sehr stark; gleichwohl reicht diese Vermehrung kaum aus, die Verluste zu decken, welche jede Art dieser reiselustigen Geschöpfe zu erleiden hat. Eine Menge von Feinden lauert ihnen auf im Norden wie im Süden; der Mensch allein vernichtet in jedem Herbste und in jedem Frühlinge Hunderttausende von ihnen, und das Meer, welches sie alljährlich zweimal überfliegen, verschlingt mindestens ebenso viele. Dem entsprechend schwankt ihre Anzahl in einer gewissen Gegend sehr bedeutend: in manchen Jahren begegnet man allerorts Wachteln in Menge, in andern sieht man sie selten und spärlich.
Die Wachtel, auch Schnarr-, Sand- und Schlagwachtel genannt (Coturnix com- munis), ist auf der Oberseite braun, rostgelb quer- und längsgestreift, auf dem Kopfe dunkler als auf dem Rücken, an der Kehle rostbraun, am Kropfe rostgelb, auf der Bauchmitte gilblichweiß, an den Brust- und Bauchseiten rostroth, hellgelb in die Länge gestreift; ein lichtgelbbrauner Streifen, welcher an der Wurzel des Oberschnabels beginnt, zieht sich über dem Auge dahin, am Halse herab und umschließt die Kehle, wird hier aber durch zwei schmale, dunkelbraune Bänder begrenzt; die Handschwingen zeigen auf schwärzlichbraunem Grunde röthlich rostgelbe Querflecken, welche zusammen Bänder bilden; die erste Schwinge wird außen durch einen schmalen, gilblichen Saum verziert; die rostgelben Steuerfedern haben weiße Schäfte und schwarze Bindenflecke. Beim Weibchen sind alle Farben viel blässer und unscheinbarer, auch tritt das Kehlfeld wenig hervor. Das Auge ist hell- braunröthlich, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlich oder blaßgelb. Die Länge beträgt 71/2, die Breite 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 13/4 Zoll.
Man kennt wenig Länder der alten Welt, in denen unsere Wachtel noch nicht beobachtet worden ist. Jn Europa kommt sie vom sechszigsten Grade nördl. Breite an nach Süden hin überall vor, wenn auch erst vom funfzigsten Grade an regelmäßig. Jn Mittelasien lebt sie in einem etwas südlicher gelegenen Gürtel an geeigneten Orten nicht minder häufig, vielleicht noch massenhafter als in Europa, und da sie nun von hier- wie von dortaus alljährlich Wanderungen nach dem Süden antritt, durchstreift sie auch ganz Nordafrika bis in die Gleicherländer dieses Erdtheils und ganz Südasien; ja, es ist wahrscheinlich, daß sie den warmen Gürtel durchzieht und den südlichen gemäßigten besucht: denn diejenigen Wachteln, welche im Kaplande erlegt und gefunden worden, stimmen so genau mit der unserigen überein, daß man eine Artverschiedenheit kaum annehmen kann.
Die Wanderungen der Wachtel sind in jeder Beziehung merkwürdig. Sie geschehen alljährlich, weichen aber gleichwohl von dem Zuge anderer Vögel nicht unwesentlich ab. Einzelne Wachteln scheinen fast während des ganzen Jahres auf der Wanderung zu sein, und auch diejenigen, welche sich während des Sommers der Fortpflanzung halber eine Zeitlang fest ansiedeln, verlassen das gewählte Gebiet keineswegs alle zu gleicher Zeit. Einzelne erscheinen schon Ende Augusts in Egypten; eine größere Anzahl trifft hier im September ein: in demselben Monate aber findet man, und keines- wegs selten, in Deutschland noch brütende Weibchen oder Junge im Dunenkleide. Der Hauptzug geschieht allerdings im September; er währt aber den ganzen Oktober hindurch und in einzelnen Fällen sogar bis in den November hinein. Versammlungen vor der Reise scheinen nicht stattzu- finden, die einzelnen Wachteln sich vielmehr ohne Rücksicht auf die andern zur Reise aufzumachen; unterwegs aber gesellt sich eine zur andern, und bis die Reifenden nach Südeuropa gelangt sind, haben sich bereits zahlreiche Flüge zusammengeschart. Vom Anfange September an wimmelt es in allen Feldern längs der Küste des Mittelmeers von Wachteln. "Jn den Gesträuchen längs der Abgründe, Gräben und Wiesen, in jedem Gestrüpp, hinter jeder Scholle", sagt Von der Mühle, rücksichtlich Griechenlands, "fliegt vor dem Jäger eine Wachtel auf, und wenige Stunden genügen, um die Waidtasche zu füllen. Manchen Morgen trifft man, wenn nachts Sirocko geblasen, keine Wachteln mehr an denselben Plätzen, wo tags zuvor ganze Scharen lagen; plötzlich aber erscheinen wieder große Flüge von ihnen, und so wechselt es ab, bis Nachtfröste den letzten Durchreisenden
Wachtel.
