigen Jahres war er ſtumm.
Seine Nahrung beſtand in Preißel- und anderen Waldbeeren, ſolange ſolche zu haben waren; auch
fraß er gern geſchnittene Aepfel, weißen Kohl und anderes Grünzeug nebſt Getreidekörnern.

Der hamburger Thiergarten erhielt am 21. Auguſt 1863 einen Rackelhahn, welcher in
Schweden gefangen und bereits eingewöhnt worden war. Dieſer Vogel erinnerte in ſeinem
Betragen viel mehr an den Auerhahn als an den Birkhahn; denn auch er bekundete jene ernſte
Würde, welche den Auerhahn ſo auszeichnet. Von der Raufluſt, die ihm nachgeſagt wird,
zeigte er keine Spur. Ein kampfluſtiger Birkhahn, welcher mit ihm in daſſelbe Gebege geſperrt
wurde, maßte ſich im Gegentheil ſehr bald die Oberherrſchaft über ihn an und richtete ihn in einem
Anfalle von Eiferſucht derartig zu, daß der arme Blendling ſpäterhin, ſobald er ſeines Gegners
anſichtig wurde, eiligſt einem buſchreichen Winkel zurannte, ſich hier unter das Geſtrüpp ängſtlich
verbarg, gewöhnlich platt auf den Boden niederdrückte und nicht mehr muckſte.



Neben dem Auer- und Birkhuhne lebt in den europäiſchen Waldungen noch ein drittes Mitglied
der Familie, das Haſel- oder Rotthuhn (Bonasia sylvestris), welches als Vertreter einer
beſonderen Sippe angeſehen wird. Jn der Geſtalt ähnelt unſer Huhn dem bisher beſprochenen
Verwandten; ſeine Fußwurzel iſt aber nur bis zu drei Viertel ihrer Länge befiedert, und die Zehen
ſind nackt; der abgerundete Schwanz beſteht aus ſechszehn Steuerfedern; die Scheitelfedern ſind
ſtark verlängert und zu einer Holle aufrichtbar. Beide Geſchlechter ähneln ſich in Größe und
Färbung des Gefieders, obwohl ſie ſich noch leicht unterſcheiden laſſen.

Das Gefieder iſt auf der Oberſeite roſtrothgrau und weiß gefleckt, der größte Theil der Federn
auch mit ſchwarzen Wellenlinien gezeichnet; auf dem Oberflügel, deſſen Färbung ein Gemiſch von
Roſtgrau und Roſtfarben, treten weiße Längsſtreifen und weiße Flecke deutlich hervor; die Kehle
iſt weiß und braun gefleckt; die Schwingen ſind graubraun, auf der ſchmalen Außenfahne röthlich
weiß gefleckt, die Steuerfedern ſchwärzlich, aſchgrau getuſcht und die mittleren roſtfarben gebändert
und gezeichnet. Das Auge iſt nußbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß, ſoweit er nackt, horn-
braun. Dem Weibchen fehlt die ſchwarze Kehle, und die Färbung ſeines Gefieders iſt minder
lebhaft, namentlich mehr grau als roſtroth. Die Länge beträgt 17 bis 18, die Breite 23 bis 25
Zoll, die Fittiglänge über 7, die Schwanzlänge gegen 5 Zoll. Das Weibchen iſt um ⅕ oder ⅙
kleiner und ſchwächer als das Männchen.

Der Verbreitungkreis des Haſelhuhnes erſtreckt ſich von den Alpen an bis zum Polarkreiſe, und
von Skandinavien an bis nach Oſtſibirien. Jnnerhalb dieſer ausgedehnten Länderſtrecken findet
ſich unſer Huhn keineswegs allerorten, ſondern nur in gewiſſen Gegenden. Es bevorzugt Gebirge
der Ebene, hält ſich aber auch dort blos hier und da ſtändig auf. Jm Alpengebiete, in Oeſterreich,
Bayern, Böhmen und Schleſien iſt es nicht gerade ſelten, in Liv- und Eſthland, einem großen
Theile von Skandinavien und in den meiſten Waldungen Rußlands gemein, auch in Sibirien
ſtellenweiſe häufig; einzeln kommt es am Harz und in Franken vor; den norddeutſchen Ebenen
aber fehlt es gänzlich. Große, dunkle und gemiſchte Wälder, namentlich ſolche, welche aus Eichen,
Birken, Erlen und Nußbäumen beſtehen, auf der Südſeite liegende, wenig beſuchte, an ſteinigte, mit
Beerengeſtrüpp bedeckte Halden grenzende Gehänge ſind ſeine Lieblingsaufenthaltsorte, während
es im reinen Nadelholzwalde ſelten und immer nur einzeln angetroffen wird. Jn Waldungen,
welche ſeinen Anforderungen entſprechen, wählt es ſich dichte Beſtände zu ſeinem Wohnorte, und
nach ihnen zieht es ſich bei jeder Gefahr zurück. Je wechſelreicher der Wald, um ſo angenehmer

