verscheucht haben." Genau ebenso ist es in der Türkei, in Süditalien und Spanien, nicht anders rings um das schwarze und kaspische Meer und ebenso an der Küste des japanischen und chinesischen Meeres. Aber schon in Südfrankreich und noch häufiger auf den drei südlichen Halbinseln Europas überwintern alljährlich viele Wachteln; ja, man hat selbst in Deutschland während den eigentlichen Wintermonaten einzelne gefunden.
Alle reisenden Wachteln benutzen das Festland soweit sie können, und deshalb kommen an der Spitze der südlichen Halbinsel so zahlreiche Scharen zusammen. Bei widrigem, d. h. in der Reise- richtung wehendem Winde stockt der Zug; sowie aber Gegenwind eintritt, erhebt sich der Schwarm und fliegt nun ins Meer hinaus und in südwestlicher Richtung weiter. Wenn der Wind beständig bleibt
[Abbildung]
Die Wachtel(Coturnix communis). [1/2] der nat. Größe.
und nicht zum Sturme anwächst, geht die Reise glücklich von statten; denn bei ruhiger Witterung kommt kaum eine nennenswerthe Anzahl unserer Reisenden im Meere um. Die Wanderschar fliegt ihren Weg dahin, solange die Kraft ihrer Schwingen es möglich macht; tritt übergroße Ermüdung ein, so läßt sich, wie ich von glaubwürdigen Schiffern versichert worden bin, die ganze Gesellschaft auf den Wellen nieder, ruht hier eine Zeitlang aus, erhebt sich von neuem und fliegt weiter. Anders verhält es sich freilich, wenn während der Reise der Wind umschlägt oder zum Sturme anwächst. Jn der Zugrichtung wehender Wind erschwert den ungeschickten Fliegern ihr Weiterbewegen im hohen Grade, Sturm macht es unmöglich. Unter solchen Umständen stürzen sich die zum Tode ermatteten Wachteln wie besinnungslos auf einzelne Klippen oder auf das Deck der Schiffe, und hier liegen sie lange Zeit ohne sich zu regen. Sie werden durch solches Mißgeschick so ängstlich und verwirrt, daß
Die Läufer. Scharrvögel. Wachteln.
verſcheucht haben.“ Genau ebenſo iſt es in der Türkei, in Süditalien und Spanien, nicht anders rings um das ſchwarze und kaspiſche Meer und ebenſo an der Küſte des japaniſchen und chineſiſchen Meeres. Aber ſchon in Südfrankreich und noch häufiger auf den drei ſüdlichen Halbinſeln Europas überwintern alljährlich viele Wachteln; ja, man hat ſelbſt in Deutſchland während den eigentlichen Wintermonaten einzelne gefunden.
Alle reiſenden Wachteln benutzen das Feſtland ſoweit ſie können, und deshalb kommen an der Spitze der ſüdlichen Halbinſel ſo zahlreiche Scharen zuſammen. Bei widrigem, d. h. in der Reiſe- richtung wehendem Winde ſtockt der Zug; ſowie aber Gegenwind eintritt, erhebt ſich der Schwarm und fliegt nun ins Meer hinaus und in ſüdweſtlicher Richtung weiter. Wenn der Wind beſtändig bleibt
[Abbildung]
Die Wachtel(Coturnix communis). [½] der nat. Größe.
und nicht zum Sturme anwächſt, geht die Reiſe glücklich von ſtatten; denn bei ruhiger Witterung kommt kaum eine nennenswerthe Anzahl unſerer Reiſenden im Meere um. Die Wanderſchar fliegt ihren Weg dahin, ſolange die Kraft ihrer Schwingen es möglich macht; tritt übergroße Ermüdung ein, ſo läßt ſich, wie ich von glaubwürdigen Schiffern verſichert worden bin, die ganze Geſellſchaft auf den Wellen nieder, ruht hier eine Zeitlang aus, erhebt ſich von neuem und fliegt weiter. Anders verhält es ſich freilich, wenn während der Reiſe der Wind umſchlägt oder zum Sturme anwächſt. Jn der Zugrichtung wehender Wind erſchwert den ungeſchickten Fliegern ihr Weiterbewegen im hohen Grade, Sturm macht es unmöglich. Unter ſolchen Umſtänden ſtürzen ſich die zum Tode ermatteten Wachteln wie beſinnungslos auf einzelne Klippen oder auf das Deck der Schiffe, und hier liegen ſie lange Zeit ohne ſich zu regen. Sie werden durch ſolches Mißgeſchick ſo ängſtlich und verwirrt, daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0452"n="424"/><fwplace="top"type="header">Die Läufer. Scharrvögel. Wachteln.</fw><lb/>
verſcheucht haben.“ Genau ebenſo iſt es in der Türkei, in Süditalien und Spanien, nicht anders<lb/>