ſehr ſtark; gleichwohl reicht dieſe Vermehrung kaum aus, die Verluſte zu decken, welche jede Art dieſer reiſeluſtigen Geſchöpfe zu erleiden hat. Eine Menge von Feinden lauert ihnen auf im Norden wie im Süden; der Menſch allein vernichtet in jedem Herbſte und in jedem Frühlinge Hunderttauſende von ihnen, und das Meer, welches ſie alljährlich zweimal überfliegen, verſchlingt mindeſtens ebenſo viele. Dem entſprechend ſchwankt ihre Anzahl in einer gewiſſen Gegend ſehr bedeutend: in manchen Jahren begegnet man allerorts Wachteln in Menge, in andern ſieht man ſie ſelten und ſpärlich.
Die Wachtel, auch Schnarr-, Sand- und Schlagwachtel genannt (Coturnix com- munis), iſt auf der Oberſeite braun, roſtgelb quer- und längsgeſtreift, auf dem Kopfe dunkler als auf dem Rücken, an der Kehle roſtbraun, am Kropfe roſtgelb, auf der Bauchmitte gilblichweiß, an den Bruſt- und Bauchſeiten roſtroth, hellgelb in die Länge geſtreift; ein lichtgelbbrauner Streifen, welcher an der Wurzel des Oberſchnabels beginnt, zieht ſich über dem Auge dahin, am Halſe herab und umſchließt die Kehle, wird hier aber durch zwei ſchmale, dunkelbraune Bänder begrenzt; die Handſchwingen zeigen auf ſchwärzlichbraunem Grunde röthlich roſtgelbe Querflecken, welche zuſammen Bänder bilden; die erſte Schwinge wird außen durch einen ſchmalen, gilblichen Saum verziert; die roſtgelben Steuerfedern haben weiße Schäfte und ſchwarze Bindenflecke. Beim Weibchen ſind alle Farben viel bläſſer und unſcheinbarer, auch tritt das Kehlfeld wenig hervor. Das Auge iſt hell- braunröthlich, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlich oder blaßgelb. Die Länge beträgt 7½, die Breite 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 1¾ Zoll.
Man kennt wenig Länder der alten Welt, in denen unſere Wachtel noch nicht beobachtet worden iſt. Jn Europa kommt ſie vom ſechszigſten Grade nördl. Breite an nach Süden hin überall vor, wenn auch erſt vom funfzigſten Grade an regelmäßig. Jn Mittelaſien lebt ſie in einem etwas ſüdlicher gelegenen Gürtel an geeigneten Orten nicht minder häufig, vielleicht noch maſſenhafter als in Europa, und da ſie nun von hier- wie von dortaus alljährlich Wanderungen nach dem Süden antritt, durchſtreift ſie auch ganz Nordafrika bis in die Gleicherländer dieſes Erdtheils und ganz Südaſien; ja, es iſt wahrſcheinlich, daß ſie den warmen Gürtel durchzieht und den ſüdlichen gemäßigten beſucht: denn diejenigen Wachteln, welche im Kaplande erlegt und gefunden worden, ſtimmen ſo genau mit der unſerigen überein, daß man eine Artverſchiedenheit kaum annehmen kann.
