sich im Winter zu zahlreichen Schwärmen, welche zuweilen tausend und mehr Stück zählen, voraus- gesetzt, daß die Waldungen geeignet sind, um so vielen Deckung zu gewähren. Ebenso häufig, als im Walde, findet man sie auf den buschigen Ebenen und Gehängen des Hügellandes. Sie bekundet dieselbe Wachsamkeit wie die Baumwachtel, ist aber viel besser zu Fuße und vereitelt die Verfolgung dadurch, daß sie mit einer bewunderungswürdigen Fertigkeit davon läuft und sich verbirgt. Wird sie plötzlich aufgescheucht, so fliegt sie gewöhnlich den Bäumen zu, und hier drückt sie sich auf wagrechten Aesten wie ein Eichhorn nieder; dann erschwert die Aehnlichkeit ihres Gefieders mit der Baum- rinde ihre Auffindung sehr."
"Das Nest wird auf dem Boden angelegt, gewöhnlich am Fuße eines Baumes oder unter dem Gezweige eines Busches; das Gelege pflegt zuweilen sehr reichzählig zu sein. Jn einer seichten Ver- tiefung, welche am Fuße eines Eichenbaumes ausgescharrt und mit einigen wenigen Blättern und trocknem Grase belegt, in der Mitte der Mulde aber unbekleidet war, fand ich vierundzwanzig Eier. Möglicherweise hatten zwei Hennen in dasselbe Nest gelegt, da funfzehn Eier die gewöhnliche Anzahl des Satzes zu sein scheint."
Freyberg, welcher die Schopfwachtel ebenfalls in ihrem Vaterlande beobachtete, sagt, daß sie Standvogel sei oder doch wenigstens nur unbedeutend streiche, von Gras, Sämereien, Zwiebeln, Lauch, Knollengewächsen und ähnlichen Pflanzen, Beeren aller Art, sowie von Kerbthieren sich nähre, junge Haue oder überhaupt dichtes Gestrüpp jeder andern Oertlichkeit bevorzuge, und sie selten und niemals über vierzig bis funfzig Schritte weit verlasse, sich also kaum über den Schatten des Waldes hinaus ins Freie verirre, vor dem Hunde ziemlich lange aushalte, beim Aufstehen unfehlbar dem ersten alten Baume zufliege und hier das Gebahren des Haselhuhnes annehme, im Winter aber sich lange Gänge unter dem Schnee grabe. Jn Kalifornien schießt man sie mit einer kleinen Büchse von den Bäumen herab, jagt sie aber auch mit Hilfe des Hundes; denn ihr Fleisch ist kostbar und dem des Haselhuhnes bestimmt gleichzustellen.
Andere Schilderungen des Freilebens sind mir nicht bekannt geworden. Dagegen haben wir in der neuesten Zeit durch Coues eine ganz vortreffliche Lebensbeschreibung der Helmwachtel erhalten, und da wir annehmen dürfen, daß die beiden nahen Verwandten sich in der Freiheit ebenso ähneln werden, wie in der Gefangenschaft, wird uns Coues wahrscheinlich auch das Leben der Schopfwachtel durch Nachstehendes, einen Auszug seines Berichtes, kennen lehren.
