Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Klippenhuhn. Rebhuhn.
deshalb Striche, in denen es hier und da ein Wäldchen, einen bebuschten Hügel, oder wenigstens eine
dichte Hecke gibt. Den eigentlichen Wald meidet es, nicht aber seine Ränder und die Vorgehölze,
und ebensowenig scheut es sich vor nassen, sumpfigen Stellen, vorausgesetzt nur, daß diese hier und
da mit Holz bestanden sind, und kleine Jnselchen, welche sich etwas über dem Wasser erheben,
umschließen. Jn Frankreich hat man neuerdings die Beobachtung gemacht, daß Rebhühner gerade in
sumpfigen Gegenden sich aufhalten, und da man nun außerdem fand, daß diese sich durch die geringe
Größe und einen nur aus sechszehn Federn bestehenden Schwanz auszeichnen, glaubte man, in ihnen
eine eigene Art zu erkennen, somit also eine von meinem Vater und gar manchem Jäger schon längst
ausgesprochene Behauptung bestätigt zu finden.

[Abbildung] Das Reb- oder Feldhuhn (Perdix einerea oder Starna cinerea). [ 1/3 ] der nat. Größe.

Es gibt wenige Vögel, welche strenger an dem einmal gewählten Gebiete festhalten als das Reb-
huhn. Erfahrungsmäßig bleiben die in einer Gegend, ja, die auf einer Flur erbrüteten Jungen hier
wohnen, und wenn einmal ein Revier verödet, währt es oft lange Zeit, bevor sich von den Grenzen
her wieder einzelne Paare einfinden und die verlassene Gegend neu bevölkern. Gleichwohl hat man
im nördlichen Deutschland beobachtet, daß fast in jedem Herbste wandernde Rebhühner erscheinen,
zuweilen in großen Gesellschaften. So sah ein Bruder Naumann's einst eine Schar von vielleicht
fünfhundert Stücken, welche in größter Eile, halb fliegend, halb laufend, nach Westen zog, dabei über
einen etwa dreihundert Schritte im Durchmesser haltenden Raum sich ausdehnte und unaufhaltsam so
weiter rückte, daß alle in derselben Richtung fortrannten, die hintern über die vordern wegflogen, und

Klippenhuhn. Rebhuhn.
deshalb Striche, in denen es hier und da ein Wäldchen, einen bebuſchten Hügel, oder wenigſtens eine
dichte Hecke gibt. Den eigentlichen Wald meidet es, nicht aber ſeine Ränder und die Vorgehölze,
und ebenſowenig ſcheut es ſich vor naſſen, ſumpfigen Stellen, vorausgeſetzt nur, daß dieſe hier und
da mit Holz beſtanden ſind, und kleine Jnſelchen, welche ſich etwas über dem Waſſer erheben,
umſchließen. Jn Frankreich hat man neuerdings die Beobachtung gemacht, daß Rebhühner gerade in
ſumpfigen Gegenden ſich aufhalten, und da man nun außerdem fand, daß dieſe ſich durch die geringe
Größe und einen nur aus ſechszehn Federn beſtehenden Schwanz auszeichnen, glaubte man, in ihnen
eine eigene Art zu erkennen, ſomit alſo eine von meinem Vater und gar manchem Jäger ſchon längſt
ausgeſprochene Behauptung beſtätigt zu finden.

[Abbildung] Das Reb- oder Feldhuhn (Perdix einerea oder Starna cinerea). [⅓] der nat. Größe.