Die Wanderungen der Wachtel ſind in jeder Beziehung merkwürdig. Sie geſchehen alljährlich, weichen aber gleichwohl von dem Zuge anderer Vögel nicht unweſentlich ab. Einzelne Wachteln ſcheinen faſt während des ganzen Jahres auf der Wanderung zu ſein, und auch diejenigen, welche ſich während des Sommers der Fortpflanzung halber eine Zeitlang feſt anſiedeln, verlaſſen das gewählte Gebiet keineswegs alle zu gleicher Zeit. Einzelne erſcheinen ſchon Ende Auguſts in Egypten; eine größere Anzahl trifft hier im September ein: in demſelben Monate aber findet man, und keines- wegs ſelten, in Deutſchland noch brütende Weibchen oder Junge im Dunenkleide. Der Hauptzug geſchieht allerdings im September; er währt aber den ganzen Oktober hindurch und in einzelnen Fällen ſogar bis in den November hinein. Verſammlungen vor der Reiſe ſcheinen nicht ſtattzu- finden, die einzelnen Wachteln ſich vielmehr ohne Rückſicht auf die andern zur Reiſe aufzumachen; unterwegs aber geſellt ſich eine zur andern, und bis die Reifenden nach Südeuropa gelangt ſind, haben ſich bereits zahlreiche Flüge zuſammengeſchart. Vom Anfange September an wimmelt es in allen Feldern längs der Küſte des Mittelmeers von Wachteln. „Jn den Geſträuchen längs der Abgründe, Gräben und Wieſen, in jedem Geſtrüpp, hinter jeder Scholle“, ſagt Von der Mühle, rückſichtlich Griechenlands, „fliegt vor dem Jäger eine Wachtel auf, und wenige Stunden genügen, um die Waidtaſche zu füllen. Manchen Morgen trifft man, wenn nachts Sirocko geblaſen, keine Wachteln mehr an denſelben Plätzen, wo tags zuvor ganze Scharen lagen; plötzlich aber erſcheinen wieder große Flüge von ihnen, und ſo wechſelt es ab, bis Nachtfröſte den letzten Durchreiſenden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0451"n="423"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Wachtel.</hi></fw><lb/>ſehr ſtark; gleichwohl reicht dieſe Vermehrung kaum aus, die Verluſte zu decken, welche jede Art dieſer<lb/>
reiſeluſtigen Geſchöpfe zu erleiden hat. Eine Menge von Feinden lauert ihnen auf im Norden wie<lb/>
im Süden; der Menſch allein vernichtet in jedem Herbſte und in jedem Frühlinge Hunderttauſende<lb/>
von ihnen, und das Meer, welches ſie alljährlich zweimal überfliegen, verſchlingt mindeſtens ebenſo<lb/>
viele. Dem entſprechend ſchwankt ihre Anzahl in einer gewiſſen Gegend ſehr bedeutend: in manchen<lb/>
Jahren begegnet man allerorts Wachteln in Menge, in andern ſieht man ſie ſelten und ſpärlich.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Die <hirendition="#g">Wachtel,</hi> auch <hirendition="#g">Schnarr-, Sand-</hi> und <hirendition="#g">Schlagwachtel</hi> genannt <hirendition="#aq">(Coturnix com-<lb/>
munis)</hi>, iſt auf der Oberſeite braun, roſtgelb quer- und längsgeſtreift, auf dem Kopfe dunkler als<lb/>
auf dem Rücken, an der Kehle roſtbraun, am Kropfe roſtgelb, auf der Bauchmitte gilblichweiß, an<lb/>
den Bruſt- und Bauchſeiten roſtroth, hellgelb in die Länge geſtreift; ein lichtgelbbrauner Streifen,<lb/>
welcher an der Wurzel des Oberſchnabels beginnt, zieht ſich über dem Auge dahin, am Halſe herab<lb/>
und umſchließt die Kehle, wird hier aber durch zwei ſchmale, dunkelbraune Bänder begrenzt; die<lb/>
Handſchwingen zeigen auf ſchwärzlichbraunem Grunde röthlich roſtgelbe Querflecken, welche zuſammen<lb/>
Bänder bilden; die erſte Schwinge wird außen durch einen ſchmalen, gilblichen Saum verziert; die<lb/>
roſtgelben Steuerfedern haben weiße Schäfte und ſchwarze Bindenflecke. Beim Weibchen ſind alle<lb/>
Farben viel bläſſer und unſcheinbarer, auch tritt das Kehlfeld wenig hervor. Das Auge iſt hell-<lb/>
