oder schwarzbraun gefleckten, in Färbung und Zeichnung vielfach abweichenden Eier. Sie brütet mit Eifer achtzehn bis zwanzig Tage lang, läßt sich kaum vom Neste scheuchen, wird deshalb auch oft ein Opfer ihrer Hingebung. Währenddem schweift der Hahn noch ebenso liebestoll wie früher im Felde umher und treibt es mit einer Henne wie mit der andern, ohne sich wegen der Nachkommenschaft zu sorgen. Die Jungen laufen sofort nach dem Ausschlüpfen mit der Alten davon, werden von ihr sorgsam auf die Weide geführt und zum Fressen angehalten, anfänglich bei schlechtem Wetter auch gehudert und überhaupt bestens abgewartet. Sie wachsen auffallend rasch heran und werden bald so selbständig, daß sie des Lockrufes der Mutter kaum mehr achten und nöthigenfalls sich allein durch's Leben zu schlagen suchen. Schon in der zweiten Woche ihres Daseins flattern sie, in der fünften oder sechsten haben sie ihre volle Größe und genügende Flugfertigkeit erlangt, um die Herbstreise antreten zu können.
Nicht selten findet man noch zu Ende des Sommers eine alte Wachtel mit kleinen, unreifen Jungen, denen der herannahende Herbst schwerlich noch genügende Zeit zu ihrer Entwicklung läßt. Solche Bruten gehen wohl regelmäßig zu Grunde. Aber auch die früher ausgekommenen haben von allerlei laufendem und fliegenden Raubzeug viel zu leiden, und jedenfalls darf man annehmen, daß kaum die Hälfte von allen Wachteln, welche geboren werden, bis zum Beginn der Herbstreise leben bleibt. Die Reise selbst bringt noch größere Gefahren mit sich; denn nunmehr tritt der Mensch als schlimmster aller Feinde auf. Längs der nördlichen, westlichen und östlichen Küste des Mittel- meeres wird mit Beginn dieser Reise ein Netz, eine Schlinge, eine Falle an die andere gestellt. Die Jnsel Capri ist berühmt geworden wegen der Ergiebigkeit des Wachtelfanges; frühere Bischöfe, zu deren Sprengel das Eiland gehörte, hatten einen bedeutenden Theil ihres Einkommens dem Wachtel- fange zu danken. Jn Rom sollen, wie Waterton berichtet, zuweilen an einem Tage 17,000 Stück unserer Vögel verzollt werden. An der spanischen Küste ist der Fang, welcher hier übrigens haupt- sächlich im Frühjahre stattfindet, nicht minder bedeutend. "Jn der Maina", sagt Von der Mühle, "zumal aber auf den Jnseln, ist während ihres Durchzuges Jung und Alt mit der Jagd und Berei- tung der Vögel beschäftigt. Man fängt sie mit Fuß- und Halsschlingen, mit Klebe- und Steckgarnen, vorzüglich mit einem Tiraß, welcher sehr groß und aus Fischernetzen gemacht wird; ja, die Knaben erschlagen sogar die recht fetten und sehr fest liegenden mit Stöcken. Sie werden gerupft, die Köpfe und Füße abgeschnitten, das Eingeweide herausgenommen, auf der Brust gespalten, wie Heringe verpackt und versendet. Diese Erwerbsquelle ist für manche Gegend so bedeutend, daß der ehemalige Minister Coletti, als im Jahre 1834 beim Aufruhr in der Maina aller Pulververkauf dorthin verboten werden sollte, sich im Ministerrathe gegen diese Maßregel erklärte, weil dadurch den Ein- wohnern ihre wichtigste Nahrungsquelle geraubt oder doch geschmälert würde." Erwägt man, daß von denen, welche den Menschen und den Raubthieren entrinnen, noch Tausende im Meere ihr Grab finden, so begreift man kaum, wie die starke Vermehrung alle die entstehenden Verluste aus- gleichen kann.