Es gibt wenige Vögel, welche ſtrenger an dem einmal gewählten Gebiete feſthalten als das Reb-
huhn. Erfahrungsmäßig bleiben die in einer Gegend, ja, die auf einer Flur erbrüteten Jungen hier
wohnen, und wenn einmal ein Revier verödet, währt es oft lange Zeit, bevor ſich von den Grenzen
her wieder einzelne Paare einfinden und die verlaſſene Gegend neu bevölkern. Gleichwohl hat man
im nördlichen Deutſchland beobachtet, daß faſt in jedem Herbſte wandernde Rebhühner erſcheinen,
zuweilen in großen Geſellſchaften. So ſah ein Bruder Naumann’s einſt eine Schar von vielleicht
fünfhundert Stücken, welche in größter Eile, halb fliegend, halb laufend, nach Weſten zog, dabei über
einen etwa dreihundert Schritte im Durchmeſſer haltenden Raum ſich ausdehnte und unaufhaltſam ſo
weiter rückte, daß alle in derſelben Richtung fortrannten, die hintern über die vordern wegflogen, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0425" n="397"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Klippenhuhn. Rebhuhn.</hi></fw><lb/>
deshalb Striche, in denen es hier und da ein Wäldchen, einen bebu&#x017F;chten Hügel, oder wenig&#x017F;tens eine<lb/>
dichte Hecke gibt. Den eigentlichen Wald meidet es, nicht aber &#x017F;eine Ränder und die Vorgehölze,<lb/>
und eben&#x017F;owenig &#x017F;cheut es &#x017F;ich vor na&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;umpfigen Stellen, vorausge&#x017F;etzt nur, daß die&#x017F;e hier und<lb/>
da mit Holz be&#x017F;tanden &#x017F;ind, und kleine Jn&#x017F;elchen, welche &#x017F;ich etwas über dem Wa&#x017F;&#x017F;er erheben,<lb/>
um&#x017F;chließen. Jn Frankreich hat man neuerdings die Beobachtung gemacht, daß Rebhühner gerade in<lb/>
&#x017F;umpfigen Gegenden &#x017F;ich aufhalten, und da man nun außerdem fand, daß die&#x017F;e &#x017F;ich durch die geringe<lb/>
Größe und einen nur aus &#x017F;echszehn Federn be&#x017F;tehenden Schwanz auszeichnen, glaubte man, in ihnen<lb/>
eine eigene Art zu erkennen, &#x017F;omit al&#x017F;o eine von meinem Vater und gar manchem Jäger &#x017F;chon läng&#x017F;t<lb/>
ausge&#x017F;prochene Behauptung be&#x017F;tätigt zu finden.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Das Reb- oder Feldhuhn</hi> (<hi rendition="#aq">Perdix einerea</hi> oder <hi rendition="#aq">Starna cinerea</hi>). <supplied>&#x2153;</supplied> der nat. Größe.</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Es gibt wenige Vögel, welche &#x017F;trenger an dem einmal gewählten Gebiete fe&#x017F;thalten als das Reb-<lb/>
huhn. Erfahrungsmäßig bleiben die in einer Gegend, ja, die auf einer Flur erbrüteten Jungen hier<lb/>
wohnen, und wenn einmal ein Revier verödet, währt es oft lange Zeit, bevor &#x017F;ich von den Grenzen<lb/>
her wieder einzelne Paare einfinden und die verla&#x017F;&#x017F;ene Gegend neu bevölkern. Gleichwohl hat man<lb/>
im nördlichen Deut&#x017F;chland beobachtet, daß fa&#x017F;t in jedem Herb&#x017F;te wandernde Rebhühner er&#x017F;cheinen,<lb/>
zuweilen in großen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften. So &#x017F;ah ein Bruder <hi rendition="#g">Naumann&#x2019;s</hi> ein&#x017F;t eine Schar von vielleicht<lb/>
fünfhundert Stücken, welche in größter Eile, halb fliegend, halb laufend, nach We&#x017F;ten zog, dabei über<lb/>
einen etwa dreihundert Schritte im Durchme&#x017F;&#x017F;er haltenden Raum &#x017F;ich ausdehnte und unaufhalt&#x017F;am &#x017F;o<lb/>
weiter rückte, daß alle in der&#x017F;elben Richtung fortrannten, die hintern über die vordern wegflogen, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0425] Klippenhuhn. Rebhuhn. deshalb Striche, in denen es hier und da ein Wäldchen, einen bebuſchten Hügel, oder wenigſtens eine dichte Hecke gibt. Den eigentlichen Wald meidet es, nicht aber ſeine Ränder und die Vorgehölze, und ebenſowenig ſcheut es ſich vor naſſen, ſumpfigen Stellen, vorausgeſetzt nur, daß dieſe hier und da mit Holz beſtanden ſind, und kleine Jnſelchen, welche ſich etwas über dem Waſſer erheben, umſchließen. Jn Frankreich hat man neuerdings die Beobachtung gemacht, daß Rebhühner gerade in ſumpfigen Gegenden ſich aufhalten, und da man nun außerdem fand, daß dieſe ſich durch die geringe Größe und einen nur aus ſechszehn Federn beſtehenden Schwanz auszeichnen, glaubte man, in ihnen eine eigene Art zu erkennen, ſomit alſo eine von meinem Vater und gar manchem Jäger ſchon längſt ausgeſprochene Behauptung beſtätigt zu finden. [Abbildung Das Reb- oder Feldhuhn (Perdix einerea oder Starna cinerea). ⅓ der nat. Größe.] Es gibt wenige Vögel, welche ſtrenger an dem einmal gewählten Gebiete feſthalten als das Reb- huhn. Erfahrungsmäßig bleiben die in einer Gegend, ja, die auf einer Flur erbrüteten Jungen hier wohnen, und wenn einmal ein Revier verödet, währt es oft lange Zeit, bevor ſich von den Grenzen her wieder einzelne Paare einfinden und die verlaſſene Gegend neu bevölkern. Gleichwohl hat man im nördlichen Deutſchland beobachtet, daß faſt in jedem Herbſte wandernde Rebhühner erſcheinen, zuweilen in großen Geſellſchaften. So ſah ein Bruder Naumann’s einſt eine Schar von vielleicht fünfhundert Stücken, welche in größter Eile, halb fliegend, halb laufend, nach Weſten zog, dabei über einen etwa dreihundert Schritte im Durchmeſſer haltenden Raum ſich ausdehnte und unaufhaltſam ſo weiter rückte, daß alle in derſelben Richtung fortrannten, die hintern über die vordern wegflogen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/425
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/425>, abgerufen am 20.05.2024.