braunröthlich, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlich oder blaßgelb. Die Länge beträgt 7½, die<lb/>
Breite 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 1¾ Zoll.</p><lb/><p>Man kennt wenig Länder der alten Welt, in denen unſere Wachtel noch nicht beobachtet worden<lb/>
iſt. Jn Europa kommt ſie vom ſechszigſten Grade nördl. Breite an nach Süden hin überall vor,<lb/>
wenn auch erſt vom funfzigſten Grade an regelmäßig. Jn Mittelaſien lebt ſie in einem etwas<lb/>ſüdlicher gelegenen Gürtel an geeigneten Orten nicht minder häufig, vielleicht noch maſſenhafter als<lb/>
in Europa, und da ſie nun von hier- wie von dortaus alljährlich Wanderungen nach dem Süden<lb/>
antritt, durchſtreift ſie auch ganz Nordafrika bis in die Gleicherländer dieſes Erdtheils und ganz<lb/>
Südaſien; ja, es iſt wahrſcheinlich, daß ſie den warmen Gürtel durchzieht und den ſüdlichen<lb/>
gemäßigten beſucht: denn diejenigen Wachteln, welche im Kaplande erlegt und gefunden worden,<lb/>ſtimmen ſo genau mit der unſerigen überein, daß man eine Artverſchiedenheit kaum annehmen kann.</p><lb/><p>Die Wanderungen der Wachtel ſind in jeder Beziehung merkwürdig. Sie geſchehen alljährlich,<lb/>
weichen aber gleichwohl von dem Zuge anderer Vögel nicht unweſentlich ab. Einzelne Wachteln<lb/>ſcheinen faſt während des ganzen Jahres auf der Wanderung zu ſein, und auch diejenigen, welche<lb/>ſich während des Sommers der Fortpflanzung halber eine Zeitlang feſt anſiedeln, verlaſſen das<lb/>
gewählte Gebiet keineswegs alle zu gleicher Zeit. Einzelne erſcheinen ſchon Ende Auguſts in Egypten;<lb/>
eine größere Anzahl trifft hier im September ein: in demſelben Monate aber findet man, und keines-<lb/>
wegs ſelten, in Deutſchland noch brütende Weibchen oder Junge im Dunenkleide. Der Hauptzug<lb/>
geſchieht allerdings im September; er währt aber den ganzen Oktober hindurch und in einzelnen<lb/>
Fällen ſogar bis in den November hinein. Verſammlungen vor der Reiſe ſcheinen nicht ſtattzu-<lb/>
finden, die einzelnen Wachteln ſich vielmehr ohne Rückſicht auf die andern zur Reiſe aufzumachen;<lb/>
unterwegs aber geſellt ſich eine zur andern, und bis die Reifenden nach Südeuropa gelangt ſind,<lb/>
haben ſich bereits zahlreiche Flüge zuſammengeſchart. Vom Anfange September an wimmelt es in<lb/>
allen Feldern längs der Küſte des Mittelmeers von Wachteln. „Jn den Geſträuchen längs der<lb/>
Abgründe, Gräben und Wieſen, in jedem Geſtrüpp, hinter jeder Scholle“, ſagt <hirendition="#g">Von der Mühle,</hi><lb/>
rückſichtlich Griechenlands, „fliegt vor dem Jäger eine Wachtel auf, und wenige Stunden genügen,<lb/>
um die Waidtaſche zu füllen. Manchen Morgen trifft man, wenn nachts Sirocko geblaſen, keine<lb/>
Wachteln mehr an denſelben Plätzen, wo tags zuvor ganze Scharen lagen; plötzlich aber erſcheinen<lb/>
wieder große Flüge von ihnen, und ſo wechſelt es ab, bis Nachtfröſte den letzten Durchreiſenden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[423/0451]
Wachtel.
ſehr ſtark; gleichwohl reicht dieſe Vermehrung kaum aus, die Verluſte zu decken, welche jede Art dieſer
reiſeluſtigen Geſchöpfe zu erleiden hat. Eine Menge von Feinden lauert ihnen auf im Norden wie
im Süden; der Menſch allein vernichtet in jedem Herbſte und in jedem Frühlinge Hunderttauſende
von ihnen, und das Meer, welches ſie alljährlich zweimal überfliegen, verſchlingt mindeſtens ebenſo
viele. Dem entſprechend ſchwankt ihre Anzahl in einer gewiſſen Gegend ſehr bedeutend: in manchen
Jahren begegnet man allerorts Wachteln in Menge, in andern ſieht man ſie ſelten und ſpärlich.