Gefangene Wachteln gelten mit Recht als liebenswürdige Stubengenossen. Sie verlieren mindestens theilweise ihre Scheu, lassen sich leicht erhalten und verunreinigen die Zimmer oder ihr Gebauer nur wenig. Wenn man ihnen die nöthigsten Erfordernisse zu einem behaglichen Leben gewährt, machen sie sich sehr bald in dem umgitterten Raume heimisch, und dann hält es auch nicht schwer, sie zur Fortpflanzung zu bringen. Jn den Bauerstuben brüten viele gefangene Wachteln, aber nur wenige sehen hier ihre Brut groß werden; in dem Gesellschaftsbauer unserer Thiergärten hingegen nisten sie fast regelmäßig und mit bestem Erfolge; doch gewähren sie hier trotzdem weit weniger Vergnügen als im Zimmer, wo sie sich durch ihr munteres Wesen, die Vertilgung manches Ungeziefers und ihre Vertraulichkeit gegen Hunde, Katzen und andere Hausthiere regelmäßig die ungetheilte Freundschaft der Familie erwerben und die unangenehmen Eigenschaften, welche sie auch hier bekunden, leicht vergessen machen.
Wachtel.
oder ſchwarzbraun gefleckten, in Färbung und Zeichnung vielfach abweichenden Eier. Sie brütet mit Eifer achtzehn bis zwanzig Tage lang, läßt ſich kaum vom Neſte ſcheuchen, wird deshalb auch oft ein Opfer ihrer Hingebung. Währenddem ſchweift der Hahn noch ebenſo liebestoll wie früher im Felde umher und treibt es mit einer Henne wie mit der andern, ohne ſich wegen der Nachkommenſchaft zu ſorgen. Die Jungen laufen ſofort nach dem Ausſchlüpfen mit der Alten davon, werden von ihr ſorgſam auf die Weide geführt und zum Freſſen angehalten, anfänglich bei ſchlechtem Wetter auch gehudert und überhaupt beſtens abgewartet. Sie wachſen auffallend raſch heran und werden bald ſo ſelbſtändig, daß ſie des Lockrufes der Mutter kaum mehr achten und nöthigenfalls ſich allein durch’s Leben zu ſchlagen ſuchen. Schon in der zweiten Woche ihres Daſeins flattern ſie, in der fünften oder ſechsten haben ſie ihre volle Größe und genügende Flugfertigkeit erlangt, um die Herbſtreiſe antreten zu können.
Nicht ſelten findet man noch zu Ende des Sommers eine alte Wachtel mit kleinen, unreifen Jungen, denen der herannahende Herbſt ſchwerlich noch genügende Zeit zu ihrer Entwicklung läßt. Solche Bruten gehen wohl regelmäßig zu Grunde. Aber auch die früher ausgekommenen haben von allerlei laufendem und fliegenden Raubzeug viel zu leiden, und jedenfalls darf man annehmen, daß kaum die Hälfte von allen Wachteln, welche geboren werden, bis zum Beginn der Herbſtreiſe leben bleibt. Die Reiſe ſelbſt bringt noch größere Gefahren mit ſich; denn nunmehr tritt der Menſch als ſchlimmſter aller Feinde auf. Längs der nördlichen, weſtlichen und öſtlichen Küſte des Mittel- meeres wird mit Beginn dieſer Reiſe ein Netz, eine Schlinge, eine Falle an die andere geſtellt. Die Jnſel Capri iſt berühmt geworden wegen der Ergiebigkeit des Wachtelfanges; frühere Biſchöfe, zu deren Sprengel das Eiland gehörte, hatten einen bedeutenden Theil ihres Einkommens dem Wachtel- fange zu danken. Jn Rom ſollen, wie Waterton berichtet, zuweilen an einem Tage 17,000 Stück unſerer Vögel verzollt werden. An der ſpaniſchen Küſte iſt der Fang, welcher hier übrigens haupt- ſächlich im Frühjahre ſtattfindet, nicht minder bedeutend. „Jn der Maina“, ſagt Von der Mühle, „zumal aber auf den Jnſeln, iſt während ihres Durchzuges Jung und Alt mit der Jagd und Berei- tung der Vögel beſchäftigt. Man fängt ſie mit Fuß- und Halsſchlingen, mit Klebe- und Steckgarnen, vorzüglich mit einem Tiraß, welcher ſehr groß und aus Fiſchernetzen gemacht wird; ja, die Knaben erſchlagen ſogar die recht fetten und ſehr feſt liegenden mit Stöcken. Sie werden gerupft, die Köpfe und Füße abgeſchnitten, das Eingeweide herausgenommen, auf der Bruſt geſpalten, wie Heringe verpackt und verſendet. Dieſe Erwerbsquelle iſt für manche Gegend ſo bedeutend, daß der ehemalige Miniſter Coletti, als im Jahre 1834 beim Aufruhr in der Maina aller Pulververkauf dorthin verboten werden ſollte, ſich im Miniſterrathe gegen dieſe Maßregel erklärte, weil dadurch den Ein- wohnern ihre wichtigſte Nahrungsquelle geraubt oder doch geſchmälert würde.“ Erwägt man, daß von denen, welche den Menſchen und den Raubthieren entrinnen, noch Tauſende im Meere ihr Grab finden, ſo begreift man kaum, wie die ſtarke Vermehrung alle die entſtehenden Verluſte aus- gleichen kann.