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[356/0384] Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner. in den Mai hinein, aber nie zeitig des Morgens, ſondern blos am Tage, ſowohl vor- wie nach- mittags, und nur bei ſchönem Wetter, Sonnenſchein, während oder nach einem warmen Regen. Jm Herbſte hörte man ihn zuweilen auch ein wenig rackeln; während des übrigen Jahres war er ſtumm. Seine Nahrung beſtand in Preißel- und anderen Waldbeeren, ſolange ſolche zu haben waren; auch fraß er gern geſchnittene Aepfel, weißen Kohl und anderes Grünzeug nebſt Getreidekörnern. Der hamburger Thiergarten erhielt am 21. Auguſt 1863 einen Rackelhahn, welcher in Schweden gefangen und bereits eingewöhnt worden war. Dieſer Vogel erinnerte in ſeinem Betragen viel mehr an den Auerhahn als an den Birkhahn; denn auch er bekundete jene ernſte Würde, welche den Auerhahn ſo auszeichnet. Von der Raufluſt, die ihm nachgeſagt wird, zeigte er keine Spur. Ein kampfluſtiger Birkhahn, welcher mit ihm in daſſelbe Gebege geſperrt wurde, maßte ſich im Gegentheil ſehr bald die Oberherrſchaft über ihn an und richtete ihn in einem Anfalle von Eiferſucht derartig zu, daß der arme Blendling ſpäterhin, ſobald er ſeines Gegners anſichtig wurde, eiligſt einem buſchreichen Winkel zurannte, ſich hier unter das Geſtrüpp ängſtlich verbarg, gewöhnlich platt auf den Boden niederdrückte und nicht mehr muckſte. Neben dem Auer- und Birkhuhne lebt in den europäiſchen Waldungen noch ein drittes Mitglied der Familie, das Haſel- oder Rotthuhn (Bonasia sylvestris), welches als Vertreter einer beſonderen Sippe angeſehen wird. Jn der Geſtalt ähnelt unſer Huhn dem bisher beſprochenen Verwandten; ſeine Fußwurzel iſt aber nur bis zu drei Viertel ihrer Länge befiedert, und die Zehen ſind nackt; der abgerundete Schwanz beſteht aus ſechszehn Steuerfedern; die Scheitelfedern ſind ſtark verlängert und zu einer Holle aufrichtbar. Beide Geſchlechter ähneln ſich in Größe und Färbung des Gefieders, obwohl ſie ſich noch leicht unterſcheiden laſſen. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite roſtrothgrau und weiß gefleckt, der größte Theil der Federn auch mit ſchwarzen Wellenlinien gezeichnet; auf dem Oberflügel, deſſen Färbung ein Gemiſch von Roſtgrau und Roſtfarben, treten weiße Längsſtreifen und weiße Flecke deutlich hervor; die Kehle iſt weiß und braun gefleckt; die Schwingen ſind graubraun, auf der ſchmalen Außenfahne röthlich weiß gefleckt, die Steuerfedern ſchwärzlich, aſchgrau getuſcht und die mittleren roſtfarben gebändert und gezeichnet. Das Auge iſt nußbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß, ſoweit er nackt, horn- braun. Dem Weibchen fehlt die ſchwarze Kehle, und die Färbung ſeines Gefieders iſt minder lebhaft, namentlich mehr grau als roſtroth. Die Länge beträgt 17 bis 18, die Breite 23 bis 25 Zoll, die Fittiglänge über 7, die Schwanzlänge gegen 5 Zoll. Das Weibchen iſt um ⅕ oder ⅙ kleiner und ſchwächer als das Männchen. Der Verbreitungkreis des Haſelhuhnes erſtreckt ſich von den Alpen an bis zum Polarkreiſe, und von Skandinavien an bis nach Oſtſibirien. Jnnerhalb dieſer ausgedehnten Länderſtrecken findet ſich unſer Huhn keineswegs allerorten, ſondern nur in gewiſſen Gegenden. Es bevorzugt Gebirge der Ebene, hält ſich aber auch dort blos hier und da ſtändig auf. Jm Alpengebiete, in Oeſterreich, Bayern, Böhmen und Schleſien iſt es nicht gerade ſelten, in Liv- und Eſthland, einem großen Theile von Skandinavien und in den meiſten Waldungen Rußlands gemein, auch in Sibirien ſtellenweiſe häufig; einzeln kommt es am Harz und in Franken vor; den norddeutſchen Ebenen aber fehlt es gänzlich. Große, dunkle und gemiſchte Wälder, namentlich ſolche, welche aus Eichen, Birken, Erlen und Nußbäumen beſtehen, auf der Südſeite liegende, wenig beſuchte, an ſteinigte, mit Beerengeſtrüpp bedeckte Halden grenzende Gehänge ſind ſeine Lieblingsaufenthaltsorte, während es im reinen Nadelholzwalde ſelten und immer nur einzeln angetroffen wird. Jn Waldungen, welche ſeinen Anforderungen entſprechen, wählt es ſich dichte Beſtände zu ſeinem Wohnorte, und nach ihnen zieht es ſich bei jeder Gefahr zurück. Je wechſelreicher der Wald, um ſo angenehmer

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/384>, abgerufen am 22.11.2024.