rings um das ſchwarze und kaspiſche Meer und ebenſo an der Küſte des japaniſchen und chineſiſchen<lb/>
Meeres. Aber ſchon in Südfrankreich und noch häufiger auf den drei ſüdlichen Halbinſeln Europas<lb/>
überwintern alljährlich viele Wachteln; ja, man hat ſelbſt in Deutſchland während den eigentlichen<lb/>
Wintermonaten einzelne gefunden.</p><lb/><p>Alle reiſenden Wachteln benutzen das Feſtland ſoweit ſie können, und deshalb kommen an der<lb/>
Spitze der ſüdlichen Halbinſel ſo zahlreiche Scharen zuſammen. Bei widrigem, d. h. in der Reiſe-<lb/>
richtung wehendem Winde ſtockt der Zug; ſowie aber Gegenwind eintritt, erhebt ſich der Schwarm<lb/>
und fliegt nun ins Meer hinaus und in ſüdweſtlicher Richtung weiter. Wenn der Wind beſtändig bleibt<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Die Wachtel</hi><hirendition="#aq">(Coturnix communis).</hi><supplied>½</supplied> der nat. Größe.</hi></head></figure><lb/>
und nicht zum Sturme anwächſt, geht die Reiſe glücklich von ſtatten; denn bei ruhiger Witterung<lb/>
kommt kaum eine nennenswerthe Anzahl unſerer Reiſenden im Meere um. Die Wanderſchar fliegt<lb/>
ihren Weg dahin, ſolange die Kraft ihrer Schwingen es möglich macht; tritt übergroße Ermüdung<lb/>
ein, ſo läßt ſich, wie ich von glaubwürdigen Schiffern verſichert worden bin, die ganze Geſellſchaft<lb/>
auf den Wellen nieder, ruht hier eine Zeitlang aus, erhebt ſich von neuem und fliegt weiter. Anders<lb/>
verhält es ſich freilich, wenn während der Reiſe der Wind umſchlägt oder zum Sturme anwächſt. Jn<lb/>
der Zugrichtung wehender Wind erſchwert den ungeſchickten Fliegern ihr Weiterbewegen im hohen<lb/>
Grade, Sturm macht es unmöglich. Unter ſolchen Umſtänden ſtürzen ſich die zum Tode ermatteten<lb/>
Wachteln wie beſinnungslos auf einzelne Klippen oder auf das Deck der Schiffe, und hier liegen ſie<lb/>
lange Zeit ohne ſich zu regen. Sie werden durch ſolches Mißgeſchick ſo ängſtlich und verwirrt, daß<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[424/0452]
Die Läufer. Scharrvögel. Wachteln.
verſcheucht haben.“ Genau ebenſo iſt es in der Türkei, in Süditalien und Spanien, nicht anders
rings um das ſchwarze und kaspiſche Meer und ebenſo an der Küſte des japaniſchen und chineſiſchen
Meeres. Aber ſchon in Südfrankreich und noch häufiger auf den drei ſüdlichen Halbinſeln Europas
überwintern alljährlich viele Wachteln; ja, man hat ſelbſt in Deutſchland während den eigentlichen
Wintermonaten einzelne gefunden.
Alle reiſenden Wachteln benutzen das Feſtland ſoweit ſie können, und deshalb kommen an der
Spitze der ſüdlichen Halbinſel ſo zahlreiche Scharen zuſammen. Bei widrigem, d. h. in der Reiſe-
richtung wehendem Winde ſtockt der Zug; ſowie aber Gegenwind eintritt, erhebt ſich der Schwarm
und fliegt nun ins Meer hinaus und in ſüdweſtlicher Richtung weiter. Wenn der Wind beſtändig bleibt
[Abbildung Die Wachtel (Coturnix communis). ½ der nat. Größe.]
und nicht zum Sturme anwächſt, geht die Reiſe glücklich von ſtatten; denn bei ruhiger Witterung
kommt kaum eine nennenswerthe Anzahl unſerer Reiſenden im Meere um. Die Wanderſchar fliegt
ihren Weg dahin, ſolange die Kraft ihrer Schwingen es möglich macht; tritt übergroße Ermüdung
ein, ſo läßt ſich, wie ich von glaubwürdigen Schiffern verſichert worden bin, die ganze Geſellſchaft
auf den Wellen nieder, ruht hier eine Zeitlang aus, erhebt ſich von neuem und fliegt weiter. Anders
verhält es ſich freilich, wenn während der Reiſe der Wind umſchlägt oder zum Sturme anwächſt. Jn
der Zugrichtung wehender Wind erſchwert den ungeſchickten Fliegern ihr Weiterbewegen im hohen
Grade, Sturm macht es unmöglich. Unter ſolchen Umſtänden ſtürzen ſich die zum Tode ermatteten
Wachteln wie beſinnungslos auf einzelne Klippen oder auf das Deck der Schiffe, und hier liegen ſie
lange Zeit ohne ſich zu regen. Sie werden durch ſolches Mißgeſchick ſo ängſtlich und verwirrt, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.