Gefangene Wachteln gelten mit Recht als liebenswürdige Stubengenoſſen. Sie verlieren mindeſtens theilweiſe ihre Scheu, laſſen ſich leicht erhalten und verunreinigen die Zimmer oder ihr Gebauer nur wenig. Wenn man ihnen die nöthigſten Erforderniſſe zu einem behaglichen Leben gewährt, machen ſie ſich ſehr bald in dem umgitterten Raume heimiſch, und dann hält es auch nicht ſchwer, ſie zur Fortpflanzung zu bringen. Jn den Bauerſtuben brüten viele gefangene Wachteln, aber nur wenige ſehen hier ihre Brut groß werden; in dem Geſellſchaftsbauer unſerer Thiergärten hingegen niſten ſie faſt regelmäßig und mit beſtem Erfolge; doch gewähren ſie hier trotzdem weit weniger Vergnügen als im Zimmer, wo ſie ſich durch ihr munteres Weſen, die Vertilgung manches Ungeziefers und ihre Vertraulichkeit gegen Hunde, Katzen und andere Hausthiere regelmäßig die ungetheilte Freundſchaft der Familie erwerben und die unangenehmen Eigenſchaften, welche ſie auch hier bekunden, leicht vergeſſen machen.
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[427/0455]
Wachtel.
oder ſchwarzbraun gefleckten, in Färbung und Zeichnung vielfach abweichenden Eier. Sie brütet mit
Eifer achtzehn bis zwanzig Tage lang, läßt ſich kaum vom Neſte ſcheuchen, wird deshalb auch oft ein
Opfer ihrer Hingebung. Währenddem ſchweift der Hahn noch ebenſo liebestoll wie früher im Felde
umher und treibt es mit einer Henne wie mit der andern, ohne ſich wegen der Nachkommenſchaft zu
ſorgen. Die Jungen laufen ſofort nach dem Ausſchlüpfen mit der Alten davon, werden von ihr
ſorgſam auf die Weide geführt und zum Freſſen angehalten, anfänglich bei ſchlechtem Wetter auch
gehudert und überhaupt beſtens abgewartet. Sie wachſen auffallend raſch heran und werden bald ſo
ſelbſtändig, daß ſie des Lockrufes der Mutter kaum mehr achten und nöthigenfalls ſich allein durch’s
Leben zu ſchlagen ſuchen. Schon in der zweiten Woche ihres Daſeins flattern ſie, in der fünften oder
ſechsten haben ſie ihre volle Größe und genügende Flugfertigkeit erlangt, um die Herbſtreiſe antreten
zu können.
Nicht ſelten findet man noch zu Ende des Sommers eine alte Wachtel mit kleinen, unreifen
Jungen, denen der herannahende Herbſt ſchwerlich noch genügende Zeit zu ihrer Entwicklung läßt.