"Wer die Sitten der Helmwachtel erforschen will, muß alle Bequemlichkeit eines geregelten Lebens hinter sich lassen und von Westen aus gegen tausend Meilen ins Jnnere wandern. Er gelangt dann in eine wilde Gegend, in welcher der Apache-Jndianer noch immer Herr ist, und in welcher sich der weiße Mann nur durch tagtäglich erneuerte Kämpfe zu erhalten vermag. Es ist eine Gegend, von welcher man sagen kann, daß sich die Einöde in ihrer ganzen Großartigkeit zeigt. Das Land wird zerrissen von gähnenden Abgründen, tief eingeschnittenen Thälern und Schluchten, neben denen sich riesige Berge aufbauen, und bedeckt von Lavamassen, welche längst verkühlte und unkenntlich gewor- dene Feuerspeier auswarfen. Flüsse gibt es hier, in deren trocknem Bette der Reisende vor Durst umkommen mag, und weite Ebenen, bestanden mit einem trocknen scharfen Grase und niederm Busch- werke, welche unter beständigem Wassermangel leiden. Aber diese Gegend ist ein Land der Gegensätze und Wunder. Von den wildesten Bergen werden liebliche, feuchte, grüne und fruchtbare Thäler einge- schlossen; weite Waldungen edler Fichten und Kiefern und Cedern wechseln mit dürren und verödeten Lavafeldern ab; die Gehänge der Hügel sind mit der Eiche, der "Mezquite" und "Manzanita" bedeckt, während die Ufer der Ströme von Wollpappeln, Weiden und Rußbäumen eingefaßt und durch beinahe undurchringliche Wälle von Reben, Stachelbeeren, "Grün-Dornen", Rosen und, wie es scheint, jeder andern Art rankender Gewächse eingehegt werden. Thier- und Pflanzenwelt, ja selbst die Felsen zeigen ein fremdartiges neues Gepräge, sogar die Luft scheint anders als daheim zusammen- gesetzt zu sein."
Diese Gegend ist das eigentliche Vaterland unseres Baumhuhnes.
Schopf- und Helmwachtel.
ſich im Winter zu zahlreichen Schwärmen, welche zuweilen tauſend und mehr Stück zählen, voraus- geſetzt, daß die Waldungen geeignet ſind, um ſo vielen Deckung zu gewähren. Ebenſo häufig, als im Walde, findet man ſie auf den buſchigen Ebenen und Gehängen des Hügellandes. Sie bekundet dieſelbe Wachſamkeit wie die Baumwachtel, iſt aber viel beſſer zu Fuße und vereitelt die Verfolgung dadurch, daß ſie mit einer bewunderungswürdigen Fertigkeit davon läuft und ſich verbirgt. Wird ſie plötzlich aufgeſcheucht, ſo fliegt ſie gewöhnlich den Bäumen zu, und hier drückt ſie ſich auf wagrechten Aeſten wie ein Eichhorn nieder; dann erſchwert die Aehnlichkeit ihres Gefieders mit der Baum- rinde ihre Auffindung ſehr.“
„Das Neſt wird auf dem Boden angelegt, gewöhnlich am Fuße eines Baumes oder unter dem Gezweige eines Buſches; das Gelege pflegt zuweilen ſehr reichzählig zu ſein. Jn einer ſeichten Ver- tiefung, welche am Fuße eines Eichenbaumes ausgeſcharrt und mit einigen wenigen Blättern und trocknem Graſe belegt, in der Mitte der Mulde aber unbekleidet war, fand ich vierundzwanzig Eier. Möglicherweiſe hatten zwei Hennen in daſſelbe Neſt gelegt, da funfzehn Eier die gewöhnliche Anzahl des Satzes zu ſein ſcheint.“
Freyberg, welcher die Schopfwachtel ebenfalls in ihrem Vaterlande beobachtete, ſagt, daß ſie Standvogel ſei oder doch wenigſtens nur unbedeutend ſtreiche, von Gras, Sämereien, Zwiebeln, Lauch, Knollengewächſen und ähnlichen Pflanzen, Beeren aller Art, ſowie von Kerbthieren ſich nähre, junge Haue oder überhaupt dichtes Geſtrüpp jeder andern Oertlichkeit bevorzuge, und ſie ſelten und niemals über vierzig bis funfzig Schritte weit verlaſſe, ſich alſo kaum über den Schatten des Waldes hinaus ins Freie verirre, vor dem Hunde ziemlich lange aushalte, beim Aufſtehen unfehlbar dem erſten alten Baume zufliege und hier das Gebahren des Haſelhuhnes annehme, im Winter aber ſich lange Gänge unter dem Schnee grabe. Jn Kalifornien ſchießt man ſie mit einer kleinen Büchſe von den Bäumen herab, jagt ſie aber auch mit Hilfe des Hundes; denn ihr Fleiſch iſt koſtbar und dem des Haſelhuhnes beſtimmt gleichzuſtellen.