Die Wachtel, auch Schnarr-, Sand- und Schlagwachtel genannt (Coturnix com-
munis), iſt auf der Oberſeite braun, roſtgelb quer- und längsgeſtreift, auf dem Kopfe dunkler als
auf dem Rücken, an der Kehle roſtbraun, am Kropfe roſtgelb, auf der Bauchmitte gilblichweiß, an
den Bruſt- und Bauchſeiten roſtroth, hellgelb in die Länge geſtreift; ein lichtgelbbrauner Streifen,
welcher an der Wurzel des Oberſchnabels beginnt, zieht ſich über dem Auge dahin, am Halſe herab
und umſchließt die Kehle, wird hier aber durch zwei ſchmale, dunkelbraune Bänder begrenzt; die
Handſchwingen zeigen auf ſchwärzlichbraunem Grunde röthlich roſtgelbe Querflecken, welche zuſammen
Bänder bilden; die erſte Schwinge wird außen durch einen ſchmalen, gilblichen Saum verziert; die
roſtgelben Steuerfedern haben weiße Schäfte und ſchwarze Bindenflecke. Beim Weibchen ſind alle
Farben viel bläſſer und unſcheinbarer, auch tritt das Kehlfeld wenig hervor. Das Auge iſt hell-
braunröthlich, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlich oder blaßgelb. Die Länge beträgt 7½, die
Breite 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 1¾ Zoll.
Man kennt wenig Länder der alten Welt, in denen unſere Wachtel noch nicht beobachtet worden
iſt. Jn Europa kommt ſie vom ſechszigſten Grade nördl. Breite an nach Süden hin überall vor,
wenn auch erſt vom funfzigſten Grade an regelmäßig. Jn Mittelaſien lebt ſie in einem etwas
ſüdlicher gelegenen Gürtel an geeigneten Orten nicht minder häufig, vielleicht noch maſſenhafter als
in Europa, und da ſie nun von hier- wie von dortaus alljährlich Wanderungen nach dem Süden
antritt, durchſtreift ſie auch ganz Nordafrika bis in die Gleicherländer dieſes Erdtheils und ganz
Südaſien; ja, es iſt wahrſcheinlich, daß ſie den warmen Gürtel durchzieht und den ſüdlichen
gemäßigten beſucht: denn diejenigen Wachteln, welche im Kaplande erlegt und gefunden worden,
ſtimmen ſo genau mit der unſerigen überein, daß man eine Artverſchiedenheit kaum annehmen kann.
Die Wanderungen der Wachtel ſind in jeder Beziehung merkwürdig. Sie geſchehen alljährlich,
weichen aber gleichwohl von dem Zuge anderer Vögel nicht unweſentlich ab. Einzelne Wachteln
ſcheinen faſt während des ganzen Jahres auf der Wanderung zu ſein, und auch diejenigen, welche
ſich während des Sommers der Fortpflanzung halber eine Zeitlang feſt anſiedeln, verlaſſen das
gewählte Gebiet keineswegs alle zu gleicher Zeit. Einzelne erſcheinen ſchon Ende Auguſts in Egypten;
eine größere Anzahl trifft hier im September ein: in demſelben Monate aber findet man, und keines-
wegs ſelten, in Deutſchland noch brütende Weibchen oder Junge im Dunenkleide. Der Hauptzug
geſchieht allerdings im September; er währt aber den ganzen Oktober hindurch und in einzelnen
Fällen ſogar bis in den November hinein. Verſammlungen vor der Reiſe ſcheinen nicht ſtattzu-
finden, die einzelnen Wachteln ſich vielmehr ohne Rückſicht auf die andern zur Reiſe aufzumachen;
unterwegs aber geſellt ſich eine zur andern, und bis die Reifenden nach Südeuropa gelangt ſind,
haben ſich bereits zahlreiche Flüge zuſammengeſchart. Vom Anfange September an wimmelt es in
allen Feldern längs der Küſte des Mittelmeers von Wachteln. „Jn den Geſträuchen längs der
Abgründe, Gräben und Wieſen, in jedem Geſtrüpp, hinter jeder Scholle“, ſagt Von der Mühle,
rückſichtlich Griechenlands, „fliegt vor dem Jäger eine Wachtel auf, und wenige Stunden genügen,
um die Waidtaſche zu füllen. Manchen Morgen trifft man, wenn nachts Sirocko geblaſen, keine
Wachteln mehr an denſelben Plätzen, wo tags zuvor ganze Scharen lagen; plötzlich aber erſcheinen
wieder große Flüge von ihnen, und ſo wechſelt es ab, bis Nachtfröſte den letzten Durchreiſenden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/451>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.