Solche Bruten gehen wohl regelmäßig zu Grunde. Aber auch die früher ausgekommenen haben von
allerlei laufendem und fliegenden Raubzeug viel zu leiden, und jedenfalls darf man annehmen, daß
kaum die Hälfte von allen Wachteln, welche geboren werden, bis zum Beginn der Herbſtreiſe leben
bleibt. Die Reiſe ſelbſt bringt noch größere Gefahren mit ſich; denn nunmehr tritt der Menſch
als ſchlimmſter aller Feinde auf. Längs der nördlichen, weſtlichen und öſtlichen Küſte des Mittel-
meeres wird mit Beginn dieſer Reiſe ein Netz, eine Schlinge, eine Falle an die andere geſtellt. Die
Jnſel Capri iſt berühmt geworden wegen der Ergiebigkeit des Wachtelfanges; frühere Biſchöfe, zu
deren Sprengel das Eiland gehörte, hatten einen bedeutenden Theil ihres Einkommens dem Wachtel-
fange zu danken. Jn Rom ſollen, wie Waterton berichtet, zuweilen an einem Tage 17,000 Stück
unſerer Vögel verzollt werden. An der ſpaniſchen Küſte iſt der Fang, welcher hier übrigens haupt-
ſächlich im Frühjahre ſtattfindet, nicht minder bedeutend. „Jn der Maina“, ſagt Von der Mühle,
„zumal aber auf den Jnſeln, iſt während ihres Durchzuges Jung und Alt mit der Jagd und Berei-
tung der Vögel beſchäftigt. Man fängt ſie mit Fuß- und Halsſchlingen, mit Klebe- und Steckgarnen,
vorzüglich mit einem Tiraß, welcher ſehr groß und aus Fiſchernetzen gemacht wird; ja, die Knaben
erſchlagen ſogar die recht fetten und ſehr feſt liegenden mit Stöcken. Sie werden gerupft, die Köpfe
und Füße abgeſchnitten, das Eingeweide herausgenommen, auf der Bruſt geſpalten, wie Heringe
verpackt und verſendet. Dieſe Erwerbsquelle iſt für manche Gegend ſo bedeutend, daß der ehemalige
Miniſter Coletti, als im Jahre 1834 beim Aufruhr in der Maina aller Pulververkauf dorthin
verboten werden ſollte, ſich im Miniſterrathe gegen dieſe Maßregel erklärte, weil dadurch den Ein-
wohnern ihre wichtigſte Nahrungsquelle geraubt oder doch geſchmälert würde.“ Erwägt man, daß
von denen, welche den Menſchen und den Raubthieren entrinnen, noch Tauſende im Meere ihr Grab
finden, ſo begreift man kaum, wie die ſtarke Vermehrung alle die entſtehenden Verluſte aus-
gleichen kann.
Gefangene Wachteln gelten mit Recht als liebenswürdige Stubengenoſſen. Sie verlieren
mindeſtens theilweiſe ihre Scheu, laſſen ſich leicht erhalten und verunreinigen die Zimmer oder ihr
Gebauer nur wenig. Wenn man ihnen die nöthigſten Erforderniſſe zu einem behaglichen Leben
gewährt, machen ſie ſich ſehr bald in dem umgitterten Raume heimiſch, und dann hält es auch nicht
ſchwer, ſie zur Fortpflanzung zu bringen. Jn den Bauerſtuben brüten viele gefangene Wachteln,
aber nur wenige ſehen hier ihre Brut groß werden; in dem Geſellſchaftsbauer unſerer Thiergärten
hingegen niſten ſie faſt regelmäßig und mit beſtem Erfolge; doch gewähren ſie hier trotzdem weit
weniger Vergnügen als im Zimmer, wo ſie ſich durch ihr munteres Weſen, die Vertilgung manches
Ungeziefers und ihre Vertraulichkeit gegen Hunde, Katzen und andere Hausthiere regelmäßig die
ungetheilte Freundſchaft der Familie erwerben und die unangenehmen Eigenſchaften, welche ſie auch
hier bekunden, leicht vergeſſen machen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/455>, abgerufen am 22.11.2024.
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