Andere Schilderungen des Freilebens ſind mir nicht bekannt geworden. Dagegen haben wir in der neueſten Zeit durch Coues eine ganz vortreffliche Lebensbeſchreibung der Helmwachtel erhalten, und da wir annehmen dürfen, daß die beiden nahen Verwandten ſich in der Freiheit ebenſo ähneln werden, wie in der Gefangenſchaft, wird uns Coues wahrſcheinlich auch das Leben der Schopfwachtel durch Nachſtehendes, einen Auszug ſeines Berichtes, kennen lehren.
„Wer die Sitten der Helmwachtel erforſchen will, muß alle Bequemlichkeit eines geregelten Lebens hinter ſich laſſen und von Weſten aus gegen tauſend Meilen ins Jnnere wandern. Er gelangt dann in eine wilde Gegend, in welcher der Apaché-Jndianer noch immer Herr iſt, und in welcher ſich der weiße Mann nur durch tagtäglich erneuerte Kämpfe zu erhalten vermag. Es iſt eine Gegend, von welcher man ſagen kann, daß ſich die Einöde in ihrer ganzen Großartigkeit zeigt. Das Land wird zerriſſen von gähnenden Abgründen, tief eingeſchnittenen Thälern und Schluchten, neben denen ſich rieſige Berge aufbauen, und bedeckt von Lavamaſſen, welche längſt verkühlte und unkenntlich gewor- dene Feuerſpeier auswarfen. Flüſſe gibt es hier, in deren trocknem Bette der Reiſende vor Durſt umkommen mag, und weite Ebenen, beſtanden mit einem trocknen ſcharfen Graſe und niederm Buſch- werke, welche unter beſtändigem Waſſermangel leiden. Aber dieſe Gegend iſt ein Land der Gegenſätze und Wunder. Von den wildeſten Bergen werden liebliche, feuchte, grüne und fruchtbare Thäler einge- ſchloſſen; weite Waldungen edler Fichten und Kiefern und Cedern wechſeln mit dürren und verödeten Lavafeldern ab; die Gehänge der Hügel ſind mit der Eiche, der „Mezquite“ und „Manzanita“ bedeckt, während die Ufer der Ströme von Wollpappeln, Weiden und Rußbäumen eingefaßt und durch beinahe undurchringliche Wälle von Reben, Stachelbeeren, „Grün-Dornen“, Roſen und, wie es ſcheint, jeder andern Art rankender Gewächſe eingehegt werden. Thier- und Pflanzenwelt, ja ſelbſt die Felſen zeigen ein fremdartiges neues Gepräge, ſogar die Luft ſcheint anders als daheim zuſammen- geſetzt zu ſein.“
Dieſe Gegend iſt das eigentliche Vaterland unſeres Baumhuhnes.
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[415/0443]
Schopf- und Helmwachtel.
ſich im Winter zu zahlreichen Schwärmen, welche zuweilen tauſend und mehr Stück zählen, voraus-
geſetzt, daß die Waldungen geeignet ſind, um ſo vielen Deckung zu gewähren. Ebenſo häufig, als
im Walde, findet man ſie auf den buſchigen Ebenen und Gehängen des Hügellandes. Sie bekundet
dieſelbe Wachſamkeit wie die Baumwachtel, iſt aber viel beſſer zu Fuße und vereitelt die Verfolgung
dadurch, daß ſie mit einer bewunderungswürdigen Fertigkeit davon läuft und ſich verbirgt. Wird ſie
plötzlich aufgeſcheucht, ſo fliegt ſie gewöhnlich den Bäumen zu, und hier drückt ſie ſich auf wagrechten
Aeſten wie ein Eichhorn nieder; dann erſchwert die Aehnlichkeit ihres Gefieders mit der Baum-
rinde ihre Auffindung ſehr.“
„Das Neſt wird auf dem Boden angelegt, gewöhnlich am Fuße eines Baumes oder unter dem
Gezweige eines Buſches; das Gelege pflegt zuweilen ſehr reichzählig zu ſein. Jn einer ſeichten Ver-
tiefung, welche am Fuße eines Eichenbaumes ausgeſcharrt und mit einigen wenigen Blättern und
trocknem Graſe belegt, in der Mitte der Mulde aber unbekleidet war, fand ich vierundzwanzig Eier.
Möglicherweiſe hatten zwei Hennen in daſſelbe Neſt gelegt, da funfzehn Eier die gewöhnliche Anzahl
des Satzes zu ſein ſcheint.“
Freyberg, welcher die Schopfwachtel ebenfalls in ihrem Vaterlande beobachtete, ſagt, daß ſie
Standvogel ſei oder doch wenigſtens nur unbedeutend ſtreiche, von Gras, Sämereien, Zwiebeln, Lauch,
Knollengewächſen und ähnlichen Pflanzen, Beeren aller Art, ſowie von Kerbthieren ſich nähre, junge
Haue oder überhaupt dichtes Geſtrüpp jeder andern Oertlichkeit bevorzuge, und ſie ſelten und niemals
über vierzig bis funfzig Schritte weit verlaſſe, ſich alſo kaum über den Schatten des Waldes
hinaus ins Freie verirre, vor dem Hunde ziemlich lange aushalte, beim Aufſtehen unfehlbar dem
erſten alten Baume zufliege und hier das Gebahren des Haſelhuhnes annehme, im Winter
aber ſich lange Gänge unter dem Schnee grabe. Jn Kalifornien ſchießt man ſie mit einer kleinen
Büchſe von den Bäumen herab, jagt ſie aber auch mit Hilfe des Hundes; denn ihr Fleiſch iſt koſtbar
und dem des Haſelhuhnes beſtimmt gleichzuſtellen.
Andere Schilderungen des Freilebens ſind mir nicht bekannt geworden. Dagegen haben wir in
der neueſten Zeit durch Coues eine ganz vortreffliche Lebensbeſchreibung der Helmwachtel erhalten,
und da wir annehmen dürfen, daß die beiden nahen Verwandten ſich in der Freiheit ebenſo ähneln
werden, wie in der Gefangenſchaft, wird uns Coues wahrſcheinlich auch das Leben der Schopfwachtel
durch Nachſtehendes, einen Auszug ſeines Berichtes, kennen lehren.
„Wer die Sitten der Helmwachtel erforſchen will, muß alle Bequemlichkeit eines geregelten
Lebens hinter ſich laſſen und von Weſten aus gegen tauſend Meilen ins Jnnere wandern. Er gelangt
dann in eine wilde Gegend, in welcher der Apaché-Jndianer noch immer Herr iſt, und in welcher ſich
der weiße Mann nur durch tagtäglich erneuerte Kämpfe zu erhalten vermag. Es iſt eine Gegend, von
welcher man ſagen kann, daß ſich die Einöde in ihrer ganzen Großartigkeit zeigt. Das Land wird
zerriſſen von gähnenden Abgründen, tief eingeſchnittenen Thälern und Schluchten, neben denen ſich
rieſige Berge aufbauen, und bedeckt von Lavamaſſen, welche längſt verkühlte und unkenntlich gewor-
dene Feuerſpeier auswarfen. Flüſſe gibt es hier, in deren trocknem Bette der Reiſende vor Durſt
umkommen mag, und weite Ebenen, beſtanden mit einem trocknen ſcharfen Graſe und niederm Buſch-
werke, welche unter beſtändigem Waſſermangel leiden. Aber dieſe Gegend iſt ein Land der Gegenſätze
und Wunder. Von den wildeſten Bergen werden liebliche, feuchte, grüne und fruchtbare Thäler einge-
ſchloſſen; weite Waldungen edler Fichten und Kiefern und Cedern wechſeln mit dürren und verödeten
Lavafeldern ab; die Gehänge der Hügel ſind mit der Eiche, der „Mezquite“ und „Manzanita“
bedeckt, während die Ufer der Ströme von Wollpappeln, Weiden und Rußbäumen eingefaßt und durch
beinahe undurchringliche Wälle von Reben, Stachelbeeren, „Grün-Dornen“, Roſen und, wie es
ſcheint, jeder andern Art rankender Gewächſe eingehegt werden. Thier- und Pflanzenwelt, ja ſelbſt
die Felſen zeigen ein fremdartiges neues Gepräge, ſogar die Luft ſcheint anders als daheim zuſammen-
geſetzt zu ſein.“
Dieſe Gegend iſt das eigentliche Vaterland unſeres Baumhuhnes.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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